Verwaltungsgericht Saarland – Az.: 5 L 454/20 – Beschluss vom 09.07.2020
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehung der Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
Dem 1992 geborenen Antragsteller wurde am 28.03.2011 eine Fahrerlaubnis erteilt (Klassen B, M, S und L), die am 07.05.2018 erweitert wurde (Klassen A1 und A). Nachdem der Antragsgegner von Polizeistellen darüber informiert wurde, dass dem Antragsteller eine am 23.09.2019 im Straßenverkehr begangene Straftat vorgeworfen werde (Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Bedrohung, Nötigung im Straßenverkehr, Versuchte Sachbeschädigung, Beleidigung, Verstoß gegen das Waffengesetz) und er aus polizeilicher Sicht nicht geeignet sei, mit einem Fahrzeug sicher am Straßenverkehr teilzunehmen1 sowie bereits mehrfach polizeilich und strafrechtlich in Erscheinung getreten und im Informationssystem der Polizei als „gewalttätig“ erfasst sei,2 forderte ihn der Antragsgegner mit Bescheid vom 21.11.2019 zur Vorlage einer medizinisch-psychologischen Begutachtung auf („Ist zukünftig zu erwarten, dass Herr … trotz der Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential ein Kraftfahrzeug sicher führen wird?“). Die Staatsanwaltschaft B-Stadt teilte dem Antragsgegner mit Schreiben vom 27.11.2019 mit, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller wegen Beleidigung – 10 – mangels Strafantrags eingestellt worden sei.3 Der Antragsteller nahm zu dem Bescheid vom 21.11.2019 mit mehreren Anwaltsschreiben (vom 16.12.2019, 07.02.2020 und 20.02.2020) Stellung.
Zwischenzeitlich wurde der Antragsteller am 03.12.2019 als Fahrer eines Pkw () auf der BAB 60 bei Brandscheid aus Richtung der belgischen Grenze kommend im Rahmen von Fahndungs- und Kontrollmaßnahmen einer Verkehrskontrolle unterzogen. Bei ihm und seinem Beifahrer wurde nach Aktenlage starker Marihuanageruch festgestellt. Bei dem Antragsteller wurden zwei sog. Minigriptütchen mit einem Nettogewicht von insgesamt 5 g sichergestellt, die nicht als Arzneimittel gekennzeichnet waren. Bei seinem Beifahrer wurde eine ebenfalls nicht gekennzeichnete Menge von 47,1 g Marihuana aufgefunden, das dieser nach seinen Angaben in den Niederlanden erworben habe; der Antragsteller war nach seinen Angaben beim Erwerb anwesend und wusste vom mitgeführten Betäubungsmittel seines Beifahrers. Auf Befragen gab der Antragsteller an, dass er am Vorabend einen Joint geraucht habe. Weiterhin wurden bei ihm glasige Augen, leicht gerötete Bindehäute und Mundtrockenheit festgestellt; ein freiwilliger Pupillenreaktionstest ergab, dass diese sich bei Lichteinfall kurzzeitig zusammenzogen, öffneten und direkt wieder zusammenzogen (sog. Pulsieren).4 Der Antragsteller gab gegenüber der Polizei an, dass er Dauerkonsument sei, weil ihm das Marihuana wegen diverser Operationen an den Händen und wegen Krankheit ärztlich verschrieben worden sei und legte dazu eine Dosieranweisung für Medizinal-Cannabisblüten (Sorte Bedrocan) vom 05.06.2019 sowie ein Rezept für Cannabisblüten (Sorte Bedrocan 5 g unverarbeitet zur Inhalation, Einzeldosis 0,3 g, max. Tagesdosis 1,5 g) vom 23.10.2019 vor, beide unterzeichnet von Dr. med. (Syr.) E., Facharzt für Allgemeinmedizin in;5 auf Vorhalt, dass der medizinische Konsum nicht auch die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen unter dessen Einfluss enthalte, gab er an, dass er nicht unter dessen Wirkung stehe, da er sich „noch normal“ verhalte. Eine dem Antragsteller unmittelbar im Anschluss abgenommene Blutprobe ergab laut toxikologischem Befund des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz vom 24.01.20206 folgende Werte:
THC 3,5 ng/mL
Hydroxy-THC 2,6 ng/mL
THC-Carbonsäure 70 ng/mL.
In einer beigefügten „kurzen gutachterlichen Äußerung“ heißt es u.a., die in der Blutprobe festgestellten Cannaboidkonzentrationen wiesen auf eine engfristige Cannabisaufnahme hin; ein aktueller Cannabiseinfluss zum Blutentnahmezeitpunkt sei anzunehmen.
Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 13.02.2020 mit, dass seine Angaben bei der Polizei am 03.12.2019 sowie das toxikologischen Gutachten Bedenken an seiner Fahreignung begründeten. Außerdem forderte er ihn auf, zur Entscheidung über die Notwendigkeit der Anforderung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation oder eines Arztes einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle bis zum 21.02.2020, das Rezept des Dr. vom 23.10.2019 nebst Dosieranweisung sowie ein Attest des ihn behandelnden Arztes über den Grund der Verschreibung vorzulegen. Der Antragsteller legte mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 20.02.2020 dem Antragsgegner das Rezept vom 23.10.2019 und die Dosieranweisung vom 05.06.2019 vor.
Daraufhin nahm der Antragsgegner mit Bescheid vom 02.03.2020 zunächst seine Anordnung vom 21.11.2019 über die Durchführung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zurück; aufgrund der Stellungnahmen des Antragstellers hätten die zunächst zu Recht bestehenden Zweifel an seiner Fahreignung wegen eines erhöhten Aggressionspotentials derzeit beigelegt werden können und sei die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens hierzu nicht erforderlich. Weiter wies er den Antragsteller darauf hin, dass aufgrund des vorgelegten Rezepts, der festgestellten Blutwerte und des Umstands, dass das mit seinem Schreiben vom 13.02.2020 mit Frist bis zum 20.02.2020 angeforderte Attest des behandelnden Arztes über den Grund der Medikation nicht vorgelegt worden sei, noch immer Bedenken hinsichtlich seiner Fahreignung aufgrund der Aufnahme von Cannabis bestünden, zumal aufgrund der nicht erfolgten Vorlage des angeforderten Attests bereits gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf eine mangelnde Mitwirkung geschlossen werden könne. Zugleich forderte er ihn daher auf, bis zum 09.06.2020 ein ärztliches Gutachten einer Begutachtungsstelle7 für Fahreignung vorzulegen. Die aufgetretenen Eignungszweifel sollten durch folgende Frage geklärt werden:8
„Kann aufgrund der eingenommenen Medikamente (Cannabisblüten Sorte Bedrocan) und der dieser Medikation zugrundeliegenden – der Fahrerlaubnisbehörde nicht bekannten – Erkrankung von einer Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 ausgegangen werden?
Sollte im vorliegenden Fall die Überprüfung der psycho-physischen Leistungsfähigkeit erforderlich sein, bitte ich diese in Abstimmung mit dem Betroffenen innerhalb der anstehenden Begutachtung durchzuführen und im abschließenden Gutachten zu begründen. Dies beinhaltet auch die Durchführung einer evtl. erforderlichen Fahrverhaltensbeobachtung. Beim Einsatz von Testverfahren sind die Voraussetzungen der Beurteilungskriterien in Kapitel 8.2 zugrunde zu legen und zu begründen, dass bei dem festgestellten Krankheitsbild ergänzend die Überprüfung der psycho-physischen Leistungsfähigkeit erforderlich ist.
Kann die Fahreignung, nur unter Auflagen oder Beschränkungen gewährleistet werden, bitte ich diese ausreichend und nachvollziehbar zu begründen.“
Dies begründete er weiter damit, dass nach der Rechtsprechung bereits ab einem THC-Wert von 1,0 ng/mL Blut eine gelegentliche Einnahme von Cannabis feststehe. Seine Medikation und seine Blutwerte (mit u.a. 3,5 ng/mL THC) belegten, dass er regelmäßig Cannabis einnehme. Außerdem wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass die Fahrerlaubnisbehörde auf seine Nichteignung schließen dürfe, falls er sich weigere, sich untersuchen zu lassen, oder er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringe (§ 11 Abs. 8 FeV). Der Bescheid wurde dem Antragsteller zu Händen seines Bevollmächtigten ausweislich Postzustellungsurkunde am 04.03.2020 zugestellt (durch Einlegen „in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung“).9
Mit Schriftsatz vom 11.03.2020 legte der Antragsteller ein Ärztliches Attest des Dr. H. vom 05.03.2020 vor. Darin heißt es:
„Herr … benötigt auf Grund einer Verletzung am linken Ringfinger-Mittelglied mit Z.n. Osteosynthetischer Versorgung regelmäßig Cannabis-Präparate. Diese werden von mir verordnet. Bei der wiederholten Untersuchung ergab sich kein Hinweis auf Einschränkung der Fahrtüchtigkeit.“
In dem Schriftsatz ist hierzu weiter ausgeführt, aus dem Attest gehe eindeutig hervor, das die Medikation nicht seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtige, was der behandelnde Arzt wiederholt untersucht habe. Er habe die Cannabismedikation streng nach Verschreibung des behandelnden Arztes eingenommen und beweise sich seit Jahren als fahrtüchtiger Verkehrsteilnehmer; er habe keinerlei Punkte im Fahreignungsregister, weder als Auto- noch als Motorradfahrer.10 Da er das in der Blutprobe festgestellte THC aufgrund eines medizinisch verordneten Cannabisrezepts aufgewiesen habe, dürfe er am Straßenverkehr teilnehmen und ein Kraftfahrzeug führen.11 Er werde deshalb und aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation an einer kostenpflichtigen Begutachtung der Fahreignung nicht teilnehmen.
Daraufhin teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Schreiben vom 16.03.2020 mit, dass ihm aufgrund seiner Weigerung, die angeordnete Fahreignungsbegutachtung durchzuführen, die Fahrerlaubnis zu entziehen sei, und gab ihm Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Maßnahme zu äußern. Der Antragsteller nahm hierzu mit Schriftsatz vom 25.03.2020 Stellung.
Mit Bescheid vom 01.04.2020 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis (§ 3 StVG i.V.m. § 46 FeV) und forderte ihn auf, seinen Führerschein innerhalb einer Woche abzuliefern. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Anforderung eines ärztlichen Gutachtens wegen Eignungsbedenken beruhe auf dem toxikologischen Befund vom 24.01.2020 und dem Attest des Dr. vom 23.10.2019 nebst Dosieranweisung. Medikation und Blutwerte belegten, dass er regelmäßig Cannabis und damit eine psychoaktive Substanz einnehme; auch habe er mitgeteilt, sich streng an die verschriebene Dosis zu halten. Die Aufnahme von Arzneimitteln, die die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kfz beeinträchtigen könnten, stehe somit fest, wie sich auch aus den einschlägigen Begutachtungsleitlinien ergebe.12 Unabhängig von seinem Vortrag, Cannabis lediglich auf ärztliche Anweisung und nicht zwecks berauschender Wirkung konsumiert zu haben, nehme er Arzneimittel ein, deren Wirkungen und Nebenwirkungen die Fahreignung beeinträchtigen könnten. Aus fachärztlicher Sicht würden als häufige Nebenwirkungen Schwindel, Müdigkeit, Gleichgewichts-, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen, Desorientierung, Schläfrigkeit und Sehprobleme dargestellt.13 Da er sich ausdrücklich weigere, die notwendige verkehrsmedizinische Überprüfung vornehmen zu lassen, werde gemäß § 11 Abs. 8 FeV von seiner Nichteignung zum Führen eines Kfz ausgegangen. Wirtschaftliche Gründe stellten keinen Grund dar, bei berechtigten Fahreignungszweifeln von notwendigen Aufklärungsmaßnahmen abzusehen; sein persönliches Interesse müsse hinter der Sicherheit des Straßenverkehrs zurückstehen. Das vorgelegte Attest genüge nicht den Anforderungen an die Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung; Dr. verfüge auch nicht über eine verkehrsmedizinische Zusatzqualifikation. Die Fahrerlaubnis sei dem Antragsteller daher zu entziehen.
Zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung ist weiter ausgeführt, die aufschiebende Wirkung eines etwaigen Rechtsbehelfs habe zur Folge, dass die durch die Nichteignung eines Fahrzeugführers begründeten Gefahren für die Allgemeinheit bis zum Erlass einer rechtskräftigen Entscheidung weiterhin bestünden und Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet würden. Es überwiege das durch Sorge um Leben, Gesundheit und Vermögen anderer Verkehrsteilnehmer begründete ganz herausragende Interesse der Allgemeinheit, ungeeignete Fahrzeugführer vom Verkehr fernzuhalten, gegenüber dem sonst regelmäßig anzuerkennenden Bedürfnis des Einzelnen, bis zur Rechtskraft der Entziehungsverfügung von Entziehungsmaßnahmen verschont zu bleiben. Daher sei es dringend erforderlich, Fahrzeugführer/innen, die nicht mehr in der Lage seien, ein Fahrzeug sicher zu führen, so schnell wie möglich aus dem öffentlichen Straßenverkehr zu entfernen.
Der Bescheid wurde dem Antragsteller zu Händen seines Bevollmächtigten ausweislich Postzustellungsurkunde am 08.04.2020 zugestellt (durch Einlegen „in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung“).14
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller mit Eingang beim Beklagten vom 20.04.2020 Widerspruch. Ergänzend beantragte er, die sofortige Vollziehung auszusetzen, was er näher begründete. Eine Entscheidung des Antragsgegners über den Aussetzungsantrag ist bislang nicht ergangen.
Am 23.04.2020 beantragte der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 01.04.2020. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, das ihm zur Schmerzbehandlung ärztlich verschriebene Medikament Cannabis könne nicht durch nichtcannabishaltige Medikamente ersetzt werden. Bei der Verkehrskontrolle habe er auf Frage einen Cannabiskonsum bejaht, da er dies aufgrund des ärztlichen Attests zur Krankheitsbehandlung täglich tun müsse. Des Weiteren könne entgegen der Postzustellungsurkunde ausgeschlossen werden, dass der Bescheid vom 01.04.2020 sich vor dem 16.04.2020 im Kanzleibriefkasten seines Bevollmächtigten befunden habe, da dieser täglich von den Kanzleiangestellten kontrolliert werde; hierzu legte er zwei Eidesstattliche Versicherungen vom 17.04.2020 vor. Darüber hinaus stehe einem besonderen öffentlichen Interesse am Sofortvollzug der Fahrerlaubnisentziehung schon entgegen, dass das Verfahren bereits im Dezember 2019 seinen Anfang genommen und die Behörde es während dieser vier Monate nicht für notwendig erachtet habe, seine Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies resultiere vornehmlich daraus, dass ihm nicht habe nachgewiesen werden können, unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln gefahren zu sein. Vielmehr handele es sich bei ihm um einen Dauerkonsumenten von Cannabis. Dies sei aber allein auf die verschriebene ärztliche Medikation zurückzuführen. Er fahre auch niemals unter dem akuten Einfluss von Betäubungsmitteln Kraftfahrzeuge und sei ein sorgfältiger und gesetzeskonformer Verkehrsteilnehmer; bis zum heutigen Tag seien aus dem Fahrerlaubnisregister über ihn keine Eintragungen ersichtlich. Demgegenüber sei die Fahrerlaubnis für ihn von besonderer Bedeutung. Er sei Familienvater und zwingend darauf angewiesen, dass er in Zeiten des Covid19-Notstandes bei Bedarf Einkäufe tätigen oder ggf. Arzneimittel besorgen könne; dies sei seiner Ehefrau aufgrund gesundheitlicher Probleme nur eingeschränkt möglich. Zudem sei zu befürchten, dass sie oder die Kinder sich mit Covid19 ansteckten. Umso dringender sei es, dass er seine Fahrerlaubnis besitze. Da er ausschließlich nach ärztlicher Verschreibung konsumiere, sei der Ausgang des Hauptsacheverfahrens zumindest offen. Die vorzunehmende Interessenabwägung führe dazu, dass, auch aufgrund der bisherigen offensichtlichen Nicht-Dringlichkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis angesichts der langen Verfahrensdauer, sein Interesse am Besitz der Fahrerlaubnis überwiege und die Entziehung zunächst nicht vollzogen werden dürfe.
Ergänzend trägt er vor,15 er sei grundsätzlich bereit, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Entgegen der vom Antragsgegner intendierten Überprüfung seiner grundsätzlichen Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr komme es bei einer ärztlichen Verordnung von Medizinalcannabis aber darauf an, dass der Betroffene im zugrunde liegenden Einzelfall Cannabis zuverlässig nur nach ärztlicher Verordnung einnehme, keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit festzustellen seien und die Grunderkrankung bzw. die vorliegende Symptomatik keine verkehrsmedizinisch relevanten Ausprägungen aufwiesen.16 Außerdem sei explizit darauf hinzuweisen, dass er derzeit Leistungen zur Grundsicherung beziehe, weswegen ihm ein kostenpflichtiges Gutachten nicht zuzumuten sei. Aufgrund der ärztlichen Verordnung zur Einnahme von Medizinalcannabis sei hier nicht zu vermuten, dass er als Fahrerlaubnisinhaber zum Führen eines Fahrzeuges ungeeignet sei. Vielmehr sei ihm von seinem behandelnden Arzt ausdrücklich bescheinigt worden, dass sich die Einnahme des Medizinalcannabis nicht auf seine Verkehrstüchtigkeit auswirke. Es bestehe daher kein Interesse der Allgemeinheit, das gegenüber seinem Interesse auf schnellstmögliche Erledigung der beruflichen und privaten Geschäfte vorrangig sei. Dies müsse insbesondere in Zeiten der Bedrohung durch Covid-19 gelten, da ihm, insbesondere aufgrund der gesundheitlichen Vorbelastung, nicht zuzumuten sei, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Der Antragsteller beantragt,
1. die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis durch Bescheid des Antragsgegners vom 01.04.2020 wiederherzustellen,
2. ihm Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Er macht im Wesentlichen geltend, die Fahrerlaubnis sei dem Antragsteller gemäß § 3 Abs. 1 StVG zu entziehen gewesen, da er nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sei. Gemäß §§ 3 Abs. 1 Satz 3, 2 Abs. 8 StVG i.V.m. §§ 46 Abs. 3, 11 ff. FeV sei die Fahreignung zu überprüfen, sofern Tatsachen bekannt würden, die Bedenken gegen die Eignung begründeten. Da der Antragsteller sich geweigert habe, ein rechtmäßig angeordnetes Gutachten beizubringen, könne er gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf dessen Nichteignung schließen. Das Gutachten sei auch formell und materiell rechtmäßig auf der Grundlage von §§ 46 Abs. 3, 11 Abs. 2 Satz 1 FeV i.V.m. Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV angeordnet worden. Danach sei hier zu überprüfen, ob durch die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß vorliege.17 Der Antragsteller konsumiere Cannabis aus medizinischen Gründen, also eine psychoaktive Substanz, die im Fall nichtmedizinischer Einnahme zum Ausschluss der Fahreignung führe, wenn sie regelmäßig oder ohne Trennung von Konsum und Fahren konsumiert werde (Nr. 9.2 der Anlage 4 zur FeV). Eine die Fahreignung nicht aufhebende Cannabismedikation könne nur unter engen Voraussetzungen angenommen werden, deren Vorliegen allein durch Vorlage eines Cannabis-Rezepts nicht nachgewiesen werden könne.18 Auch das Attest des behandelnden Arztes genüge nicht. Zum einen ergebe sich aus dessen Formulierung („Bei der wiederholten Untersuchung ergab sich kein Hinweis auf Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit.“) nicht, ob der Arzt überhaupt gezielt nach Hinweisen für die Einschränkung der Leistungsfähigkeit gesucht habe bzw. welchen Umfang diese Überprüfung gehabt habe. Daher sei die Beurteilung des Arztes nicht ausreichend nachzuvollziehen. Außerdem ergebe sich aus § 11 Abs. 2 Satz 5 FeV, dass die Beurteilung der Fahreignung im Regelfall nicht durch den behandelnden Arzt vorgenommen werden solle. Darüber hinaus bestünden Zweifel, ob der Antragsteller Cannabis nur im medizinisch verordneten und kontrollierten Umfang konsumiere. Laut Aufdruck auf dem mitgeführten Rezept sei der 23.10.2019 Abgabedatum in der Apotheke für 5 g Cannabisblüten der Sorte Bedrocan gewesen. Obwohl der Antragsteller laut ärztlichem Attest regelmäßig Cannabispräparate benötige, habe er am 03.12.2019 laut Polizeibericht 5 g Cannabis in zwei ungekennzeichneten Minigriptütchen mit sich geführt. Es sei zweifelhaft, ob dies so durch die Apotheke abgegeben worden sei. Daher sei nicht auszuschließen, dass es sich um später illegal erworbenes Cannabis handele und das Rezept nur zur Verdeckung des illegalen Erwerbs mitgeführt worden sei.
Es lägen auch keine Besonderheiten in der Person des Antragstellers vor, die darauf schließen ließen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sei. Für ein Abweichen von der Regelvermutung der Anlage 4 zur FeV bestehe daher kein Anlass. Nach dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz sei in der Blutprobe eine Konzentration von 3,5 ng/ml Tetrahydrocannabinol festgestellt worden und von einem aktuellen Cannabiseinfluss zum Blutentnahmezeitpunkt auszugehen. Das Bundesverwaltungsgericht19 habe aber die Verwaltungspraxis, bei nichtmedizinischem Konsum ab 1 ng/ml THC die Fahrerlaubnis zu entziehen, bestätigt; die sog. Grenzwertkommission habe unter Zugrundelegung eines anderen Risikomaßstabs einen Grenzwert von 3 ng/ml THC empfohlen. Daher könne bei einem festgestellten Wert von 3,5 ng/ml THC beim Antragsteller jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass er zwischen dem Konsum und der Verkehrsteilnahme so zuverlässig trennen könne, dass im Normalfall gar keine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit mehr eintreten könne. Es sei vielmehr zu überprüfen, ob bei ihm das notwendige Leistungsvermögen trotz einer THC-Konzentration noch vorliege, die im Normalfall die Fahreignung ausschließe. Da er das notwendige Gutachten verweigere, sei ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei ebenfalls rechtmäßig. Im Rahmen der Entscheidung nach § 3 Abs. 1 StVG könne sich die Behörde bei der Abwägung zwischen den Beteiligteninteressen im Wesentlichen auf die Prüfung beschränken, ob nicht ausnahmsweise in Ansehung der besonderen Umstände des Falles die sofortige Vollziehung weniger dringlich als im Normalfall sei. Dass der Antragsteller angebe, für den Einkauf auf ein Auto angewiesen zu sein, rechtfertige keine abweichende Entscheidung, da wegen seiner Verweigerung eines Gutachtens seine Ungeeignetheit zum Führen von Kfz zu vermuten sei (§ 11 Abs. 8 FeV), so dass das Interesse der Allgemeinheit, andere Verkehrsteilnehmer zu schützen, überwiege. Die privaten Interessen des Antragstellers hätten dahinter zurückzustehen. Dass er künftig für Einkäufe und Besorgungen längere Wege zu Fuß bzw. mit dem Fahrrad zurücklegen müsse, rechtfertige nicht, ihn weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen, da er dort aufgrund seiner Cannabiseinnahme möglicherweise eine Gefahr für andere darstelle, die durch das Gutachten ausgeschlossen werden solle. Auch wegen einer angeblich langen Verfahrensdauer könne nichts anderes gelten. Wenn der Fahrerlaubnisbehörde Tatsachen mitgeteilt würden, die Bedenken an der Fahreignung begründeten, seien diese zunächst aufzuklären. Vorliegend beruhe die Entziehung nicht auf einer feststehenden Ungeeignetheit, sondern auf der Weigerung des Antragstellers, an der notwendigen Aufklärung seiner Fahreignung durch das angeordnete Gutachten mitzuwirken.
Ergänzend führt der Antragsgegner aus, die im Bescheid vorgesehene Fragestellung decke gerade die in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung formulierten Bedenken gegen die Fahreignung bei medizinischem Cannabiskonsum ab. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der vom Antragsteller zwischenzeitlich geäußerten grundsätzlichen Bereitschaft, sich untersuchen zu lassen: Nur die Vorlage des angeordneten Gutachtens sei geeignet, die Fahreignungsbedenken auszuräumen; auch ein Kurzattest des behandelnden Arztes reiche dazu nicht aus, da es weder durch einen unabhängigen Gutachter (§ 11 Abs. 2 FeV) erstellt worden sei noch mangels Nennung der zugrundeliegenden Untersuchungen und deren Ergebnissen die Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit (Anlage 4a zur FeV) erfülle. Auf die finanzielle Situation des Antragstellers komme es bei der Nichtvorlage eines Eignungsgutachtens in aller Regel ebenfalls nicht an.20 Der Bezug von Grundsicherungsleistungen könne nicht als ganz besonderer Umstand angesehen werden, da diese im Mai 2020 9 % aller Haushalte in Deutschland bezogen hätten und es mit dem Allgemeininteresse, ungeeignete Verkehrsteilnehmer vom Straßenverkehr auszuschließen, unvereinbar sei, einen so großen Anteil der Bevölkerung von der Anwendung straßenverkehrsrechtlicher Überprüfungsmaßnahmen zu verschonen.
II.
1. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das vorliegende Eilrechtsschutzverfahren ist abzulehnen, da die Rechtsverfolgung nicht die gemäß §§ 166 VwGO, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt.
2. Der Antrag, mit dem der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die kraft behördlicher Anordnung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sofort vollziehbare Entziehung seiner Fahrerlaubnis und die Aufforderung zur Abgabe seines Führerscheins begehrt, ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft. Namentlich ist der hier am 23.04.2020 eingegangene Wiederherstellungsantrag grundsätzlich nicht fristgebunden,21 so dass dahinstehen kann, ob man von einer Zustellung des Bescheides entsprechend der diesbezüglichen Postzustellungsurkunde am 08.04.2020 oder entsprechend dem Vortrag der Antragstellerseite erst am 16.04.2020 ausgeht.
Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Die vom Gericht zu treffende Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO richtet sich danach, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung schriftlich hinreichend begründet wurde (§ 80 Abs. 3 VwGO) und ob es gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs schwerer wiegt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Im Rahmen der Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Widerspruchs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach dem derzeitigen Erkenntnisstand offensichtlich aussichtslos ist; umgekehrt überwiegt bei einer offensichtlichen Erfolgsaussicht des Widerspruchs das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.22
Zunächst hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung in einer den formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise mit den Gefahren, die mit der Teilnahme ungeeigneter Kraftfahrer am Straßenverkehr für die Allgemeinheit verbunden sind, und der angesichts dieser Gefahren bestehenden Notwendigkeit eines schnellen Eingreifens begründet. Diese auf die typische Interessenlage abstellende Begründung ist zulässig und ausreichend, weil es um die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des öffentlichen Straßenverkehrs geht und in Fällen der vorliegenden Art sich das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gerade aus den Gesichtspunkten ergibt, die für den Erlass des Verwaltungsakts selbst maßgebend sind.23
Damit erfüllt die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs die formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Bei Vorliegen einer den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entsprechenden Begründung der Vollzugsanordnung hat das Gericht keine inhaltliche, gegebenenfalls am Maßstab von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder § 114 VwGO ausgerichtete Rechtmäßigkeitsprüfung der Vollzugsanordnung, sondern allein eine an dem Ergebnis einer summarischen Vorausbeurteilung der Hauptsache ausgerichtete eigene Interessenabwägung vorzunehmen.24
Weiter ist davon auszugehen, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 01.04.2020 nach derzeitigem Erkenntnisstand keine Aussicht auf Erfolg hat, da der Entzug der Fahrerlaubnis offensichtlich rechtmäßig ist.
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers ist die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. §§ 46 Abs. 1, 11 Abs. 8 FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Des Weiteren kann die Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn der Betroffene sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt.
Die Voraussetzungen die § 11 Abs. 8 FeV für einen Schluss auf die Nichteignung sind vorliegend gegeben. Der Antragsteller hat sich entgegen der Anordnung vom 02.03.2020 keiner Begutachtung innerhalb der ihm gesetzten Frist bis zum 09.06.2020 unterzogen. Dabei setzt eine angemessene Frist voraus, dass dem Betroffenen unter Berücksichtigung der regionalen Umstände und der üblichen Terminstände der jeweiligen amtlich anerkannten Begutachtungsstellen für Fahreignung eine fristgerechte Vorlage des geforderten Gutachtens zuzumuten und möglich ist.25 Hinsichtlich der Angemessenheit der dem Antragsteller gesetzten Frist von mehr als drei Monaten bestehen hier keine Bedenken; solche wurden von ihm im Übrigen auch nicht geltend gemacht. Stattdessen hat er durch seinen Verfahrensbevollmächtigten bereits mit Schriftsatz vom 11.03.2020 unmissverständlich erklärt, dass er an einer kostenpflichtigen Begutachtung seiner Fahreignung nicht teilnehmen werde. Mit dieser ihm zuzurechnenden ausdrücklichen Erklärung seines Verfahrensbevollmächtigten hat der Antragsteller sich aber im Sinne des § 11 Abs. 8 Satz 1 Alt. 1 FeV geweigert, sich untersuchen zu lassen, so dass der Antragsgegner bereits vor Ablauf der Beibringungsfrist (§ 11 Abs. 8 Satz 2 Alt. 2 FeV) auf die Nichteignung des Antragstellers zu schließen befugt war.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der in der schriftsätzlichen Weigerung vom 11.03.2020 enthaltenen Formulierung, der Antragsteller werde, „auch aus Rücksicht auf seine wirtschaftliche Situation“, an einer „kostenpflichtigen“ Begutachtung der Fahreignung nicht teilnehmen. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass ein Fahreignungsgutachten gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV bereits von Gesetzes wegen auf Kosten des Betroffenen zu erfolgen hat.26 Demnach kommt es für die Frage der Zulässigkeit der Begutachtungsanordnung auf die finanziellen Verhältnisse des Betroffenen nicht an und stellt das (behauptete) Fehlen finanzieller Mittel bei berechtigten Fahreignungszweifeln regelmäßig keinen Grund für die Verweigerung der Begutachtung oder eine Ausnahme von der Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 FeV dar. Vielmehr geht es grundsätzlich zu Lasten des Betroffenen, wenn er nicht über die für ein Gutachten erforderlichen Mittel verfügt, denn das Risiko, das von einem ungeeigneten Kraftfahrer ausgeht, kann nicht aus finanziellen Gründen der Allgemeinheit aufgebürdet werden; das Gesetz mutet dem Betroffenen diese Kosten ebenso zu, wie es ihm zumutet, die zum verkehrssicheren Führen eines Kraftfahrzeugs notwendigen Kosten zu tragen. Soweit dieser Grundsatz möglicherweise in ganz besonderen Ausnahmefällen und unter strengen Voraussetzungen eine Einschränkung erfahren kann, ist hier jedenfalls weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass der Antragsteller alle nach den konkreten Verhältnissen ernsthaft in Betracht kommenden Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um einer Begutachtung (angeblich) entgegenstehende finanzielle Hemmnisse, etwa durch eine Vereinbarung einer Ratenzahlung oder auch eine Darlehensaufnahme, auszuräumen.27 Darüber hinaus hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 26.06.2020 bereits überzeugend darauf hingewiesen, dass der Bezug von Grundsicherungsleistungen auch aus statistischen Gründen nicht als ganz besonderer Ausnahmefall angesehen werden kann; darauf kann Bezug genommen werden. Dementsprechend kann hier dahinstehen, ob der Annahme eines absoluten finanziellen Unvermögens fallbezogen im Übrigen bereits der Umstand entgegenstünde, dass der Antragsteller unbeschadet seines geltend gemachten Sozialleistungsbezugs nach Aktenlage offenbar nicht nur in der Lage ist, ein eigenes Kraftfahrzeug zu unterhalten, sondern anscheinend auch über hinreichende Mittel verfügt, um mit diesem in die Niederlande zu reisen und dort, gemeinsam mit einer weiteren Person, Cannabis sowohl zu konsumieren als auch zu erwerben.
Ähnlich liegt es, soweit der Antragsteller nachträglich und während des bereits anhängigen vorläufigen Rechtsschutzverfahrens mit Schriftsatz vom 08.06.2020 erklärt hat, er sei „grundsätzlich bereit ein Sachverständigengutachten einzuholen“, wobei „explizit darauf hinzuweisen (scil. sei), dass der Antragsteller Leistungen zur Grundsicherung bezieht, weswegen ein kostenpflichtiges Gutachten nicht zuzumuten wäre.“ Denn bei – wie hier – grundloser Weigerung, ein Fahreignungsgutachten einzuholen, wird die Annahme fehlender Eignung nicht schon durch die nachträglich erklärte (und überdies bedingte) Bereitschaft zur Gutachtenbeibringung, sondern allenfalls durch die tatsächlich erfolgte Beibringung eines – wie sich versteht: positiven – Gutachtens ausgeräumt.28
Die Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 FeV tritt allerdings nur ein, wenn die Anordnung der Begutachtung den formellen Anforderungen, insbesondere bezüglich der Vorgaben des § 11 Abs. 6 FeV,29 entspricht und auch in der Sache rechtmäßig ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Zunächst ist den Erfordernissen des § 11 Abs. 6 FeV genügt. Die Anordnung des Antragsgegners vom 02.03.2020 formuliert namentlich genau die Fragen, zu denen sich das Gutachten verhalten soll (§ 11 Abs. 6 Satz 1 FeV). Sie legt weiterhin, auch unter Bezugnahme auf das Schreiben des Antragsgegners vom 13.02.2020, mit der Verkehrskontrolle am 03.12.2019, den anschließenden Angaben des Antragstellers gegenüber der Polizei, insbesondere dem von ihm vorgelegten Rezept für Cannabisblüten vom 23.10.2019 und der Dosieranweisung vom 05.06.2019, dem Ergebnis des toxikologischen Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz vom 24.01.2020 sowie dem Umstand, dass das vom Antragsgegner mit seinem Schreiben vom 13.02.2020 mit Frist bis zum 20.02.2020 angeforderte Attest des behandelnden Arztes über den Grund der Medikation (bis dahin) nicht vorgelegt worden war, die Gründe für die Zweifel des Antragsgegners an der Eignung des Antragstellers dar (§ 11 Abs. 6 Satz 2 Hs. 1 FeV). In der Anordnung ist außerdem bestimmt, dass das Gutachten von einem Arzt einer (amtlich anerkannten) Begutachtungsstelle für Fahreignung erstellt werden soll (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV). Zugleich gibt die Anordnung unter Bezugnahme auf eine ihr beigefügte Anlage die für die Untersuchung in Betracht kommenden Stellen an und teilt dem Antragsteller mit, dass er sich innerhalb der festgelegten Frist, nämlich bis 09.06.2020, der Untersuchung zu unterziehen hat, und zwar, wie in den in der Anordnung enthaltenen Hinweisen hervorgehoben wird, auf seine Kosten (§ 11 Abs. 6 Satz 2 Hs. 1 FeV). Ferner wird er darin darauf hingewiesen, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann (§ 11 Abs. 6 Satz 2 Hs. 2 FeV). Schließlich enthält die Anordnung einen Hinweis auf die Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV, wie dies in Satz 2 der Vorschrift vorgesehen ist.
Entgegen dem Vortrag des Antragstellers ist auch hinsichtlich der für das beizubringende Gutachten formulierten Fragestellung von Rechts wegen nichts zu erinnern. Der Antragsgegner hat unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 FeV bereits in der Gutachtenanordnung im Einzelnen festgelegt, welche Fragen (aus seiner Sicht) klärungsbedürftig sind. Die Fragestellung – nämlich ob aufgrund der eingenommenen Cannabismedikamente und der dieser Medikation zugrunde liegenden Eignung von einer Kraftfahreignung ausgegangen werden kann – ist konkret und anlassbezogen und benennt differenziert sowie in verhältnismäßiger Weise, was genau in der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung Gegenstand der Überprüfung der Kraftfahreignung sein soll. Sie beruht auch auf einem hinreichenden inneren Zusammenhang zwischen dem für die Eignungszweifel Anlass gebenden Ausgangssachverhalt und dem in der Gutachtenanordnung festgelegten Prüfprogramm. Mit dem Hinweis auf eine mögliche Erforderlichkeit einer Überprüfung auch der psycho-physischen Leistungsfähigkeit formuliert der Antragsgegner sogar ein sog. gestaffeltes Untersuchungsprogramm, wie es in bestimmten Fällen geboten sein kann.30 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Antragsteller angeführten Rechtsprechung31 zur Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (und nicht eines ärztlichen Gutachtens) bei einer ärztlichen Verordnung von Medizinalcannabis, da sich die Fragestellung des Antragsgegners gerade nicht auf das Trennungsvermögen, sondern auf die Fahreignung des Antragstellers bezieht.
Ferner war der Antragsgegner auch in der Sache berechtigt, dem Antragsteller die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens aufzugeben. Die materielle Rechtmäßigkeit der Gutachtenanordnung ergibt sich vorliegend jedenfalls aus § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV. Danach kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen u.a. über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen (der Fahrerlaubnis) die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist. Solche Eignungsbedenken bestehen gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 (zur FeV) hinweisen.
Ob die Anordnung einer Aufklärungsmaßnahme nach § 11 FeV erforderlich ist, entscheidet die Fahrerlaubnisbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei wird das Entschließungsermessen umso geringer, je gewichtiger die Eignungsbedenken sind; bei Vorliegen von erheblichen Eignungszweifeln ist es regelmäßig auf Null reduziert.32 Der Antragsgegner hat hier in der Anordnung vom 02.03.2020 und deren Begründung ausgeführt, dass die Gutachtenanforderung auf der dem Antragsteller ärztlich verordneten Cannabismedikation und dem toxikologischen Befund des rechtsmedizinischen Instituts der Universitätsmedizin Mainz vom 09.12.2019 sowie einer (bis dahin) fehlenden (substantiierten) Äußerung zum Grund der Medikation und der (bis dahin) fehlenden Vorlage eines diesbezüglichen Attests beruht. Damit hat er die ihn bei seiner Anordnung leitenden (Ermessens-)Erwägungen und (erheblichen) Eignungsbedenken hinreichend dargelegt.
Hinzu kommt, dass die Tätigkeit der Fahrerlaubnisbehörde, der in Absatz 2 Satz 1 des § 11 FeV zunächst im Wege des Ermessens die Befugnis eingeräumt wird, ein ärztliches Gutachten zu verlangen, durch Erkrankungen oder Mängel nach Anlage 4 oder 5 ausgelöst wird.33 Zwar darf die Beibringung des Gutachtens nur aufgrund konkreter Tatsachen und nicht auf einen bloßen Verdacht „ins Blaue hinein“ bzw. auf Mutmaßungen, Werturteile, Behauptungen oder dergleichen hin verlangt werden; ob die der Behörde vorliegenden Tatsachen ausreichen, ist nach den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens genügt allerdings der Hinweis auf eine Erkrankung nach Anlage 4 zur FeV (§ 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 FeV) bzw. ein „Anfangsverdacht“, also – wie es in § 152 Abs. 2 StPO umschrieben wird – das Bestehen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte.34
Hiervon ausgehend bestehen vorliegend auch unter Ermessensgesichtspunkten keine Bedenken, dass der Antragsgegner von seiner Befugnis, ein ärztliches Gutachten zu verlangen (hier: eines Arztes einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung), Gebrauch gemacht hat. Er konnte sich hierbei nämlich, wie es nach den obigen Darlegungen ausreichend ist, auf die in § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 FeV in Bezug genommene Vorschrift der Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV stützen. Tatsachen, die im Sinne des § 11 Abs. 2 Sätze 1 und FeV auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 (zur FeV) hinweisen, liegen bei der Einnahme von Betäubungsmitteln, anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen und Arzneimitteln (Nr. 9 der Anlage 4 zur FeV), hier in der Form einer Dauerbehandlung mit Arzneimitteln (Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV), nämlich auch dann vor, wenn eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß (Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV) zu besorgen ist. Aus der Nummer 9 der Anlage 4 der FeV folgt dabei, dass bei der Beurteilung der Fahreignung zu unterscheiden ist zwischen der Einnahme von Betäubungsmitteln, zu denen auch Cannabis zählt, anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen und Arzneimitteln.35 Insoweit ist der bestimmungsgemäße Konsum von für einen bestimmten Krankheitsfall – hier nach dem Ärztlichen Attest des Dr. vom 05.03.2020 für eine chronische Verletzung am linken Ringfinger-Mittelglied mit einem Zustand nach einer osteosynthetischen Versorgung – ärztlich verordnetem Cannabis als Dauerbehandlung mit Arzneimitteln (Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV) einzuordnen. Bei der Einnahme von Arzneimitteln, die Stoffe enthalten, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, kann die fehlende Fahreignung daher nicht schon aus der Einnahme von Betäubungsmitteln nach den Nummern 9.1 oder 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV hergeleitet werden, da insoweit die in den Nummern 9.4 und 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV definierten Eignungsmängel speziellere Anforderungen normieren.36 Demnach war der Antragsgegner hier befugt, der Frage nachzugehen, ob mit Blick auf die Dauerbehandlung des Antragstellers mit dem psychoaktiv wirkenden Stoff Cannabis als Arzneimittel eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß gegeben ist.37 Denn entsprechend Satz 1 der Vorbemerkung 1 und Satz 1 der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV ist im Regelfall davon auszugehen, dass u.a. unter den – hier zu bejahenden – Voraussetzungen der Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV Erkrankungen und Mängel vorliegen, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können.
Gegen diese Einschätzung des Verordnungsgebers bestehen auch keine Bedenken. Die Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung beruht maßgeblich auf den Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung des Gemeinsamen Beirats für Verkehrsmedizin beim Bundesministerium für Verkehr und Bundesministerium für Gesundheit,38 denen ein entsprechendes verkehrsmedizinisches Erfahrungswissen zugrunde liegt und die den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis wiedergeben.39 Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass dem Gesetz- und Verordnungsgeber im Bereich der Gefahrenabwehr eine Einschätzungsprärogative zusteht. Sie schließt hier insbesondere die Beurteilung der Frage ein, welche der Gefährdungen, die aus den in der Anlage 4 erfassten Krankheiten und Mängeln herrühren, im Interesse der Verkehrssicherheit nicht mehr hinnehmbar sind. Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber bei seinen Regelungen der Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer einen hohen Stellenwert eingeräumt hat.40
Für ein Abweichen von der Regelvermutung nach Nr 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV besteht im konkreten Fall ebenfalls kein Anlass. Ausnahmen von dieser Regelvermutung können dann anzuerkennen sein, wenn in der Person des Drogenkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, nicht erheblich herabgesetzt sind. Beispielhaft sind in Satz 2 der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung besondere menschliche Veranlagung, Gewöhnung, besondere Einstellung oder besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen genannt, durch die z.B. eine Kompensation drogenbedingter Einschränkungen erfolgen kann. Es obliegt insoweit dem Betroffenen, durch schlüssigen Vortrag die besonderen Umstände darzulegen und nachzuweisen, die ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen sollen.41 Das ist dem Antragsteller mit der Vorlage des Ärztlichen Attest seines behandelnden Arztes vom 05.03.2020, wonach sich „bei der wiederholten Untersuchung … kein Hinweis auf Einschränkung der Fahrtüchtigkeit“ ergeben habe, nicht gelungen. Insoweit muss zunächst gesehen werden, dass es sich um ein Attest des nach § 11 Abs. 2 Satz 5 FeV von einer Fahreignungsbegutachtung grundsätzlich ausgeschlossenen behandelnden Arztes handelt, der zudem offenbar über keine fachärztliche verkehrsmedizinische Qualifikation o.ä. (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nrn. 1 ff. FeV) verfügt. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist namentlich davon auszugehen, dass der behandelnde Arzt wegen des bei ihm anzunehmenden Interessenkonflikts nach § 11 Abs. 2 Satz 5 FeV in aller Regel nicht dazu berufen ist, sich zur Frage der Fahreignung einer Person zu äußern.42
Überdies stellt sich das Attest vom 05.03.2020 als nicht ausreichend substantiiert dar,43 indem es insbesondere nicht erkennen lässt, bei welcher und wie oft und in welchen Abständen wiederholten Untersuchung aufgrund welcher Befunde sowie in Kenntnis welcher beim Antragsteller aufgetretenen Auffälligkeiten im Straßenverkehr kein Hinweis auf eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit festgestellt wurde. Ausgehend von der Handlungsempfehlung der Ständigen Arbeitsgruppe Beurteilungskriterien zur Fahreignungsbegutachtung bei Cannabismedikation44 setzt ein Abweichen von der Regelvermutung nämlich voraus, dass der Betroffene Cannabis zuverlässig nur nach der ärztlichen Verordnung einnimmt, keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit festzustellen sind und die Grunderkrankung bzw. die vorliegende Symptomatik keine verkehrsmedizinisch relevante Ausprägung aufweist, die eine sichere Verkehrsteilnahme beeinträchtigt; zudem darf nicht zu erwarten sein, dass der Betroffene in Situationen, in denen seine Fahrsicherheit durch Auswirkungen der Erkrankung oder der Medikation beeinträchtigt ist, am Straßenverkehr teilnehmen wird. Erforderlich ist eine einzelfallorientierte Beurteilung der Fahreignung.45
Insofern fehlt bereits jeder Vortrag dazu, dass der Antragsteller seit der Verschreibung von Cannabis nur dieses entsprechend der ärztlichen Verordnung konsumiert und die Einnahme hinreichend ärztlich überwacht und begleitet wird, sowie insbesondere dazu, dass und wie er verlässlich sicherstellt, trotz des Konsums des ärztlich verordneten Cannabis nicht am Straßenverkehr teilzunehmen, wenn seine Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund der Medikation beeinträchtigt ist. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil bisher völlig ungeklärt ist, wie sich das ärztlich verordnete Cannabis-Produkt bei dem Antragsteller auf dessen motorisches und psychomotorisches Leistungsvermögen auswirkt.46
Soweit der Fahrerlaubnisbehörde auf der Grundlage von § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV die Befugnis, ein ärztliches Gutachten zu verlangen, zunächst im Wege des Ermessens eingeräumt ist, sei – auch wenn es darauf nach den obigen Darlegungen und im Hinblick auf die Tatbestandsmäßigkeit der Vorschrift der Nr. 9.6.2. der Anlage 4 zur FeV nicht mehr ankommt – im Übrigen darauf hingewiesen, dass hier eine entsprechende Anordnung schon deshalb gerechtfertigt erscheint und im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null geboten war, weil sich der Antragsteller in hohem Maß verantwortungslos verhalten hat, indem er am 03.12.2019 ausweislich des Ergebnisses der toxikologischen Untersuchung der genommenen Blutprobe durch das Institut für Rechtsmedizin der Universität Mainz mit einer festgestellten THC-Konzentration von 3,5 ng/ml ein Kraftfahrzeug führte. So ist in der Rechtsprechung des Gerichts geklärt, dass bereits bei einer THC-Konzentration von 1,5 ng/ml die Annahme als gerechtfertigt anzusehen ist, dass der Fahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit durch den Cannabiskonsum eingeschränkt war.47 Der im Rahmen der toxikologischen Blutuntersuchung insoweit festgestellte Wert von 3,5 ng/ml THC beweist, dass er zu dem genannten Zeitpunkt unter fahreignungsrelevantem Cannabiseinfluss ein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt hat, wie sich auch aus der „kurzen gutachterlichen Äußerung“ in der angeführten toxikologischen Untersuchung ergibt. Hierfür sprechen zudem die beim Antragsteller seinerzeit durch die Polizei festgestellten Auffälligkeiten (glasige Augen, leicht gerötete Bindehäute, Mundtrockenheit, sog. Pulsieren). Das subjektive Empfinden der Fahrtüchtigkeit ist insoweit ohne Bedeutung. Hinzu kommt im Übrigen, dass der Antragsteller in der Vergangenheit entgegen seiner vorgetragenen Selbstwahrnehmung keineswegs als gewissermaßen mustergültiger Verkehrsteilnehmer in Erscheinung getreten ist, sondern vielmehr gewisse Bedenken hinsichtlich seiner uneingeschränkten Fahreignung nicht völlig fernliegend sein dürften, wie bereits seine nach Aktenlage zu verzeichnenden Auffälligkeiten innerhalb und außerhalb des Straßenverkehrs deutlich machen, bei denen ein Zusammenhang mit einem Cannabiskonsum jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint.48
Somit liegen hier die Voraussetzungen für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens auf der Grundlage des § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FeV und Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV vor. Aufgrund der Verweigerung der Vorlage des geforderten Gutachtens durfte der Antragsgegner gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen.
Die Regelung des § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV sieht sodann die Entziehung der Fahrerlaubnis bei Vorliegen der Voraussetzungen zwingend vor. Raum für Ermessens- bzw. Billigkeitserwägungen, in deren Rahmen die beruflichen Erfordernisse und sonstige Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte berücksichtigt werden könnten, besteht nicht. Keine Berücksichtigung im Rahmen dieses Verfahrens kann somit der Umstand finden, dass der Antragsteller vorträgt, als Familienvater und vor dem Hintergrund (im Übrigen weder näher substantiierter, geschweige denn glaubhaft gemachter) gesundheitlicher Probleme seiner Ehefrau zwingend darauf angewiesen zu sein, in Zeiten des „Covid19-Notstandes“ bei Bedarf (wohl: mit dem Kfz) Einkäufe tätigen oder ggf. Arzneimittel besorgen zu können. Insofern gilt nichts anderes als für Antragsteller, die möglicherweise beruflich auf den Führerschein angewiesen sind und deren berufliche Existenz ohne diesen gefährdet ist. Derartige Gefahren sind ebenso wie wirtschaftliche oder andere Schwierigkeiten im Rahmen einer Fahrerlaubnisentziehung grundsätzlich ohne rechtliche Bedeutung, da die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs den wirtschaftlichen, beruflichen oder privaten Interessen des Einzelnen vorgeht. Im Interesse der Gefahrenabwehr hat der Betroffene auch die absehbaren Nachteile in Kauf zu nehmen, die insoweit entstehen.49 Entgegen dem Vortrag des Antragstellers steht der mit Bescheid vom 01.04.2020 ausgesprochenen Fahrerlaubnisentziehung auch nicht der bisherige Zeitablauf entgegen, zumal die Entziehung (nebst Sofortvollzugsanordnung) hier letztlich daran anknüpft, dass der Antragsteller mit Schriftsatz vom 11.03.2020 erklärt hat, an der Begutachtung seiner Fahreignung nicht teilnehmen zu wollen.
Auch die auf § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV gestützte Anordnung der Ablieferung des Führerscheins ist rechtmäßig. Die Voraussetzungen dieser Regelungen liegen ersichtlich vor, nachdem die Entziehung der Fahrerlaubnis für sofort vollziehbar erklärt wurde und es nach den vorstehenden Ausführungen beim Sofortvollzug verbleiben muss.
Nach allem ist der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Wegen der Höhe des Streitwerts folgt die Kammer den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Hiernach ist für die u.a. die Klassen A und B umfassende Fahrerlaubnis gemäß Nrn. 46.1 und 46.3 der Auffangwert anzusetzen, so dass sich ein Streitwert von (2 x 5.000,00 € =) 10.000 € jeweils ergibt, der für das vorläufige Rechtsschutzverfahren nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren ist.
Fußnoten
1)
siehe Mitteilung der PI -Stadt vom 09.10.2019 an den Antragsgegner (Bl. 4 ff. der Beiakte)
2)
siehe Mitteilung des Landespolizeipräsidiums an den Antragsgegner vom 18.11.2019 (Bl. 8 f. der Beiakte) unter Hinweis auf u.a. Urteile des AG Saarbrücken vom 22.02.2016 – 36 – (zwei Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Widerstands gegen Polizeivollzugsbeamte und Beamtenbeleidigung) und vom 23.12.2014 – 02 – (Geldstrafe von 50 Tagessätzen wegen Körperverletzung)
3)
Bl. 21 der Beiakte
4)
siehe Mitteilungen der Polizeiinspektion vom 05.12.2019 an die Gemeinde (Bl. 24 der Beiakte) und an die Zentrale Bußgeldstelle (Bl. 26 der Beiakte) sowie Bericht des Bundespolizeireviers vom 20.12.2019 (Bl. 86 der Beiakte)
5)
Bl. 30 f. der Beiakte
6)
Bl. 59 f. der Beiakte
7)
Eine Liste in Frage kommender Begutachtungsstellen war beigefügt.
8)
Hervorhebung im Original
9)
Bl. 102R der Beiakte
10)
siehe dazu Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 03.03.2020 (Bl. 101 ff. der Beiakte), wonach hinsichtlich des Antragstellers zwei Eintragungen sowie zwei Punkte erfasst sind (Teilnahme an einem Aufbauseminar aufgrund Anordnung im Oktober 2015; 80 Tagessätze sowie drei Monate Fahrverbot aufgrund Entscheidung des AG Saarbrücken vom 13.10.2016 – 28 Cs 62) – wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort)
11)
vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 02.01.2019 – 2 Ss OWi 1607/18 –
12)
Leitsätze der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung vom 27.01.2014, Punkt 3.14.2 Dauerbehandlung mit Arzneimitteln, Stand 31.12.2019, VkBl. S. 110
13)
vgl. Brenner-Hartmann et al, 2018, S. 27
14)
Bl. 135R der Beiakte
15)
Schriftsatz vom 08.06.2020
16)
vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 24.10.2019 – 6 K 4574/18 -, juris
17)
vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 03.09.2018 – 1 B 221/18 -, juris, Rz. 7
18)
vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 24.01.2020 – 1 B 347/19 -, juris, Rz. 14
19)
Urteil vom 23.10.2014 – 3 C 3/13 -, juris, Rz. 32 ff.
20)
vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.1985 – 7 C 26/83 -, BVerwGE 71, 93, Rz. 18
21)
vgl. nur Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl. 2014, § 80 Rz. 73
22)
vgl. nur Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 80 Rz. 158
23)
ständige Rechtsprechung, vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 07.05.2008 – 2 B 187/8 -; VG des Saarlandes, Beschlüsse vom 28.07.2011 – 10 L 558/11 -, vom 20.01.2012 – 10 L 1872/11 -, m.w.N., vom 27.10.2014 – 6 L 961/14 – und vom 08.06.2015 – 5 L 555/15 –
24)
vgl. nur OVG des Saarlandes, Beschluss vom 19.08.2019 – 2 B 217/19 – unter Hinweis auf die ständige Senatsrechtsprechung und den Beschluss vom 17.06.2016 – 2 B 124/16 –
25)
vgl. etwa VG des Saarlandes, Beschluss vom 26.04.2013 – 10 L 574/13 -, juris; Thüringer OVG, Beschluss vom 19.09.2011 – 2 EO 487/11-, VRS 122, 297; ferner Driehaus, Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bei der Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Drogenauffälligkeit, DAR 2006, 7
26)
vgl. dazu auch Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 11 FeV Rz. 46, m.w.N.
27)
vgl. dazu nur Dauer, a.a.O., § 11 FeV Rz. 53, m.w.N.
28)
zu den weiteren Voraussetzungen vgl. Dauer, a.a.O., § 11 FeV Rz. 54, m.w.N.
29)
vgl. dazu auch Siegmund in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl., § 11 FeV Rz. 41. m.w.N., (Stand: 18.06.2020), wonach die hohen formellen Anforderungen an eine Gutachtenanforderung Folge der nicht möglichen isolierten Anfechtbarkeit der Maßnahme durch den Betroffenen sind
30)
vgl. zu all dem Dauer, a.a.O., § 11 FeV Rz. 42, m.w.N.
31)
VG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2019 – 6 K 4574/19 -, juris
32)
vgl. Dauer, a.a.O., § 11 FeV Rz. 24, m.w.N.
33)
vgl. nur Siegmund, a.a.O., § 11 FeV Rz. 38 f., m.w.N.
34)
vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2001 – 3 C 13.01 -, juris, Rz. 22, 26, und Urteil vom 14.11.2013 – 3 C 32.12 -, juris, Rz. 17; Bayerischer VGH, Beschluss vom 03.09.2015 – 11 CS 15.1505 -, juris, Rz. 13, und Beschluss vom 21.11.2018 – 11 CS 18.1237 -, juris, Rz. 14 f.; vgl. auch Siegmund, a.a.O., § 11 FeV Rz. 36 ff.
35)
Zur Erläuterung der Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV heißt es dabei in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung: „Die Beurteilung der Anpassungs- und Leistungsfähigkeit eines Kraftfahrers an die Erfordernisse beim Führen eines Kraftfahrzeuges im Zusammenhang mit einer Arzneimittelbehandlung muss in jedem Falle sehr differenziert gesehen werden. Vor allem ist zu beachten, dass eine ganze Reihe Erkrankungen, die von sich aus die Voraussetzungen zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließen können, durch Arzneimittelbehandlung so weit gebessert oder sogar geheilt werden, dass erst durch die Behandlung die Voraussetzungen zum Führen von Kraftfahrzeugen wieder erreicht werden können. Entscheidend für die Beurteilung ist aber, ob eine Arzneimitteltherapie, insbesondere auch die Dauertherapie, zu schweren und für das Führen von Kraftfahrzeugen wesentlichen Beeinträchtigungen der psycho-physischen Leistungssysteme führt. Medikamentöse Behandlungen, in deren Verlauf erhebliche unerwünschte Wirkungen wie Verlangsamung und Konzentrationsstörungen auftreten, schließen die Eignung in jedem Falle aus. Ob solche Intoxikationen vorliegen, wird vor allem dann zu prüfen sein, wenn ein chronisches Grundleiden zu behandeln ist, das mit Schmerzen oder starken „vegetativen“ Beschwerden einhergeht (auch chronische Kopfschmerzen, Trigeminusneuralgien, Phantomschmerzen, Schlafstörungen usw.).“
36)
vgl. dazu: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.07.2019 – 16 B 1544/18 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.2017 – 10 S 1503/16 -, juris, Rz. 8; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 03.09.2018 – 1 B 221/18 -, juris, Rz. 4 f.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 29.04.2019 – 11 B 18.2482 -, juris, Rz. 23; Beschluss der Kammer vom 18.11.2019 – 5 L 1719/19 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2019 – 6 K 4574/19 -, juris, Rz. 29; Dauer, a.a.O., § 2 StVG Rz. 62a; Borgmann, Cannabiskonsum und Fahreignung, DAR 2018, 190 (196)
37)
vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 03.09.2018 – 1 B 221/18 -, juris, Rz. 7
38)
vgl. BR-Drs 443/98 S. 262
39)
zur Bedeutung der Begutachtungs-Leitlinien vgl. nur Beschluss der Kammer vom 18.11.2019 – 5 L 1719/19 -, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteile vom 21.05.2008 – 3 C 32.07 -, NJW 2008, 2601, 2602, und 27.09.1995 – 11 C 34.94 -, juris
40)
vgl. BVerwG, Urteil vom 26.02.2009 – 3 C 1/08 -, juris
41)
vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 26.06.2009 -1 B 373/09 -, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 05.05.2015 – 11 CS 15.334 -, juris
42)
vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 05.07.2012 – 11 CS 12.1321 -, juris, Rz. 26; vgl. auch Siegmund, a.a.O., § 11 FeV Rz. 47
43)
siehe auch Anl. 4a zu § 11 Abs. 5 FeV
44)
Stand: August 2018, abgedruckt in: Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 3. Aufl. 2018, S. 440 ff.
45)
vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.07.2019 – 16 B 1544/18 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.2017 – 10 S 1503/16 -, juris, Rz. 8; Graw/Brenner-Hartmann/ Haffner/Musshoff, in: Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 3. Aufl. 2018, S. 315 ff.; Koehl, Die Einnahme von Cannabis als Medikament und die Teilnahme am Straßenverkehr, DAR 2017, 313, 315
46)
vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.07.2019 – 16 B 1544/18 -, juris; vgl. auch VG des Saarlandes, Beschluss vom 13.06.2018 – 5 L 702/18 -, und Beschluss vom 18.11.2019 – 5 L 1719/19 –
47)
vgl. VG des Saarlandes, Beschlüsse vom 16.10.2014 – 6 L 1180/14 -, vom 18.12.2014 – 6 L 2064/14 – und vom 21.11.2016 – 5 L 1852/16 -, jeweils m.w.N.
48)
siehe Mitteilung der PI -Stadt an den Antragsgegner vom 09.10.2019, wonach dem Antragsteller eine am 23.09.2019 im Straßenverkehr begangene Straftat vorgeworfen werde (Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Bedrohung, Nötigung im Straßenverkehr, Versuchte Sachbeschädigung, Beleidigung, Verstoß gegen das Waffengesetz) und er aus polizeilicher Sicht nicht geeignet sei, mit einem Fahrzeug sicher am Straßenverkehr teilzunehmen sowie bereits mehrfach polizeilich und strafrechtlich in Erscheinung getreten und im Informationssystem der Polizei als „gewalttätig“ erfasst sei (Bl. 4 ff. der Beiakte); siehe auch Mitteilung des Landespolizeipräsidiums an den Antragsgegner vom 18.11.2019 (Bl. 8 f. der Beiakte) unter Hinweis auf u.a. Urteile des AG Saarbrücken vom 22.02.2016 – 36 – (zwei Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Widerstands gegen Polizeivollzugsbeamte und Beamtenbeleidigung) und vom 23.12.2014 – 02 – (Geldstrafe von 50 Tagessätzen wegen Körperverletzung); siehe außerdem Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 03.03.2020 (Bl. 101 ff. der Beiakte), wonach hinsichtlich des Antragstellers zwei Eintragungen sowie zwei Punkte erfasst sind (Teilnahme an einem Aufbauseminar aufgrund Anordnung im Oktober 2015; 80 Tagessätze sowie drei Monate Fahrverbot aufgrund Entscheidung des AG Saarbrücken vom 13.10.2016 – 28 Cs 62 (241/16) – wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort)
49)
vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 20.02.2002 – 1 BvR 2062/96 -, NJW 2002, 2378; ferner OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.02.2006 – 1 M 22/06 -, juris