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Fahrerlaubnisentziehung bei Verdacht auf Alkoholmissbrauch

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 11 ZB 11.797 – Beschluss vom 28.07.2011

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird – insoweit unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 26. Januar 2011 – für beide Rechtszüge auf jeweils 15.000 € festgesetzt.

Gründe

Fahrerlaubnisentziehung bei Verdacht auf Alkoholmissbrauch
Symbolfoto: Von DimaBerlin/Shutterstock.com

Der Antrag auf Zulassung der Berufung war abzulehnen, weil die behaupteten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

1. Die Zulassungsbegründung führt zunächst ohne Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 VwGO aus, das erstinstanzliche Urteil sei deshalb fehlerhaft, weil es zu Unrecht einen vom Kläger vorgelegten Laborbericht, aus dem sich ergebe, dass dieser mindestens seit dem 30. August 2010 alkoholabstinent lebe, nicht berücksichtigt habe.

Mit diesem Vortrag vermögen jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), dem einzigen insoweit in Betracht kommenden Zulassungsgrund, aufgezeigt zu werden. Der Kläger war von der Fahrerlaubnisbehörde zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens betreffend seine Fahreignung aufgefordert worden, da er am 22. Februar 2006 ein Kraftfahrzeug mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,26 mg/l und am 28. Februar 2008 ein Kraftfahrzeug mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,35 mg/l im Straßenverkehr geführt hatte. Nachdem er das angeforderte Gutachten nicht beigebracht hatte, entzog ihm die Fahrerlaubnisbehörde mit streitgegenständlichem Bescheid vom 21. September 2010 die Fahrerlaubnis der Klassen A1, BE, C1E, M, S und L.

Anhaltspunkte, die zu Eignungszweifeln aufgrund einer möglichen Alkoholproblematik Anlass geben, liegen nach § 13 Satz 1 Nr. 2 b FeV insbesondere dann vor, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden. Wenn die Zulassungsbegründung vorträgt, der Kläger lebe mindestens seit dem 30. August 2010 alkoholabstinent, hebt sie sinngemäß darauf ab, dass der Kläger nunmehr jedenfalls deshalb wieder gesichert zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sei, weil die Änderung seines Trinkverhaltens hinreichend gefestigt sei (vgl. Nr. 8.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung). Von welcher Art die nach der Nr. 8.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung erforderliche Änderung des Trinkverhaltens zu sein hat, regelt das geschriebene Recht nicht ausdrücklich. Die Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung gehen in Abschnitt 3.11.1 Buchst. a davon aus, dass eine ausreichende Änderung dann zu bejahen ist, wenn Alkohol nur noch kontrolliert getrunken wird, so dass Trinken und Fahren zuverlässig getrennt werden können. Sei „aufgrund der Lerngeschichte“ jedoch anzunehmen, dass sich ein konsequenter kontrollierter Umgang mit alkoholischen Getränken nicht erreichen lässt, müsse der Betroffene Alkoholabstinenz einhalten.

Diese fachlichen Postulate stehen mit den Vorgaben der Rechtsordnung in Einklang. Gemäß der Nr. 8.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung setzt die Wiedererlangung der Fahreignung nach vorangegangenem Alkoholmissbrauch voraus, dass eine „Beendigung des Missbrauchs“ stattgefunden hat. Dies lässt sich vor dem Hintergrund der in der Nr. 8.1 der Anlage 4 vorgenommenen Legaldefinition des Alkoholmissbrauchs nur bejahen, wenn der Betroffene die Fähigkeit erlangt hat, zwischen dem Führen eines Kraftfahrzeugs und einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum hinreichend sicher zu trennen. Besitzt eine Person nicht die Willenskraft oder die Einsichtsfähigkeit, die Aufnahme von Alkohol an dem Punkt zu beenden, jenseits dessen dieses Rauschmittel Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit zeitigt, bzw. ab dieser Schwelle vom Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr konsequent Abstand zu nehmen, lässt sich ihre Fahreignung nur bejahen, wenn sie sich vollständig des Alkoholgenusses enthält. Auch bei fehlender Alkoholabhängigkeit kann es deshalb unter fahrerlaubnisrechtlichem Blickwinkel geboten sein, die Forderung nach – in der Regel mindestens einjährigem – absolutem Alkoholverzicht zu erheben (vgl. BayVGH vom 31.7.2008 Az. 11 CS 08.1103).

Ob diese Forderung beim Kläger ebenfalls zu stellen ist, kann, nachdem er das geforderte Gutachten nicht vorgelegt hat, nicht mit Sicherheit beurteilt werden. Jedenfalls aber ist im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses (vgl. dazu Jagow, Fahrerlaubnis- und Zulassungsrecht, Loseblattkommentar, § 46 FeV, S. 113 u) unter Berücksichtigung des vom Kläger vorgelegten Laborberichts und bei Unterstellung von dessen Aussagekraft nur nachgewiesen, dass dieser seit ca. 20 Tagen alkoholabstinent lebt, was die Anforderungen an einen hinreichend gesicherten, nachhaltigen Alkoholverzicht demnach nicht erfüllt.

2. Darüber hinaus trägt die Zulassungsbegründung vor, die Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens stehe im Fall des § 13 Satz 1 Nr. 2 b FeV im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde. Bei der Ausübung dieses Ermessens sei die Behörde zu Unrecht davon ausgegangen, dass die beiden geschilderten Trunkenheitsfahrten für die Anforderung eines Gutachtens ausreichten. Dem ist zu entgegnen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Senats tatsächlich bereits zwei Trunkenheitsfahrten im Sinne von § 24 a Abs. 1 StVG die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen (vgl. etwa vom 11.1.2006 Az. 11 CS 05.2391). Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Behörde im Fall der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift kein Ermessen bei der Frage zukommt, ob ein Gutachten gefordert wird oder nicht.

3. Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Abschnitt II Nrn. 46.2, 46.3, 46.5 und 46.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). Die Befugnis zur Änderung der Streitwertfestsetzung der ersten Instanz von Amts wegen ergibt sich aus § 63 Abs. 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

 

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