Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Führerschein freiwillig abgegeben? MPU droht trotzdem bei Neuerteilung in der Probezeit (OVG Rheinland-Pfalz)
- Ausgangslage: Verkehrsverstöße in der Probezeit und freiwilliger Führerscheinverzicht
- Der Streitpunkt: MPU-Anordnung nach Führerscheinverzicht gemäß § 2a StVG
- Rechtliche Schritte: Widerspruch und Eilantrag des Autofahrers
- Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Mainz zugunsten der Behörde
- Finale Entscheidung: OVG Rheinland-Pfalz bestätigt MPU-Pflicht nach Verzicht
- Die Begründung des OVG: Analoge Anwendung von § 2a Abs. 5 StVG auf den Führerscheinverzicht
- Argumentation des Autofahrers: Wortlaut des Gesetzes gegen MPU-Anordnung
- Gerichtliche Lösung: Analoge Anwendung zur Schließung einer Regelungslücke
- Planwidrige Regelungslücke im Straßenverkehrsgesetz bei Verzicht in Probezeit
- Vergleichbare Interessenlage: Schutz vor ungeeigneten Fahrern auch nach Verzicht
- Verhältnismäßigkeit der MPU-Anordnung nach Verzicht gewahrt
- Fazit: Kein Entkommen vor der MPU durch freiwilligen Führerscheinverzicht in der Probezeit
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet „freiwilliger Verzicht auf die Fahrerlaubnis“ genau?
- Warum wird ein freiwilliger Verzicht auf den Führerschein während der Probezeit rechtlich wie ein Entzug behandelt?
- Was ist eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) und wann wird sie angeordnet?
- Kann ich die Anordnung einer MPU verhindern, wenn ich meinen Führerschein freiwillig abgebe?
- Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich mit einer MPU-Anordnung nicht einverstanden bin?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 10 B 10154/22.OVG | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
- Datum: 30.03.2022
- Aktenzeichen: 10 B 10154/22.OVG
- Verfahrensart: Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Beschwerde)
- Rechtsbereiche: Fahrerlaubnisrecht, Verwaltungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Antragsteller, der gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis vorgeht und argumentiert, die Anordnung eines MPU-Gutachtens sei rechtswidrig, da er seine Fahrerlaubnis aufgegeben und sie nicht entzogen bekommen habe.
- Beklagte: Fahrerlaubnisbehörde, die ein MPU-Gutachten anordnete und die Fahrerlaubnis wegen Nichtvorlage entzog.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Fahrerlaubnisinhaber beging während der Probezeit Verstöße, gab seine Fahrerlaubnis auf und beantragte später eine neue. Die Behörde ordnete ein MPU-Gutachten an, was der Betroffene für rechtswidrig hielt. Da er das Gutachten nicht vorlegte, entzog die Behörde die Fahrerlaubnis, wogegen der Betroffene gerichtlich vorging.
- Kern des Rechtsstreits: War die Fahrerlaubnisbehörde berechtigt, ein MPU-Gutachten zu verlangen, obwohl der Betroffene seine Fahrerlaubnis aufgegeben und sie nicht entzogen bekommen hatte, oder gilt die Regelung des § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG nur bei einer Entziehung?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde des Antragstellers zurück. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ablehnte, wurde damit bestätigt. Die Entziehung der Fahrerlaubnis bleibt sofort wirksam.
- Begründung: Das Gericht folgt der Ansicht, dass die Vorschriften des § 2a Abs. 5 Satz 4 und Satz 5 StVG in Fällen des Verzichts auf die Fahrerlaubnis analog angewendet werden müssen. Dies sei wegen einer planwidrigen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage geboten, um eine Umgehung der Probezeitregelungen zu verhindern. Daher war die MPU-Anordnung und die darauf gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig.
- Folgen: Die Entziehung der Fahrerlaubnis für den Antragsteller bleibt bestehen. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Fall vor Gericht
Führerschein freiwillig abgegeben? MPU droht trotzdem bei Neuerteilung in der Probezeit (OVG Rheinland-Pfalz)
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz hat in einem Beschluss vom 30. März 2022 (Az.: 10 B 10154/22.OVG) eine wichtige Frage zum Führerscheinrecht während der Probezeit geklärt.

Es ging darum, ob die Führerscheinbehörde die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) auch dann anordnen darf, wenn ein Fahranfänger seinen Führerschein freiwillig abgibt, um einer drohenden behördlichen Entziehung zuvorzukommen. Das Gericht bejahte dies und stellte den freiwilligen Verzicht auf die Fahrerlaubnis in diesem Kontext einer behördlichen Entziehung gleich.
Ausgangslage: Verkehrsverstöße in der Probezeit und freiwilliger Führerscheinverzicht
Ein Autofahrer befand sich in seiner Führerschein-Probezeit gemäß § 2a des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), als er mehrere Verkehrsverstöße beging. Diese Verstöße hätten normalerweise zu Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde geführt, die bis zur Entziehung der Fahrerlaubnis reichen können. Um dieser Konsequenz zuvorzukommen, entschied sich der Betroffene für einen anderen Weg: Er gab seinen Führerschein freiwillig bei der Behörde ab, er erklärte also den sogenannten Verzicht auf die Fahrerlaubnis. Einige Zeit später beantragte er bei der zuständigen Behörde die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis.
Der Streitpunkt: MPU-Anordnung nach Führerscheinverzicht gemäß § 2a StVG
Die zuständige Führerscheinbehörde sah in dem vorherigen Verzicht jedoch keinen Grund, von den strengen Regeln für Fahranfänger abzuweichen. Sie vertrat die Auffassung, dass der freiwillige Verzicht auf den Führerschein während der Probezeit rechtlich genauso zu behandeln sei wie eine behördliche Entziehung. Gestützt auf diese Einschätzung forderte die Behörde von dem Autofahrer mit einem offiziellen Bescheid die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU). Grundlage hierfür war nach Ansicht der Behörde § 2a Absatz 5 Satz 5 StVG. Diese Vorschrift regelt die Bedingungen für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach einem Verlust während der Probezeit.
Der Autofahrer kam der Aufforderung zur Vorlage des MPU-Gutachtens innerhalb der gesetzten Frist nicht nach. Daraufhin traf die Behörde die nächste Entscheidung: Mit Bescheid vom 19. November 2021 entzog sie ihm die (neu beantragte bzw. zwischenzeitlich womöglich wieder erteilte) Fahrerlaubnis und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Maßnahme an. Das bedeutete, dass der Führerscheinentzug sofort wirksam wurde, auch wenn der Betroffene dagegen Rechtsmittel einlegte.
Rechtliche Schritte: Widerspruch und Eilantrag des Autofahrers
Gegen den Bescheid über die Entziehung seiner Fahrerlaubnis legte der Autofahrer am 2. Dezember 2021 Widerspruch ein. Um zu verhindern, dass er seinen Führerschein bis zur endgültigen Klärung des Falls verliert, stellte er parallel dazu einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Mainz. Er beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Damit wollte er erreichen, dass der Führerscheinentzug vorerst ausgesetzt wird.
Sein zentrales Argument war, dass die ursprüngliche MPU-Anordnung rechtswidrig gewesen sei. Er verwies auf den genauen Wortlaut des § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG. Dort heiße es, dass eine MPU bei der „Erteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung“ anzuordnen sei. Da er aber auf seinen Führerschein freiwillig verzichtet und die Behörde ihn nicht entzogen habe, seien die Voraussetzungen dieser Vorschrift schlicht nicht erfüllt.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Mainz zugunsten der Behörde
Das Verwaltungsgericht Mainz teilte die Auffassung des Autofahrers jedoch nicht. Mit Beschluss vom 18. Januar 2022 wies es den Eilantrag zurück. Die Fahrerlaubnisentziehung blieb damit vorerst wirksam. Gegen diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts legte der Autofahrer das Rechtsmittel der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz ein.
Finale Entscheidung: OVG Rheinland-Pfalz bestätigt MPU-Pflicht nach Verzicht
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz wies die Beschwerde des Autofahrers zurück und bestätigte damit die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Mainz. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Fahrerlaubnisentziehung wurde nicht wiederhergestellt. Die Entziehung der Fahrerlaubnis blieb somit sofort vollziehbar. Der Autofahrer muss zudem die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen. Der Streitwert wurde auf 2.500 Euro festgesetzt.
Die Begründung des OVG: Analoge Anwendung von § 2a Abs. 5 StVG auf den Führerscheinverzicht
Das OVG schloss sich in seiner Begründung weitgehend den Argumenten des Verwaltungsgerichts an und setzte sich detailliert mit den Einwänden des Autofahrers auseinander. Im Kern ging es um die Rechtmäßigkeit der MPU-Anordnung.
Argumentation des Autofahrers: Wortlaut des Gesetzes gegen MPU-Anordnung
Der Autofahrer hatte betont, dass § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG ausdrücklich eine „vorangegangene Entziehung“ voraussetze. Ein freiwilliger Verzicht sei eben keine Entziehung durch die Behörde. Das OVG räumte ein, dass der reine Wortlaut der Norm diese Lesart durchaus stütze und dass es auch Gerichtsentscheidungen (VG Koblenz, VG Düsseldorf) und juristische Fachliteratur gebe, die dieser Meinung folgen. Dennoch folgte das OVG dieser strengen Wortlautauslegung nicht.
Gerichtliche Lösung: Analoge Anwendung zur Schließung einer Regelungslücke
Das Gericht entschied, dass das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen war, dass die Vorschriften des § 2a Abs. 5 Satz 4 und Satz 5 StVG auch in Fällen eines freiwilligen Verzichts auf die Fahrerlaubnis analog anzuwenden sind. Eine analoge Anwendung bedeutet, dass eine gesetzliche Regelung auf einen Sachverhalt angewendet wird, der vom Wortlaut her nicht direkt erfasst ist, aber eine vergleichbare Situation darstellt und bei dem davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber diesen Fall genauso geregelt hätte, wenn er ihn bedacht hätte.
Für diese Analogie sprachen aus Sicht des Gerichts nach einer vorläufigen Prüfung im Eilverfahren vor allem zwei Gründe: das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage.
Planwidrige Regelungslücke im Straßenverkehrsgesetz bei Verzicht in Probezeit
Das Gericht analysierte die Entstehungsgeschichte des § 2a StVG. Ursprünglich habe die Vorschrift tatsächlich nur die Folgen einer behördlichen Entziehung geregelt. Spätere Gesetzesänderungen in den Jahren 1998 und 2001 hätten dann aber für bestimmte Fälle innerhalb des § 2a StVG ausdrücklich eine Gleichstellung von Entziehung und freiwilligem Verzicht eingeführt (z.B. in § 2a Abs. 1 Satz 6, § 2a Abs. 5 Satz 2).
Der Autofahrer wollte daraus schließen, dass der Gesetzgeber dort, wo er die Gleichstellung nicht ausdrücklich erwähnt hat (wie in § 2a Abs. 5 Satz 5), diese auch nicht wollte. Das OVG sah dies anders. Aus den Gesetzesmaterialien (den offiziellen Begründungen zu den Gesetzesänderungen, z.B. BT-Drs. 13/6914, 14/4304) ergebe sich ein genereller Wille des Gesetzgebers, Entziehung und Verzicht im Rahmen der Probezeitregelungen gleichzubehandeln.
Der Hauptgrund für diese Gleichstellung sei immer wieder gewesen, eine Umgehung der strengen Probezeitregelungen zu verhindern. Fahranfänger sollten nicht einfach durch einen schnellen freiwilligen Verzicht den Konsequenzen ihrer Verstöße (wie Aufbauseminar oder eben MPU bei Neuerteilung) entgehen können. Diese Gefahr der Umgehung bestehe aber genauso im Anwendungsbereich des § 2a Abs. 5 Satz 4 und 5 StVG, der die MPU-Anordnung regelt.
Das Gericht hielt es daher für plausibel, dass der Gesetzgeber bei der komplexen Überarbeitung des § 2a StVG die Notwendigkeit der Gleichstellung zwar grundsätzlich erkannt, aber bei der Formulierung der Sätze 4 und 5 schlicht übersehen habe. Dies spreche für ein unbeabsichtigtes Versehen, also eine planwidrige Regelungslücke. Zudem habe die obergerichtliche Rechtsprechung (z.B. Hessischer VGH, OVG Berlin-Brandenburg) diese Lücke bereits überwiegend durch eine analoge Anwendung geschlossen.
Vergleichbare Interessenlage: Schutz vor ungeeigneten Fahrern auch nach Verzicht
Das Gericht prüfte auch, ob die Interessenlage bei einem Verzicht mit der bei einer Entziehung vergleichbar ist. Das Ziel des § 2a Abs. 5 StVG sei es laut Gesetzesbegründung (BT-Drs. 10/4490), sicherzustellen, dass nach einem Führerscheinverlust während der Probezeit bei erneuten Auffälligkeiten in einer „neuen Probezeit“ nicht wieder der gesamte gestufte Maßnahmenkatalog (§ 2a Abs. 2 StVG, beginnend mit Aufbauseminar) durchlaufen werden muss. Wer bereits einmal den Führerschein verloren hat und dann erneut gegen Verkehrsregeln verstößt, bei dem sollen frühzeitig ernsthafte Zweifel an der Fahreignung angenommen und eine MPU angeordnet werden können.
Diese Überlegung treffe genauso auf den Fall des freiwilligen Verzichts zu, der ja typischerweise gerade dazu diene, eine behördliche Entziehung zu vermeiden. Nur durch die Gleichbehandlung von Verzicht und Entziehung auch in den Sätzen 4 und 5 des § 2a Abs. 5 StVG könne verhindert werden, dass beispielsweise erneut ein Aufbauseminar angeordnet wird, obwohl der Gesetzgeber dies nach einem vorherigen Fahrerlaubnisverlust eigentlich nicht mehr vorsehen wollte (§ 2a Abs. 4 Satz 2 StVG).
Den Einwand des Autofahrers, Verzicht und Entziehung seien unterschiedlich motiviert (Verzicht zeige vielleicht Einsicht, Entziehung erfolge gegen den Willen), ließ das Gericht nicht gelten. Zwar könne ein Verzicht im Einzelfall aus Einsicht erfolgen. Die gesetzliche Regelung gehe aber typisierend davon aus, dass ein Verzicht während der Probezeit meist dazu diene, eine drohende Entziehung zu umgehen. Die Regelung des § 2a Abs. 5 StVG stelle zudem nicht auf den Grund des Führerscheinverlustes ab, was die Gleichbehandlung von Verzicht und Entziehung stütze.
Verhältnismäßigkeit der MPU-Anordnung nach Verzicht gewahrt
Zuletzt prüfte das Gericht, ob die MPU-Anordnung auch verhältnismäßig ist. Eine MPU sei zwar ein erheblicher Eingriff (eingriffsintensiv), wie auch das Bundesverfassungsgericht betont habe. Die Annahme des Gesetzgebers, dass Verkehrsverstöße in einer neuen Probezeit nach einem vorherigen Verlust bereits frühzeitig ernsthafte Eignungszweifel begründen, rechtfertige diese Maßnahme aber.
Die Möglichkeit, auch unabhängig von den gestuften Maßnahmen eine Entziehung nach allgemeinen Regeln vorzunehmen (§ 2a Abs. 4 StVG), zeige, dass der Maßnahmenkatalog nicht immer starr durchlaufen werden müsse. Zudem erlaube die analoge Anwendung des § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG, der die MPU als „Regelfall“ vorsieht, in atypischen Ausnahmefällen von der MPU abzusehen. Solche besonderen Umstände, die gegen eine MPU gesprochen hätten, seien im vorliegenden Fall aber nicht erkennbar gewesen oder vorgetragen worden.
Fazit: Kein Entkommen vor der MPU durch freiwilligen Führerscheinverzicht in der Probezeit
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz stellt klar: Wer während der Führerschein-Probezeit durch Verkehrsverstöße auffällt und seinen Führerschein freiwillig abgibt, um einer Entziehung zuvorzukommen, muss bei einem Antrag auf Neuerteilung dennoch mit der Anordnung einer MPU rechnen. Die Vorschrift des § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG wird von den Gerichten analog angewendet, um eine Umgehung der Probezeitfolgen zu verhindern. Der freiwillige Verzicht wird in diesem Kontext rechtlich wie eine behördliche Entziehung behandelt. Die Entscheidung unterstreicht den Willen des Gesetzgebers und der Rechtsprechung, die besonderen Regeln der Probezeit konsequent durchzusetzen und die Fahreignung von auffällig gewordenen Fahranfängern gründlich zu überprüfen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz stellt klar, dass Fahranfänger in der Probezeit die MPU-Pflicht nicht umgehen können, indem sie ihren Führerschein freiwillig abgeben statt warten, bis er entzogen wird. Das Gericht wendet § 2a Abs. 5 StVG analog an und stellt den freiwilligen Verzicht mit einer behördlichen Entziehung rechtlich gleich, um eine Umgehung der strengen Probezeitregelungen zu verhindern. Diese Entscheidung schließt eine Gesetzeslücke und unterstreicht den gesetzgeberischen Willen, die Verkehrssicherheit durch konsequente Überprüfung der Fahreignung von auffällig gewordenen Fahranfängern zu gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „freiwilliger Verzicht auf die Fahrerlaubnis“ genau?
Ein „Freiwilliger Verzicht auf die Fahrerlaubnis“ bedeutet, dass Sie als Inhaber einer Fahrerlaubnis aus eigenem Antrieb gegenüber der zuständigen Behörde erklären, dass Sie nicht mehr von Ihrem Recht zu fahren Gebrauch machen möchten. Es ist eine bewusste und formelle Entscheidung Ihrerseits.
Diese Handlung ist keine Routine-Angelegenheit wie das Abgeben des Führerscheindokuments bei Umzug ins Ausland. Vielmehr wird der freiwillige Verzicht oft gewählt, um möglicherweise schwerwiegendere Konsequenzen zu verhindern, die Ihnen von der Behörde auferlegt werden könnten.
Stellen Sie sich vor, es gibt Umstände – beispielsweise wiederholte Verkehrsverstöße oder gesundheitliche Probleme –, die dazu führen könnten, dass die zuständige Behörde prüft, ob Sie noch geeignet sind, ein Fahrzeug zu führen. Droht Ihnen in so einer Situation der behördliche Entzug Ihrer Fahrerlaubnis (das offizielle Wegnehmen des Rechts zu fahren durch den Staat), kann der freiwillige Verzicht eine Möglichkeit sein, diesem behördlichen Entzug zuvorzukommen.
Beim freiwilligen Verzicht geben Sie also nicht nur das physische Dokument (den Führerschein) ab, sondern Sie erklären rechtsverbindlich, dass Ihre Fahrerlaubnis erlöschen soll, also nicht mehr gültig ist. Es ist die Abgabe der staatlichen Genehmigung zum Führen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen aufgrund Ihrer eigenen Initiative, oft im Hinblick auf drohende staatliche Maßnahmen.
Warum wird ein freiwilliger Verzicht auf den Führerschein während der Probezeit rechtlich wie ein Entzug behandelt?
Für Fahranfängerinnen und Fahranfänger gilt eine Probezeit, in der sie unter besonderer Beobachtung stehen. Das Ziel dieser Probezeit ist es, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und junge Fahrerinnen und Fahrer zu verantwortungsbewusstem Verhalten im Straßenverkehr zu erziehen. Wenn während dieser Zeit bestimmte Verkehrsverstöße begangen werden, sieht das Gesetz spezielle Maßnahmen vor, die von einer Verwarnung über die Anordnung eines Aufbauseminars bis hin zum Entzug der Fahrerlaubnis reichen können.
Der Gesetzgeber hat geregelt, dass ein freiwilliger Verzicht auf die Fahrerlaubnis während der Probezeit rechtlich denselben Konsequenzen unterliegt wie ein offizieller Entzug durch die Behörde. Der Grund dafür ist einfach: Es soll verhindert werden, dass sich Fahranfänger durch einen einfachen Verzicht den vorgeschriebenen Maßnahmen und Konsequenzen entziehen können, die eigentlich aufgrund ihrer Verkehrsverstöße vorgesehen wären.
Stellen Sie sich vor, jemand begeht während der Probezeit einen schwerwiegenden Verstoß, der normalerweise zu einem Aufbauseminar oder sogar zum Entzug der Fahrerlaubnis führen würde. Ohne die Gleichstellung von Verzicht und Entzug könnte diese Person einfach den Führerschein zurückgeben, um so den Auflagen oder dem Entzug zu entgehen. Später könnte dann versucht werden, relativ einfach eine neue Fahrerlaubnis zu beantragen. Diese Möglichkeit würde die erzieherische Wirkung der Probezeit und die darauf folgenden Sanktionen untergraben.
Durch die rechtliche Gleichbehandlung von freiwilligem Verzicht und behördlichem Entzug stellt der Gesetzgeber sicher, dass die notwendigen Schritte zur Wiedererlangung einer Fahrerlaubnis – wie beispielsweise die Teilnahme an einem Aufbauseminar oder eventuell sogar eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) – auch nach einem freiwilligen Verzicht durchlaufen werden müssen, wenn die Voraussetzungen dafür eigentlich erfüllt wären. Es geht also darum, die Verkehrssicherheit und die Einhaltung der Regeln konsequent durchzusetzen und die Probezeit als das zu erhalten, was sie sein soll: eine Phase der Bewährung und des Lernens unter besonderen Bedingungen.
Was ist eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) und wann wird sie angeordnet?
Die Medizinisch-Psychologische Untersuchung, oft abgekürzt als MPU, ist eine offizielle Begutachtung, die dazu dient festzustellen, ob eine Person geeignet ist, ein Fahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen. Stellen Sie sich das wie einen Eignungstest vor, der über die reine Kenntnis der Verkehrsregeln hinausgeht. Es wird geprüft, ob jemand das erforderliche Verantwortungsbewusstsein und die nötige Selbstkontrolle besitzt, um Gefahren für sich und andere zu vermeiden.
Diese Untersuchung wird von der Fahrerlaubnisbehörde (der Stelle, die Führerscheine ausstellt) angeordnet, wenn ernsthafte Zweifel an der Fahreignung einer Person bestehen. Das ist oft der Fall nach bestimmten Vorkommnissen im Straßenverkehr oder im Zusammenhang mit Drogen oder Alkohol.
Typische Situationen, die zur Anordnung einer MPU führen können, sind:
- Fahrten unter Alkoholeinfluss: Insbesondere bei höheren Blutalkoholwerten oder wenn es wiederholt zu solchen Verstößen kam.
- Fahrten unter Drogeneinfluss: Hier führen schon einmalige Verstöße meist zur Anordnung einer MPU, da bei Betäubungsmitteln oft von einem generellen Eignungsmangel ausgegangen wird.
- Erreichen einer bestimmten Punktezahl im Fahreignungsregister: Wenn zu viele Punkte in Flensburg gesammelt wurden, was auf wiederholte oder schwerwiegende Verkehrsverstöße hindeutet.
- Schwere oder wiederholte Verkehrsverstöße: Auch ohne direkte Punkte oder Alkohol/Drogen können gravierende Regelverstöße, die auf mangelnde Eignung schließen lassen, eine MPU nach sich ziehen.
- Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach Entzug oder Verzicht: Wenn der Führerschein entzogen wurde (z.B. wegen Alkohol/Drogen, Punkten) oder jemand während der Probezeit darauf verzichtet hat und die Fahrerlaubnis wieder beantragt wird.
Ziel der MPU ist es, das zukünftige Verhalten des Betroffenen im Straßenverkehr einzuschätzen und festzustellen, ob die Ursachen für das frühere Fehlverhalten erkannt und aufgearbeitet wurden.
Kann ich die Anordnung einer MPU verhindern, wenn ich meinen Führerschein freiwillig abgebe?
Die kurze Antwort ist: Nein, in den meisten Fällen verhindert die freiwillige Abgabe (der Verzicht) des Führerscheins eine mögliche Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) nicht auf Dauer.
Wenn die zuständige Behörde aufgrund von Vorfällen, wie schwerwiegenden Verkehrsverstößen, Alkohol- oder Drogenauffälligkeiten, bereits begründete Zweifel an Ihrer Fahreignung hat, bleibt diese Besorgnis bestehen, auch wenn Sie Ihren Führerschein freiwillig zurückgeben. Die Fahreignung bezeichnet dabei Ihre persönliche Fähigkeit und innere Bereitschaft, sicher am Straßenverkehr teilzunehmen. Der Führerschein ist lediglich das Dokument, das bestätigt, dass diese Eignung geprüft wurde und grundsätzlich vorliegt.
Die Behörde ist gesetzlich verpflichtet, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Zweifel an der Fahreignung müssen geklärt werden, unabhängig davon, ob die Person im Moment einen Führerschein besitzt oder nicht.
Was bedeutet das in der Praxis?
Wenn Sie Ihren Führerschein freiwillig abgeben, weil Sie eine MPU-Anordnung erwarten oder vermeiden wollen, wird die Behörde die Akte zwar zunächst schließen, solange Sie keinen Führerschein haben. Die zugrundeliegenden Zweifel an Ihrer Fahreignung bleiben aber bestehen.
Wenn Sie zu einem späteren Zeitpunkt erneut einen Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis stellen, wird die Behörde auf die alten Vorkommnisse zurückgreifen und mit hoher Wahrscheinlichkeit die Beibringung eines positiven MPU-Gutachtens als Voraussetzung für die Neuerteilung verlangen. Das bedeutet, die MPU wird nicht verhindert, sondern lediglich auf den Zeitpunkt eines erneuten Antrags verschoben.
Rechtliche Bewertung
Diese Vorgehensweise der Behörden ist rechtlich gedeckt. Die Gerichte haben in ständiger Rechtsprechung bestätigt, dass die Fahrerlaubnisbehörden auch nach einem freiwilligen Verzicht auf die Fahrerlaubnis eine MPU verlangen können, wenn die frühere Eignung aufgrund von schwerwiegenden Verstößen oder Auffälligkeiten in Frage stand. Es geht der Behörde darum, die künftige Fahreignung vor einer möglichen Neuerteilung zu überprüfen.
Die freiwillige Abgabe des Führerscheins löst das Problem der angezweifelten Fahreignung daher nicht, sondern umgeht lediglich kurzfristig die unmittelbare Konsequenz einer MPU-Anordnung, führt aber in der Regel dazu, dass diese Forderung bei einem späteren Antrag auf Neuerteilung gestellt wird.
Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich mit einer MPU-Anordnung nicht einverstanden bin?
Wenn Sie von der zuständigen Behörde eine Anordnung erhalten, eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) zu absolvieren, handelt es sich dabei um eine offizielle Entscheidung. Gegen eine solche Entscheidung gibt es bestimmte rechtliche Schritte, die Sie ergreifen können, wenn Sie mit der Anordnung nicht einverstanden sind.
Widerspruch gegen die Anordnung
Eine erste Möglichkeit ist der Widerspruch gegen die MPU-Anordnung. Dies ist der formaljuristische Weg, um der Behörde mitzuteilen, dass Sie mit ihrer Entscheidung nicht einverstanden sind und sie bitten, diese noch einmal zu überprüfen. Der Widerspruch muss in der Regel schriftlich bei der Behörde eingelegt werden, die die MPU angeordnet hat (oft die Führerscheinstelle). Es gibt dabei Fristen zu beachten, meist einen Monat nach Zustellung der Anordnung. Durch den Widerspruch wird das Verwaltungsverfahren fortgesetzt, und die Behörde prüft ihre eigene Entscheidung erneut.
Klage vor dem Verwaltungsgericht
Sollte Ihr Widerspruch von der Behörde zurückgewiesen werden, erhalten Sie einen sogenannten Widerspruchsbescheid. Gegen diesen Widerspruchsbescheid, und damit indirekt gegen die ursprüngliche MPU-Anordnung, können Sie Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erheben. Mit der Klage bitten Sie das Gericht zu prüfen, ob die MPU-Anordnung oder der Widerspruchsbescheid rechtmäßig ist. Das Gericht betrachtet dann die Gründe, die zur MPU-Anordnung geführt haben, und prüft, ob die Behörde dabei alle relevanten Vorschriften korrekt angewendet hat. Auch für die Klageerhebung gibt es Fristen, die Sie beachten müssen.
Erfolgsaussichten sind einzelfallabhängig
Ob ein Widerspruch oder eine Klage gegen eine MPU-Anordnung Erfolg hat, hängt stark von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt darauf an, aus welchen Gründen die MPU angeordnet wurde, welche Beweismittel vorliegen und ob bei der Anordnung oder im Widerspruchsverfahren Fehler gemacht wurden. Eine pauschale Aussage zu den Erfolgsaussichten ist daher nicht möglich.
Wichtig ist in jedem Fall, dass die genannten rechtlichen Schritte – Widerspruch und Klage – Fristen unterliegen, die Sie einhalten müssen, um Ihre Rechte wahrnehmen zu können.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU)
Die MPU ist eine Begutachtung, mit der geprüft wird, ob jemand aus medizinischer und psychologischer Sicht geeignet ist, ein Kraftfahrzeug sicher zu führen. Die Untersuchung wird angeordnet, wenn ernsthafte Zweifel an der Fahreignung bestehen, etwa nach schweren Verkehrsverstößen, Alkohol- oder Drogenfahrten oder bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach Verlust. Ziel ist es, sicherzustellen, dass der Betroffene sein Fehlverhalten erkannt hat und künftig verantwortungsvoll am Straßenverkehr teilnimmt. Die MPU kann etwa eine Art „Eignungstest“ sein, bevor die Fahrerlaubnis erneut erteilt wird.
Beispiel: Wer nach einer Trunkenheitsfahrt seinen Führerschein verliert, muss oft eine MPU bestehen, bevor er ihn zurückbekommt.
Freiwilliger Verzicht auf die Fahrerlaubnis
Beim freiwilligen Verzicht erklärt der Fahrer gegenüber der Behörde aus eigenem Antrieb, dass er die Fahrerlaubnis nicht weiter nutzen will, und gibt hierfür den Führerschein ab. Dabei erlischt die Fahrerlaubnis rechtsverbindlich, ohne dass es zu einem behördlichen Entzug kommt. In der Praxis dient dieser Verzicht häufig dazu, einer drohenden offiziellen Entziehung durch die Behörde zuvorzukommen. Rechtlich wird der freiwillige Verzicht während der Probezeit so behandelt, als wäre die Fahrerlaubnis entzogen worden, um eine Umgehung der gesetzlichen Sanktionen zu verhindern.
Beispiel: Ein Fahranfänger gibt seinen Führerschein freiwillig ab, um einem behördlichen Entzug aufgrund mehrerer Verkehrsverstöße zuvorzukommen.
Entziehung der Fahrerlaubnis
Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist eine behördliche Maßnahme, bei der das Recht, ein Fahrzeug zu führen, offiziell und zwangsweise entzogen wird. Dies erfolgt gegen den Willen des Fahrers und ist in der Regel mit dem Verlust des Führerscheins verbunden. Die Entziehung wird verhängt, wenn Zweifel an der Fahreignung bestehen, etwa nach schweren Verkehrsverstößen oder bei Drogen- und Alkoholauffälligkeiten. Für Fahranfänger in der Probezeit gelten besonders strenge Regeln und Konsequenzen, einschließlich der Pflicht zur MPU bei Neuerteilung.
Beispiel: Nach einem Fahrerlaubnisentzug wegen Alkohol am Steuer muss der Betroffene oft eine MPU bestehen, bevor er den Führerschein zurückerhält.
Analoge Anwendung (Rechtsanalogie)
Die analoge Anwendung bedeutet, dass eine geltende gesetzliche Regelung auch auf einen Fall angewandt wird, der vom Gesetzestext zwar nicht ausdrücklich erfasst ist, aber eine ähnliche Situation darstellt und aus Sicht des Gesetzgebers ebenso geregelt werden sollte. Voraussetzung ist eine planwidrige Regelungslücke, also ein unbeabsichtigtes Fehlen einer spezifischen Vorschrift, sowie eine vergleichbare Interessenlage im Fall. Im vorliegenden Fall wendet das Gericht die Vorschrift über MPU-Anordnungen bei Entziehung auch auf den freiwilligen Führerscheinverzicht an, obwohl der Wortlaut das nicht ausdrücklich regelt.
Beispiel: Da das Gesetz MPU nur bei Entziehung vorsieht, aber nicht ausdrücklich bei freiwilligem Verzicht, wird die Regel dennoch auch hier angewandt, um eine Umgehung zu verhindern.
Widerspruch und aufschiebende Wirkung
Ein Widerspruch ist ein Rechtsmittel gegen einen behördlichen Bescheid, mit dem der Betroffene die Überprüfung dieser Entscheidung verlangt. Das Einlegen eines Widerspruchs bewirkt grundsätzlich eine aufschiebende Wirkung, das heißt, die Vollziehung der Maßnahme wird bis zur endgültigen Entscheidung ausgesetzt. Diese aufschiebende Wirkung kann jedoch durch die Behörde aufgehoben werden, etwa wenn die sofortige Umsetzung dringend ist (so genannte „sofortige Vollziehung“). Im Fall des Führerscheinentzugs wurde die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom Gericht nicht wiederhergestellt, sodass der Entzug sofort wirksam blieb.
Beispiel: Wer Widerspruch gegen den Führerscheinentzug einlegt, kann normalerweise weiterfahren, bis das Verfahren abgeschlossen ist – außer das Gericht ordnet die sofortige Vollziehung an.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 2a StVG (Straßenverkehrsgesetz) – Probezeitregelungen und MPU-Anordnung: Diese Vorschrift regelt die besonderen Maßnahmen bei Verkehrsverstößen von Fahranfängern in der Probezeit, insbesondere Aufbauseminare und die Anordnung einer MPU bei Fahrerlaubnisverlust. § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG bestimmt, dass nach einer „vorangegangenen Entziehung“ vor Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis eine MPU verlangt werden kann. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Behörde beruft sich auf diese Vorschrift, um nach dem freiwilligen Führerscheinverzicht eine MPU zu verlangen, da das Gericht den Verzicht als eine gleichwertige Situation zur Entziehung bewertet hat.
- Grundsatz der Analogie im Verwaltungsrecht: Die analoge Anwendung bedeutet, dass eine Rechtsnorm auf einen Fall angewendet wird, der im Wortlaut nicht ausdrücklich geregelt ist, aber ähnlich gelagert und vom Gesetzgeber mit der Norm mitbedacht wurde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OVG Rheinland-Pfalz verwendet die Analogie, um die MPU-Regelung des § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG auch auf den freiwilligen Verzich anwendbar zu machen, da der Gesetzgeber eine Regelungslücke übersehen hat.
- Planwidrige Regelungslücke und Gesetzesmaterialien: Eine planwidrige Regelungslücke liegt vor, wenn der Gesetzgeber einen Sachverhalt ohne Absicht nicht geregelt hat, obwohl dies naheliegend gewesen wäre. Offizielle Gesetzesmaterialien und Änderungsverläufe können diesen Sachverhalt belegen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OVG stützt seine analoge Anwendung darauf, dass die Gesetzesbegründung und frühere Änderungen zeigen, dass Entzug und Verzicht grundsätzlich gleichgestellt werden sollen, sodass der Ausschluss des Verzichts in § 2a Abs. 5 Satz 5 ein unbeabsichtigtes Versehen darstellt.
- Schutz der Verkehrssicherheit und Zweck der Probezeitregelungen (§ 2a StVG): Die Regelungen dienen dazu, Fahranfänger bei Verstößen frühzeitig auf Eignungszweifel und notwendige Maßnahmen hinzuweisen und so Verkehrsunfälle zu verhindern. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Gleichbehandlung von Entziehung und freiwilligem Verzicht soll verhindern, dass Fahranfänger durch Verzicht die Maßnahmen umgehen und somit die Verkehrssicherheit nicht gefährdet wird.
- Verhältnismäßigkeit der Anordnung einer MPU: Obwohl die MPU eine erhebliche Belastung darstellt, ist sie gerechtfertigt, wenn begründete Zweifel an der Fahreignung vorliegen. Dies wird durch die mehrstufigen Maßnahmen in der Probezeit unterlegt, die flexibel bei atypischen Fällen Anwendung finden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hält die MPU-Anordnung trotz freiwilligen Verzichts für verhältnismäßig, da ernsthafte Eignungszweifel bei wiederholten Verstößen während der Probezeit bestehen.
- Verwaltungsverfahrensrechtliche Wirkung des sofortigen Vollzugs bei Fahrerlaubnisentzug: Die sofortige Vollziehung eines Entziehungsbescheids ermöglicht, dass die Maßnahme unmittelbar wirksam wird, auch wenn dagegen Rechtsmittel eingelegt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Fahrerlaubnisentziehung des Antragstellers wurde trotz laufender Verfahren sofort vollzogen, um eine rechtswidrige Nutzung der Fahrerlaubnis während der Streitzeit zu verhindern.
Das vorliegende Urteil
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 10 B 10154/22.OVG – Beschluss vom 30.03.2022
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.