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Fahrerlaubnisentziehung – Nichtbeibringung ärztliches Gutachten bei bipolarer Störung

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 11 CS 19.2220 – Beschluss vom 17.02.2020

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung der ihr am 24. Februar 1976 erteilten Fahrerlaubnis der Klasse 3 (alt).

Im Februar 2019 wurde dem Landratsamt Landshut bekannt, dass die Tochter der Antragstellerin am 6. Februar 2019 gegenüber der Polizei erklärt hatte, sie mache sich Sorgen wegen des Gesundheitszustands ihrer Mutter, die seit etwa acht Jahren unter einer bipolaren Störung leide. Seit etwa einem Jahr sei sie depressiv und bekomme des Öfteren manische Schübe. In der Vergangenheit sei es bereits zu mehreren Vorfällen gekommen, bei denen sie ausgerastet sei und wild um sich geschimpft habe. Unter anderem rufe sie ständig in der näheren Nachbarschaft an bzw. suche diese auf, stelle wirre Behauptungen auf. Hierzu schleiche sie auch in fremden Gärten herum. Auch im Verwandtenkreis sei sie bereits durch aggressives Verhalten aufgefallen. Sie habe auch schon damit gedroht, sich erhängen zu wollen. Ihr Zustand ändere sich ständig. An manchen Tagen seien keine Anzeichen einer Erkrankung zu erkennen. Aktuell sei es aber schlimm, da die Antragstellerin vermutlich ihre Medikamente nicht einnehme. Am 3. Februar 2019 sei sie bei Schneetreiben zum Bezirkskrankenhaus Landshut gefahren, um dort Leute zu treffen. Der Stationsarzt habe dann die Tochter verständigt und gemeint, dass die Antragstellerin Hilfe benötige. Heute habe die Antragstellerin ihre Tochter telefonisch wüst beschimpft. Die Tochter mache sich Sorgen, dass ihre Mutter sich umbringen oder andere Personen verletzen könnte. Daraufhin habe eine Streifenbesatzung die Antragstellerin zu Hause aufgesucht. Diese habe nicht geöffnet, sondern nur über die Außensprechanlage mit den Beamten gesprochen. Ihren Angaben sei nicht zu folgen gewesen. Sie habe wirre Behauptungen aufgestellt und über unbekannte Personen geschimpft, insbesondere auch über die Polizei. Ein normales Gespräch sei nicht möglich gewesen. Sie sei am 6. Februar 2019 beim Psychiater gewesen. Es gehe ihr gut und sie wolle nur ihre Ruhe haben. Mangels konkreter Hinweise auf eine Eigen- oder Fremdgefährdung habe die Streife die Antragstellerin zu Hause belassen. Im Januar 2019 sei es zu einem ähnlichen Vorfall gekommen. Die Polizei sei damals bei der Antragstellerin vorstellig geworden, da sich ein Nachbar durch vermehrte Anrufe gestört gefühlt habe. Auch damals habe die Antragstellerin wirre Behauptungen aufgestellt und die Nachbarschaft belästigt. Am Wochenende des 9./10. Februar 2019 hätten Anwohner die Polizei informiert, dass es derzeit mit der Antragstellerin sehr schwierig sei. Ihr Fahrstil sei in letzter Zeit mehr als bedenklich. Sie fahre auch innerorts sehr schnell und recht aggressiv. Die Musik sei übertrieben laut aufgedreht und die Antragstellerin wirke sehr abwesend, zumindest so, als ob etwas nicht stimme. Die Tochter der Antragstellerin habe telefonisch gegenüber der Polizei angegeben, dass auch sie in der vergangenen Woche mehrfach auf den Fahrstil ihrer Mutter angesprochen worden sei. Die Antragstellerin sei sehr viel mit dem Auto unterwegs und von großer innerer Unruhe geplagt. Im Moment fahre sie vermehrt zu weiter entfernt wohnenden Verwandten, zum Spazierengehen und jeden Mittwoch zu einem Termin im Bezirkskrankenhaus.

Im Hinblick auf die polizeiliche Mitteilung einer bipolaren Störung und Depression mit manischen Schüben und den von der Polizei am 6. Februar 2019 am Wohnort der Antragstellerin festgestellten Sachverhalt forderte das Landratsamt jene mit Schreiben vom 20. Februar 2019 auf, bis 23. April 2019 ein Gutachten eines Arztes einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung beizubringen. Es solle die Frage beantwortet werden, ob bei ihr eine Gesundheitsstörung oder Krankheit (Verdacht auf psychische Störung, Psychose) vorliege, die nach der Anlage 4 zur FeV für die Fahreignung erheblich sei, wenn ja, ob die Antragstellerin trotz ihrer Gesundheitsstörung oder Krankheit in der Lage sei, den Anforderungen zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 gerecht zu werden.

Mit Schreiben vom 15. April 2019 baten die Bevollmächtigten der Antragstellerin um Fristverlängerung, weil sich diese vom 26. Februar bis 19. März 2019 in einer stationären Reha-Maßnahme befunden habe. Der geschilderte Sachverhalt begründe keine hinreichenden Zweifel an der Fahreignung. Die Antragstellerin sei außerdem bereits am 19. Februar 2019 begutachtet worden. Das Landratsamt, Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung, habe eine amtsärztliche Untersuchung angeordnet. Die diesbezügliche Kostenerhebung sei mit „Fahreignungsprüfung“ bezeichnet. Ferner wurde eine ärztliche Bescheinigung des Bezirkskrankenhauses vorgelegt, wonach die Antragstellerin wegen ihrer psychischen Störung regelmäßig in Behandlung ist und sich aus ärztlicher Sicht keine Fahreignungsbedenken ergeben.

Mit Schreiben vom 16. April 2019 erwiderte das Landratsamt, es komme nur eine Fristverlängerung von ein paar Tagen in Betracht. Von einer amtsärztlichen Untersuchung durch die Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung sei der Fahrerlaubnisbehörde nichts bekannt.

Nach Anhörung entzog das Landratsamt der Antragstellerin gestützt auf § 11 Abs. 8 FeV mit Bescheid vom 8. August 2019 die Fahrerlaubnis, gab ihr unter Androhung eines Zwangsgelds auf, den Führerschein innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids, beim Landratsamt abzuliefern und ordnete jeweils die sofortige Vollziehung an. Der polizeilich mitgeteilte Sachverhalt begründe Fahreignungszweifel, die durch die ärztliche Bescheinigung des Bezirkskrankenhauses nicht entkräftet würden. Es werde eine psychische Störung bestätigt. Die Antragstellerin habe die angemessen lange Beibringungsfrist verstreichen lassen, ohne eine Begutachtungsstelle für Fahreignung ausgewählt zu haben. Das anwaltliche Schreiben vom 15. April 2019 habe nicht zur Änderung der Aktenlage beigetragen.

Am 19. August 2019 gab die Antragstellerin ihren Führerschein beim Landratsamt ab. Am 9. September 2019 ließ sie durch ihre Bevollmächtigte beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage erheben und beantragen, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Gutachtensanordnung rechtswidrig sei, da die vom Antragsgegner aufgeführten Gründe bzw. eine psychische Krankheit hierfür nicht ausreichten. Dies ergebe sich aus dem Bericht des behandelnden Arztes. Bei der Behauptung, der Fahrstil der Antragstellerin sei „sehr schnell und recht aggressiv“, handle es sich lediglich um eine pauschale Angabe, der sich keine Verstöße gegen Vorschriften und keine Gefährdung des Straßenverkehrs entnehmen ließen. Die Antragstellerin sei seit Jahrzehnten im Besitz ihrer Fahrerlaubnis, ohne verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten zu sein.

Mit Beschluss vom 28. Oktober 2019 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO mit der Begründung ab, das Landratsamt habe zu Recht die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens angeordnet und nach dessen Nichtbeibringung gemäß § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis entzogen. Der konkrete Anlass für die Begutachtung sei in ausreichendem Maße deutlich gemacht worden. Die gesetzte Frist von rund zwei Monaten begegne keinen Bedenken. Das Landratsamt habe sowohl in der Anordnung wie auch im Anhörungsschreiben vom 26. Juni 2019 auf die Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV hingewiesen. Die Anordnung erscheine auf der Grundlage der polizeilichen Mitteilung verhältnismäßig. Sie beschränke sich nicht auf die Angaben der Tochter der Antragstellerin, sondern gebe auch eigene Wahrnehmungen und Feststellungen der Polizei wieder. Deren Bewertung des Verhaltens der Antragstellerin komme besondere Bedeutung zu, weil an der Unvoreingenommenheit der Streifenbesatzung keine Zweifel bestünden und Polizeibeamte des Streifendienstes täglich mit einer Vielzahl von Menschen in Konfliktsituationen konfrontiert seien, sodass ihrer Einschätzung, eine Person sei über das für eine Ausnahmesituation übliche Maß an Aufgeregtheit hinaus verwirrt, besonderes Gewicht beizumessen sei. Außerdem habe es sich bei diesem Vorfall nicht um einen Einzelfall gehandelt. Mehrere Zeugen hätten ähnliche Angaben gemacht.

Mit ihrer Beschwerde macht die Antragstellerin geltend, es fehle an einer konkreten Gefahr für den öffentlichen Straßenverkehr. Eine Gutachtensanordnung sei nur bei einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts in absehbarer Zeit rechtmäßig. Sie werde aber größtenteils auf Zeugenaussagen der Tochter der Antragstellerin sowie auf anonyme Aussagen von Nachbarn gestützt. Die Polizeibeamten hätten ihre Feststellungen lediglich auf der Grundlage eines über die Außensprechanlage geführten Gesprächs getroffen. Hintergrund für den Polizeieinsatz seien persönliche Auseinandersetzungen mit ihrer Tochter gewesen, wegen denen die Antragstellerin aufgebracht gewesen sei. Dies lasse jedoch keine Rückschlüsse auf ihre Fähigkeiten zum Führen eines Kraftfahrzeugs zu. Die Tochter der Antragstellerin habe mit ihrem Anruf bei der Polizei nicht beabsichtigt, dass ihrer Mutter der Führerschein entzogen werde. Zwischenzeitlich gebe es keine weiteren Streitigkeiten. Hintergrund des Polizeieinsatzes im Januar 2019 seien Streitigkeiten in der Nachbarschaft gewesen. Im persönlichen Kontakt mit der Antragstellerin hätten die Beamten keine Verhaltensauffälligkeiten festgestellt. Sämtliche Angaben zu Auffälligkeiten der Antragstellerin im Straßenverkehr stammten von voreingenommenen Dritten. Die Streifenbesatzung habe lediglich durch „HÖsagen“ erfahren, dass die Antragstellerin einen bedenklichen Fahrstil habe. Diesbezüglich lägen keine unvoreingenommenen Angaben und Wahrnehmungen vor. Die Antragstellerin sei seit Jahrzehnten im Besitz einer Fahrerlaubnis und weder durch Unfälle noch bei Geschwindigkeitskontrollen in Erscheinung getreten. Die Aussage, sie sei „viel mit dem Auto unterwegs“ und „von innerer Unruhe geplagt“, lasse noch nicht auf eine konkrete Gefahr für den öffentlichen Straßenverkehr schließen. Außerdem sei die Befragung der Antragstellerin beim Landratsamt im Februar 2019 nicht berücksichtigt worden. Besondere Bedeutung habe auch das vorgelegte Attest des behandelnden Arztes. Zudem sei sie dringend auf ihren Führerschein angewiesen, um ihre Arzttermine wahrzunehmen. Aufgrund des Entzugs der Fahrerlaubnis sei die seit Jahren bestehende Therapie in Gefahr. Die Busanbindung von der kleinen Ortschaft, in der die Antragstellerin wohne, sei unzureichend.

Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen. Die polizeiliche Mitteilung vom 13. Februar 2019 habe hinreichend konkrete Tatsachen enthalten, um begründete Zweifel an der Fahreignung der Antragstellerin entstehen zu lassen. Der Auffassung, sämtliche Angaben zu Auffälligkeiten im Straßenverkehr stammten von voreingenommenen Dritten, könne nicht gefolgt werden. Zum einen komme den polizeilichen Angaben über das Gespräch mit der Antragstellerin vom 6. Februar 2019 besonderes Gewicht zu. Zum andern sei nichts dafür ersichtlich, dass die in sich widerspruchsfreien und glaubhaften Angaben ihrer Tochter zu psychischen Erkrankungen und aktuell akuten Verhaltensauffälligkeiten von Voreingenommenheit geprägt gewesen seien. Vielmehr führe die Antragstellerin selbst an, ihre Tochter habe nicht beabsichtigt, dass ihr der Führerschein entzogen werde. Nicht relevant sei, ob es bereits zu konkreten Gefährdungen des Straßenverkehrs gekommen sei. Ferner treffe es nicht zu, dass das Landratsamt der Antragstellerin Fragen im Hinblick auf ihre Fahreignung gestellt habe. Nach Auskunft der Fahrerlaubnisbehörde sei sie dort nicht erschienen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung in der Fassung des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl I S. 430), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. Juli 2019 (BGBl. I S 1056), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens, unter anderem ein Gutachten eines Arztes einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV), anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der Begutachtung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 = juris Rn. 19).

Bedenken gegen die körperliche und geistige Fahreignung bestehen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur FeV hinweisen. Nicht erforderlich ist also, dass eine solche Erkrankung oder ein solcher Mangel bereits feststeht, ebenso wenig, dass eine hierdurch bedingte konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs oder eine bestimmte Wahrscheinlichkeit eines absehbaren Schadenseintritts festgestellt wird. Allerdings darf die Beibringung des Gutachtens nur aufgrund konkreter Tatsachen, nicht auf einen bloßen Verdacht „ins Blaue hinein“ bzw. auf Mutmaßungen, Werturteile, Behauptungen oder dergleichen hin verlangt werden (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.2001 – 3 C 13.01 – NJW 2002, 78 = juris Rn. 26; Siegmund in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 11 FeV Rn. 36). Ob die der Behörde vorliegenden Tatsachen ausreichen, ist nach den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Gleiches gilt für den genauen Grad der Konkretisierung, die die von der Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 6 Satz 1 und 2 FeV festzulegende und mitzuteilende Fragestellung aufweisen muss (BVerwG, B.v. 5.2.2015 – 3 B 16.14 – BayVBl 2015, 421 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 3.9.2015 – 11 CS 15.1505 – juris Rn. 13).

Das Verwaltungsgericht und der Antragsgegner sind zutreffend davon ausgegangen, dass der von der Polizei mitgeteilte Sachverhalt eine Gutachtensanordnung gerechtfertigt hat. Die widerspruchsfreien Aussagen ihrer Tochter, denen die Antragstellerin substantiiert nichts entgegengesetzt hat, sind glaubhaft. Die Antragstellerin hat insbesondere der Angabe ihrer Tochter nicht widersprochen, dass es sich um eine bipolare Störung handle, die von einer Depression und manischen Schüben gekennzeichnet sei, und ansonsten zur Art ihrer Erkrankung keine Angaben gemacht. Die vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 10. April 2019 belegt allerdings die von ihr nicht bestrittene Tatsache, dass sie an einer psychischen Störung leidet, die seit Jahren regelmäßiger Behandlung bedarf. Eine psychische Erkrankung kann aber je nach ihren konkreten Manifestationen nach Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV (hier insbesondere Nr. 7.5.1 der Anlage 4 zur FeV) die Fahreignung ausschließen, was wegen fehlender Mitwirkung der Antragstellerin nicht aufgeklärt werden konnte. Ferner werden die Angaben ihrer Tochter hinsichtlich ihres Verhaltens durch gleichgerichtete Beobachtungen von Polizeibeamten und Nachbarn bestätigt. Anhaltspunkte für einen unbegründeten Belastungseifer der Tochter fehlen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin werden die polizeilichen Feststellungen nicht dadurch entwertet, dass die Beamten am 6. Februar 2019 mit ihr nicht unmittelbar von Angesicht zu Angesicht sprechen konnten. Die Wahrnehmung, dass ihre Äußerungen über die Haussprechanlage nicht nachvollziehbar und wirr gewesen seien, liefert einen Hinweis auf eine den Realitätssinn beeinträchtigende geistige oder psychische Erkrankung, was für die Fahreignung von Bedeutung ist. Für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens genügt der Hinweis auf eine Erkrankung nach Anlage 4 zur FeV (§ 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 FeV) bzw. ein „Anfangsverdacht“ (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.2001 – 3 C 13.01 – NJW 2002, 78 = juris Rn. 22; U.v. 14.11.2013 – 3 C 32.12 – BVerwGE 148, 230 = juris Rn. 17), also – wie es in § 152 Abs. 2 StPO umschrieben wird – das Bestehen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte. Daher kann es dahinstehen ob die Aussagen über die Fahrweise der Antragstellerin, die von unbekannten Dritten gegenüber der Polizei und der Tochter herrühren, zutreffen. Entgegen ihrem Vorbringen hat die Antragstellerin auch keine zu berücksichtigenden mündlichen Angaben zu ihrer Fahreignung gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde gemacht, weil sie nach dem Vortrag des Antragsgegners dort nicht erschienen ist. Dies entspricht der Aktenlage.

Mit den Einwänden, sie sei dringend auf ihre Fahrerlaubnis angewiesen, um ihre ärztliche Behandlung fortzuführen und habe bisher beanstandungsfrei am Verkehr teilgenommen, kann die Antragstellerin nicht durchdringen. Da nach § 11 Abs. 8 FeV davon auszugehen ist, dass ihr die Fahreignung fehlt, ist die daran anknüpfende Entziehung der Fahrerlaubnis zum Schutz von Leben und Gesundheit der anderen Verkehrsteilnehmer zwingend und verhältnismäßig. Im Hinblick auf den hohen Rang dieser Rechtsgüter haben das Mobilitätsbedürfnis der Antragstellerin und die Bedeutung der Fahrerlaubnis für ihre Lebensführung dahinter zurückzustehen.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2014 – 11 CS 14.2202 – juris Rn. 7; B.v. 30.1.2014 – 11 CS 13.2342 – BayVBl 2014, 373 = juris Rn. 21 ff.).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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