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Fahrerlaubnisentziehung – Mischkonsum von Cannabis und Alkohol

VG Würzburg – Az.: W 6 K 19.453 – Urteil vom 16.10.2019

I. Der Bescheid des Landratsamts Kitzingen vom 9. April 2019 wird aufgehoben.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der 1965 geborene Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klasse A und BE (Ausstellungsdatum: 6.2.2001).

1.

Aufgrund einer Mitteilung der Polizeiinspektion Kitzingen vom 20. Februar 2017 wurde dem Landratsamt Kitzingen (nachfolgend: Landratsamt) bekannt, dass gegen den Kläger wegen Trunkenheit im Verkehr ermittelt wurde. Am 14. Januar 2017 gegen 19:45 Uhr sei der Kläger von einer Polizeistreife kontrolliert worden, im Rahmen der Kontrolle sei unter anderem Alkoholgeruch wahrgenommen worden. Der Vortest habe um 19:45 Uhr einen Wert von 0,32 mg/l AAK ergeben. Ein später durchgeführter Urintest sei positiv auf THC verlaufen. Ausweislich des rechtsmedizinischen Gutachtens des Universitätsklinikums Bonn vom 20. Januar 2017 hatte der Kläger eine BAK von 0,60 Promille; darüber hinaus wurde das Blut positiv auf Cannabinoide (4,5 ng/ml THC, 2,6 ng/ml 11-OH-THC, 35,4 ng/ml THC-COOH) getestet.

Mit Urteil des Amtsgerichts Kitzingen (Az.: 1 Cs 822 Js 4616/17) vom 29. November 2017 wurde der Kläger einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit des Führens eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr mit mehr als 0,5 Promille Alkohol im Blut und unter Wirkung eines berauschenden Mittels schuldig gesprochen, eine Geldbuße in Höhe von 500,00 EUR festgesetzt und ein Fahrverbot von drei Monaten ausgesprochen. Im Rahmen des strafgerichtlichen Verfahrens gab der Kläger an, dass er nach einer Darmentfernung allgemein Cannabis konsumiert habe, um eine positive Wirkung zu erzielen; ärztlich verschrieben sei es nicht gewesen.

2.

Mit Schreiben vom 18. Juli 2018 wandte sich das Landratsamt an den Kläger und teilte mit, dass seine Fahreignung nicht mehr gegeben und ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen sei. Aufgrund der Erkenntnisse aus dem Strafverfahren sei beim Kläger von einem gelegentlichen Cannabiskonsum auszugehen, wobei aufgrund der Fahrt vom 14. Januar 2017 erwiesen sei, dass der Kläger den Konsum und Autofahren nicht trennen könne und zudem gleichzeitig unter der Wirkung von Cannabis und Alkohol gestanden habe. Nachdem jedoch die nachgewiesene Fahrt unter Cannabis und Alkohol bereits ein Jahr zurückliege, könnte die Fahreignung zwischenzeitlich wieder gegeben sein. Um dies zu überprüfen, sei eine medizinisch-psychologische Untersuchung erforderlich. Es werde daher gebeten mitzuteilen, wie sich der Cannabiskonsum des Klägers darstelle (Konsumverhalten; bei beendetem Konsum: Nachweis der Abstinenz; zwischenzeitliche ärztliche Verordnung von Cannabis).

Mit Schreiben vom 16. August 2018 teilte der Kläger mit, dass er seinen Cannabiskonsum seit Januar 2017 beendet habe, Cannabis sei ihm nicht ärztlich verordnet worden. Als Abstinenznachweis legte der Kläger zwei Haaranalysen vor. Aus dem forensischen toxikologischen Endbefund der Synlab MVZ Weiden GmbH vom 14. August 2017 über eine Haarentnahme am 1. August 2017 ergibt sich, dass sich keine Hinweise auf eine Einnahme von u.a. Cannabinoiden während eines Zeitraums von sechs Monaten ergeben haben. Aus einer Haaranalyse der Gemeinschaftspraxis Dr. S… und Kollegen vom 23. April 2018 über eine Haarentnahme am 20. April 2018 geht hervor, dass sich keine Hinweise auf eine Einnahme von Suchtstoffen, darunter auch Cannabinoide, während eines Zeitraums von ca. sechs Monaten ergeben haben.

Daraufhin teilte das Landratsamt dem Kläger mit Schreiben vom 31. Oktober 2018 mit, dass er sich aufgrund des Vorfalls am 14. Januar 2017, bei dem er ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Cannabis und Alkohol geführt habe, als gelegentlicher Konsument von Cannabis und dem gleichzeitigen Gebrauch von Alkohol und der Fahrt unter Einfluss von Cannabis als nicht mehr geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe und ihm die Fahrerlaubnis hätte entzogen werden müssen. Nachdem der Kläger jedoch Abstinenz geltend gemacht und nachgewiesen habe, werde die Fahrerlaubnis nicht entzogen. Stattdessen sei zu klären, ob seine Fahreignung nach mindestens einjähriger Abstinenz wieder bestehe. Hierfür werde gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 Anlage 4 zur FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bis zum 10. Januar 2019 angeordnet. Es sei zu klären, ob der Kläger trotz der Hinweise auf gelegentlichen Cannabiskonsum sowie gleichzeitigen Gebrauch von Alkohol oder anderer psychoaktiv wirkenden Stoffe im Sinne des StVG ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1/2 sicher führen könne; insbesondere ob nicht zu erwarten sei, dass der Kläger zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis und dessen Nachwirkungen oder gleichzeitigen Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen im Sinne des StVG führen werde. Das Schreiben enthielt den Hinweis, dass bei Nichtbeibringung des Gutachtens auf die Nichteignung geschlossen und die Fahrerlaubnis entzogen werden könne.

Der Kläger erklärte sich mit einer Untersuchung durch den TÜV Thüringen Fahrzeug GmbH & Co. KG in Schweinfurt (TÜV Thüringen) einverstanden, daraufhin übersandte das Landratsamt der Gutachtensstelle die Fahrerlaubnisakte. Der TÜV Thüringen sandte die Fahrerlaubnisakte mit Schreiben vom 7. Januar 2019 zurück. Mit Schreiben vom 11. März 2019 stellte das Landratsamt fest, dass der Kläger das Gutachten nicht vorgelegt hat und hörte ihn zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an.

Daraufhin zeigte der Bevollmächtigte des Klägers seine Vertretung an und nahm mit Schriftsatz vom 28. März 2019 zur beabsichtigten Entziehung dahingehend Stellung, dass die Weigerung des Klägers bezüglich der Durchführung einer MPU berechtigterweise erfolgt sei und eine beabsichtigte Entziehung nicht rechtmäßig wäre. Die Anordnung genüge nicht den notwendigen formellen Anforderungen, insbesondere sei sie nicht anlassbezogen und verhältnismäßig. Im Übrigen habe der Kläger eine über einjährige Abstinenz nachgewiesen, dennoch gehe die Fragestellung von gelegentlichem (Misch-)Konsum von Cannabis aus. Dabei wäre gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 FeV primär zu klären, ob bzw. welches Konsummuster beim Kläger nach wie vor vorliege. Erst wenn gelegentlicher Konsum nachgewiesen sei, greife die Fragestellung aus Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV. Demgegenüber gehe die hiesige Fragestellung bereits von gelegentlichem Konsum aus und beschränke sich daher auf die Frage nach der Trennung von Fahren und Konsumieren. Damit sei die Begutachtung nicht auf diesen Einzelfall bezogen.

3.

Mit kostenpflichtigem Bescheid vom 9. April 2019 entzog das Landratsamt Kitzingen dem Kläger die Fahrerlaubnis (Nr. 1) und forderte ihn auf, den Führerschein unverzüglich beim Landratsamt abzuliefern (Nr. 2). Für den Fall, dass der Kläger seinen Führerschein nicht innerhalb von drei Tagen nach Zustellung abliefert, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht (Nr. 3).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Fahrerlaubnis sei zu entziehen, da sich der Kläger als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe, § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1, § 11 Abs. 8 FeV. Gemäß Anlage 4 zur FeV sei die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen dann nicht gegeben, wenn jemand unter anderem Cannabis einnehme und Konsum und Fahren nicht trennen könne, wobei zusätzlicher Konsum von Alkohol oder anderen psychoaktiven Stoffen nicht vorliegen dürfe (Nr. 9.2.2). Mit der Teilnahme am Straßenverkehr am 14. Januar 2017 habe der Kläger belegt, dass er Cannabiskonsum und Fahren nicht trennen könne. Zusätzlich habe Konsum von Cannabis und Alkohol vorgelegen. Im strafgerichtlichen Verfahren habe der Kläger eingeräumt, Cannabis zu konsumieren, um eine positive Wirkung zu erzielen, sodass von einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis auszugehen sei. Damit sei die Fahreignung des Klägers nicht mehr gegeben gewesen, seine Fahrerlaubnis hätte entzogen werden müssen. Nachdem der Kläger Abstinenz geltend gemacht und nachgewiesen habe, sei die Fahrerlaubnis nicht entzogen worden, stattdessen sei zu klären gewesen, ob die Fahreignung nach mindestens einjähriger Abstinenz wieder bestehe. Daher sei auf Grundlage des § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 der FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet worden. Im Hinblick auf Cannabiskonsum sei ein Gutachten nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV anzuordnen, wenn der Betroffene Cannabis in einer Weise konsumiert habe, die zur Nichteignung geführt habe, nicht also bei einmaligen Konsum oder bei gelegentlichen Konsum ohne Vorliegen von weiteren Tatsachen im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV. Dies sei vorliegend der Fall gewesen, schon der gleichzeitige Konsum von Cannabis und Alkohol genüge nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV, um die Annahme der Ungeeignetheit im Sinne des § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV zu rechtfertigen. Nach dem Verlust der Fahreignung könne diese gemäß der entsprechend anwendbaren Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV in der Regel dann wiedergewonnen werden, wenn nach Entgiftung (sofern erforderlich) und Entwöhnung, einer regelmäßig einzuhaltenden einjährigen Abstinenz und einer stabilen Einstellungsänderung die Rückkehr zu einem mit der Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV vereinbarenden Konsummuster gewährleistet sei. Daher sei die Fragestellung auch nicht zu weit gefasst. Dem Kläger sei genügend Zeit gegeben worden, das angeordnete Gutachten vorzulegen und seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nachzuweisen. Es entspreche pflichtgemäßem Ermessen auf die Nichteignung zu schließen. Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins ergebe sich aus § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV, die Zwangsgeldandrohung beruhe auf Art. 36 i.V.m. Art. 31 VwZVG und entspreche pflichtgemäßem Ermessen.

Der Bescheid wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 11. April 2019 zugestellt. Der Kläger gab seinen Führerschein am 15. April 2019 beim Landratsamt ab.

4.

Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger am 24. April 2019 Klage erheben und beantragen, den Bescheid des Landratsamts Kitzingen vom 9. April 2019 aufzuheben.

Zur Begründung wurde vorgebracht, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis auf Grundlage von § 11 Abs. 8 FeV rechtswidrig sei, denn die Weigerung des Klägers bezüglich der Durchführung einer MPU sei berechtigt erfolgt. Entgegen der Ansicht der Behörde erfülle die Anordnung der medizinisch-psychologischen Begutachtung nicht die notwendigen formellen und materiellen Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Fragestellung und der Rechtsgrundlage. Es hätten bereits keine Zweifel an der Fahreignung vorgelegen, da in dem Vorfall vom 14. Januar 2017 kein Konsumverhalten vorgelegen habe, das für sich genommen Anlass zu Zweifeln an der Fahreignung begründen würde. Überdies sei die Fragestellung zu weit gefasst, da die Überprüfung auf den Konsum „anderer psychoaktiv wirkender Stoffe“ angeordnet worden sei, was unter Beachtung des Bestimmtheitsgebots unzulässig sei. Es sei nicht klar, auf welche Substanzen sich die Überprüfung erstrecken sollte und könnte. Die Fragestellung sei so formuliert, als ob gelegentlicher Konsum vorläge, obwohl die Behörde davon ausgehe, dass der Kläger abstinent sei, was widersprüchlich sei. Bei einer fehlerhaften Fragestellung sei der Betroffene nicht in der Lage, das Ausmaß der Begutachtung einzuschätzen. Durch die Unzulässigkeit eines Teils der Fragestellung werde die gesamte Fragestellung und in der Folge die ganze Anordnung unrechtmäßig. Im Übrigen sei gegen das Bestimmtheitsgebot und die Anlassbezogenheit verstoßen worden, indem die Behörde von gelegentlichem (Misch-) Konsum von Cannabis ausgehe, obwohl bereits eine einjährige Abstinenz nachgewiesen sei. Folglich sei primär zu klären, ob der Betroffene weiterhin die gegenständlichen Stoffe überhaupt zu sich nehme und wenn ja, in welcher Frequenz. Da die Behörde Tatsachen bis zu ihrer letzten Entscheidung mit einzubeziehen habe, habe sie bei der Anordnung nicht mehr von gelegentlichem Konsum ausgehen dürfen, sondern müsse ihre Fragestellung entsprechend anpassen. Überdies seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV nicht erfüllt, da diese für Drogenabhängige und solche Personen gälten, bei denen die Gefahr bestehe, dass diese weiterhin die in § 14 Abs. 1 FeV genannten Stoffe zu sich nähmen. Der Kläger sei nie drogenabhängig gewesen, zudem habe er seine Abstinenz nachgewiesen. Allenfalls hätte die Behörde eine MPU gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV anordnen können, hierfür fehle es aber bereits einer ordnungsgemäßen Ermessensentscheidung; in der Anordnung sei Ermessen nicht ausgeübt worden.

Der Beklagte, vertreten durch das Landratsamt Kitzingen, beantragte die Klage abzuweisen.

Die Klage sei unbegründet, die Entziehung der Fahrerlaubnis sei rechtmäßig wegen Nichtvorlage des zu Recht geforderten Gutachtens erfolgt; es werde zunächst auf die Begründung des angefochtenen Bescheids verwiesen. Der Kläger habe im Rahmen des strafgerichtlichen Verfahrens von einem wiederholten Konsum von Cannabis gesprochen, daher habe er als gelegentlicher Cannabis-Konsument mit der Fahrt am 14. Januar 2017 gegen das Trennungsgebot verstoßen. Dadurch sei seine Fahreignung entfallen gewesen, die Fahrerlaubnis hätte entzogen werden müssen. Nachdem die Tat über ein Jahr zurück lag und der Kläger Abstinenz nachgewiesen habe, sei statt der Entziehung der Fahrerlaubnis ein medizinisch-psychologisches Gutachten gefordert worden, um zu klären, ob seine Fahreignung zwischenzeitlich wiederhergestellt worden sei. Allein die bei dem Kläger festgestellte THC-Konstellation von 4,5 ng/ml hätte als Verstoß gegen das Trennungsgebot aus Nr. 9.2.2 eine Eignungsüberprüfung gerechtfertigt. Jedoch sei als weitere Tatsache eine festgestellte Alkoholisierung mit einer BAK von 0,6 Promille hinzugetreten. Dieser Mischkonsum von Cannabis und Alkohol habe zur Nichteignung des Klägers geführt. Folglich habe die Begutachtungsanordnung der notwendigen Überprüfung gedient, ob der Kläger seine Fahreignung wiedererlangt habe, nachdem diese entfallen gewesen sei. Die Begutachtungsanordnung sei anlassbezogen erfolgt, insbesondere sei die Fragestellung nicht zu weit gefasst. Der Kläger habe eine einjährige Cannabisabstinenz geltend gemacht, damit könne die Fahreignung wiederhergestellt sein. Zur weiteren Überprüfung sei daher das medizinisch-psychologische Gutachten anzuordnen gewesen, da die Fahreignung nur dann wiedergewonnen werde, wenn nach einer regelmäßig einzuhaltenden einjährigen Abstinenz und einer stabilen Einstellungsänderung die Rückkehr zu einem mit der Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zu vereinbarenden Konsummuster gewährleistet sei, vgl. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV. Die gestellten Fragen nach Alkohol oder anderen psychoaktiven Stoffen seien gerechtfertigt gewesen, da der Kläger Cannabis eingenommen habe, um eine „positive Wirkung“ zu erzielen und bei der Fahrt am 14. Januar 2017 Mischkonsum mit Alkohol vorgelegen habe. Eine Fragestellung nach gelegentlichem Konsum von Cannabis sei entbehrlich gewesen, da dieser festgestanden habe. Zwischenzeitlich habe der Kläger seine Abstinenz bezüglich Cannabis nachgewiesen, das Landratsamt sei bei der Begutachtungsanordnung nicht davon ausgegangen, dass der Kläger noch gelegentlicher Konsument von Cannabis sei. Das Konsumverhalten sei daher nicht mehr zu klären gewesen. Zu prüfen sei gewesen, ob eine motivational gefestigte Änderung des Konsumverhaltens vorliege, was nur über ein medizinisch-psychologisches Gutachten möglich sei. Dadurch hätte der Kläger belegen können, dass sein Trennungsvermögen stabil und verlässlich wiederhergestellt ist. Stattdessen habe der Kläger sich der Untersuchung entzogen und auch sonst keine Angaben gemacht, wie er künftig sicherstelle wolle, dass er in Situationen wie derjenigen am 14. Januar 2017 nicht erneut unter Cannabiseinfluss und Alkohol am Straßenverkehr teilnehmen werde. Eine Verwirkung wegen Zeitablaufs komme nicht in Betracht. Nachdem der Kläger nachweislich seit Januar 2017 kein Cannabis oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe eingenommen habe, scheide eine ärztliche Begutachtung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 FeV aus. Daher habe das Landratsamt auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV die Beibringung einer MPU fordern müssen, da zu klären war, ob die erforderliche Einstellungsänderung vom ehemaligen gelegentlichen Cannabiskonsument zur abstinenten Lebensweise gefestigt sei.

5.

Mit Beschluss vom 20. Mai 2019 (Az.: W 6 S 19.454) stellte das Gericht die aufschiebende Wirkung im Hinblick der Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids wieder her.

Mit Schreiben vom 1. Oktober 2019 bzw. 18. September 2019 erklärten sich der Klägerbevollmächtigte bzw. der Beklagte mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten darauf verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO.

Die zulässige Klage ist begründet, denn der Bescheid des Landratsamtes Kitzingen vom 9. April 2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens vom 31. Oktober 2018 nicht den formellen und materiellen Anforderungen entsprach, durfte die Behörde wegen der Nichtbeibringung des Gutachtens nicht gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die fehlende Fahreignung des Klägers schließen und die Fahrerlaubnis entziehen.

1.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen, finden gemäß § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, so darf sie bei ihrer Entscheidung gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Voraussetzung ist allerdings insoweit, dass die Untersuchungsanordnung formell und materiell rechtmäßig ist und die Weigerung ohne ausreichenden Grund erfolgt (BVerwG, U.v. 9.6.2005 – 3 C 25/04 – DAR 2005, 581; BayVGH, B.v. 25.6.2008 – 11 ZB 08.1123 – juris). Im Hinblick darauf, dass eine Gutachtensanordnung mit erheblichen Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht und/oder das Recht auf körperliche Unversehrtheit verbunden ist, aber nicht isoliert mit Rechtsmitteln angegriffen werden kann, kann auf die strikte Einhaltung der vom Verordnungsgeber für die Rechtmäßigkeit einer solchen Anordnung aufgestellten formalen Voraussetzungen nicht verzichtet werden (vgl. BayVGH, B.v. 27.11.2012 – 11 ZB 12.1596 – ZfSch 2013, 177).

Im Falle einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis ist nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV die Kraftfahreignung gegeben, wenn der Konsum und das Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen besteht und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegt. Begründen weitere Tatsachen, wie ein Verstoß gegen das Trennungsgebot, Zweifel an der Eignung, kann die Fahrerlaubnisbehörde nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen.

Nachdem vorliegend beim Kläger ein Mischkonsum von Alkohol und Cannabis nachgewiesen wurde, der zu einer kombinierten Rauschwirkung führte, lagen aufgrund der Tat vom 14. Januar 2017 keine Zweifel an seiner Fahreignung mehr vor, sondern der Kläger hatte seine Fahreignung verloren (§ 11 Abs. 7 FeV). Grundsätzlich führt nicht jeder Beikonsum von Alkohol eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten zum Wegfall seiner Fahreignung. Die Feststellung der Regelbewertung der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV, dass der gelegentliche Cannabiskonsum mit zusätzlichem Gebrauch von Alkohol zum Verlust der Fahreignung führt, setzt nämlich einen Mischkonsum voraus, der eine kombinierte Rauschwirkung zur Folge haben kann (BVerwG, U.v. 14.11.2013 – 3 C 32.12 – beck-online). Dass beim Kläger am 14. Januar 2017 eine Kumulierung der Wirkungen von Alkohol und Cannabis vorgelegen hat, steht aufgrund des Ergebnisses einer Blutuntersuchung fest. Ausweislich des forensisch-toxikologischen Gutachtens des Universitätsklinikums Bonn vom 1. Februar 2017 wies die entnommene Blutprobe des Klägers eine Blutalkoholkonzentration von 0,60 Promille sowie 4,5 ng/ml THC, 2,6 11-OH-THC und 35,4 THC-COOH auf. Das Gutachten stellt fest, dass die beim Kläger festgestellten Leistungsdefizite sich durch die Wirkungen und Konzentrationen der aufgefundenen Substanzen erklären lassen, sodass aus rechtsmedizinischer Sicht der Kläger bedingt durch den Konsum von Alkohol in Kombination mit Cannabisprodukten nicht mehr in der Lage war, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher zu führen (rechtsmedizinisches Gutachten v. 1.2.2017, S. 3). Nachdem bei Einleitung des fahrerlaubnisrechtlichen Verwaltungsverfahrens im Juni 2018 seit dem Vorfall jedoch über ein Jahr vergangen war, hatte die Behörde zu prüfen, ob der Kläger zwischenzeitlich seine Fahreignung wiedererlangt haben könnte. Nachdem die Fahreignung nicht durch bloßen Zeitablauf wiedererlangt wird, kann diese Feststellung nur im Rahmen einer Begutachtung erfolgen.

2.

Die Anordnung vom 31. Oktober 2018 zur Beibringung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung genügt aus mehreren Gründen jedoch nicht den oben aufgezeigten rechtlichen Anforderungen.

Zwar ist dem Kläger nicht zuzustimmen, dass der Vorfall vom 14. Januar 2017 an sich bereits keinen Anlass zu Zweifeln an seiner Fahreignung gegeben habe, nachdem er aufgrund der kombinierten Rauschwirkung seine Fahreignung verloren hatte (s.o.). Ebenso wenig ist entgegen den Bedenken des Klägers die Abklärung von „anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen“ im Rahmen der Fragestellung vorliegend zu beanstanden. Nachdem der Kläger bei dem Vorfall vom 14. Januar 2017 nachweislich zeitgleich unter Einfluss von zwei verschiedenen Suchtmitteln bzw. psychoaktiv wirkenden Substanzen – Alkohol und Cannabis – gestanden hat, liegt es nicht fern, dass er sonst auch andere Wirkstoffe eingenommen haben könnte.

Dennoch leidet die Anordnung vom 31. Oktober 2019 an Mängeln, welcher jeder für sich nach den oben (vgl. 1.) dargestellten Grundsätzen zur Fehlerhaftigkeit führt, so dass der Kläger nicht verpflichtet war, das geforderte Gutachten beizubringen. Folglich durfte nicht – wie hier erfolgt – gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf seine Nichteignung geschlossen werden.

2.1.

Die von der Behörde herangezogene Rechtsgrundlage des § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV ist unzutreffend gewesen.

§ 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV setzt voraus, dass der frühere Drogenkonsum im Hinblick auf die seither verstrichene Zeit (immer) noch zu Zweifeln an der Kraftfahreignung berechtigt. Es muss eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehen, dass der Betroffene noch Drogen einnimmt oder jedenfalls rückfallgefährdet ist und sich dies auf sein Verhalten im Straßenverkehr auswirken kann (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 14 FeV, Rn. 23). Nachdem vorliegend der letzte nachgewiesene Konsum am 14. Januar 2017 stattfand und der Kläger nicht nur behauptet, nach diesem Zeitpunkt kein Cannabis mehr eingenommen zu haben, sondern dies zumindest durch Vorlage von Haaranalysen untermauert hat, spricht einiges dafür, dass der Kläger angesichts des verstrichenen Zeitraums von knapp zwei Jahren und der substantiiert behaupteten Abstinenz tatsächlich kein Cannabis mehr konsumiert. Im Übrigen wird § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV durch die für den Fall des gelegentlichen Cannabiskonsums in § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV getroffene Spezialregelung verdrängt (so BVerwG, U.v. 9.6.23005 – 3 C 25/04 – NJW 2005, 3081; BayVGH, B.v. 29.8.2002 – 11 CS 02.1606 – beck-online, Rn. 18, B.v. 31.7.2019 – 11 CS 19.1101 – beck-online, Rn. 15).

Die Heranziehung einer falschen Rechtsgrundlage führt aufgrund der oben dargestellten strengen Anforderungen an die Einhaltung sämtlicher Vorgaben für eine rechtmäßige Gutachtensbeibringungsanordnung bereits zu einer Fehlerhaftigkeit, die die Entziehung nach § 11 Abs. 8 FeV ausschließt. Denn ein Fahrerlaubnisinhaber ist nicht gehalten, nach Vorschriften zu suchen, die fehlerhaft begründetes behördliches Handeln zu seinen Lasten doch noch rechtfertigen könnten, sodass es nicht ausreicht, wenn die in einer Gutachtenanordnung genannte Ermächtigungsgrundlage nicht einschlägig ist und lediglich eine weitere, nicht genannte Rechtsgrundlage das Vorgehen decken könnte (vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 11 FeV Rn. 44).

Da die Annahme fehlender Fahreignung des Klägers an seinem nachgewiesenermaßen einmaligen Mischkonsum am 14. Januar 2017 anknüpfte, der Cannabiskonsum aber im Januar 2017 letztmalig stattgefunden hatte, durfte die Behörde Zweifel daran haben, ob der Eignungsmangel des Klägers fortdauerte, so dass sie gehalten gewesen wäre, diese Eignungszweifel gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV medizinisch-psychologisch abklären zu lassen. Diese Rechtsgrundlage wurde im Übrigen auch in dem Sachverhalt des vom Beklagten angeführten Beschluss des Verwaltungsgerichts München (B.v. 8.11.2016 – 6 S 16.3333, bestätigt von BayVGH, B.v. 27.2.2017 – 11 CS 16.2316) herangezogen. Die Kammer hält ausdrücklich nicht mehr an der Auffassung im Eilverfahren W 6 S 19.454 fest, wonach vorliegend ein ärztliches Gutachten zur Aufklärung des Konsummusters anzuordnen gewesen wäre.

2.2.

Die behördlich vorgegebene Fragestellung ist widersprüchlich, nicht mit den vorliegenden Tatsachen zu vereinbaren und daher zu einer Aufklärung der Fahreignung des Klägers ungeeignet.

Vorab ist festzuhalten, dass eine einjährige Abstinenz des Klägers aus Sicht des erkennenden Gerichts vorliegend nicht nachgewiesen wurde. Vielmehr wurde lediglich durch den forensisch toxikologischen Befund der synlab MVZ Weiden GmbH für den Zeitraum Februar 2017 bis Juli 2017 eine Abstinenz belegt. Soweit der Kläger darüber hinaus die Haaranalyse vom 23. April 2018 vorgelegt hat, welche offenbar durch die Gemeinschaftspraxis S…/K… u.a. in W… am 20. April 2018 durchgeführt worden ist, ist diese jedenfalls nicht als belastbarer Nachweis geeignet. Im Gegensatz zur Haaranalyse der synlab MVZ W… GmbH vom 1. August 2017 handelt es sich bei der genannten Gemeinschaftspraxis schon nicht um eine akkreditierte Stelle zur Durchführung von Drogenabstinenznachweisen. Es ist auch nicht erkennbar, unter welchen Voraussetzungen die Beprobung der Haare durch die Gemeinschaftspraxis erfolgte, insbesondere ob sie den Anforderungen der CTU3-Kriterien genügte. Sollte die zweite Analyse ebenfalls durch die synlab MVZ W… GmbH durchgeführt worden sein, stellt sich die Frage, weshalb nicht der Endbefund der akkreditierten Stelle vorgelegt wurde.

Ungeachtet dessen war es widersprüchlich, seitens des Landratsamts einerseits von einer bestehenden Abstinenz auszugehen, andererseits jedoch in der Fragestellung auf einen gelegentlichen Cannabiskonsum abzustellen. Der beauftragte Gutachter ist stets an die behördliche Fragestellung gebunden, sodass es zu der wenig zielführenden Prüfung durch den Gutachter gekommen wäre, ob der (mutmaßlich abstinente) Kläger hinreichend sicher zwischen Cannabiskonsum und Fahren trennen kann und ob er in der Zukunft keinen Beikonsum von Alkohol betreiben werde. Dass diese Fragestellungen unter der Prämisse einer Abstinenz zu keinen tauglichen Ergebnissen führen können, liegt auf der Hand. Die Widersprüchlichkeit zeigt sich u.a. auch an der Einlassung des Beklagten, der Kläger habe keine Angaben dazu gemacht, wie er künftig sicherstellen wolle, dass er in Situationen wie derjenigen am 14. Januar 2017 nicht erneut unter Cannabiseinfluss und Alkohol am Straßenverkehr teilnehmen werde (Schriftsatz v. 3.6.2019, S. 3 unten) – wenn der Kläger abstinent lebt, stellt sich diese Frage gar nicht erst.

Der Kläger war unstrittig in der Vergangenheit als gelegentlicher Cannabiskonsument anzusehen, der seine Fahreignung aufgrund des Mischkonsums von Cannabis und Alkohol im Januar 2017 verloren hat. Die Wiedererlangung der Fahreignung erfolgt nicht durch Zeitablauf, sondern ist positiv durch ein Gutachten nachzuweisen. Für die Wiedererlangung der Fahreignung nach Aufgabe des Mischkonsums ist regelmäßig in Anwendung von Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV ein einjähriger Abstinenzzeitraum zu fordern (BVerwG, U.v. 14.11.2013 – 3 C 32.12 – SVR 2014, 314). Ob diese Anforderung angesichts der neueren Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Fahreignung bei gelegentlichem Cannabiskonsum (U.v. 11.4.2019 – 3 C 2.18, 3 C 14.17 u.a.) weiterhin Bestand hat, ist vorliegend unerheblich, da der Kläger von sich aus seine Cannabisabstinenz behauptet und dargelegt hat. Denn nach Auffassung des erkennenden Gerichts muss sich der Kläger an seiner behaupteten Abstinenz festhalten lassen (vgl. in diesem Sinne schon VG Würzburg, U.v. 28.3.2018 – W 6 K 17.1524 – beck-online, Rn. 31). Da es nach der Maßgabe von Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV für die angemessene Begründung einer für die Wiedergewinnung der Fahreignung positiven Verkehrsprognose wesentlich ist, dass zur positiven Veränderung der körperlichen Befunde einschließlich der Laborbefunde ein tiefgreifender und stabiler Einstellungswandel hinzutreten muss, der es wahrscheinlich macht, dass der Betroffene auch in Zukunft die notwendige Abstinenz einhält, erfordert das ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten (BayVGH, B.v. 27.2.2017 – 11 CS 16.2316). Vorliegend wäre daher zu prüfen gewesen, ob der Kläger zum einen die erforderliche Abstinenz tatsächlich nachweisen kann und zum anderen diese auf einem stabilen und motivational gefestigten Einstellungswandel beruht. Letzteres hätte jedoch nicht mit der vorgegeben Fragestellung in der Anordnung vom 31. Oktober 2018, die ausschließlich auf das Trennvermögen von Cannabiskonsum und Fahren bzw. Mischkonsum von Cannabis und Alkohol abzielt, aufgeklärt werden können. Die behördliche Fragstellung ist deshalb weder geeignet noch erforderlich zur Aufklärung der Wiedererlangung der Fahreignung des Klägers und damit unverhältnismäßig, was zu einer Rechtswidrigkeit der Gutachtensanordnung führt.

2.3.

Die Fragestellung ist im Übrigen auch dahingehend zu weit gefasst und damit unverhältnismäßig, als sie die Überprüfung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 umfasst. Anders ist die Formulierung „Gruppe 1/2“ nicht zu verstehen, sodass auch dies eine Fehlerhaftigkeit der Fragestellung begründet. Die Eignungsanforderungen hinsichtlich der Fahrzeuge der Gruppe 1 und 2 unterscheiden sich ausweislich der Anlage 4 zur FeV zum Teil erheblich, sodass eine Differenzierung nicht nur geboten, sondern aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten zwingend erforderlich ist. Da der Kläger nur in Besitz der Fahrerlaubnisklassen A und B ist, welche beide der Gruppe 1 angehören, war die Überprüfung der Anforderungen der Kraftfahrzeuggruppe 2 (C, C1, C1E, D etc.) nicht veranlasst.

3.

Es bleibt klarstellend festzuhalten, dass der Kläger die Wiedererlangung seiner Fahreignung positiv durch Vorlage eines entsprechenden medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 14 Abs.1 Satz 3 FeV nachzuweisen hat.

Da vorliegend die Voraussetzungen für eine Entziehung der Fahrerlaubnis wegen der Nichtbeibringung des mit Schreiben vom 31. Oktober 2018 geforderten Gutachtens nach § 11 Abs. 8 FeV nicht gegeben waren, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Daher war er gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben.

4.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 46.1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Für die Höhe des Streitwerts sind hier die Klassen A und B bedeutsam, die die anderen Klassen mitumfassen (vgl. § 6 Abs. 3 Nr. 4 FeV) und jeweils mit dem Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR zu bewerten sind. Insgesamt ergibt sich so ein Streitwert von 10.000,00 EUR.

 

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