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Fahrerlaubnisentziehung bei Uneignung zum Führen von Kraftfahrzeugen

VG Neustadt (Weinstraße), Az.: 3 L 664/10.NW, Beschluss vom 13.07.2010

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2 500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers gerichtet auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 25. Juni 2010 gegen die in Ziffer 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 21. Juni 2010 verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis (Klasse B) kann keinen Erfolg haben.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – ist in den Fällen des gesetzlichen Sofortvollzugs die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu beantragen. Ein solcher Fall liegt hier vor. Denn die im Rahmen des Punktsystems gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG – angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers ist von Gesetzes wegen sofort vollziehbar (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 4 Abs. 7 Satz 2 StVG).

Bei gesetzlichem Sofortvollzug kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn bereits im Rahmen der hier gebotenen summarischen Prüfung hinreichend sicher beurteilt werden kann, dass die Behörde rechtswidrig entschieden hat, oder – bei offener Rechtslage – jedenfalls das Einzelinteresse, vom Vollzug der Verfügung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens und eines etwaigen Klageverfahrens verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Erweist sich die angefochtene Verfügung hingegen als offensichtlich rechtmäßig, so hat es bei dem gesetzlichen Sofortvollzug zu verbleiben. Das ist hier der Fall.

Antragsgegnerin hat zu Recht dem Antragsteller nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG die Fahrerlaubnis wegen Erreichens von 18 Punkten im Verkehrszentralregister entzogen. Mit Erreichen dieser Punktzahl hat sich der Betroffene nämlich unwiderleglich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Diese Voraussetzungen liegen bei dem Antragsteller vor. Nach zutreffender Berechnung der Antragsgegnerin hat der Antragsteller zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entziehungsverfügung – nach erfolglosem Durchlaufen der in § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 StVG vorgeschalteten Maßnahmen zur Warnung des Fahrerlaubnisinhabers – einen Punktestand von 18 Punkten erreicht. Die Verwarnung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG wurde am 3. Juli 2008 nach Erreichen von 12 Punkten ausgesprochen und die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG erfolgte nach Erreichen von 14 Punkten am 23. Oktober 2009. Der Antragsteller hat weder gegen die Verwarnung noch gegen die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar Einwände mit dem Argument erhoben, die Eintragungen von jeweils einem Punkt im Verkehrszentralregister wegen Verstößen gegen das Parken regelnde Vorschriften seien nicht berechtigt.

Eine Überprüfung der mit Punkten bewerteten, im Verkehrszentralregister eingetragenen Entscheidungen durch die Fahrerlaubnisbehörde bei Erreichen der jeweiligen Punktzahl für die verschiedenen Eingriffsstufen des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 StVG findet nicht statt (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 16 B 2137/05 –, juris). Denn nach § 4 Abs. 3 Satz 2 StVG ist die Fahrerlaubnisbehörde an die rechtskräftige Entscheidung über eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit gebunden. Diese Bindungswirkung gilt auch für das Gericht, soweit es die Entscheidung der Behörde nicht beanstanden kann, weil diese – wie hier – die für sie geltende Bindungswirkung beachtet hat (vgl. z.B. BayVGH, Beschluss vom 19. Juni 2009 – 11 CS 09.470 –, juris, Rn. 2). Dieser Bezug des Punktesystems nach § 4 StVG auf die Rechtskraft der jeweils zu Grunde liegenden strafgerichtlichen oder ordnungsbehördlichen Maßnahmen ist grundlegend und prägend (Nds. OVG, Beschluss vom 21. Januar 2003 – 12 ME 810/02 –, juris, Rn. 8). Der jetzige Einwand des Antragstellers gegen die Eintragung von jeweils einem Punkt wegen Parkens ohne gültigen Parkschein (insgesamt viermal), im eingeschränkten Halteverbot (insgesamt zweimal) und verbotswidrigen Parkens im verkehrsberuhigten Bereich greift daher nicht durch.

Im Übrigen steht die Eintragung einer Ordnungswidrigkeit in das Verkehrszentralregister dann mit der Gesetzeslage in Einklang, wenn wegen der Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße von mindestens 40,- Euro festgesetzt wurde (§ 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG). Die Höhe der zu verhängenden Geldbuße ist der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Bußgeldkatalog-Verordnung – BKatV – zu entnehmen, nach der für bestimmte Verstöße gegen straßenverkehrsrechtliche Regelungen eine Geldbuße in Höhe eines Regelsatzes vorgesehen ist. In Rechtsprechung und Literatur ist ausreichend geklärt (OLG Hamm, Beschluss vom 23. Januar 2007 – 2 SsOWi 896/06 –, juris, Rn. 18 mit Nachw.), dass von den in der Bußgeldkatalog-Verordnung enthaltenen Regelsätzen je nach den Umständen des Einzelfalls sowohl nach unten als auch nach oben abgewichen werden kann. Denn die Regelsätze stellen keine Rechtssätze dar, sondern sind lediglich Zumessungsrichtlinien (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 1991 – 4 StR 366/91 –, juris, Rn. 24). Diese Zumessungsrichtlinien entbinden weder die Bußgeldbehörde noch das Tatgericht von eigenen Zumessungserwägungen und der Prüfung der konkreten Umstände, z. B. ob es sich um einen Mehrfachtäter handelt. Die Höhe der verhängten Geldbuße muss aber unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu dem Grad des vorwerfbaren Handelns des Täters in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Der Betroffene hat es dann aber selber in der Hand, zu versuchen den Eintritt der Rechtskraft eines entsprechenden Bußgeldbescheides durch Einlegung eines Rechtsmittels zu verhindern. Das System des hier anzuwendenden § 4 StVG und die Bindungswirkung dient insoweit auch dem Schutz der Betroffenen, die durch die Einlegung von Rechtsbehelfen die Aufhebung der strafgerichtlichen bzw. ordnungsbehördlichen Entscheidungen erreichen können. Im vorliegenden Verfahren – Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG – kann dann aber nicht mehr die Verhängung eines Bußgeldes auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden.

Der Antragsteller hatte vor Ergehen der angefochtenen Verfügung durch die Antragsgegnerin Gelegenheit, sich zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis zu äußern. Die Antragsgegnerin war auch bereit die von seinem Bevollmächtigten beantragte Einsicht in die Verwaltungsakten gemäß § 29 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – in ihren Diensträumen zu gewähren. Die Gewährung an einem anderen Ort oder auch die Überlassung der Akten an einen Rechtsanwalt zur Einsicht in dessen Kanzlei steht indessen nach § 29 Abs. 3 Satz 2, zweiter Halbsatz VwVfG im Ermessen der Behörde. Ermessensfehler der Antragsgegnerin, dem in Heidelberg ansässigen Bevollmächtigten des Antragstellers die Akteneinsicht nur in ihren etwa 24 km entfernt gelegenen Büroräumen zu gewähren, sind vorliegend nicht zu erkennen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 GKG. Nach Nr. 1.5 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i. d. F. vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, S. 1327) ist, soweit es – wie hier – um die Entziehung einer Fahrerlaubnis der Klasse B im Eilverfahren geht, die Hälfte des Streitwertes des Verfahrens in der Hauptsache anzusetzen.

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