Die Brisanz von Cannabis im Straßenverkehr
In den letzten Jahren hat die Diskussion um die Legalisierung von Cannabis in vielen Ländern an Fahrt aufgenommen. Doch unabhängig von der rechtlichen Stellung dieser Substanz bleibt die Frage, wie sich ihr Konsum auf die Fahrtüchtigkeit auswirkt. Das vorliegende Urteil des VG Bremen beleuchtet genau diesen Aspekt und zeigt, wie komplex und vielschichtig die rechtlichen und gesellschaftlichen Implikationen sein können.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Der Antragsteller hat seine Fahrerlaubnis verloren, nachdem er unter dem Einfluss von Cannabis ein Fahrzeug geführt hat und ein medizinisch-psychologisches Gutachten, das von der Behörde gefordert wurde, nicht vorgelegt hat.
- Der Antragsteller wurde am 07.09.2023 vom VG Bremen abgelehnt und muss die Kosten des Verfahrens tragen.
- Er hat sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis gewandt.
- Bei einer polizeilichen Kontrolle wurde festgestellt, dass der Antragsteller unter dem Einfluss von Cannabis stand.
- Er gab zu, einen Joint geraucht zu haben und lehnte einen Urintest ab.
- Eine Blutprobe zeigte einen THC-Wert von 8,4 ng/ml.
- Das Bürger- und Ordnungsamt forderte den Antragsteller auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, um seine Eignung zum Fahren zu bewerten.
- Der Antragsteller stimmte der Begutachtung zu, legte jedoch kein Gutachten vor.
- Infolgedessen wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen und er musste seinen Führerschein abgeben.
- Der Antragsteller erhob Klage gegen den Bescheid und argumentierte, dass die Anforderung eines Gutachtens rechtswidrig sei.
- Die Antragsgegnerin wies darauf hin, dass der Antragsteller unter dem Einfluss von Cannabis gefahren ist und der gelegentliche Konsum von Cannabis bestätigt wurde.
- Das Gericht entschied, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig war, da der Antragsteller sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat.
Übersicht
- Die Brisanz von Cannabis im Straßenverkehr
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall: Ein Fahrlehrer, Cannabis und die Polizeikontrolle
- Das Kernproblem: Die Fahrtauglichkeit unter dem Einfluss von Cannabis
- Die rechtlichen Zusammenhänge: Cannabis-Konsum und Fahrerlaubnis
- Die Entscheidung des Gerichts: Sicherheit geht vor
- Die Begründung des Gerichts: Ein umfassender Blick auf die Fakten
- Die Auswirkungen: Ein Präzedenzfall?
- Fazit: Ein Balanceakt zwischen Rechten und Sicherheit
- ➨ Fahrerlaubnis wegen Cannabis entzogen? Wir helfen!
- ✔ Medizinisch-Psychologisches Gutachten – kurz erklärt
- § Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil sind u.a.:
- Das vorliegende Urteil
Der Fall: Ein Fahrlehrer, Cannabis und die Polizeikontrolle
Am besagten Tag wurde der Antragsteller, ein Fahrlehrer, um 15.22 Uhr von der Polizei kontrolliert. Bei dieser Kontrolle ergaben sich Auffälligkeiten bei freiwilligen Körperfunktionstests. Der Antragsteller gab zu, am Wochenende zuvor einen Joint geraucht zu haben. Eine Blutprobe bestätigte später seinen Cannabis-Konsum. Dieser Vorfall führte zu einer Aufforderung des Bürger- und Ordnungsamtes, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, welches der Antragsteller jedoch nicht fristgerecht einreichte.
Das Kernproblem: Die Fahrtauglichkeit unter dem Einfluss von Cannabis
Die zentrale Frage, die sich hier stellt, ist, ob jemand, der gelegentlich Cannabis konsumiert, in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen. Dies ist besonders relevant, da der Antragsteller nicht nur ein gewöhnlicher Fahrer, sondern ein Fahrlehrer war. Die rechtliche Herausforderung besteht darin, zu bestimmen, ob und wann der Konsum von Cannabis die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt und ob dies ausreicht, um jemandem die Fahrerlaubnis zu entziehen.
Die rechtlichen Zusammenhänge: Cannabis-Konsum und Fahrerlaubnis
In Deutschland gibt es klare Grenzwerte für den THC-Gehalt im Blut, ab dem von einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit ausgegangen wird. Im vorliegenden Fall lag der Wert des Antragstellers deutlich über diesem Grenzwert. Dies, kombiniert mit seiner Weigerung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, führte zur Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
Die Entscheidung des Gerichts: Sicherheit geht vor
Das Gericht entschied, dass die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis gerechtfertigt war. Die Begründung lag vor allem in der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und der Tatsache, dass der Antragsteller als Fahrlehrer eine besondere Verantwortung trägt. Das Gericht betonte, dass der Antragsteller unter dem Einfluss von Cannabis ein Fahrzeug geführt hatte und dies eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit darstellt.
Die Begründung des Gerichts: Ein umfassender Blick auf die Fakten
Das Gericht berücksichtigte nicht nur den aktuellen Vorfall, sondern auch die Tatsache, dass der Antragsteller bereits in der Vergangenheit Cannabis konsumiert hatte. Es wurde auch hervorgehoben, dass er den Konsum von Cannabis dem Unterrichten von Fahrschülern vorgezogen hatte, was auf eine mögliche Beeinträchtigung seines Urteilsvermögens hinweist.
Die Auswirkungen: Ein Präzedenzfall?
Dieses Urteil könnte weitreichende Auswirkungen auf ähnliche Fälle in der Zukunft haben. Es unterstreicht die Notwendigkeit, die Auswirkungen von Cannabis auf die Fahrtüchtigkeit ernst zu nehmen und stellt klar, dass die Sicherheit der Allgemeinheit Vorrang hat.
Fazit: Ein Balanceakt zwischen Rechten und Sicherheit
Während das Urteil des VG Bremen klarstellt, dass die Sicherheit im Straßenverkehr von größter Bedeutung ist, wirft es auch Fragen über die Rechte von Einzelpersonen und die Grenzen der Strafverfolgung auf. Es ist ein Balanceakt, der sicherlich weiterhin Diskussionen und rechtliche Überprüfungen anregen wird.
➨ Fahrerlaubnis wegen Cannabis entzogen? Wir helfen!
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✔ Medizinisch-Psychologisches Gutachten – kurz erklärt
Das Medizinisch-Psychologische Gutachten (MPG) ist das Ergebnis der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU). Die MPU, umgangssprachlich oft als „Idiotentest“ bezeichnet, wird in Deutschland durchgeführt, um die Fahreignung eines Antragstellers zu beurteilen. Die Untersuchung besteht aus drei Teilen: einem medizinischen Check, einem Leistungstest am Computer und einem psychologischen Gespräch. Das etwa einstündige, auf die Fragestellung ausgerichtete Gespräch wird durch den Gutachter schriftlich dokumentiert. Das Gutachten wird in Zusammenarbeit von Ärzten und Psychologen erstellt und enthält eine Empfehlung zur Fahrtauglichkeit des Antragstellers. Nach Abschluss der MPU dauert es in der Regel etwa 10 Werktage, bis das Gutachten dem Antragsteller zugestellt wird.
§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil sind u.a.:
- Straßenverkehrsrecht: Dieses Urteil befasst sich mit der Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund des Konsums von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs unter dessen Einfluss. Das Straßenverkehrsrecht regelt die Teilnahme von Personen und Fahrzeugen am Straßenverkehr und die damit verbundenen Pflichten und Rechte.
- Betäubungsmittelrecht: In diesem Fall wird der Konsum von Cannabis und dessen Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit thematisiert. Das Betäubungsmittelrecht regelt den Umgang mit Substanzen, die ein Abhängigkeitspotential haben oder die Gesundheit schädigen können, wie z.B. Cannabis.
- Verwaltungsrecht: Das Verfahren und die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Anordnung der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) sind im Verwaltungsrecht verankert. Es regelt das Handeln der öffentlichen Verwaltung und das Verhältnis zwischen Bürger und Staat.
Das vorliegende Urteil
VG Bremen – Az.: 5 V 1782/23 – Beschluss vom 07.09.2023
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
Er wurde am ….2023 um 15.22 Uhr als Führer eines Kraftfahrzeugs polizeilich kontrolliert. In dem Polizeivermerk wird ausgeführt, dass der Antragsteller angegeben habe, er befinde sich auf dem Weg zu seiner nächsten Fahrstunde als Fahrlehrer. Es hätten sich bei der Durchführung von freiwilligen Körperfunktionstests Auffälligkeiten ergeben. Einen freiwilligen Urintest habe der Antragsteller vehement mit der Begründung abgelehnt, dass dieser positiv sei. Er habe am Samstag einen Joint geraucht. Während der Fertigung der Unterlagen im Rahmen der sich anschließenden Blutentnahme habe der Antragsteller nach mehrmaliger Belehrung mitgeteilt, dass er privat Urintests besitze und durchführe. Der Konsum am Wochenende sei nicht das erste Mal gewesen.
Der Antragsteller erklärte sich mit einer Blutentnahme einverstanden, die um 16.18 Uhr durchgeführt wurde. Die chemisch-toxikologische Untersuchung der Blutprobe im … ergab einen THC-Wert von 8,4 ng/ml, einen Hydroxy-THC-Wert von 0,9 ng/ml und einen THC-Carbonsäure-Wert von 27 ng/ml. Zur Bewertung wurde ausgeführt, dass sich aus der Untersuchung ergäbe, dass der Antragsteller Cannabis konsumiert habe und zum Zeitpunkt der Blutentnahme unter dem Einfluss von Cannabis gestanden habe.
Mit Schreiben vom ….2023 forderte das Bürger- und Ordnungsamt der Antragsgegnerin den Antragsteller auf, bis zum 16.06.2023 ein medizinischpsychologisches Gutachten zu den Fragen vorzulegen, ob der Antragsteller trotz der Hinweise auf gelegentlichen Cannabiskonsum sowie zusätzlicher Zweifel an der Eignung ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1 sicher führen kann (Frage 1) und insbesondere nicht zu erwarten ist, dass er auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis oder dessen Nachwirkungen führen wird (Frage 2).
Der Antragsteller erklärte sein Einverständnis mit der Begutachtung, legte ein Gutachten jedoch bis zum 16.06.2023 nicht vor. Nach Anhörung des Antragstellers und gegenseitigem Schriftverkehr zwischen dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers und der Antragsgegnerin entzog das Bürger- und Ordnungsamt dem Antragsteller mit Bescheid vom 07.07.2023 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis, forderte ihn auf, seinen Führerschein sofort, spätestens bis 7 Tage nach Zustellung dieser Verfügung bei der Antragsgegnerin abzugeben und drohte ihm für den Fall, dass er dieser Verfügung nicht nachkomme, ein Zwangsgeld von 260 € an. Da das Gutachten nicht innerhalb der gesetzten Frist vorgelegt worden sei, sei gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen zu schließen. Der Antragsteller gab seinen Führerschein in der Folge ab.
Der Antragsteller hat am 20.07.2023 Klage gegen den Bescheid vom 07.07.2023 erhoben und zugleich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt. Er trägt vor, die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens sei rechtswidrig gewesen. Bloße „Hinweise auf einen gelegentlichen Konsum“, wie in der Fragestellung ausgeführt, reichten nicht aus, da der gelegentliche Konsum im Moment der Anordnung vorliegen müsse. Dies habe sich zweifelsfrei aus der Anordnung zu ergeben. Auch die Frage zum „sicheren Führen“ stehe nicht mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Einklang. Die ernsthafte Besorgnis, die sich aus einem gelegentlichen Cannabis-Konsum und dem einmaligen Führen eines Kraftfahrzeuges unter Wirkung von THC hinsichtlich der Kraftfahreignung ergäbe, beziehe sich lediglich auf das zukünftige Trennungsvermögen. Nicht ersichtlich sei, aus welchen Tatsachen sich bei vernünftiger lebensnaher Einschätzung darüberhinausgehende Zweifel hinsichtlich des „Sicher-Führen-Könnens“ eines Fahrzeugs ergeben sollten. Allein aus dem gelegentlichen Cannabiskonsum ergebe sich kein Anlass zur Befürchtung einer permanenten fahreignungsrelevanten Absenkung der körperlich-geistigen Leistungsfähigkeit des Betroffenen. Tatsachen, die nach den Vorschriften der FeV Eignungszweifel aufkommen ließen, seien nicht das Gleiche wie Eignungszweifel. Eine gutachterliche Fragestellung, die über eine Prognose des Trennungsvermögens hinausgehend die Frage nach dem „Sicher-Führen-Können“ in den Blick nehme, sei nicht anlassbezogen und nicht verhältnismäßig. Darüber hinaus sei unklar, was mit der Formulierung „Einfluss von Cannabis oder dessen Nachwirkungen“ gemeint sein solle und warum es aus Sicht der Antragsgegnerin dieser Differenzierung bedürfe. Es sei unklar, was an einer „Nachwirkung“ anders sein solle als beim „Einfluss“ / „Wirkung“. Die Fragestellung sei zu extensiv, soweit nach „Nachwirkungen“ gefragt werde und überflüssig. Auch sei zu rügen, dass die Antragsgegnerin in dem Schreiben an den TÜV nicht für eine Klarstellung gesorgt habe, dass bei der Begutachtung nur auf Cannabinoide geprüft werden dürfe. Die Gutachterstellen prüften unter Hinweis auf die CTU Richtlinien regelmäßig polytoxikologisch und unterwanderten damit das Verhältnismäßigkeitsprinzip.
Die Antragsgegnerin tritt dem Antrag entgegen. In Bezug auf die Fragestellung werde nicht nur auf bloße Hinweise hinsichtlich des gelegentlichen Cannabiskonsums verwiesen, sondern es werde ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass eine Fahrt unter dem Einfluss von Cannabis bestätigt gewesen sei. Aus dem Anordnungsschreiben gehe hervor, dass ein gelegentlicher Konsum im Moment der Anordnung vorgelegen habe. Es sei ein Sachverhalt geschildert worden, der die eigenen Angaben des Antragstellers zum gelegentlichen Konsum aufführe. Kein Gutachter würde nunmehr versuchen, das genaue Konsumverhalten des Antragstellers abzuklären. Der Antragsteller habe den gelegentlichen Konsum von Cannabis nicht in Abrede gestellt. Hinsichtlich der Fragestellung zum sicheren Führen eines Fahrzeugs verhalte es sich so, dass der Antragsteller unter einer akuten Drogenwirkung ein Kraftfahrzeug geführt habe. Der nachgewiesene THC-Wert liege um 7,4 ng/ml über dem mit Beschluss der Grenzwertkommission der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin vom 20.11.2002 festgesetzten Grenzwert von 1 ng/ml. Die Aufforderung zur MPU nehme Bezug auf diesen nachgewiesenen, die Sicherheit des Verkehrs beeinflussenden THC-Wert und dem nicht erfolgten Trennen von Cannabiskonsum und Führen eines Kraftfahrzeuges nach einem gelegentlichen, mindestens zweimaligen Konsum von Cannabis. Eine dauerhafte fahreignungsrelevante Absenkung der körperlich-geistigen Leistungsfähigkeit des Antragstellers aufgrund der sich aufgrund der Polizeikontrolle ergebenden Erkenntnisse sei nicht gänzlich auszuschließen gewesen und daher zur Überprüfung gestellt worden. Hinzu komme, dass noch nicht einmal die unmittelbar bevorstehende Fahrstunde, die der Antragsteller als Fahrlehrer zu erteilen beabsichtigte, diesen vom Konsum von Cannabis abgehalten habe. Dem Konsum von Cannabis den Vorzug vor den Verpflichtungen als Fahrlehrer zu geben, könne als Nachwirkung (Beeinträchtigung des Urteilsvermögens, Suchtwirkung) eines schon länger bestehenden Cannabiskonsums bewertet werden. Die Fragestellung auf Seite 5 der Aufforderung beziehe sich ausschließlich auf einen nachgewiesenen Cannabiskonsum. Andere Substanzen würden weder in der Fragestellung aufgeführt, noch seien sie aus der beigefügten Akte ersichtlich. Die Notwendigkeit einer weiteren, zusätzlichen Klarstellung sei nicht nachvollziehbar. Zum Sofortvollzug werde auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
1. In formeller Hinsicht genügt die Anordnung des Sofortvollzugs im Bescheid vom 07.07.2023 den Anforderungen, die nach § 80 Abs. 3 VwGO an die Begründung einer solchen Anordnung zu stellen sind. Die Vorschrift erfordert eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung, worin das besondere öffentliche Interesse an einer ausnahmsweisen sofortigen Vollziehbarkeit besteht und weshalb das Interesse des Adressaten, zunächst nicht von dem angefochtenen Verwaltungsakt betroffen zu werden, hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse zurücktreten muss. Die Behörde hat maßgeblich darauf abgestellt, dass ein zeitnaher Konsum vorgelegen haben müsse und der Antragsteller zudem als Fahrlehrer auf dem Weg zu einer Fahrstunde gewesen sei. Ein sofortiger Ausschluss aus der Verkehrsgemeinschaft sei geboten, weil der Antragsteller aufgrund der mit einem Cannabiskonsum herabgesetzten Leistungsfähigkeit sowie herabgesetzten Fähigkeit zu verantwortlichen Entscheidungen als Führer eines Kraftfahrzeuges im öffentlichen Straßenverkehr andere Verkehrsteilnehmer und auch sich selbst an Leib und Leben erheblich gefährde sowie als Fahrlehrer bei Fahrfehlern von Fahranfängern nicht mehr entsprechend eingreifen könne.
2. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes angeordnet worden ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine eigene, originäre Ermessensentscheidung. Es hat dabei abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Im Rahmen dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs maßgeblich zu berücksichtigen. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtswidrig, überwiegt regelmäßig das private Aussetzungsinteresse das gegenläufige öffentliche Vollzugsinteresse. Stellt sich der Verwaltungsakt hingegen als offensichtlich rechtmäßig dar, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück; es bedarf in den Fällen der behördlichen Vollzugsanordnung grundsätzlich aber eines besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung.
Die Fahrerlaubnisentziehung vom 07.07.2023 erweist sich bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig (a. und b.). Zusätzlich besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung (d.).
a. Die Fahrerlaubnisentziehung ist formell rechtmäßig. Der Antragsteller ist ordnungsgemäß gemäß § 28 Abs. 1 BremVwVfG angehört worden.
b. Die Fahrerlaubnisentziehung erweist sich auch in materieller Hinsicht als offensichtlich rechtmäßig.
aa. Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV. Danach ist demjenigen die Fahrerlaubnis zu entziehen, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 kann bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Fahreignung bejaht werden, wenn Konsum und Fahren getrennt werden kann, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Die Bewertungen der Anlage 4 gelten nach Nummer 3 ihrer Vorbemerkung für den Regelfall.
Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden gemäß § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. § 11 Abs. 3 FeV regelt, unter welchen Voraussetzungen die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) zur Klärung von Eignungszweifeln angeordnet werden kann. § 14 Abs. 1 FeV enthält hierzu eine Spezialregelung, soweit es um die Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel geht. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn eine gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.
Nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn er sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder wenn er das von ihm geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Der Schluss aus der Nichtvorlage eines angeforderten Fahreignungsgutachtens auf die fehlende Fahreignung ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn die Anordnung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 –, juris Rn. 19 m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung der Gutachtensanordnung ist deren Erlass (BVerwG, Urt. v. 17.11.2016 – 3 C 20/15 –, juris Rn. 14; BayVGH, Beschl. v. 11.02.2019 – 11 CS 18.1808 –, juris Rn. 22).
bb. Gemessen daran durfte die Antragsgegnerin von der fehlenden Eignung des Antragstellers ausgehen.
(1) Die Anordnung vom ….2023, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, genügt den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV, die auch für eine auf § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gestützte Anordnung gelten (Koehl, in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Aufl. 2017, § 14 FeV Rn. 13, 24E).
Entgegen der Auffassung des Antragstellers begegnet die Fragestellung für das Gutachten keinen rechtlichen Bedenken. Nach § 11 Abs. 6 FeV legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Der Betroffene soll durch die Mitteilung der zu begutachtenden Fragestellung, die ebenso wie die Angabe der Gründe, die Zweifel an der Fahreignung begründen, sowie der Fachrichtung des zur Begutachtung einzuschaltenden Facharztes bereits in der an ihn gerichteten Beibringungsanordnung zu erfolgen hat, in die Lage versetzt werden, sich innerhalb der nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV zu bestimmenden Frist zur Vorlage dieses Gutachtens ein Urteil darüber zu bilden, ob die Aufforderung zu dessen Beibringung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist. Davon hängt es ab, ob sich der Betroffene dieser Aufforderung verweigern kann, ohne befürchten zu müssen, dass ihm die Fahrerlaubnisbehörde bei nicht fristgerechter Vorlage des Gutachtens unter Berufung auf § 11 Abs. 8 FeV seine Fahrerlaubnis entzieht. Zudem ermöglicht die Mitteilung der konkreten Fragestellung an den Betroffenen ihm die Prüfung, ob die an den Gutachter mitgeteilten Fragen mit der Beibringungsanordnung identisch sind und sich die Begutachtungsstelle daran hält (BVerwG, Beschl. v. 05.02.2015 – 3 B 16/14 –, juris Rn. 8).
Die erste Frage der Gutachtensanordnung „Kann der zu Untersuchende trotz der Hinweise auf gelegentlichen Cannabiskonsum sowie zusätzlicher Zweifel an der Eignung ein Kraftfahrzeug der Gruppe I sicher führen?“ ist nicht deshalb rechtswidrig, weil mit dieser Frage unklar bliebe, warum die Antragsgegnerin einerseits von einem gelegentlichen Cannabiskonsum des Antragstellers ausgehe, in der Frage hingegen lediglich diesbezügliche „Hinweise“ erwähne.
Maßgeblich für die Auslegung der in der Anordnung gestellten Frage ist der objektive Empfängerhorizont. Die Fragestellung ist in Zusammenschau mit den in der Gutachtensanordnung mitgeteilten Gründen für die Begutachtung zu beurteilen. Aus diesen ergibt sich sowohl für den Antragsteller als auch für die die angeordnete medizinisch-psychologische Untersuchung durchführenden Gutachter eindeutig, dass ein gelegentlicher Cannabiskonsum des Antragstellers aus Sicht der Antragsgegnerin feststeht. In der Beibringungsanordnung wird ausgeführt, dass der Antragsteller einen Cannabiskonsum in der Vergangenheit eingeräumt habe und eine weitere Aufklärung hinsichtlich der Häufigkeit des Konsums nur dann geboten sei, wenn der Betroffene substantiell darlege, er habe erstmals Cannabis eingenommen und sei weder gelegentlicher noch regelmäßiger Konsument. Aufgrund der dargestellten Erkenntnisse sowie der Schlussfolgerungen hieraus fehle es an der substanziellen Darlegung, der Antragsteller habe erstmalig Cannabis konsumiert. Ein experimenteller auf Einmaligkeit beschränkter Cannabiskonsum könne gänzlich ausgeschlossen werden. Weiter heißt es „Ausgehend von einem nunmehr festgestellten zumindest gelegentlichen Konsum von Cannabis“… (Hervorhebung durch das Gericht).
Angesichts dieser Ausführungen besteht das Risiko, dass sich der Gutachter veranlasst fühlen könnte, das Konsummuster des Antragstellers zu überprüfen, nach Auffassung der Kammer nicht.
Die Kammer teilt auch nicht die Auffassung des Antragstellers, die Fragestellung sei nicht anlassbezogen und unverhältnismäßig, weil sie über eine Prognose des Trennungsvermögens hinausgehend die Frage nach dem „Sicher-Führen-Können“ in den Blick nehme. Anknüpfungspunkt für die Zweifel am sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs sind der gelegentliche Cannabiskonsum und das Führen eines Fahrzeugs unter dem Einfluss von Cannabis am 14.02.2023, sodass die Fähigkeit bzw. Bereitschaft des Antragstellers, den gelegentlichen Konsum von Cannabis und das Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV), zu überprüfen waren. Die erste Frage wird durch die zweite Frage der Begutachtungsanordnung „Ist insbesondere nicht zu erwarten, dass er auch künftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis oder dessen Nachwirkungen führen wird (Fähigkeit zum Trennen von Konsum und Verkehrsteilnahme?“, präzisiert. Die Antragsgegnerin hat insoweit gerade nicht allein aus dem gelegentlichen Cannabiskonsum auf eine dauerhafte fahreignungsrelevante Absenkung der körperlich-geistigen Leistungsfähigkeit des Antragstellers geschlossen, sondern die Fahreignung des Antragstellers im Hinblick auf das Trennungsvermögen in Frage gestellt.
Insoweit schließt sich die Kammer den überzeugenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Beschl. v. 04.05.2023 – 16 B 1271/22 –, juris Rn. 11 ff.; vgl. auch: OVG SH, Beschl. v. 26.10.2022 – 5 MB 22/22 –, juris Rn. 25 ff.; a.A. die von dem Antragsteller zitierten und im Verwaltungsverfahren vorgelegten Entscheidungen des VG Freiburg, Beschl. v. 27.03.2023 – 2 K 2933/22 –; VG Köln, Beschl. v. 23.11.2022 – 6 L 1743/22 –; sowie auch: VG Oldenburg, Beschl. v. 26.02.2020 – 7 B 392/20 –, juris Rn. 4) zu einer identischen Fragestellung an. Die Fragestellung entspricht im Übrigen der bisherigen Praxis der Antragsgegnerin, ohne dass erkennbar geworden ist, dass die Gutachter die Fragestellung in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit missverstanden haben.
Auch der Einwand des Antragstellers, die Frage zu den „Nachwirkungen“ sei zu extensiv, weil unklar sei, was der Unterschied zwischen „Nachwirkung“ und „Einfluss“ sei, greift nicht durch. Der Begriff der „Nachwirkung“ bedeutet, dass die Wirkung von etwas verlängert wird. Er erfasst nicht in erster Linie die sich auf die Fahrtüchtigkeit auswirkenden Leistungseinbußen im akuten Cannabisrausch, wie bspw. eine subjektiv gesteigerte Gefühlsintensität, sondern insbesondere fahreignungsrelevante Nachwirkungen, wie bspw. Müdigkeit oder sonstige Auffälligkeiten. Er beschreibt, dass der zu Untersuchende über eine realistische Einschätzung der Wirkungsweise und Wirkungsdauer der konsumierten Cannabisprodukte verfügen muss, so dass zwischen dem Konsum und der erneuten Teilnahme am Straßenverkehr eine ausreichend lange Zeit vergangen sein muss und eine zuverlässige Trennung von Konsum und Fahren gewährleistet ist, um auch das Risiko der Nachwirkungen von Cannabis auf die Fahrtüchtigkeit auszuschließen.
Schließlich bedurfte es keiner Klarstellung, dass bei der Begutachtung nur auf Cannabinoide geprüft werden dürfe. Aus dem Inhalt der Beibringungsanordnung und der Fragestellung ergab sich hinreichend deutlich, dass sich die Zweifel am sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs aus dem gelegentlichen Cannabiskonsum des Antragstellers und dem Führen eines Kraftfahrzeugs unter dem Einfluss von Cannabis ergaben. Das Risiko, dass sich der Gutachter zu einer Überprüfung anderer Substanzen veranlasst sehen konnte, besteht auch hier nicht.
Auch im Übrigen genügt die Aufforderung den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV. Sie enthält die erforderliche Fristsetzung und einen Hinweis auf die Kostentragungspflicht des Antragstellers. In der Einverständniserklärung wird er zudem auf die Möglichkeit hingewiesen, die zu übersendenden Unterlagen einzusehen. Es wurde eine Auflistung von Begutachtungsstellen für Fahreignung, die Begutachtungen durchführen, beigefügt. Der Antragsteller wurde zudem unmissverständlich darauf hingewiesen, dass bei der Weigerung, sich untersuchen zu lassen, oder bei nicht fristgerechter Vorlage des geforderten Gutachtens auf seine Nichteignung geschlossen werden darf und ihm dann die Fahrerlaubnis entzogen wird. Dem Antragsteller sind auch die Gründe für die Zweifel an seiner Eignung sowie zu klärenden Fragen mitgeteilt worden. Die dem Antragsteller gesetzte Frist, das Gutachten bis zum 16.06.2023 beizubringen, war hinreichend lang, um der Aufforderung nachzukommen.
(2) Die Begutachtungsaufforderung ist auch materiell rechtmäßig ergangen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann ein Gutachten angeordnet werden, wenn eine gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Die Antragsgegnerin durfte davon ausgehen, dass der Antragsteller gelegentlicher Cannabiskonsument ist. Gelegentlicher Konsum von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn der Betroffene in zumindest zwei selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (BVerwG, Urt. v. 11.04.2019 – 3 C 13/17 –, juris Rn. 14 m.w.N.). Die dem Antragsteller am 14.02.2023 entnommene Blutprobe ergab einen THC-Wert von 8,4 ng/ml. Der Antragsteller hat bei der polizeilichen Kontrolle angegeben, dass der Cannabiskonsum, der dem Fahren vorausgegangen ist, nicht der einzige Konsum von Cannabis gewesen sei. Zudem hat er angegeben, dass er privat Urintests besitze und durchführe, was dafürspricht, dass er häufiger Cannabis konsumiert und kontrolliert, ob Cannabis im Urin noch nachweisbar ist. Der Antragsteller hat den gelegentlichen Cannabiskonsum im behördlichen oder gerichtlichen Verfahren auch zu keinem Zeitpunkt bestritten.
Zu der gelegentlichen Einnahme von Cannabis müssen weitere Tatsachen hinzutreten, um Zweifel an der Fahreignung zu begründen. Eine solche Tatsache kann ein Verstoß gegen das Trennungsgebot sein (BVerwG, Urt. v. 11.04.2019 – 3 C 13/17 –, juris Rn. 16). Ein solcher Verstoß begründet Bedenken gegen die Fahreignung, denen die Fahrerlaubnisbehörde nachgehen muss. Erforderlich ist eine Prognose, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem möglicherweise die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Fahren trennen wird. Um hierfür eine ausreichend abgesicherte Erkenntnisgrundlage zu haben, bedarf es in der Regel der Einholung eines medizinischpsychologischen Gutachtens (OVG Bremen, Beschl. v. 29.07.2019 – 2 B 153/19 –, juris Rn. 16). Eine Verletzung des Trennungsgebots ist erst dann anzunehmen, wenn der gemessene THC-Gehalt im Blutserum den Risikogrenzwert von 1,0 ng/ml erreicht oder überschreitet (BVerwG, Urt. v. 11.04.2019 – 3 C 14/17 –, juris Rn. 23 ff.; OVG Bremen, Beschl. v. 25.02.2016 – 1 B 9/16 –, juris Rn. 6). Das ist hier der Fall. Der Antragsteller hat gegen das Trennungsgebot verstoßen. Bei ihm wurde im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges am ….2023 eine THC-Konzentration von 8,4 ng/ml im Blutserum und damit deutlich mehr als der Risikogrenzwert von 1,0 ng/ml festgestellt.
Aufgrund dessen konnte die Antragsgegnerin von einem gelegentlichen Cannabis-Konsum ausgehen und aufgrund der Fahrt mit dem PKW unter dem Einfluss von Cannabis lagen damit weitere Tatsachen vor, die Zweifel an der Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen begründeten. Die Antragsgegnerin hat das ihr nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV zustehende Ermessen in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens auch zutreffend ausgeübt. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Anordnung zur Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens im vorliegenden Fall unverhältnismäßig gewesen ist.
Gründe, die es ausnahmsweise rechtfertigen das von der Antragsgegnerin geforderte Gutachten nicht vorzulegen, sind nicht ersichtlich.
(3) Da der Antragsteller das angeforderte Gutachten ohne ausreichenden Grund nicht fristgerecht vorgelegt hat, durfte die Antragsgegnerin nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV von der Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen. Weil sich der Antragsteller vor diesem Hintergrund als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat, war ihm die Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV zwingend zu entziehen. Ein Ermessen war der Antragsgegnerin insoweit nicht eingeräumt.
c. Die Verpflichtung des Antragstellers zur Ablieferung des Führerscheins ergibt sich aus § 47 Abs. 1 FeV. Die freiwillige Ablieferung des Führerscheins hat nicht die Erledigung der Regelung in Ziffer 2 des Bescheids zur Folge, weil die Ablieferung erkennbar zwecks Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen erfolgte.
d. Schließlich besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung. In Fällen einer sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes auf Grundlage des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hat das Gericht bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, dass die offensichtliche Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts allein die sofortige Vollziehung nicht zu rechtfertigen vermag. Es kann die behördliche Anordnung daher nur bestehen lassen, wenn nach seiner Beurteilung ein öffentliches Interesse daran besteht, den offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakt vor Eintritt seiner Bestandskraft zu vollziehen (Külpmann, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz, 7. Aufl. 2017, Rn. 975 m. w. N.). In Anbetracht des für die Sicherheit des Straßenverkehrs bestehenden erheblichen Gefährdungspotenzials, das von einem zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeigneten Fahrer ausgeht, kann es im Hinblick auf das Interesse an der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit nicht hingenommen werden, dass der Antragsteller bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorerst weiterhin als Führer von Kraftfahrzeugen am Straßenverkehr teilnimmt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller trotz des Einflusses von Cannabis beabsichtigte, eine Fahrlehrerstunde abzuhalten. Auch im Hinblick auf die damit einhergehenden besonderen Gefahren bedarf es des vorläufigen Ausschlusses des Antragstellers von seiner Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. den Ziffern 46.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
? FAQ zum Urteil
- Was bedeutet „Fahrerlaubnisentziehung“ im Zusammenhang mit dem Nichtvorlegen eines medizinisch-psychologischen Gutachtens wegen Cannabis? Die Fahrerlaubnisentziehung bezieht sich auf den Entzug der Fahrerlaubnis eines Individuums. Im vorliegenden Fall wurde die Fahrerlaubnis wegen des Nichtvorlegens eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach einem nachgewiesenen Cannabiskonsum entzogen.
- Welche Konsequenzen hat der Antragsteller zu tragen, wenn er das geforderte Gutachten nicht vorlegt? Wenn der Antragsteller das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht fristgerecht vorlegt, kann die Fahrerlaubnisbehörde auf die Nichteignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen und ihm die Fahrerlaubnis entziehen.
- Welche Rolle spielt der THC-Wert im Blut bei der Bewertung der Fahreignung? Der im Blut nachgewiesene THC-Wert gibt Aufschluss darüber, ob und in welchem Maße der Antragsteller Cannabis konsumiert hat. Ein erhöhter THC-Wert, insbesondere wenn er über dem festgesetzten Grenzwert liegt, kann als Indikator für den Konsum von Cannabis dienen und die Fahreignung des Betroffenen in Frage stellen.
- Was sind die Hauptargumente des Antragstellers gegen die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens? Der Antragsteller argumentiert, dass bloße „Hinweise auf einen gelegentlichen Konsum“ nicht ausreichen und dass die Fragestellung zum „sicheren Führen“ eines Fahrzeugs nicht mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts übereinstimmt. Er hinterfragt auch die Klarheit und Verhältnismäßigkeit der Fragestellung, insbesondere im Hinblick auf den Begriff „Nachwirkungen“ von Cannabis.
- Wie reagiert die Antragsgegnerin auf die Vorwürfe des Antragstellers? Die Antragsgegnerin betont, dass nicht nur auf bloße Hinweise zum gelegentlichen Cannabiskonsum verwiesen wurde, sondern dass eine Fahrt unter dem Einfluss von Cannabis bestätigt wurde. Sie argumentiert, dass der Antragsteller den gelegentlichen Konsum nicht bestritten hat und dass er unter einer akuten Drogenwirkung ein Fahrzeug geführt hat. Die Antragsgegnerin bezieht sich auch auf den nachgewiesenen THC-Wert und die Tatsache, dass der Antragsteller als Fahrlehrer handelte, um ihre Position zu stärken.
* Alles ohne Gewähr – Lassen Sie sich zu Ihrem individuellen Fall beraten