Die Entziehung der Fahrerlaubnis nach einem Suizidversuch wurde durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bestätigt, da die Antragstellerin aufgrund ihrer Erkrankungen und der nicht erfüllten Voraussetzungen im Hinblick auf die Abhängigkeitsproblematik und Epilepsie aktuell nicht in der Lage ist, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht zu werden. Dieser Entscheidung lag eine gründliche Prüfung und die Einbeziehung fachärztlicher Gutachten zugrunde.
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Übersicht
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Fahrerlaubnisentziehung nach Suizidversuch: Gericht bestätigt Entscheidung
- Der Fall vor dem Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Regensburg im Detail
- ✔ FAQ zum Thema: Fahrerlaubnisentziehung nach Suizidversuch
- Wie wird die Fahreignung rechtlich bewertet und welche medizinischen Kriterien sind dabei entscheidend?
- Welche Rolle spielen ärztliche Gutachten bei der Entscheidung über die Fahrerlaubnis?
- Was sind die Voraussetzungen für die Wiedererlangung einer Fahrerlaubnis nach ihrer Entziehung?
- Inwiefern beeinflussen persönliche Lebensumstände die Entscheidung zur Fahrerlaubnisentziehung?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ➜ Das vorliegende Urteil vom Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Regensburg
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen epileptischer Anfälle und Suchterkrankung war rechtmäßig.
- Ein Suizidversuch kann auf eine psychische Störung hinweisen und die Fahreignung in Frage stellen.
- Das vorgelegte Gutachten kam nachvollziehbar zum Ergebnis, dass die Fahreignung wegen Epilepsie und Abhängigkeit von Betäubungsmitteln nicht gegeben war.
- Die diagnostizierte Epilepsie und die nicht erfolgte Entwöhnungsbehandlung bei Abhängigkeit waren jeweils für sich genommen fahreignungsrelevant.
- Die vorgelegten Haaranalysen betrafen einen zu kurzen Zeitraum, um die Abstinenz über den erforderlichen längeren Zeitraum nachzuweisen.
- Selbst bei stabilem psychischen Zustand der Antragstellerin war die Fahreignung wegen der zusätzlichen fahreignungsausschließenden Diagnosen nicht gegeben.
- Eine verkehrspsychologische Untersuchung des Leistungsvermögens war aufgrund der feststehenden Fahruntauglichkeit nicht mehr erforderlich.
- Bei Zweifeln an der Fahreignung hat die Behörde die Möglichkeit, ein Gutachten anzuordnen.
Die zentrale Erkenntnis des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in dem Beschluss mit dem Aktenzeichen 11 CS 23.2216 ist, dass die Entziehung der Fahr- und Fahrgastbeförderungserlaubnis der Antragstellerin aufgrund der festgestellten Epilepsie und der Abhängigkeit von Betäubungsmitteln rechtmäßig war.
Der Gerichtshof bestätigte, dass der der Entziehung zugrundeliegende Gutachtenbefund der DEKRA nachvollziehbar zu diesem Ergebnis kam und die Fahrerlaubnisbehörde diesen ihrer Entscheidung zugrunde legen durfte. Entscheidend waren hierbei die Diagnosen der generalisierten idiopathischen Epilepsie mit einem früheren Krampfanfall sowie die in der Vergangenheit festgestellte Abhängigkeit von Opioiden und Benzodiazepinen.
Zwar hatte die Antragstellerin Haaranalysen vorgelegt, die eine vorübergehende Abstinenz bestätigten. Allerdings deckte der von ihnen erfasste Zeitraum nicht die nach der Fahrerlaubnis-Verordnung erforderliche einjährige Abstinenzphase ab. Da zudem keine Entwöhnungsbehandlung stattgefunden hatte, war die Voraussetzung einer stabilen Abstinenz nicht erfüllt.
Der Gerichtshof wies auch den Einwand zurück, dass trotz der Epilepsie-Diagnose eine Kontrolluntersuchung der Anfallsfreiheit nicht erfolgt sei. Die Behörde durfte mangels Fachkompetenz bereits auf Basis der Erkrankung von fehlender Fahreignung ausgehen.
Obwohl die Antragstellerin zwischenzeitlich einen stabilisierten psychischen Zustand nachweisen konnte, änderte dies nichts an ihrer Fahruntauglichkeit aufgrund der zusätzlichen fahreignungsrelevanten Diagnosen. Eine verkehrspsychologische Begutachtung ihres Leistungsvermögens war daher nicht mehr erforderlich.
Das Gericht bestätigte grundsätzlich die Möglichkeit der Fahrerlaubnisbehörde, bei Zweifeln an der Fahreignung ein Gutachten anzuordnen, dessen Plausibilität sie selbst zu überprüfen hat. Dieses Vorgehen war im konkreten Fall nicht zu beanstanden.
Fahrerlaubnisentziehung nach Suizidversuch: Gericht bestätigt Entscheidung
Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist ein komplexes juristisches Thema, das sowohl die öffentliche Sicherheit als auch die individuellen Rechte der Betroffenen berücksichtigen muss. Die Fahrerlaubnisbehörden sind gesetzlich verpflichtet, die Fahrtüchtigkeit von Verkehrsteilnehmern zu überprüfen und im Zweifelsfall die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dabei spielen medizinische Aspekte, wie psychische Erkrankungen oder Suchterkrankungen, eine entscheidende Rolle. Ein Suizidversuch kann beispielsweise ein Anzeichen für eine solche Erkrankung sein und Anlass für eine Überprüfung der Fahrtüchtigkeit geben.
In solchen Fällen müssen die Behörden sorgfältig abwägen und die Interessen aller Beteiligten berücksichtigen. Einerseits soll der Schutz der Allgemeinheit vor möglichen Gefahren im Straßenverkehr gewährleistet werden. Andererseits haben die Betroffenen einen Anspruch darauf, dass ihre individuellen Umstände angemessen berücksichtigt werden. Die Entscheidung über den Entzug der Fahrerlaubnis muss daher stets auf Basis einer gründlichen Prüfung und unter Einbeziehung fachärztlicher Gutachten erfolgen.
Im Folgenden wird ein konkreter Gerichtsbeschluss zu einem Fall der Fahrerlaubnisentziehung nach einem Suizidversuch vorgestellt und analysiert. Dabei wird deutlich, wie die Gerichte in der Praxis mit dieser Thematik umgehen und welche Kriterien sie bei ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigen.
Der Fall vor dem Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Regensburg im Detail
Fahrerlaubnisentziehung nach Suizidversuch bestätigt
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte in einem Beschluss vom 12. Februar 2024 (Az.: 11 CS 23.2216) über die Rechtmäßigkeit der Entziehung einer Fahrerlaubnis und einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nach einem Suizidversuch zu entscheiden.
Die Antragstellerin hatte im Juli 2022 einen Suizidversuch unternommen und war daraufhin im Bezirkskrankenhaus Wöllershof untergebracht. Die Fahrerlaubnisbehörde (Landratsamt Schwandorf) wurde von der Polizeiinspektion Nabburg über diesen Vorfall informiert und erhielt zudem Kenntnis von verschiedenen Diagnosen, darunter eine posttraumatische Belastungsstörung, Anpassungsstörungen, eine Abhängigkeit von Opiaten und Benzodiazepinen sowie eine generalisierte idiopathische Epilepsie.
Aufgrund dieser Informationen forderte das Landratsamt die Antragstellerin mehrfach zur Vorlage von ärztlichen Befunden und Gutachten auf. Das schließlich vorgelegte Gutachten der DEKRA kam zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin aufgrund der festgestellten Erkrankungen und der nicht erfüllten Voraussetzungen im Hinblick auf die Abhängigkeitsproblematik, aktuell nicht in der Lage sei, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 gerecht zu werden.
Daraufhin entzog das Landratsamt der Antragstellerin mit Bescheid vom 26. Juli 2023 unter Anordnung des Sofortvollzugs sowohl die allgemeine Fahrerlaubnis als auch die Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Die Antragstellerin erhob daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Das Verwaltungsgericht lehnte diesen Antrag jedoch ab und bestätigte die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnisse.
Gutachtenbefund stützt Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde
Das Verwaltungsgericht stützte seine Entscheidung insbesondere auf das vorliegende Gutachten der DEKRA. Dieses sei, zumindest in Bezug auf die Ausführungen zu den Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen sowie den als epileptisch eingestuften Krampfanfällen, nachvollziehbar.
Die Antragstellerin habe zwar eine vorübergehende Abstinenz von Suchtmitteln nachweisen können, jedoch keine erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung absolviert und die erforderliche einjährige Abstinenz nicht eingehalten. Zudem habe sie die vereinbarte Kontrolluntersuchung zur Epilepsie inklusive EEG nicht durchgeführt, sodass die Zweifel an ihrer Fahreignung nicht ausgeräumt werden konnten.
Epilepsie und Suchterkrankung als Fahreignungshindernisse
Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) legt fest, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis entziehen muss, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere bei bestimmten Erkrankungen und Mängeln, zu denen unter anderem Epilepsie und Abhängigkeit von Betäubungsmitteln zählen.
Bei einer Abhängigkeit von Betäubungsmitteln ist die Fahreignung grundsätzlich erst dann wieder gegeben, wenn eine Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlung erfolgt ist und eine anschließende einjährige Abstinenz nachgewiesen werden kann. Im vorliegenden Fall konnte die Antragstellerin diese Voraussetzungen nicht erfüllen.
Auch hinsichtlich der Epilepsie konnten die Zweifel an der Fahreignung nicht ausgeräumt werden. Die FeV sieht eine Ausnahme von der Fahruntauglichkeit bei Epilepsie nur dann vor, wenn kein wesentliches Risiko von Anfallsrezidiven mehr besteht. Dies ist in der Regel erst nach einer längeren Zeit der Anfallsfreiheit und nach entsprechender ärztlicher Untersuchung der Fall.
Bestätigung der Fahrerlaubnisentziehung durch den Verwaltungsgerichtshof
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und wies die Beschwerde der Antragstellerin zurück.
Es sei zutreffen, dass die gutachterlichen Feststellungen zur Epilepsie und zur Abhängigkeit von Betäubungsmitteln jeweils für sich genommen bereits das Ergebnis der fehlenden Fahreignung der Antragstellerin tragen. Daher sei eine Überprüfung ihres Leistungsvermögens für die Entscheidung nicht mehr erforderlich gewesen.
Die von der Antragstellerin vorgelegten Haaranalysen deckten zudem nicht den erforderlichen Zeitraum der Abstinenz ab und es fehlten Nachweise über eine Entwöhnungsbehandlung. Die Antragstellerin habe auch die vereinbarte Kontrolluntersuchung zur Epilepsie nicht wahrgenommen.
Auch der Einwand der Antragstellerin, dass ihr das Landratsamt die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung erst kürzlich erteilt habe, konnte die Entscheidung nicht beeinflussen. Zu diesem Zeitpunkt habe das Landratsamt noch keine Kenntnis von den Eignungszweifeln gehabt.
Der Gerichtshof betonte, dass die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis stets auf Basis einer gründlichen Prüfung und unter Einbeziehung fachärztlicher Gutachten erfolgen müsse. Im vorliegenden Fall sei dies geschehen und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts daher rechtmäßig.
✔ FAQ zum Thema: Fahrerlaubnisentziehung nach Suizidversuch
Wie wird die Fahreignung rechtlich bewertet und welche medizinischen Kriterien sind dabei entscheidend?
Die Bewertung der Fahreignung bei psychischen Erkrankungen und Suizidversuchen erfolgt nach strengen rechtlichen und medizinischen Kriterien. Die zentrale Frage ist, ob die betroffene Person aufgrund ihrer psychischen Verfassung in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug sicher zu führen und damit keine Gefahr für sich selbst oder andere Verkehrsteilnehmer darstellt.
Gemäß § 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) muss die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis entziehen, wenn Zweifel an der Eignung oder Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen. Laut § 2 Abs. 4 StVG ist jemand ungeeignet, der die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen nicht erfüllt.
Die konkreten medizinischen Kriterien zur Beurteilung der Fahreignung sind in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung der Bundesanstalt für Straßenwesen geregelt. Demnach können Suizidversuche und psychische Störungen wie Depressionen, Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen Anlass zur Überprüfung der Fahreignung geben .
Die Behörden sind verpflichtet, bei Kenntnis von solchen Umständen ein fachärztliches Gutachten, in der Regel durch einen Facharzt für Psychiatrie, einzuholen . Dieses bewertet anhand standardisierter Kriterien, ob die Fahreignung vorübergehend eingeschränkt oder dauerhaft aufgehoben werden muss. Entscheidend sind die Art und Schwere der Erkrankung, deren Verlauf, die Medikation sowie das Risiko eines Rückfalls .
Zentrales Kriterium ist, ob die Person freiverantwortlich handeln und die mit der Teilnahme am Straßenverkehr verbundenen Risiken zuverlässig einschätzen kann . Bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung ist die Fahreignung regelmäßig nicht gegeben. Aber auch nach Suizidversuchen in der Vergangenheit muss sorgfältig geprüft werden, ob eine dauerhafte psychische Stabilität vorliegt .
Insgesamt zeigt sich, dass die Bewertung der Fahreignung eine sorgfältige Einzelfallprüfung unter Einbeziehung ärztlicher Expertise erfordert. Suizidversuche und psychische Erkrankungen führen nicht automatisch zur Entziehung der Fahrerlaubnis, können dies aber sehr wohl zur Folge haben, wenn die Fahrsicherheit nicht mehr gewährleistet ist.
Welche Rolle spielen ärztliche Gutachten bei der Entscheidung über die Fahrerlaubnis?
Ärztliche Gutachten spielen eine zentrale Rolle bei der Entscheidung über die Erteilung oder Entziehung der Fahrerlaubnis. Gemäß § 11 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) kann die Fahrerlaubnisbehörde ein ärztliches Gutachten anordnen, wenn Zweifel an der Fahreignung einer Person bestehen.
Die Behörde ist dazu verpflichtet, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Betroffene aufgrund körperlicher, geistiger oder psychischer Mängel nicht mehr die Voraussetzungen für eine sichere Kraftfahrzeugführung erfüllt . Dies kann beispielsweise nach einem Suizidversuch oder bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen der Fall sein .
Das ärztliche Gutachten dient dazu, die Fahreignung durch eine fachärztliche Begutachtung umfassend zu beurteilen. Es wird von Ärzten mit verkehrsmedizinischer Qualifikation oder Begutachtungsstellen für Fahreignung erstellt . Der behandelnde Arzt darf das Gutachten nicht selbst anfertigen.
Im Rahmen des Gutachtens werden körperliche und psychische Untersuchungen durchgeführt, um festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine sichere Verkehrsteilnahme noch gegeben sind . Bewertet werden Faktoren wie Reaktionsfähigkeit, Konzentrationsvermögen, Risikoeinschätzung und Belastbarkeit.
Die Fahrerlaubnisbehörde ist an das ärztliche Gutachten gebunden und muss ihre Entscheidung über Erteilung, Auflagen oder Entziehung der Fahrerlaubnis auf Basis der darin getroffenen Bewertung treffen . Ein negatives Gutachten führt in der Regel zur Entziehung oder Versagung der Fahrerlaubnis.
Zusammengefasst haben ärztliche Gutachten eine entscheidende Bedeutung, da sie die fachliche Grundlage für behördliche Maßnahmen zur Fahreignung bilden. Die Behörden sind verpflichtet, bei begründeten Zweifeln ein solches Gutachten einzuholen und sich an dessen Ergebnis zu halten.
Was sind die Voraussetzungen für die Wiedererlangung einer Fahrerlaubnis nach ihrer Entziehung?
Die Wiedererlangung einer entzogenen Fahrerlaubnis unterliegt strengen Voraussetzungen und Prüfungen durch die Fahrerlaubnisbehörden. Die zentralen Anforderungen sind:
- Ablauf der Sperrfrist: Nach einer Entziehung wird in der Regel eine Sperrfrist festgelegt, während der keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Diese Frist, oft mehrere Jahre, muss vollständig abgelaufen sein .
- Fachärztliche Begutachtung der Fahreignung: Die Behörden sind verpflichtet, bei Zweifeln an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) durch eine amtlich anerkannte Begutachtungsstelle anzuordnen . Dabei wird die körperliche und geistige Fahreignung umfassend geprüft. Ein positives Gutachten ist zwingende Voraussetzung.
- Nachweis stabiler Verhältnisse: Je nach Grund der Entziehung, z.B. Alkohol- oder Drogenmissbrauch, Suizidversuch oder psychische Erkrankung, müssen die Betroffenen durch Abstinenznachweise, ärztliche Bescheinigungen oder Therapienachweise belegen, dass die Gründe für die Entziehung nachhaltig behoben sind .
- Beantragung der Neuerteilung: Frühestens 6 Monate vor Ablauf der Sperrfrist kann ein Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis bei der zuständigen Führerscheinstelle gestellt werden .
- Fahrerlaubnisprüfung: In bestimmten Fällen, z.B. nach sehr langer Sperrfrist, kann die Behörde eine erneute theoretische und praktische Fahrprüfung anordnen, um die Kenntnisse und Fähigkeiten zu überprüfen .
Erst wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Fahrerlaubnis nach einer Entziehung neu erteilt werden. Der Prozess ist aufwändig und langwierig, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten .
Inwiefern beeinflussen persönliche Lebensumstände die Entscheidung zur Fahrerlaubnisentziehung?
Die Entscheidung zur Fahrerlaubnisentziehung in Deutschland berücksichtigt verschiedene persönliche Lebensumstände, insbesondere gesundheitliche Krisen, soziale Situationen und Suizidversuche. Diese Faktoren können die Beurteilung der Fahreignung eines Individuums maßgeblich beeinflussen.
Gesundheitliche Krisen, wie psychische Erkrankungen oder Suchtprobleme, können die Fahreignung beeinträchtigen. Beispielsweise kann eine schwere Depression oder Alkoholabhängigkeit zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen, wenn dadurch die Teilnahme am Straßenverkehr gefährdet wird. Die Fahrerlaubnisbehörde kann in solchen Fällen die Vorlage eines medizinischen Gutachtens anordnen, um die Fahreignung zu überprüfen.
Soziale Situationen spielen ebenfalls eine Rolle, insbesondere wenn sie die psychische Gesundheit und damit die Fahreignung beeinflussen. Ein Beispiel hierfür ist der Umgang mit Stress oder Konflikten, die sich negativ auf die Fahrsicherheit auswirken können. In solchen Fällen kann eine psychologische Beratung oder Therapie empfohlen oder zur Auflage gemacht werden, um die Fahreignung wiederherzustellen.
Suizidversuche stellen einen besonderen Fall dar. Sie können als Indikator für eine psychische Erkrankung angesehen werden, die die Fahreignung beeinträchtigt. Ein Suizidversuch kann daher zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen, wenn dadurch Zweifel an der Fahreignung entstehen. Das Verwaltungsgericht München hat beispielsweise die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von Suizidversuchen und psychischen Störungen bestätigt, da diese Faktoren die Fahreignung in Frage stellen.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass jeder Fall individuell betrachtet wird. Die Entscheidung zur Fahrerlaubnisentziehung basiert auf einer umfassenden Bewertung der persönlichen Umstände und der spezifischen Risiken, die eine Person für die Verkehrssicherheit darstellt. Dabei werden auch Möglichkeiten der Rehabilitation oder der Auflagenerteilung in Betracht gezogen, um die Fahreignung unter bestimmten Bedingungen wiederherzustellen.
Insgesamt zeigt sich, dass die Entscheidung zur Fahrerlaubnisentziehung in Deutschland eine komplexe Abwägung verschiedener Faktoren erfordert, bei der persönliche Lebensumstände eine wesentliche Rolle spielen.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 3 Abs. 1 StVG und § 46 FeV: Diese Regelungen des Straßenverkehrsgesetzes und der Fahrerlaubnis-Verordnung bestimmen, dass eine Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis entziehen muss, wenn der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen wird. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass das Landratsamt aufgrund der medizinischen Diagnosen und der Einschätzung der Fahreignung die Fahrerlaubnis entziehen musste.
- Anlage 4 zur FeV: Diese Anlage spezifiziert die Krankheiten und Mängel, bei denen Zweifel an der Fahreignung bestehen können. In diesem Fall sind insbesondere die Diagnosen der Epilepsie, schweren Depressionen und der Abhängigkeit von psychoaktiven Substanzen relevant, da sie direkt die Fahreignung beeinflussen können.
- § 11 FeV: Dieser Paragraph regelt die Anforderungen an das Verfahren zur Überprüfung der Fahreignung, einschließlich der Notwendigkeit eines medizinischen Gutachtens, wenn Zweifel an der Eignung bestehen. Das Landratsamt handelte korrekt, indem es ein solches Gutachten anforderte, um über die Fahreignung der Antragstellerin zu entscheiden.
- Anlage 4a zur FeV: Diese Anlage definiert die Grundsätze für die Erstellung von medizinischen Gutachten zur Fahreignung. Es ist wichtig, dass solche Gutachten nachvollziehbar und wissenschaftlich fundiert sind, was die Plausibilität und die methodische Durchführung der Untersuchung umfasst.
- § 48 FeV: Dieser Paragraph behandelt die Erlöschung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung, wenn die allgemeine Fahrerlaubnis entzogen wird. Da die Antragstellerin auch die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung entzogen bekam, ist dieser Paragraph direkt relevant.
- Betäubungsmittelgesetz (BtMG): Bei der Beurteilung der Abhängigkeit von Betäubungsmitteln ist auch das BtMG von Bedeutung, da die Kriterien für eine Abhängigkeit und die damit verbundenen rechtlichen Folgen dort geregelt sind. Dies ist besonders relevant, wenn die Fahreignung aufgrund einer solchen Abhängigkeit in Frage gestellt wird.
Diese gesetzlichen Grundlagen und Vorschriften bilden die rechtliche Basis für die Entscheidung des Landratsamtes sowie die gerichtliche Überprüfung, die im vorliegenden Fall zu einer Bestätigung der Fahrerlaubnisentziehung geführt hat.
➜ Das vorliegende Urteil vom Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Regensburg
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 11 CS 23.2216 – Beschluss vom 12.02.2024
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 11.250,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Sofortvollzug hinsichtlich der Entziehung ihrer allgemeinen Fahrerlaubnis und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung inklusive der Verpflichtung zur Ablieferung der Führerscheine.
Durch Schreiben der Polizeiinspektion Nabburg vom 22. Juli 2022 erhielt das Landratsamt Schwandorf (Fahrerlaubnisbehörde) Kenntnis von einer Unterbringung der Antragstellerin im Bezirkskrankenhaus Wöllershof nach Suizidversuch am 20. Juli 2022. Das Gesundheitsamt teilte der Fahrerlaubnisbehörde mit Schreiben vom 7. September 2022 mit, die Antragstellerin habe keine Schweigepflichtentbindung zur Einholung weiterer Arztberichte erteilt. Eine fachpsychiatrische Begutachtung sei indiziert.
Mit Schreiben vom 8. November 2022 forderte das Landratsamt die Antragstellerin auf, den Entlassungsbericht des Bezirksklinikums sowie etwaige weitere aktuelle ärztliche Befunde vorzulegen. Nachdem die Antragstellerin dieser Aufforderung zunächst nicht nachkam, forderte das Landratsamt sie mit Schreiben vom 19. Januar 2023 zur Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens bis spätestens 6. April 2023 auf. Die Antragstellerin legte daraufhin ein psychiatrisches Attest des Bezirksklinikums vom 6. Dezember 2022 vor, wonach sie sich seit Anfang 2021 fortlaufend in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung befinde. Ihr psychopathologischer Zustand sei seit der Entlassung stabil, aktuell gut und ohne Hinweis auf eine psychische Störung, welche die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen könne. Weiterhin legte die Antragstellerin den Entlassungsbericht des Bezirksklinikums vom 16. September 2022 vor, in dem unter anderem eine posttraumatische Belastungsstörung sowie Anpassungsstörungen diagnostiziert wurden. Es liege eine ausgeprägte psychische Störung vor. Die Antragstellerin sei zuletzt 2021 stationär aufgrund einer Abhängigkeitsproblematik in Behandlung gewesen und seither abstinent von Opiaten und Benzodiazepinen. Eine zufriedenstellende medikamentöse Einstellung sei nicht gelungen. Sie sei auf eigenen Wunsch nach fünf Wochen in stabilisiertem Zustand bei noch fortbestehenden Restsymptomen entlassen worden. Hinweise auf Fremdaggression hätten nicht bestanden.
Daraufhin forderte das Landratsamt die Antragstellerin zur Vorlage aussagekräftiger ärztlicher Unterlagen hinsichtlich der diagnostizierten Abhängigkeit auf. Hierzu legte die Antragstellerin einen weiteren Bericht des Bezirksklinikums vom 20. Juli 2021 über eine eigenmotivierte zweite stationäre Entzugsbehandlung mit den Diagnosen (u.a.) Abhängigkeits- und Entzugssyndrom durch Sedativa oder Hypnotika sowie durch Opioide und generalisierte idiopathische Epilepsie und epileptische Syndrome vor. Anamnestisch habe sich vor vielen Jahren durch zunehmenden Medikamentenkonsum wegen Schmerzen und Traumata in der Kindheit eine Abhängigkeit entwickelt. Seit Anfang 2021 seien unkontrollierte Zuckungen in den Beinen oder Fingern und am 6. Mai 2021 im Rahmen eines kalten Entzugs erstmals ein generalisierter Krampfanfall sowie Halluzinationen aufgetreten, wodurch eine stationär-intensivmedizinische Behandlung erforderlich geworden sei.
Mit Schreiben vom 16. Februar 2023 erneuerte das Landratsamt die Aufforderung zur Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens unter Einbeziehung der durch die vorgelegten Berichte neuen Erkenntnisse bis 28. April 2023. Das nach Fristverlängerung vorgelegte ärztliche Gutachten der Begutachtungsstelle für Fahreignung DEKRA e.V. Dresden vom 24. Mai 2023 (Versanddatum) kommt zu dem Ergebnis, wegen des Vorliegens einer posttraumatischen Belastungsstörung mit Hinweisen auf eine schwere depressive Symptomatik und auf eine Persönlichkeitsstörung Cluster A und Epilepsie sowie wegen der in der Vergangenheit festgestellten Abhängigkeit von Sedativa oder Hypnotika und Opioiden sei die Antragstellerin nicht in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 vollständig gerecht zu werden. Eine Entwöhnungsbehandlung habe es nicht gegeben, Abstinenzbelege über einen hinreichend langen Zeitraum lägen nicht vor. Auf Alkohol verzichte die Antragstellerin nicht vollständig. Eine ausreichende Compliance in Bezug auf eine regelmäßige Medikamenteneinnahme sei nicht mit Sicherheit positiv zu beantworten. Aktuell sei zwar kein Hinweis auf Epilepsie festgestellt worden, die erforderliche Kontrolluntersuchung drei Monate nach Absetzen der Medikation inklusive EEG habe die Antragstellerin jedoch nicht durchführen lassen. Es bedürfe einer weitergehenden verkehrspsychologischen Klärung insbesondere im Hinblick auf die früher diagnostizierte Abhängigkeitsproblematik, die Stabilität der Abstinenz und das Leistungsvermögen.
Nach Anhörung, in deren Rahmen die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten (nochmals) das psychiatrische Attest des Bezirksklinikums vom 6. Dezember 2022, eine psychiatrische Bestätigung des Bezirksklinikums vom 10. Mai 2023 sowie eine Haaranalyse (Entnahme am 12.6.2023) vorlegen ließ, entzog ihr das Landratsamt mit Bescheid vom 26. Juli 2023 unter Anordnung des Sofortvollzugs die allgemeine Fahrerlaubnis (Klassen AM, B, BE, C1, C1E, CE79, L und T) und die Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung und verpflichtete sie zur Ablieferung der Führerscheine. Das vorgelegte und nachvollziehbare Gutachten, dessen Einschätzungen sich das Landratsamt anschließe, komme zu dem Ergebnis, dass die Fahreignung wegen verschiedener Krankheitsbilder und nicht erfüllter Voraussetzungen im Hinblick auf die früher festgestellte Abhängigkeitsthematik trotz der bestätigten Stabilisierung derzeit nicht gegeben sei. Die Antragstellerin habe zwar Abstinenznachweise über einen rückwirkenden Zeitraum von sechs bzw. drei Monaten vorgelegt, die erforderliche Entwöhnungsbehandlung habe jedoch nicht stattgefunden. Wegen der Nichteignung sei die Leistungsdiagnostik derzeit nicht geboten und könne erst im Neuerteilungsverfahren im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Untersuchung durchgeführt werden.
Am 2. August 2023 hat die Antragstellerin ihre Führerscheine (allgemeine Fahrerlaubnis und Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung) beim Landratsamt abgegeben.
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 28. August 2023 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage gegen den Bescheid erheben lassen, über die das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden hat, und beantragen lassen, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. November 2023 abgelehnt. Die Entziehung der Fahrerlaubnisse sei nach summarischer Prüfung rechtmäßig und habe auf das vorliegende Gutachten gestützt werden können. Dieses sei jedenfalls hinsichtlich der Ausführungen zu Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen sowie der als epileptisch eingestuften generalisierten Krampfanfälle nachvollziehbar. Eine Anfallsfreiheit durch die vereinbarte Kontrolluntersuchung und eine erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung mit anschließender einjähriger Abstinenz habe die Antragstellerin nicht nachgewiesen. Erkenntnisse oder Anhaltspunkte dafür, dass die Entwöhnungsbehandlung ausnahmsweise nicht erforderlich sei, lägen nicht vor. Außerdem konsumiere die Antragstellerin nach eigenen Angaben, wenn auch nur selten, Alkohol und verzichte nicht ganz darauf, was bei Vorliegen eines Abhängigkeitssyndroms jedoch erforderlich sei. Die vorgelegten Haaranalysen beträfen einen unzureichend langen Zeitraum. Allein der verbesserte psychische Allgemeinzustand der Antragstellerin sei aufgrund der fahreignungsausschließenden Tatbestände unerheblich.
Zur Begründung der hiergegen eingereichten Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, lässt die Antragstellerin ausführen, sowohl die Ausgangsbehörde als auch das Verwaltungsgericht würden sich medizinische Kenntnisse anmaßen. Der Gesundheitszustand der Antragstellerin sei nicht abschließend geklärt, obwohl dies durch Einholung eines neuen Gutachtens geboten gewesen wäre. Es habe keinerlei Fahrauffälligkeiten der Antragstellerin gegeben und die Sicherheit des Straßenverkehrs sei zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen. Die Antragstellerin leide nicht unter epileptischen Anfällen. Noch am 31. März 2022 habe das Landratsamt ihr die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung erteilt. Um diese zu erhalten, könne man nicht psychisch gestört sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist und die Klage der Antragstellerin keine Aussicht auf Erfolg hat, weshalb auch die Interessenabwägung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu ihren Ungunsten ausfällt.
1. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also der Bescheiderlass am 26. Juli 2023, maßgeblich (vgl. BVerwG, U.v. 7.4.2022 – 3 C 9.21 – BVerwGE 175, 206 Rn. 13; U.v. 11.4.2019 – 3 C 14.17 – BVerwGE 165, 215 Rn. 11; U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – BVerwGE 171, 1 Rn. 12 m.w.N.).
a) Der Suizidversuch der Antragstellerin, die mehrfachen stationären Krankenhausaufenthalte und die bekannt gewordenen Diagnosen waren geeignet, die Fahreignung der Antragstellerin in Frage zu stellen. Suizide oder Suizidversuche sind häufig Ausdruck einer Depression, Psychose oder Substanzabhängigkeit. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310, 919), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch das am 1. Juli 2023 in Kraft getretene Gesetz vom 12. Juli 2021 (BGBl I S. 3091), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), vor Bescheiderlass zuletzt geändert durch das am 9. März 2023 in Kraft getretene Gesetz vom 2. März 2023 (BGBl. I Nr. 56), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt sowohl für die allgemeine Fahrerlaubnis als auch für die zusätzliche Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 FeV, die mit der Entziehung der allgemeinen Fahrerlaubnis kraft Gesetzes erlischt (§ 48 Abs. 9 Satz 2 FeV). Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3, § 48 Abs. 8 Satz 1 FeV). Bei Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung, insbesondere bei Hinweisen auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur FeV, kann die Fahrerlaubnisbehörde in Zweifelsfällen, in denen die Ungeeignetheit noch nicht feststeht (§ 11 Abs. 7 FeV), mangels eigener medizinischer Fachkompetenz nicht ohne Gutachten über die Fahreignung entscheiden. Vielmehr hat sie – wie hier geschehen – nach § 11 Abs. 2 FeV die Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens anzuordnen, dessen Plausibilität sie allerdings selbst zu überprüfen hat. Zu den relevanten Erkrankungen und Mängeln zählen unter anderem – und zwar sowohl für die Fahrerlaubnis der Gruppe 1 (im Fall der Antragstellerin Klassen AM, B, BE, L und T) als auch der Gruppe 2 (hier Klassen C1, C1E, CE 79 und Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung) – Epilepsie (Anlage 4 Nr. 6.6 zur FeV), sehr schwere Depressionen (Anlage 4 Nr. 7.5 zur FeV) und die Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen (Anlage 4 Nr. 9.3 zur FeV).
Für die Durchführung der Untersuchung und die Erstellung des hierzu vom Landratsamt angeordneten und von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Fahreignungsgutachtens gelten die in Anlage 4a zur FeV genannten Grundsätze (§ 11 Abs. 5 FeV). Die erforderliche Nachvollziehbarkeit des Gutachtens betrifft die logische Ordnung (Schlüssigkeit) des Gutachtens und erfordert die Wiedergabe aller wesentlichen Befunde und die Darstellung der zur Beurteilung führenden Schlussfolgerungen. Die Nachprüfbarkeit des Gutachtens betrifft die Wissenschaftlichkeit der Begutachtung und erfordert, dass die Untersuchungsverfahren, die zu den Befunden geführt haben, angegeben und, soweit die Schlussfolgerungen auf Forschungsergebnisse gestützt sind, die Quellen genannt werden (Anlage 4a Nr. 2 Buchst. a zur FeV).
b) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass allein die gutachterlichen Feststellungen zur Epilepsie und zur Abhängigkeit von Betäubungsmitteln jeweils für sich genommen das Ergebnis der fehlenden Fahreignung der Antragstellerin tragen und es daher einer Überprüfung ihres Leistungsvermögens für die Entscheidung nicht mehr bedurfte. In den von der Antragstellerin nach Aufforderung vorgelegten ärztlichen Unterlagen vom 20. Juli 2021, 16. September 2022 und 6. Dezember 2022 werden unter anderem eine ausgeprägte psychische Störung, eine Abhängigkeit von Opiaten und Benzodiazepinen durch zunehmenden, ärztlich so nicht verordneten Medikamentenkonsum und eine generalisierte idiopathische Epilepsie bzw. epileptische Syndrome diagnostiziert. Gegenüber der Gutachterin hat die Antragstellerin angegeben, im Rahmen einer medikamentösen Schmerzbehandlung seien 2017 oder 2018 erstmals Opioide verordnet worden. Innerhalb kurzer Zeit habe sich ein Gewöhnungseffekt und Wirkungsverlust eingestellt. 2019 habe sie die Dosis eigenmächtig erhöht und ihr Arzt daraufhin die Behandlung aufgekündigt. Im Rahmen eines von ihr initiierten kalten Entzugs sei am 6. Mai 2021 ein generalisierter Krampfanfall aufgetreten, seither jedoch nicht mehr.
Diese Diagnosen sind hinsichtlich der Fahreignung unabhängig davon fahreignungsrelevant, ob es bereits zu Auffälligkeiten im Straßenverkehr gekommen ist oder nicht. Bei einer die Fahreignung ausschließenden Abhängigkeit von Betäubungsmitteln oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen setzt deren Wiedererlangung grundsätzlich eine Entgiftung und Entwöhnung sowie eine anschließende einjährige Abstinenz voraus (Anlage 4 Nr. 9.5 zur FeV; ebenso Nr. 3.14.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung vom 27.1.2014 [Vkbl S. 110] in der Fassung vom 17.2.2021 [Vkbl S. 198], die nach § 11 Abs. 5 FeV i.V.m. Anlage 4a zur FeV Grundlage für die Eignungsbeurteilung sind). Der Nachweis einer erfolgreichen Entwöhnungsbehandlung ist angesichts der besonderen Rückfallgefahr bei Abhängigkeit erforderlich. Erst nach Ablauf des folgenden, besonders rezidivgefährdeten Jahrs kann ein Erfolg der Entwöhnungsbehandlung bestätigt werden. Nach den von der Antragstellerin vorgelegten und im Gutachten berücksichtigten Unterlagen haben zwar eine Entgiftung und im Mai 2021 ein kalter Entzug stattgefunden, aber offenbar keine professionelle Entwöhnungsbehandlung. Gegenüber der Gutachterin (S. 15) hat sie selbst angegeben, eine Entwöhnungsbehandlung habe nicht stattgefunden. Dass eine solche ausnahmsweise entbehrlich wäre, ergibt sich ebenfalls nicht hinreichend aus den ärztlichen Unterlagen, und zwar auch nicht aus dem Attest des Bezirksklinikums vom 10. Mai 2023, welches im Gutachten (S. 17 f.) entgegen der Annahme des Landratsamts im Bescheid auch berücksichtigt wurde. Sollte die Antragstellerin entsprechende fundierte Nachweise vorlegen, können diese allenfalls im Neuerteilungsverfahren gemäß § 20 FeV berücksichtigt werden.
Unabhängig davon können auch die Eignungszweifel hinsichtlich einer Epilepsie nicht als ausgeräumt angesehen werden. Dies ist nach Anlage 4 Nr. 6.6 zur FeV nur ausnahmsweise der Fall, wenn kein wesentliches Risiko von Anfallsrezidiven mehr besteht, wovon in der Regel für die Fahrerlaubnisse der Gruppe 1 bei einem anfallsfreien Jahr und für die Fahrerlaubnisse der Gruppe 2 erst bei fünf anfallsfreien Jahren ohne Therapie auszugehen ist. Auch wenn die Antragstellerin nicht mehr unter epileptischen Anfällen leidet, hat sie die Wiedervorstellung drei Monate nach Ausschleichen der antikonvulsiven Therapie und Absetzen der Medikation zur Untersuchung inklusive EEG, die mit ihrem Neurologen nach dessen Arztbericht vom 30. September 2021 vereinbart war (hierzu S. 16 f. des Gutachtens), offenbar nicht wahrgenommen, jedenfalls hierfür keine Nachweise vorgelegt. Auch dies kann sie ggf. im Wiedererteilungsverfahren nachholen, in dessen Rahmen auch die Leistungsfähigkeit, die Auswirkungen der gegenwärtigen Medikation auf die Fahreignung und die Notwendigkeit vollständiger Alkoholabstinenz im Hinblick auf die (frühere) Suchtmittelabhängigkeit und die Wechselwirkungen mit der gegenwärtigen Medikation zu klären sein werden.
Schließlich kann die Antragstellerin sich nicht darauf berufen, dass ihr das Landratsamt am 31. März 2022 die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung erteilt hat. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Landratsamt von den Eignungszweifeln noch keine Kenntnis. Andernfalls hätte es ihr die Fahrerlaubnis nicht erteilen dürfen.
c) Die Verpflichtung zur Abgabe der Führerscheine, der die Antragstellerin bereits Folge geleistet hat, ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und § 48 Abs. 9 Satz 3 FeV.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, 46.3, 46.5, 46.9 und 46.10 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
3. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).