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Fahrerlaubnisentziehung – Hinweise auf unzureichendes Sehvermögen

VG Ansbach – Az.: AN 10 S 14.00236 – Beschluss vom 13.03.2014

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Dem am … geborenen Antragsteller wurde nach einer strafgerichtlichen Entziehungsentscheidung am … eine Fahrerlaubnis unter anderem der Klassen A, A1, B, BE, C1 und C1E neu erteilt.

Fahrerlaubnisentziehung - Hinweise auf unzureichendes Sehvermögen
Symbolfoto: Von Milkovasa /Shutterstock.com

Am…2013 fiel das Fahrzeug des Antragstellers mit dem amtlichen Kennzeichen …einem Mitarbeiter der Fahrerlaubnisbehörde unter anderem dadurch auf, dass es neben einer geringen Geschwindigkeit unter anderem auf der linken Fahrbahnseite unterwegs gewesen sei bzw. mit dem linken Reifen auf der Fahrbahnmitte gefahren sei bzw. mit den rechten Rädern zum rechten Fahrbahnrand einen Abstand von 2 Metern gehalten habe.

Am …2013 informierte zunächst telefonisch, dann mit E-Mail vom …2013 ein Verkehrsteilnehmer über „ein verkehrsunsicheres Verhalten eines älteren Verkehrsteilnehmers mit Fahrzeug …“ am … 2013. Der Fahrer sei innerorts mit einem Tempo von ca. 20 bis 25 km/h gefahren. Der Fahrer habe den Eindruck erweckt, als ob er eine Straße oder eine Hausnummer suche, da er immer kurz beschleunigt habe, um dann wieder sein Tempo zu drosseln. Man habe keinen Fahrer im Wagen erkennen können und auf Grund des unsicheren Fahrstils habe der Anzeigende die Befürchtung gehabt, dass eventuell Minderjährige das Fahrzeug zu einer Spritztour nutzten. Der Anzeigende sei dann im mäßigen Tempo hinter dem Fahrzeug hergefahren, da ein Überholen wegen der Verkehrslage nicht möglich gewesen sei. Im nächsten Ort habe der Fahrer das Tempo wieder auf 20 bis 25 km/h reduziert. In der Mitte des Ortes sei er dann auf die Gegenfahrbahn gefahren. Wegen der Kurven in diesem Bereich habe der Anzeigende im Falle eines Gegenverkehrs eine sehr prekäre Situation befürchtet. Er sei dann nach links abgebogen und es sei deshalb klargeworden, weshalb er sich so frühzeitig auf die Gegenfahrbahn orientiert habe. Erst später habe der betreffende Mercedes überholt werden können. Dabei habe auch der Fahrer, ein älterer Herr, erkannt werden können, welcher auf Grund seiner Größe gerade noch über das Lenkrad habe schauen können. Auf Grund der prekären Situation habe sich dann der Anzeigende (zusammen mit seiner Frau) entschieden, das Kennzeichen zu notieren und das gesamte unsichere Fahrverhalten der Verkehrsbehörde mitzuteilen. Nach eigener Einschätzung habe eine gewisse Verkehrsgefährdung durch diesen Fahrer nicht ausgeschlossen werden können.

Durch eine polizeiliche Ereignismeldung wurde der Fahrerlaubnisbehörde bekannt, dass der Antragsteller am …2013 mit seinem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … in … angetroffen worden sei, hierbei sei er mit einer Geschwindigkeit von 20 km/h und in der Fahrbahnmitte gefahren. Der Fahrer sei der Antragsteller gewesen, welcher sich mit seinem Führerschein ausgewiesen habe. Er sei auf sein Fahrverhalten aufmerksam gemacht worden, ein Fehlverhalten habe er jedoch nicht gesehen. Ausgelöst wurde die polizeiliche Kontrolle durch die Anzeige eines Verkehrsteilnehmers, welcher einen Pkw mit ca. 20 bis 30 km/h Geschwindigkeit in Schlangenlinien fahrend bemerkt hatte.

Auf eine entsprechende Nachfrage der Fahrerlaubnisbehörde teilte die Polizei mit, dass während der Kontrolle beim Antragsteller keine Defizite des Hörvermögens festgestellt worden seien. Die Reaktionsfähigkeit bei der Kontrolle sei altersbedingt normal gewesen. Es seien keine Überforderungsanzeichen festzustellen gewesen, der Antragsteller sei auch nicht verwirrt oder orientierungslos gewesen. Körperliche Gebrechen seien nicht bemerkt worden, da der Antragsteller während der Kontrolle im Fahrzeug gesessen sei. Dem Gespräch während der Kontrolle habe er gut folgen können. Nach seinen eigenen Angaben fahre er nicht gerne nachts, da er im Dunkeln nicht mehr gut sehe. Eine „Nachtblindheit“ erscheine als möglich, dies würde das Fahrverhalten erklären.

Mit Schreiben vom …2013 bat die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller vorzusprechen, um in die fahrerlaubnisrechtliche Wertung der – dem Antragsteller in Kurzform mitgeteilten – vorgenannten – Sachverhalte die persönliche Sicht des Antragstellers einfließen lassen zu können.

Den Termin am …2013 nahm der Antragsteller zusammen mit seinem Bevollmächtigten wahr. Hierzu legte der Antragsteller eine Bescheinigung über die augenärztliche Untersuchung des Sehvermögens gemäß Anlage 6 Nr. 2.1 der Fahrerlaubnis-Verordnung vom … 2009 vor sowie eine Bescheinigung über die ärztliche Untersuchung von Bewerbern um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E gemäß § 11 Abs. 9 und § 48 Abs. 4 und 5 der Fahrerlaubnis-Verordnung vom …2013. Beide Bescheinigungen weisen keinen Anhalt für fahrerlaubnisrelevante Einschränkungen auf. Im Rahmen der Vorsprache gab der Antragsteller unter anderem an, dass er bei den Fahrten am …2013 und … 2013 nicht selbst gefahren sei. Er habe seinen Pkw an einen Tschechen, Herrn S., für Probefahrten ausgeliehen. Der Verkauf sei jedoch nicht zustande gekommen, da man sich nicht habe einigen können. Bei der Fahrt am … 2013 sei er selbst gefahren, ihm sei jedoch nicht bewusst, dass er Schlangenlinien gefahren sei. Vielmehr habe er einem über die Straße laufenden Hund ausweichen müssen. Weiter verwies er auf die Tatsache, dass er 40 Jahre unfallfrei gefahren sei und gab ferner an, dass er keinerlei gesundheitliche Probleme habe. Auf Nachfrage, warum er nur eine (aktuelle) ärztliche Bescheinigung vorgelegt habe und keine aktuelle augenärztliche Untersuchung, gab er an, dass er gegen die Anordnung einer solchen keine Einwände habe.

Mit Schreiben vom … 2013 forderte die Fahrerlaubnisbehörde vom Antragsteller die Vorlage eines augenärztlichen Gutachtens bis zum … 2014 an. Hierzu wurde unter anderem ausgeführt, dass nach den persönlichen Darstellungen des Antragstellers bei der Vorsprache am … 2013 über die angeführten Verkehrsauffälligkeiten und den sonstigen Erklärungen im Verlauf des Gespräches, die Bedenken hinsichtlich der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen als teilweise ausgeräumt anzusehen seien. Nachdem die letzte augenärztliche Untersuchung jedoch bereits im Jahr 2009 stattgefunden habe, sei auf Grund der Sachverhaltsschilderung hinsichtlich der Verkehrsauffälligkeit vom … 2013 zu prüfen, ob der Antragsteller die Anforderungen an das Sehvermögen nach Anlage 6 FeV noch erfülle oder ob Beeinträchtigungen des Sehvermögens bestünden, welche die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen beeinträchtigten. Abschließend wurde auf die gesetzlichen Konsequenzen gemäß § 11 Abs. 8 FeV hingewiesen, falls sich der Antragsteller nicht untersuchen lasse oder das angeforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringe.

Unter dem … 2013 erklärte der Antragsteller das Einverständnis zur Begutachtung und benannte den von ihm gewählten Augenarzt, welchem unter dem … 2013 die Begutachtungsunterlagen übersandt wurden.

Auf Grund eines Telefonats mit der vom Antragsteller genannten Augenarztpraxis brachte die Fahrerlaubnisbehörde am … 2013 in Erfahrung, dass der Antragsteller am … 2013 einen Untersuchungstermin wegen Krankheit abgesagt habe. Er habe sich dort wegen eines neuen Termins melden wollen, sobald es ihm wieder besser gehe.

Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom …2014, eingegangen am … 2014, ließ der Antragsteller eine Fristverlängerung für die Vorlage des Gutachtens bis … 2014 beantragen, da wegen urlaubsbedingter Abwesenheit des Augenarztes das geforderte Gutachten nicht bis zum … 2014 vorgelegt werden könne.

Nachdem die Behörde auf Grund einer telefonischen Nachfrage vom … 2014 in Erfahrung gebracht hatte, dass der Antragsteller bisher noch keinen neuen Untersuchungstermin vereinbart habe, hörte es den Antragsteller mit Schreiben vom … 2014 zur nunmehr beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an. Hieraufhin teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers unter dem … 2014 mit, dass der Antragsteller am … 2014 einen neuen Untersuchungstermin für den … 2014 vereinbart habe.

Mit Schreiben vom … 2014 teilte die benannte Augenarztpraxis der Behörde mit, dass am …2014 der fest vereinbarte Termin von einem Enkel des Antragstellers abgesagt worden sei mit dem Bemerken, dass sein Großvater nicht untersucht werden wolle, er könne die Angelegenheit auf andere Weise erledigen.

Mit Bescheid vom 31. Januar 2014, zugestellt am 5. Februar 2014, wurde dem Antragsteller die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Art unter Anordnung des Sofortvollzuges entzogen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass ernsthafte Bedenken bestünden, dass für die von verschiedenen Beobachtern beschriebene unsichere und gefährliche Fahrweise ein mangelhaftes Sehvermögen ursächlich sei. Die Fahrerlaubnisbehörde habe deshalb ein Gutachten zur Klärung dafür anfordern können, ob die Anforderungen an das Sehvermögen nach Anlage 6 zur FeV erfüllt seien. Dieses Gutachten habe der Antragsteller nicht beigebracht, weswegen die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 46 Abs. 3 FeV i.V.m. § 11 Abs. 8 FeV auf seine Nichteignung habe schließen dürfen und ihm die Fahrerlaubnis habe entziehen müssen auf Grund § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV.

Zur Begründung des Sofortvollzugs wurde unter anderem ausgeführt, dass derzeit davon ausgegangen werden müsse, dass der Antragsteller nicht geeignet ist, Kraftfahrzeuge zu führen. Dies mache es erforderlich, mit sofort wirksamen Maßnahmen vorzugehen, um die Allgemeinheit vor der hier drohenden und anderweitig nicht abwendbaren Gefahr zu schützen. Die eigenen Interessen des Antragstellers müssten hiergegen als untergeordnet zurücktreten.

Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller am 18. Februar 2014 Anfechtungsklage erheben und zugleich im Eilverfahren beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.

Klage und Antrag wurden unter anderem dahingehend begründet, dass bereits die Anordnung zur Vorlage eines augenärztlichen Gutachtens rechtswidrig gewesen sei, weil keine Tatsachen vorlägen, welche Bedenken dahingehend begründen könnten, dass der Antragsteller die Anforderungen an das Sehvermögen nach Anlage 6 zur FeV nicht erfüllen könne. Der Antragsteller habe bereits im Rahmen der mündlichen Anhörung vom … 2013 bestritten, am … 2013 sowie am … 2013 überhaupt seinen Pkw gefahren zu haben. Zu diesen Zeitpunkten habe der Antragsteller sein Fahrzeug, welches er habe veräußern wollen, an Kaufinteressenten zum Zwecke der Durchführung von Probefahrten ausgeliehen. Zudem habe der Antragsteller grundsätzlich zu bestreiten, dass sein Pkw am …2013 in „sehr unsicherer Fahrweise“ unterwegs gewesen sei. Ferner auch, dass sein Fahrzeug am …2013 „durch sehr unsichere Fahrweise mit sehr geringer Geschwindigkeit“ aufgefallen sei und zu befürchten gewesen sei, dass es bei Gegenverkehr zu einer sehr prekären Situation habe kommen können. Mangels Fahrereigenschaft habe er schon gar nicht „unsicher“ fahren können und was von irgendeinem Verkehrsteilnehmer als „Schlangenlinienfahren“ bezeichnet werde, sei häufig nichts anderes als ein Ausweichmanöver, wie auch hier beim Antragsteller, als er einem Hund habe ausweichen müssen. Richtig sei lediglich, dass der Antragsteller in der Nacht am … 2013 einer allgemeinen Polizeikontrolle unterzogen worden sei und hierbei erklärt habe, dass er nachts nicht gerne fahre, da er im Dunkeln nicht sehr gut sehe. Somit begründeten all diese Umstände keineswegs mit der erforderlichen Mindestwahrscheinlichkeit ernsthafte Bedenken an der grundsätzlichen Fahreignung des Antragstellers.

Der Antragsteller habe sich auch nicht generell geweigert, das Gutachten beizubringen. Mit Schriftsatz vom … 2014 sei unter Hinweis auf die urlaubsbedingte Abwesenheit des untersuchenden Augenarztes zwischen den Feiertagen um Fristverlängerung bis … 2014 nachgesucht worden. Diesem Gesuch hätte die Fahrerlaubnisbehörde entsprechen müssen, zumal bereits eine nur wenige Jahre alte augenärztliche Untersuchung sowie eine aktuelle allgemeinärztliche Bescheinigung und darüber hinaus noch eine aktuelle Sehtestbescheinigung eines Optikers bereits vom Antragsteller vorgelegt worden seien.

Letztlich sei darauf hinzuweisen, dass beim Antragsteller keineswegs ein mangelhaftes Sehvermögen vorliege, was durch die Einholung eines fachmedizinischen Sachverständigengutachtens zu beweisen sei.

Hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehung sei zu beachten, dass der Antragsteller eine Beinprothese habe und daher in seiner Gehfähigkeit äußerst eingeschränkt sei. Zur Erhaltung seiner Mobilität sei er auf die Fahrerlaubnis zwingend angewiesen, somit sei das eigene Interesse des Antragstellers ob der ersichtlichen Rechtswidrigkeit des Entzugsbescheides vorrangig.

Der Antragsgegner beantragte im Klageverfahren Klageabweisung und im Eilverfahren Antragsablehnung und führte unter Bezugnahme auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid ergänzend aus, dass die (am 6.12.2013 der Behörde angebotene) Sehtestbescheinigung eines Optikers nicht habe anerkannt werden können, da dieses Attest nicht nach den Grundsätzen des § 12 Abs. 8 FeV i.V.m. § 11 Abs. 5 FeV und der Anlage 15 zur FeV erstellt worden sei.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vom Antragsgegner vorgelegte Verfahrensakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 31. Januar 2014 ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes angeordnet worden ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs dagegen ganz oder teilweise wiederherstellen. Bei der Entscheidung sind die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung können auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs berücksichtigt werden. Bleibt dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen, da dann das von der Behörde geltend gemachte besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug regelmäßig überwiegt.

Im vorliegenden Fall ergibt die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung, dass dem Antragsteller die Fahrerlaubnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Recht entzogen worden ist. Die Fahrerlaubnisbehörde hat vom Antragsteller zu Recht ein fachärztliches Gutachten zur Klärung von zulässigerweise bestehenden Fahreignungszweifeln gefordert. Nachdem der Antragsteller dieses zu Recht angeforderte Gutachten nicht fristgemäß und auch ohne ausreichende Entschuldigung nicht vorgelegt hat, durfte die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 46 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 8 FeV auf seine Nichteignung schließen und hatte ihm deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Es ist nichts durchgreifend vorgetragen oder ersichtlich dafür, dass die Anordnung zur Beibringung des Fahreignungsgutachtens an formellen oder materiellen Mängeln leiden könnte, welche den in § 11 Abs. 8 FeV vorgesehenen Schluss von der Nichtvorlage des angeforderten Gutachtens auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen entgegenstehen könnten (zum Erfordernis der rechtmäßigen Anordnung der Gutachtensbeibringung im Rahmen von § 11 Abs. 8 FeV, vgl. BayVGH, Urteil vom 7.5.2001 – Az.: 11 B 99.2527 <juris>; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 11 FeV, Rn. 24 m.w.N. zur Rechtsprechung).

Die Anordnung der Beibringung des Gutachtens genügt den sich aus § 12 Abs. 8 FeV i.V.m. § 11 Abs. 5 bis 8 FeV ergehenden formellen Anforderungen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 5.7.2001 – Az.: 3 C 13/01), diesbezügliche Mängel sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere konnte der Antragsteller dem Anordnungsschreiben vom …2013 i.V.m. der Vorladung vom … 2013 und der daraufhin stattfindenden Anhörung vom … 2013 die Sachverhalte entnehmen, welche letztlich die Anordnung zur Gutachtensbeibringung rechtfertigten. Ferner war der Antragsteller auch darauf hingewiesen worden, dass bei Nichtvorlage des geforderten Gutachtens auf seine Nichteignung gemäß § 11 Abs. 8 FeV geschlossen werden könne und ihm dann die Fahrerlaubnis entzogen werden müsse.

Auch die materiellen Voraussetzungen zur Anforderung des fachärztlichen Gutachtens gemäß § 12 Abs. 8 FeV liegen vor, denn die Behörde konnte berechtigterweise Bedenken gegen die körperliche Eignung – in der Form eines ausreichenden Sehvermögens – des Antragstellers als Fahrerlaubnisinhaber im Sinne von § 12 Abs. 8 FeV i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV hegen.

Bereits dem Polizeibericht vom … 2013 bzw. dessen Ergänzung vom … 2013 (siehe insbesondere Bl. 61 und Bl. 65 der Akten) über die Wahrnehmungen der Polizeibeamten anlässlich der dort beschriebenen Polizeikontrolle am … 2013 sind hinreichend Tatsachen zu entnehmen, welche geeignet sind, zumindest vernünftige Z w e i f e l an der körperlichen/gesundheitlichen Eignung des Antragstellers in Richtung auf sein Sehvermögen zu wecken. Dies gilt umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass die polizeiliche Kontrolle ausgelöst wurde durch den Hinweis eines anderen Verkehrsteilnehmers, welcher den Pkw des Antragstellers (wohl innerorts) mit ca. 20 bis 30 km/h Geschwindigkeit und in Schlangenlinien fahrend bemerkt hatte. Hierbei muss der Antragsteller bereits einen nachhaltigen Eindruck auf den Anzeigeerstatter bezüglich seines Fahrverhaltens gemacht haben, denn ansonsten wäre nach aller Lebenserfahrung nicht damit zu rechnen gewesen, dass sich ein Kraftfahrer eigens der Mühe unterzogen hätte, dieses Fahrverhalten bei der Polizei anzuzeigen. Soweit sich der Antragsteller dahin einlässt, er sei nicht „Schlangenlinien gefahren“, sondern lediglich einem Hund ausgewichen, vermag auch dies die Beobachtungen des Anzeigeerstatters nicht zu relativieren, denn nach aller Lebenspraxis ist einem Verkehrsteilnehmer durchaus der Unterschied bewusst, zwischen einem kurzzeitigen Ausweichvorgang, welcher zwar ein kurzzeitiges Fahren in Schlangenlinien beinhalten kann, und dem landläufig so bezeichneten „Schlangenlinien-Fahren“, welches einen länger andauernden Zustand beschreibt.

Diese Feststellungen der Polizei reihten sich auch stimmig in die anderen der Fahrerlaubnisbehörde bereits vorliegenden Informationen über die Vorfälle am … 2013 und … 2013 ein. Auch hier ist zu sehen, dass das Fahrverhalten des Antragstellers schon sehr ausgeprägt gewesen sein muss, dass es andere Verkehrsteilnehmer dazu veranlasste, bei der Behörde eine Anzeige zu machen. Soweit der Antragsteller in Bezug auf die letzten zwei Vorfälle seine Fahrereigenschaft damit bestritten hat, dass er das Fahrzeug zu dieser Zeit einem Kaufinteressenten zu Probefahrten überlassen habe, überzeugt dies jedenfalls deshalb nicht, weil es außerhalb jeglicher Lebenserfahrung liegt, einem Kaufinteressenten für eine Zeit von mehr als vier Wochen ein Fahrzeug zu Probezwecken zu überlassen.

Das Gericht hat insgesamt keine Zweifel an den polizeilichen Feststellungen. Anhaltspunkte, dass der Polizeibericht unrichtige Tatsachen enthalten könnte, sind durchgreifend nicht vorgetragen und auch ansonsten nicht ersichtlich. Die Fahrerlaubnisbehörde ist dem Antragsteller auch in terminlicher Hinsicht weitgehend entgegengekommen und hat ihm letztlich die Wahrnehmung von zwei verschiedenen Begutachtungsterminen erlaubt. Der Antragsteller hat aber dennoch nicht das geforderte Gutachten vorgelegt. Gründe für die Nichtvorlage, welche der Antragsteller nicht zu verantworten hat, sind nicht vorgetragen oder ersichtlich.

Soweit der Antragsteller eine aktuelle Sehtestbescheinigung vorlegen wollte, welche die Fahrerlaubnisbehörde jedoch nicht akzeptiert hat, kann auch dies keine Änderung der Betrachtung bewirken. Es ist dem Vortrag der Fahrerlaubnisbehörde beizupflichten, dass eine Sehtestbescheinigung nur einen beschränkten Aussagegehalt hat, denn es wird hierbei lediglich geprüft, ob die zentrale Tagessehschärfe mit oder ohne Sehhilfe mindestens den in Anlage 6 Nr. 1.1 genannten Wert erreicht. Im vorliegenden Falle spielte jedoch nicht nur die zentrale Tagessehschärfe eine Rolle, sondern auch andere Aspekte, welche in der Anlage 6 zur FeV ausgeführt sind, insbesondere auch das Dämmerungs- oder Kontrastsehen. Derartige Aspekte sind aber nur Inhalt eines augenärztlichen Gutachtens im Sinne von § 12 Abs. 8 FeV.

Damit besteht (weiterhin) die berechtigte Vermutung, dass die Nichtvorlage bzw. die Verzögerung der Vorlage des Gutachtens zur Verdeckung eines bestehenden Fahreignungsmangels dienen soll. Diese Situation eröffnet aber gerade den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 8 FeV.

Die Fahrerlaubnisbehörde hat auch das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug formell ausreichend im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO begründet. Sie ist erkennbar davon ausgegangen, dass die weitere Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr zu einer unmittelbaren Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer führen könnte. Zwar setzt die Anordnung des Sofortvollzuges eines Verwaltungsaktes regelmäßig besondere Gründe voraus, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. Im Bereich des Sicherheitsrechts kann dies aber nicht uneingeschränkt gelten, wozu auch die Fälle gehören, in denen die Fahreignung in Frage steht, so dass die weitere Führung eines Kraftfahrzeuges durch einen Fahrer unverzüglich verhindert werden muss, wenn auch nur ernsthafte Zweifel an dessen Fahreignung bestehen. Hieraus erschließt sich auch, dass es nicht darauf ankommen kann, für welche Zwecke die Fahrerlaubnis benötigt wird oder dass der Antragsteller, wie vorgetragen, Prothesenträger ist.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen, war somit nach alledem abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5, 46.1, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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