I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 8.750 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, A2, AM, B, BE, C, CE, C1, C1E, L und T.
Dem Entziehungsverfahren ging eine Mitteilung der Polizeiinspektion … an die Fahrerlaubnisbehörde über eine Beschuldigtenvernehmung des Antragstellers am 25. September 2023 im Zusammenhang mit einem ihm zur Last gelegten Beleidigungsdelikt voraus. Diesbezüglich hatte der Antragsteller angegeben, früher Alkoholiker, dann aber „längere Zeit trocken“ gewesen zu sein. Zuvor hatte der Antragsteller gegenüber der Polizei am Telefon geäußert, zu Fuß zur Polizeistation kommen zu müssen, da er Alkohol konsumiert habe.
Mit Schreiben vom 25.Oktober 2023 hörte die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller zu einer beabsichtigten Anordnung eines ärztlichen Gutachtens zur Frage einer bei ihm bestehenden Alkoholabhängigkeit an.
Mit Schreiben vom 10. November 2023 teilte der Bevollmächtige des Antragstellers mit, dass die Voraussetzungen für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens nicht vorlägen. Der Antragsteller sei nicht alkoholabhängig und sei dies auch in den letzten zwanzig Jahren nicht gewesen. Der Antragsteller habe vor der Vernehmung lediglich ein Bier getrunken. Es sei von einem zuverlässigen Umgang mit Alkohol auszugehen.
Im Dezember 2023 übermittelte die Polizeiinspektion … der Fahrerlaubnisbehörde zwei weitere Ereignismeldungen vom 24. Februar 2022 und 3. August 2023. Danach wurde die Polizei am 24. Februar 2022 durch die Ehefrau des Antragstellers in dessen Wohnung gerufen. Dort gab der Antragsteller im Gespräch mit der Polizei an, nicht mehr zu können und sich ohne Hilfe umzubringen. Er sei alkoholkrank und depressiv und der Zustand habe sich in der letzten Zeit immer weiter verschlechtert. Am 3. August 2023 wurde die Polizei erneut von der Ehefrau des Antragstellers in dessen Wohnung gerufen. Sie teilte gegenüber den Beamten mit, dass der Antragsteller stark alkoholisiert sei. Er sei „trockener Alkoholiker“, seit längerer Zeit psychisch angeschlagen und habe ihr gesagt, er wolle aus dem Wohngebäude springen. Der Antragsteller wurde von der Polizei in seiner Wohnung im Bett angetroffen, wo er unkontrolliert krampfte.
Mit Schreiben vom 14. Dezember 2023 forderte der Antragsgegner den Antragsteller auf, bis zum 14. Februar 2024 ein ärztliches Gutachten zur Frage einer bei ihm bestehenden Alkoholabhängigkeit beizubringen.
Mit E-Mail vom 2. Januar 2024 legte der Antragsteller dem Antragsgegner einen Entlassbrief des …Klinikums … vom 29. August 2017 über einen freiwilligen stationären Aufenthalt des Antragstellers vom 16. Juli bis 29. August 2017 vor, der folgende Diagnose nach den ICD-10-Kriterien enthält:
– Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (F33.1)
– Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Abhängigkeitssyndrom (gegenwärtig abstinent, F10.2).
Dem Entlassbrief ist zu entnehmen, dass der Antragsteller nach eigenen Angaben bis Juni 1999 Quartalstrinker gewesen sei. Ihm sei deshalb bisher viermal der Führerschein entzogen worden. Seit Juni 1999 sei er „trockener Alkoholiker“. Er habe eine Langzeittherapie gemacht. Er trinke immer mal wieder sporadisch Bier, zuletzt ca. 5 bis 6 Bier im Monat. In belastenden Situationen entstehe jedoch ein starker Suchtdruck und er habe Angst vor einem Rückfall. Am Aufnahmetag sei er am Grab seiner Mutter dekompensiert, nach Hause gefahren und habe vier Bier getrunken. Bei der Aufnahme des Antragstellers wurde eine Atemalkoholkonzentration (AAK) von 0,91 ‰ festgestellt. Nach ärztlicher Beurteilung sei der Antragsteller gegenwärtig abstinent.
In einem ebenfalls am 2. Januar 2024 durch den Antragsteller übermittelten Bericht des …Klinikums … vom 4. März 2022, der infolge seiner Einlieferung durch die Polizei am 24. Februar 2022 (stationärer Aufenthalt bis 4. März 2022) verfasst wurde, werden zum Antragsteller dieselben Diagnosen nach den ICD-Kriterien benannt (Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Abhängigkeitssyndrom, F10.2). Bei seiner Aufnahme wurde eine AAK von 1,62 ‰ festgestellt. Der Antragsteller trinke seit ca. einer Woche täglich Alkohol, am Aufnahmetag 5 bis 6 Flaschen Bier. Eine wesentliche Entzugssymptomatik sei nicht festgestellt worden. Bei Verdacht eines alkoholbedingten Entzugskrampfanfalls sei in der Eigenanamnese Levetiracetam verordnet worden.
Neben den beiden Entlassberichten legte der Antragsteller eine Bescheinigung einer Praxis für Neurologie und Psychiatrie vom 20. April 2022 vor, nach der beim Antragsteller eine depressive Symptomatik diagnostiziert wird. Hinsichtlich der Alkoholproblematik des Antragstellers sei in der Vergangenheit eine Therapie erfolgt. Unter psychischer Belastung sei es vor kurzem wieder zu einem Alkoholrückfall gekommen, der jedoch nur kurz angedauert habe und den er gut beherrsche. Eine Indikation für eine Suchttherapie sei wegen der aktuellen Symptomatik nicht erforderlich.
Bei einer persönlichen Vorsprache am 4. Januar 2024 gab der Antragsteller gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde an, dass bei ihm erstmalig im Jahr 1998 die Diagnose Alkoholabhängigkeit gestellt worden sei und er dann eine ambulante Suchtberatung gemacht habe. In der Zwischenzeit habe er sporadisch ein Glas Wein zum Genuss, z.B. beim Essen, getrunken. Im Jahr 2017 habe der Alkoholkonsum wieder zugenommen, sodass bei ihm erneut die Diagnose Alkoholabhängigkeit gestellt worden sei. Seit dem 3. August 2019 sei „die Sauferei vorbei“. Bei den Auffälligkeiten ab dem Jahr 2022 habe es sich um „Ausrutscher“ gehandelt. Bei der Beschuldigtenvernehmung am 25. September 2023 habe er die Alkoholproblematik unter Kontrolle gehabt und nur ein Bier getrunken. Seit drei Wochen sei er komplett abstinent. Dem Antragsteller wurde von der Fahrerlaubnisbehörde anschließend die Rücknahme der Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens vom 14. Dezember 2023 bestätigt.
Stattdessen ordnete die Behörde gegenüber dem Antragsteller mit Schreiben vom 8. Januar 2024, zugestellt am 10. Januar 2024, die Beibringung eines Gutachtens über eine medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) bis zum 8. März 2024 an. Die Anordnung wurde auf §§ 46 Abs. 3, 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e Fahrerlaubnisverordnung (FeV), Nr. 8.3 Anlage 4 zur FeV und Nr. 3 der Vorbemerkung der Anlage 4 zur FeV gestützt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, beim Antragsteller sei bereits eine Alkoholabhängigkeit diagnostiziert worden. Die Auffälligkeiten aus den Jahren 2022 und 2023 sowie die eigenen Angaben des Antragstellers zeigten, dass der Antragsteller erneut Alkohol konsumiert habe, sodass Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers bestünden. Eine Alkoholabhängigkeit schließe die Fahreignung nach Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV unabhängig von einer Teilnahme am Straßenverkehr grundsätzlich aus. Der Antragsteller habe jedoch glaubhaft gemacht, dass es sich bei den aktenkundigen Vorfällen ab dem Jahr 2022 um „Ausrutscher“ gehandelt habe und dass er alkoholabstinent lebe. Bevor die Fahrerlaubnis entzogen werden könne, sei daher für die weitere Prognose in einer MPU zu klären, ob der Antragsteller entweder unter eine Ausnahme nach Nr. 3 der Vorbemerkung der Anlage 4 zur FeV falle oder mittlerweile alkoholabstinent sei. Die Begutachtungsaufforderung enthielt konkret die Fragestellung, ob der Antragsteller eine Ausnahme vom Regelfall gemäß der Nr. 3 der Vorbemerkung der Anlage 4 zur FeV darstellt und falls ja, ob er durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen trotz (nachgewiesener) Alkoholabhängigkeit ohne erfolgreich abgeschlossene Entwöhnungsbehandlung über die Fähigkeit verfügt, den Konsum von Alkohol vom Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr zu trennen. Falls nein, wurde danach gefragt, ob eine erfolgreiche Entwöhnung stattfand, ob nach erfolgreicher Entwöhnung ein nachgewiesener Abstinenzzeitraum für die zurückliegenden 12 Monate vorliegt und ob insbesondere nicht zu erwarten ist, dass der Antragsteller unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilnehmen wird. Angesichts der Bedeutung der Verkehrssicherheit und der Gefahren durch die Verkehrsteilnahme ungeeigneter Kraftfahrer müsse das Interesse des Antragstellers am Unterbleiben der MPU-Anordnung hinter dem öffentlichen Interesse an der Anordnung zurückstehen. Ein geringeres Eingriffsmittel sei nicht möglich. Auf die Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 FeV für den Fall der Nichtbeibringung des Gutachtens wurde hingewiesen.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2024 übersandte der Antragsteller der Fahrerlaubnisbehörde eine Bestätigung des TÜV NORD, wonach eine medizinisch-psychologische Begutachtung des Antragstellers stattgefunden habe. Laut Aktenvermerk vom 18. März 2024 teilte der Antragsteller der Fahrerlaubnisbehörde am 20. März 2024 telefonisch mit, dass er sich eine Vorlage beim Antragsgegner noch überlege.
Am 17. April 2024 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zur beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis an.
Am 29. April 2024 legte der Bevollmächtigte des Antragstellers der Fahrerlaubnisbehörde einen forensisch-toxilogischen Bericht des Medizinischen Versorgungszentrums Weiden über eine beim Antragsteller erfolgte Haaranalyse vom 8. April 2024 vor, wonach sich während eines Zeitraums von ca. 3 Monaten keine Hinweise auf einen Alkoholkonsum ergaben.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 14. Mai 2024, zugestellt am 15. Mai 2024, entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Klassen (Nr. 1 des Bescheids), forderte ihn zur unverzüglichen Abgabe des Führerscheins (Nr. 2) bzw. für den Fall der Unauffindbarkeit des Führerscheins zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über dessen Verlust (Nr. 3) auf, ordnete die sofortige Vollziehung der vorstehenden Nummern an (Nr. 4) und drohte für den Fall der Nichterfüllung der Nr. 2 bzw. Nr. 3 innerhalb von 5 Tagen ein Zwangsgeld in Höhe von 550 EUR an (Nr. 5).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beigebracht habe, sodass der Antragsgegner nach § 11 Abs. 8 FeV von dessen Fahrungeeignetheit habe ausgehen dürfen. Die Anordnung der MPU sei rechtmäßig. Es sei von einer unmittelbaren Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen worden, weil der Antragsteller die Voraussetzungen eines atypischen Falls glaubhaft gemacht habe. Bei einer Fahrerlaubnisentziehung nach § 11 Abs. 8 FeV bestünde kein Ermessensspielraum der Behörde. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde damit begründet, dass die Gefahren für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer höher zu gewichten seien als das Mobilitätsinteresse des Antragstellers. Seine Weigerung, das Gutachten vorzulegen, lasse darauf schließen, dass dieser Eignungsmängel verbergen wolle. Eine weitere Duldung der Teilnahme am Straßenverkehr bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens könne daher nicht geduldet werden.
Am 21. Mai 2024 erhob der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten gegen den Bescheid vom 14. Mai 2024 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage (M 19 K 24.2637) und beantragte am 25. Juni 2024, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 21. Mai 2024 wiederherzustellen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass der Antragsteller auf seine Fahrerlaubnis angewiesen sei, da er jeden Tag zu seinem Arbeitsplatz (…) fahren müsse. Ihm könne keine Tat vorgeworfen werden, die er im Zusammenhang mit dem Führen eines Fahrzeugs begangen habe. Bei seiner Beschuldigtenvernehmung am 25. September 2023 seien keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen festgestellt worden. Bei den Vorfällen vom 24. Februar 2022 und 3. August 2023 seien lediglich psychische Ausfallerscheinungen außerhalb der Teilnahme am Fahrzeugverkehr festgestellt worden. Die Feststellung einer Alkoholabhängigkeit im Jahr 2017 liege sieben Jahre zurück. Bei den Vorfällen in den Jahren 2022 und 2023 handele es sich nur um punktuelle medizinische Auffälligkeiten, die keinen Entzug der Fahrerlaubnis und auch nicht die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen könnten. Eine Alkoholabhängigkeit sei nicht nachgewiesen. Auch Ansatzpunkte für einen Alkoholmissbrauch lägen nicht vor. Das Verhalten des Antragstellers bei seiner Beschuldigtenvernehmung am 25. September 2023, der sein Fahrzeug aufgrund Alkoholkonsums stehen gelassen habe und zu Fuß zur Vernehmung gekommen sei, zeige gerade, dass er zwischen dem Alkoholkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen könne. Der Antragsgegner sei zudem nicht auf die vom Antragsteller am 29. April 2024 vorgelegte negative toxikologische Haaranalyse vom 8. April 2024 eingegangen.
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 11. Juli 2024, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung verwies er im Wesentlichen auf den Bescheid vom 14. Mai 2024. Im Regelfall sei im Falle einer Alkoholabhängigkeit eine erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung und im Anschluss eine einjährige und entsprechend belegte Alkoholabstinenz erforderlich. Von einer sofortigen Fahrerlaubnisentziehung sei aufgrund des mittlerweile eingetretenen Zeitfortschritts, der vom Antragsteller eingereichten Unterlagen und seinen Angaben zu bloßen „Ausrutschern“ im Rahmen eines abgestuften Verwaltungshandelns abgesehen worden, da eine zwischenzeitliche Wiedererlangung der Fahrerlaubnis nicht ausgeschlossen werden könne. Die Einrede der mittlerweile mehrmonatigen Abstinenz sei berücksichtigt worden.
Der vom Antragsteller übersendete Führerschein ging am 27. Mai 2024 bei der Fahrerlaubnisbehörde ein.
toxilogische Berichte des Medizinischen Versorgungszentrums … über beim Antragsteller erfolgte Haaranalysen vom 8. April und vom 7. Oktober 2024 vor, wonach sich auch während der diesen beiden Haaranalysen jeweils vorangegangenen 3 Monate (insgesamt also während weiterer 6 Monate seit dem letzten forensisch-toxilogischen Bericht vom 8. April 2024) keine Hinweise auf einen Alkoholkonsum ergaben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakte des vorliegenden Eilverfahrens und des Hauptsacheverfahrens sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat keinen Erfolg. Hinsichtlich Nr. 3 des Bescheids ist er bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet.
1. Nach interessengerechter Auslegung (§§ 122 Abs. 1, 86 Abs. 3, 88 VwGO) ist der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 21. Mai 2024 dahingehend zu verstehen, dass der Antragsteller hinsichtlich der in Nr. 1, 2 und 3 des streitgegenständlichen Bescheids angeordneten und für sofort vollziehbar erklärten Entziehung der Fahrerlaubnis und Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage und hinsichtlich der in Nr. 5 des Bescheids verfügten und kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Zwangsgeldandrohung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz – VwZVG) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage begehrt.
2. Der so verstandene Antrag ist größtenteils zulässig.
a) Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, wenn die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs begehrt wird, die kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3a VwGO) oder durch Sofortvollzugsanordnung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) entfallen ist, d.h. wenn streitgegenständlich in der Hauptsacheklage die Rechtmäßigkeit eines angegriffenen Verwaltungsakts ist. Dies ist hier der Fall.
Der vom Antragsteller eingelegten Klage vom 21. Mai 2024 gegen die Verwaltungsakte in Nr. 1, 2 und 3 des Bescheids kommt nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung zu, da die Behörde in Nr. 4 des Bescheids die sofortige Vollziehbarkeit dieser Nummern angeordnet hat, sodass insoweit ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 VwGO statthaft ist. Der Klage kommt auch hinsichtlich der Nr. 5 des Bescheids nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 VwZVG keine aufschiebende Wirkung zu, sodass nach Art. 21a Satz 2 VwZVG ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 VwGO statthaft ist.
b) Abgesehen von Nr. 3 des Bescheids besteht für den Antrag ein Rechtsschutzbedürfnis.
aa) Gegen den angefochtenen Bescheid vom 14. Mai 2024 wurde rechtzeitig innerhalb der einmonatigen Frist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO Klage erhoben. Der streitgegenständliche Bescheid ist damit nicht in Bestandskraft erwachsen.
bb) Die Ablieferungsanordnung in Nr. 2 des Bescheids hat sich durch Abgabe des Führerscheins beim Antragsgegner am 26. März 2024 nicht i.S.d. Art. 43 Abs. 3 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) erledigt, da diese Anordnung weiterhin den Rechtsgrund für das Einbehalten des Führerscheins durch den Antragsgegner darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2014 – 11 CS 13.2281 – juris Rn. 22).
cc) Jedoch hat sich die für den Fall des Verlusts des Führerscheins durch den Antragsteller in Nr. 3 des Bescheids verfügte Anordnung der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und insoweit mangels vollstreckbarem Grundverwaltungsakt auch die entsprechende Zwangsgeldandrohung in Nr. 5 des Bescheids erledigt, da die Bedingung (Verlust des Führerscheins durch den Antragsteller) mit Abgabe des Führerscheins nicht mehr eintreten kann.
dd) Die in Nr. 5 verfügte Zwangsgeldandrohung für den Fall der nicht oder nicht fristgerechten Abgabe des Führerscheins nach Nr. 2 des Bescheids hat sich durch die zwischenzeitliche Abgabe nicht erledigt. Eine Erledigung einer Zwangsgeldandrohung tritt nur ein, wenn die zwangsgeldbewehrte Anordnung rechtzeitig erfüllt wurde und somit die Bedingung, von der die Fälligkeit des Zwangsgelds abhängt, nicht mehr eintreten kann (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.20012 – 11 CS 12.650 – juris Rn. 13; B.v. 25.10.2019 – 11 CS 19.1577 – juris Rn. 13). Der Antragsteller hat seinen Führerschein vorliegend nicht fristgerecht abgeliefert, sodass die Bedingung für die Zwangsgeldandrohung eintrat und diese weiterhin Rechtswirkung entfaltet. Auch nach Zahlung des Zwangsgelds bleibt sie Rechtsgrundlage für das Einbehalten des Geldes.
2. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er unbegründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell rechtmäßig und die materielle Interessenabwägung fällt zulasten des Antragstellers aus.
a) Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung hinsichtlich Nr. 1 und 2 des Bescheids genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
Nach dieser Vorschrift ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dabei hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts angeordnet hat. An den Inhalt der Begründung sind dabei allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80, Rn. 43).
Die Fahrerlaubnisbehörde hat hier nachvollziehbar dargelegt, warum sie konkret im Fall des Antragstellers im Interesse der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde damit begründet, dass das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiege. Zwar werde die Mobilität des Antragstellers durch den Sofortvollzug stark eingeschränkt, die Gefahren für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer wögen aber höher. Die Weigerung des Antragstellers, das Gutachten vorzulegen, lasse darauf schließen, dass dieser Eignungsmängel verbergen wolle. Angesichts der erheblichen Gefahren, die ein ungeeigneter Verkehrsteilnehmer für Leib oder Leben anderer Verkehrsteilnehmer bedeute, könne eine weitere Duldung der Teilnahme am Straßenverkehr bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht geduldet werden.
Im Übrigen ergibt sich das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im Bereich des Sicherheitsrechts regelmäßig – so auch hier – gerade aus den Gesichtspunkten, die für den Erlass des Verwaltungsakts selbst maßgebend waren (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2012 – 11 CS 11.2272 – juris).
b) Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt vorliegend zulasten des Antragstellers aus.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Klage im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO anordnen oder wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotene, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – juris Rn. 13), hier also derjenige der Fahrerlaubnisentziehung.
Gemessen an diesen Grundsätzen bleibt die Klage des Antragstellers gegen den Bescheid vom 14. Mai 2024 voraussichtlich ohne Erfolg, weil dieser nach summarischer Prüfung rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
aa) Dies gilt zunächst für die Fahrerlaubnisentziehung in Nr. 1 des Bescheids. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis nach §§ 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG), 46 Abs. 1, 11 Abs. 8 FeV i.V.m § 13 Satz 1 Nr. 2 lit e bzw. Nr. 3 Satz 3 der Vorbemerkung der Anlage 4 zur FeV sind erfüllt.
Nach § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber der Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wird und dadurch die körperlichen und geistigen Anforderungen für die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen sind, vgl. § 46 Abs. 1 Satz 2, § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. § 2 Abs. 4 StVG.
Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde Aufklärungsmaßnahmen gem. § 46 Abs. 3 i.V.m §§ 11 ff. FeV anordnen. Für Fälle einer Alkoholproblematik gilt § 13 FeV, der die allgemeine Vorschrift des § 11 FeV verdrängt. Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde ein medizinisch-psychologisches Gutachten an, wenn zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht. Nach Nr. 3 Satz 3 der Vorbemerkung der Anlage 4 zur FeV kann eine MPU auch für den Fall feststehender Alkoholabhängigkeit nach Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV zur Klärung der Frage angeordnet werden, ob die Fahreignung des Betroffenen dennoch aufgrund etwaiger Kompensationsmöglichkeiten ausnahmsweise fortbesteht. Bringt der Bewerber ein rechtmäßig angefordertes ärztliches Gutachten nicht oder nicht fristgerecht bei, darf die Behörde auf die Nichteignung des Bewerbers schließen (§ 11 Abs. 8 FeV).
So liegt der Fall hier. Der Schluss aus der Nichtbeibringung der mit Schreiben vom 8. Januar 2024 angeforderten MPU auf die fehlende Fahreignung war voraussichtlich gerechtfertigt, da die Anordnung zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses (vgl. BVerwG, U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.29 – juris Rn. 14) rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – juris Rn. 19 m.w.N.). An die Rechtmäßigkeit der Gutachtensanordnung sind dabei grundsätzlich strenge Maßstäbe anzulegen, weil der Antragsteller sie mangels Verwaltungsaktqualität nicht unmittelbar anfechten kann. Er trägt das Risiko, dass ihm gegebenenfalls die Fahrerlaubnis bei einer Weigerung oder Nichtbeibringung entzogen wird. Der Gutachter ist an die Gutachtensanordnung und die dort formulierte Fragestellung gebunden (§ 11 Abs. 5 FeV i.V.m. Nr. 1 Buchst. a Satz 2 der Anlage 4a zur FeV). Es ist gemäß § 11 Abs. 6 FeV Aufgabe der Fahrerlaubnisbehörde, die Beurteilungsgrundlage und den Beurteilungsrahmen selbst klar festzulegen. Der Betroffene muss der Gutachtensaufforderung entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Fahreignung zu rechtfertigen vermag.
(1) Dem Antragsgegner wurden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Antragstellers i.S.d. § 11 Abs. 1, 46 Abs. 1 FeV, § 2 Abs. 4 StVG begründen. Vorliegend ergaben sich Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers nach Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV (Alkoholabhängigkeit).
Nach dieser Vorschrift ist bei einer Alkoholabhängigkeit die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen grundsätzlich ausgeschlossen, solange diese besteht und nicht durch dauerhafte Abstinenz überwunden ist (vgl. Nr. 8.4 FeV). Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Fahrerlaubnisinhaber bereits unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr auffällig geworden ist (vgl. BVerwG, B.v. 21.10.2015 – 3 B 31.15 – juris Rn. 5). Denn bei alkoholabhängigen Personen besteht krankheitsbedingt jederzeit die Gefahr eines Kontrollverlusts und der Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss. Eine hinreichend feststehende und nicht überwundene Alkoholabhängigkeit hat damit zwangsläufig die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 30.3.2020 – 11 Cs 20.123 – juris Rn. 20; U.v. 16.05.2017 – 11 B 16.1755 – juris Rn. 23).
Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind nach § 11 Abs. 5 FeV i.V.m. Anlage 4a zur FeV die „Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung vom 27. Januar 2014“ in ihrer jeweils geltenden Fassung (derzeitiger Stand: 1.6.2022). Nach Nr. 3.13.2 der Begutachtungsleitlinien, die insoweit der Definition der ICD-10 (Kapitel V) folgen, soll die sichere Diagnose „Abhängigkeit“ nur gestellt werden, wenn irgendwann während des letzten Jahres drei oder mehr der dort genannten sechs Kriterien gleichzeitig vorhanden waren (1. starker Wunsch oder eine Art Zwang, psychotrope Substanzen zu konsumieren; 2. verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums; 3. körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion des Konsums; 4. Nachweis einer Toleranz; 5. fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums; 6. anhaltender Substanzkonsum trotz Nachweises eindeutig schädlicher Folgen, die dem Betroffenen bewusst sind). Die Anforderungen an Diagnosekriterien sind jedenfalls dann, wenn eine Alkoholabhängigkeit nach ICD 10-Kriterien mehrfach ärztlich diagnostiziert wurde, der Betroffene mehrfach rückfällig wurde und erneut ein erheblicher Alkoholabusus stattfand, nicht zu überspannen (vgl. BayVGH, B.v. 28.4.2022 – 11 CS 22.467 – juris Rn. 14; B.v. 31.7.2023 – 11 CS 23.1229 – juris Rn.16; B.v. 9.12.2014 – 11 CS 14.1868 – juris Rn. 22 ff.).
Bei tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Alkoholabhängigkeit ist es an der Fahrerlaubnisbehörde, durch Anordnung eines ärztlichen Gutachtens nach § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV aufzuklären, ob Alkoholabhängigkeit tatsächlich besteht (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2020 – 11 Cs 20.123 – juris Rn. 24). Dagegen lässt der Gesetzgeber im Zusammenhang mit einer Alkoholabhängigkeitsproblematik die (einen Fahrerlaubnisinhaber stärker in seinen Rechten belastende) Anordnung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, nur dann zu, wenn auch eine entsprechende Zukunftsprognose anzustellen ist (vgl. SächsOVG, B.v. 08.02.2021 – 6 B 404/20 – juris Rn. 13, BayVGH, B.v. 24.08.2010 – 11 CS 10.1139 – juris Rn. 48). Damit kommt eine solche Anordnung einer MPU etwa dann in Betracht, wenn die Alkoholabhängigkeit des Fahrerlaubnisinhabers feststeht, der Betroffene aber eine einjährige Abstinenz zumindest glaubhaft machen kann (vgl. zur gleichlaufenden Problematik der Drogenabstinenz BayVGH, B.v. 17.12.2021 – 11 CS 21.2179 – juris Rn. 20; B.v. 27.3.2012 – 11 CS 12.201 – juris Rn. 34 f.; BayVGH, B.v. 9.5.2005 – 11 CS 04.2526 – juris Rn. 28), wenn eine langfristige ausreichend stabile alkoholabstinente Lebensweise nur aufgrund sogenannter „Ausrutscher“ (einmaliger oder seltener Alkoholkonsum) infrage gestellt ist (vgl. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV) oder in Fällen, in denen bei einer feststehenden Alkoholabhängigkeit ausnahmsweise dennoch die Fähigkeit bestehen könnte, den Konsum von Alkohol vom Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen (vgl. Nr. 3 der Vorbemerkung zur Anlage 4 der FeV; vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 03.08.2016 – 11 CS 16.1185 – juris Rn. 21 f.; B.v. 03.03.2015 – 11 ZB 14.2148 – juris Rn. 16).
Gemessen an diesen Grundsätzen war der Antragsteller nach summarischer Prüfung in der Vergangenheit alkoholabhängig i.S.d. Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV (a). Es bestanden aufgrund aktenkundiger Vorfälle im Zusammenhang mit einem Alkoholkonsum des Antragstellers zumindest zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung der MPU Zweifel daran, dass seine Alkoholabhängigkeit tatsächlich nicht mehr besteht und er seine Fahreignung durch eine einjährige Abstinenz i.S.d. Nr. 8.4. der Anlage 4 zur FeV) wiedererlangt hat; es konnte daher zugunsten des Antragstellers nur im Rahmen einer MPU-Anordnung gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV geklärt werden, ob sich diese Vorfälle mit der Erwartung einer langfristigen, ausreichend stabilen alkoholabstinenten Lebensweise vereinbaren lassen (b). Zudem durfte die MPU-Anordnung im Hinblick auf den ersten Teil ihrer Fragestellung (Ausnahme vom Regelfall der Fahrungeeignetheit für den Fall feststehender Alkoholabhängigkeit und nicht eingehaltener einjähriger Abstinenz) aufgrund des konkreten Verhaltensmusters des Antragstellers auf Nr. 3 Satz 3 der Vorbemerkung der Anlage 4 zur FeV gestützt werden, da Zweifel bestanden, ob dessen Fahreignung nicht ausnahmsweise aufgrund einer Fähigkeit, den Alkoholkonsum vom Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen, fortbesteht (c).
(a) Der Antragsteller war in der Vergangenheit alkoholabhängig. Eine Abhängigkeit konnte bei ihm zuletzt im März 2022 nachgewiesen werden, sodass die Fahrerlaubnisbehörde zu Recht von einem ärztlichen Gutachten auf erster Stufe abgesehen hat.
Nach eigener Aussage des Antragstellers wurde bei ihm erstmalig im Jahr 1998 die Diagnose Alkoholabhängigkeit gestellt, an die sich eine ambulante Suchtberatung anschloss.
Im Entlassbrief des …-Klinikums … vom 29. August 2017 wurde beim Antragsteller erneut nach den ICD 10-Kriterien eine Alkoholabhängigkeit diagnostiziert. An dessen Richtigkeit bestehen für das Gericht keine Zweifel. Der Entlassbericht ist nachvollziehbar, insbesondere lassen sich ihm drei der für eine Alkoholabhängigkeit erforderlichen Kriterien nach den Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung entnehmen: Die im Entlassbericht auf Seite 3 unter „Verlauf und Beurteilung“ aufgeführte Äußerung des Antragstellers, in belastenden Situationen entstehe ein starker Suchtdruck und er habe Angst vor einem Rückfall, lässt auf einen starken Wunsch oder Zwang schließen, Alkohol zu konsumieren. Seine im Entlassbericht dokumentierte Aussage, er trinke immer mal wieder sporadisch Bier, zuletzt ca. 5 bis 6 Bier im Monat in Verbindung mit seinen weiteren im Entlassbericht gemachten Angaben, er sei am Aufnahmetag im Krankenhaus am Grab seiner Mutter dekompensiert und habe 4 Bier auf einmal getrunken (AAK von 0,91 ‰), zeigen eine verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums. Schließlich belegen diese Aussagen auch eine Dosissteigerung von 5 bis 6 Bier im Monat hin zu einem Konsum von 4 Bier am Tag im Zusammenhang mit einer Belastungssituation. Der Annahme einer Alkoholabhängigkeit im Jahr 2017 steht die Formulierung im Entlassbericht, der Antragsteller sei mit anamnestisch bekannter Alkoholabhängigkeit gegenwärtig abstinent ins Krankenhaus gekommen, nicht entgegen. Diese Formulierung ist im Zusammenhang mit der im Entlassbericht dokumentierten Aussage des Antragstellers, er sei Quartalstrinker (also Alkoholiker, aber mit zwischenzeitlichen Phasen kontrollierten Trinkens) gewesen, zu verstehen. Vor dem Hintergrund, dass die behandelnden Ärzte die Diagnose Alkoholabhängigkeit gestellt haben, kann nur gemeint sein, dass der Antragsteller vor seiner Einlieferung eine kontrollierte Trinkphase hatte. Der Antragsteller bestreitet auch selbst nicht, dass er im Jahr 2017 alkoholabhängig war, sondern gab in seiner Vorsprache an, dass bei ihm 2017 erneut die Diagnose Alkoholabhängigkeit gestellt worden sei, da sein Alkoholkonsum wieder zugenommen habe. Erst seit dem 3. August 2019 sei die Trinkerei wieder vorbei gewesen. Ab diesem Zeitpunkt hat der Antragsteller aber nicht vollständig abstinent gelebt, wie die Vorfälle im Jahr 2022 und 2023 zeigen.
Im Entlassbericht des …-Klinikums … vom 4. März 2022 wurde beim Antragsteller erneut eine Alkoholabhängigkeit nach den ICD 10-Kriterien diagnostiziert. Der Antragsteller gab gegenüber den behandelnden Ärzten an, er trinke seit ca. einer Woche täglich Alkohol, am Aufnahmetag 5 bis 6 Flaschen Bier. Dies belegt auch die beim Antragsteller gemessene AAK von 1,62 ‰. Sein Rückfall im Februar 2022 stellt einen erneuten erheblichen Alkoholabusus dar. Die Diagnose der Alkoholabhängigkeit im Jahr 2022 erweist sich in Fortsetzung der im Entlassbericht aus dem Jahr 2017 gestellten ärztlichen Feststellungen als widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Das Gericht geht vor dem Hintergrund der Vorgeschichte des Antragstellers, der mehrfachen ärztlichen Diagnosen zu dessen Alkoholabhängigkeit und aufgrund seiner wiederholten starken Rückfälle nach der gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung davon aus, dass der Antragsteller auch im Jahr 2022 seine Alkoholabhängigkeit nicht überwunden hatte und die für die Feststellung einer Alkoholanhängigkeit erforderlichen Kriterien vorlagen (vgl. BayVGH, B.v. 28.4.2022 – 11 CS 22.467 – juris Rn. 14; B.v. 31.7.2023 – 11 CS 23.1229 – juris Rn.16; B.v. 9.12.2014 – 11 CS 14.1868 – juris Rn. 22 ff.).
(b) Es bestanden zum maßgeblichen Zeitpunkt der MPU-Anordnung vom 8. Januar 2024 Zweifel, ob der Antragsteller seine Fahreignung nach einer einjährigen Alkoholabstinenz nicht wiedererlangt haben könnte. Dies scheint nach summarischer Prüfung jedenfalls nicht völlig ausgeschlossen, sodass die Fahrerlaubnisbehörde anstelle einer unmittelbaren Fahrerlaubnisentziehung zugunsten des Antragstellers ein medizinisch-psychologisches Gutachten nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV anordnen durfte.
Die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis setzt eine erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung und eine hieran anknüpfende einjährige Abstinenz voraus (vgl. Nr. 8.4 der Anlage 4 zur FeV). Entwöhnungsbehandlungen sind relativ zeitintensiv. Neben stationären Therapien kommen auch ambulante Maßnahmen von 24 Wochen, ganztägige ambulante Maßnahmen in Tageskliniken an Werktagen über einen Zeitraum von acht bis sechzehn Wochen und stationär-ambulante Kombinationstherapien in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 15.7.2024 – 11 ZB 24.505 – juris Rn. 16 m.w.N.).
Zwar hat sich der Antragsteller ausweislich der beiden vorgelegten Entlassberichte bei seinen damaligen Krankenhausaufenthalten, zuletzt im März 2023, keinen Entwöhnungsbehandlungen unterzogen, da er in beiden Fällen nicht auf die suchttherapeutische, sondern eine psychosomatische Station verlegt wurde. Der vom Antragsteller vorgelegten Bescheinigung einer Praxis für Neurologie und Psychiatrie vom 20. April 2022 lässt sich indes entnehmen, dass es beim Antragsteller unter psychischer Belastung zwar vor kurzem (am 24. Februar 2022, s. o.g. Entlassbericht vom 3. März 2022) wieder zu einem Alkoholrückfall gekommen sei, der jedoch nur kurz angedauert habe und den der Antragsteller gut beherrsche. In der Vergangenheit habe eine Therapie stattgefunden, aktuell sei eine Indikation für eine Suchttherapie nicht erforderlich. Es ist daher nicht gänzlich auszuschließen, dass der Antragsteller zwischen seiner Entlassung am 4. März 2022 und dem 20. April 2022 bereits an einer intensiven Entwöhnungstherapie teilgenommen und diese erfolgreich abgeschlossen hat. Aufgrund des Zeitablaufs ist es auch denkbar, dass sich an eine solche Entwöhnungstherapie eine einjährige Abstinenz angeschlossen hat. Nach Aussage des Antragstellers in seiner persönlichen Vorsprache vom 4. Januar 2024 hat er zum Zeitpunkt der Vorsprache zwar erst seit drei Wochen komplett alkoholabstinent gelebt. Dies wird durch den Vorfall vom 3. August 2023 und die Beschuldigtenvernehmung vom 25. September 2023 bestätigt, zu der der Antragsteller in alkoholisiertem Zustand erschien, wenngleich er nach eigener Aussage nur ein Bier getrunken hatte. Es ist jedoch nicht gänzlich auszuschließen, dass es sich bei diesen aktenkundigen Vorfällen um zwei kurz andauernde, für eine erfolgreiche Abstinenz unschädliche „Ausrutscher“ innerhalb einer mittlerweile verstrichenen einjährigen Abstinenzphase gehandelt hat, die nach der am 4. März 2022 erfolgten Entlassung des Antragstellers aus dem Krankenhaus in Anschluss an eine am 20. April 2022 bereits abgeschlossene erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung begonnen hatte. Hierfür spricht, dass bis heute keine Erkenntnisse über weitere Vorfälle im Zusammenhang mit einem Alkoholkonsum des Antragstellers vorliegen. Im Übrigen lassen es auch die vom Antragsteller vorgelegten negativen Haaranalysen vom 8. April, 8. Juli und 7. Oktober 2024, die zum aktuellen Zeitpunkt eine Abstinenz von neun Monaten nahelegen, möglich erscheinen, dass der Antragsteller bereits zum Zeitpunkt der MPU-Anordnung eine langfristige Kontrolle über seinen Alkoholkonsum wiedererlangt haben könnte.
(c) Zudem scheint es auch für den Fall einer nicht erfolgten Entwöhnungsbehandlung und einjährigen Abstinenz aufgrund des konkreten Verhaltensmusters des Antragstellers jedenfalls nicht völlig ausgeschlossen, dass bei diesem von einem atypischen Fall i.S.d. Nr. 3 der Vorbemerkung der Anlage 4 zur FeV ausgegangen werden kann, weil er in der Lage ist, durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen den Konsum von Alkohol vom Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr zu trennen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller dennoch fahrgeeignet sein könnte, ist zwar insoweit als gering zu veranschlagen. Insbesondere ist die vom Antragsteller zitierte Rechtsprechung zum Alkoholmissbrauch auf die Alkoholabhängigkeit, bei der grundsätzlich automatisch von einem fehlenden Trennungsvermögen auszugehen ist, nicht anwendbar. Offensichtlich unzutreffend, dass eine Vergewisserung der Fahrungeeignetheit des Antragstellers hätte unterbleiben dürfen, war die Annahme eines atypischen Falls durch die Behörde aber wohl nicht (vgl. BayVGH. B.v. 3.3. 2015 – 11 ZB 14.2418 – juris Rn. 16); jedenfalls kann sich der Antragsteller insoweit auf keine Rechtsverletzung berufen. Für ein Trennungsvermögen spricht insbesondere, dass keine Erkenntnisse über einen Alkoholkonsum des Antragstellers im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr bekannt sind. Vielmehr lässt sein Verhalten am 25. September 2023, als er zu Fuß zu seiner Beschuldigtenvernehmung kam, weil er Alkohol getrunken hatte, auf ein Trennungsvermögen schließen. Insbesondere seine Vorgeschichte als Quartalstrinker weist zudem darauf hin, dass er eine gewisse Kontrolle über seinen Alkoholkonsum haben könnte, sodass die Fahrerlaubnisbehörde anstelle einer unmittelbaren Fahrerlaubnisentziehung zugunsten des Antragstellers ausnahmsweise eine MPU nach Nr. 3 Satz 3 der Vorbemerkung der Anlage 4 zur FeV anordnen durfte.
(2) Die Fragestellung in der Begutachtungsaufforderung ist nach summarischer Prüfung verhältnismäßig. Auch in formeller Hinsicht ist die Begutachtungsaufforderung voraussichtlich nicht zu beanstanden (vgl. § 11 Abs. 6 FeV). Die Behörde hat in ihrer MPU-Anordnung als Rechtsgrundlagen sowohl § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV als auch Nr. 3 Satz 3 der Vorbemerkung der Anlage 4 zur FeV genannt und die beiden hierzu passenden Fragestellungen formuliert, sodass ein Begründungsdefizit nach § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FeV nicht vorlag (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 24.8.2010 – 11 CS 10.1139 – juris Rn. 55 ff., insbes. Rn. 59). Eine zweimonatige Frist zur Beibringung des Gutachtens ist üblich und angemessen (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 4.1.2021 – 11 CS 20.2536 – juris Rn. 3; VGH BW, B.v. 21.6.2023 – 13 S 473/23 – juris Rn. 7).
(3) Soweit dem Antragsgegner ein Ermessensspielraum zustand (nur im Hinblick auf Nr. 3 Satz 3 der Vorbemerkung der Anlage 4 zur FeV, nicht jedoch auf Grundlage des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV), hat er sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Er hat in seiner MPU-Anordnung zu Recht ausgeführt, dass das Interesse des Antragstellers am Unterbleiben der MPU-Anordnung angesichts der Bedeutung der Verkehrssicherheit und der Gefahren durch die Verkehrsteilnahme ungeeigneter Kraftfahrer hinter dem öffentlichen Interesse an der Anordnung zurückstehen muss und ein geringeres Eingriffsmittel nicht möglich ist. Da es sich bei Nr. 3 der Vorbemerkung der Anlage 4 zur FeV um eine Ausnahmevorschrift zugunsten (ehemaliger) Fahrerlaubnisinhaber mit feststehenden Eignungsmängeln handelt, die restriktiv auszulegen ist, bedurfte es vorliegend keiner eingehenderen Begründung für die Anordnung der MPU als milderes Mittel im Verhältnis zur grundsätzlich gebotenen unmittelbaren Fahrerlaubnisentziehung.
(4) Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 8 FeV sind erfüllt. Der Antragsteller hat das rechtmäßig angeordnete Gutachten nicht innerhalb der gesetzten zweimonatigen Frist beigebracht, obwohl er auf die Folgen des § 11 Abs. 8 FeV in der Anordnung hingewiesen worden ist. Der Antragsgegner durfte daher ohne weitere Prüfung von der Fahruntauglichkeit des Antragstellers ausgehen und diesem nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1, 2 FeV die Fahrerlaubnis entziehen. Der Gesetzgeber hat die typischerweise mit der Fahrerlaubnisentziehung einhergehenden negativen Folgen in privater und beruflicher Hinsicht bei Erlass der Regelungen zur Fahrerlaubnisentziehung berücksichtigt und als zumutbar eingestuft, sodass der Antragsteller auch mit seinem Argument, auf die Fahrerlaubnis angewiesen zu sein, mit Blick auf die schwerwiegenden Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer durch ungeeignete Kraftfahrer nicht durchdringt.
bb) Da somit die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis der summarischen gerichtlichen Überprüfung standhält, ist auch die Abgabeverpflichtung als begleitende Anordnung (Nr. 2 des Bescheids), die ebenfalls für sofort vollziehbar erklärt wurde, geboten, um die Ablieferungspflicht nach § 47 Abs. 1 FeV durchzusetzen.
cc) Auch die Zwangsgeldandrohung in Nr. 5 des Bescheids erweist sich vor diesem Hintergrund, soweit sie sich in Bezug auf Nr. 3 des Bescheids nicht bereits erledigt hat, voraussichtlich als rechtmäßig, sodass der diesbezüglich gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 VwGO ebenso wenig Erfolg hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nrn. 1.5 sowie 46.1, 46.3 und 46.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und § 6 Abs. 3 Nr. 1, 4, 5 und 6 FeV. Für die Streitwertberechnung sind die Fahrerlaubnisklassen A, B und CE maßgeblich.