VG Oldenburg – Az.: 7 B 2242/20 – Beschluss vom 01.09.2020
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.
Gründe
Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu beurteilende Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, über den nach Übertragungsbeschluss der Kammer der Einzelrichter entscheidet, ist unbegründet.
Dieser Eilantrag ist darauf gerichtet, die aufschiebende Wirkung der im Hauptsacheverfahren 7 A 1792/20 am 7. Juli 2020 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 22. Juni 2020 erhobenen Klage des Antragstellers wiederherzustellen.
Mit diesem Bescheid hat der Antragsgegner dem im Jahre 1998 geborenen Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis entzogen, weil ihm angesichts des Konsums von Hartdrogen, nämlich Kokain, die fahrerlaubnisrechtliche Fahreignung fehlt.
Im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO kommt es darauf an, ob das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage höher als das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes zu bewerten ist. Bei dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens maßgeblich zu berücksichtigen. Bei einer offensichtlich Erfolg versprechenden Klage überwiegt das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (Suspensivinteresse) das öffentliche Vollzugsinteresse. Der Antrag ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der Antragsteller im Verfahren zur Hauptsache offensichtlich keinen Erfolg haben wird, insbesondere wenn die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist. Hier ist der Antrag aus zwei selbständig tragenden Gründen unbegründet.
Da sich die Entziehung der Fahrerlaubnis voraussichtlich als rechtmäßig erweist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt, weshalb die entsprechende Klage (siehe oben) gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO insoweit als unbegründet voraussichtlich abzuweisen sein muss, kommt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schon infolge materiell-akzessorischer Prüfung nicht in Betracht, siehe -1.-.
Daneben kommt insoweit selbständig tragend aufgrund einer bloßen Güterabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an dem sofortigen gefahrenabwehrrechtlichen Schutz der Allgemeinheit vor den vom Antragsteller womöglich ausgehenden Gefahren gegenüber seinem Interesse daran, aus privaten Gründen jedenfalls für den Lauf des Hauptsacheverfahrens noch die Fahrerlaubnis behalten zu dürfen, vorläufiger Rechtsschutz nicht zum Zuge, weil solche Privatinteressen gegenüber dem öffentlichen Interesse im Fahrerlaubnisrecht nicht gewichtig genug sind, siehe -2.-.
1.
Die angegriffene Entziehung der Fahrerlaubnis stützt sich zu Recht auf §§ 3 Abs. 1 StVG, 46 Abs. 1 FeV iVm. Nr. 9.1 Anlage 4 zu §§ 11-14 FeV. Gemäß § 46 Abs. 3 iVm. § 11 Abs. 7 FeV war unmittelbar wegen des Konsums des Antragstellers von Kokain auf seine fahrerlaubnisrelevante Nichteignung zu schließen und ihm die Fahrererlaubnis zu entziehen, ohne dass es etwa weiterer vorheriger Aufklärungsmaßnahmen noch bedurft hätte. Zudem scheidet ein etwaiges Ermessen aus; es liegt insoweit eine gebundene Entscheidung vor.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV ist demjenigen Fahrerlaubnisinhaber die Fahrerlaubnis zu entziehen, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, soweit wie hier Konsum sogenannter Hartdrogen vorliegt, weil nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV in der Regel die Eignung fehlt, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis andere Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes als Cannabis einnimmt.
a)
Der maßgebliche Konsum von Hartdrogen steht fest. Im Blut des Antragstellers wurde Benzoylecgonin (Metabolit = Abbauprodukt von Kokain) sicher in einer Höhe von < 2 ng/ml festgestellt, wie der Befund des LKA Nds. vom 23. April 2020, Blatt 3 der Beiakte, dies ausweist. Dort heißt es wörtlich: „*qualitativ nachgewiesen, Wert liegt zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml“. Diese Befund-Konstellation belegt eine zurückliegende Kokain-Aufnahme. Dies bestreitet der Antragsteller allerdings. Doch fällt sein diesbezügliches Vorbringen zu flach, pauschal und unsubstantiiert aus, so dass das Gericht keinen Anlass sieht, an der Richtigkeit des Befundes auch nur ansatzweise Zweifel zu haben.
Bezugnehmend auf Bremer Rechtsprechung hatte das Gericht im Jahre 2014 noch ausgeführt, dass die Nachweisgrenze für Benzoylecgonin im Blut bei 2,5 ng/ml liegen „dürfte“ (VG Oldenburg, 7. Kammer, Beschluss vom 23. Januar 2014 – 7 B 6904/13 – juris); hier liegt der Wert allerdings bei 1 bis 2 ng/ml. Aber dort heißt es zugleich schon, dass es nicht auf den konkreten Messwert, sondern nur auf die Sicherheit des Nachweises überhaupt ankommt. Dazu hat das Gericht im Kammerbeschluss vom 23. Januar 2014 (7 B 6904/13 – juris) wörtlich das Folgende festgehalten:
Denn die UMG hat einen Kokain-Konsum anhand des „sicheren Nachweises“ des entsprechenden Abbauproduktes Methylecgonin erbracht. Auf den konkreten Zahlenwert kommt es dabei nicht an (vgl. dazu auch Beschluss des erkennenden Gerichts vom 14. Januar 2014 – 7 B 7058/13 -, in dem ebenfalls insoweit der sichere Nachweis bei Benzoylecgonin durch die UMG geführt wurde, wobei zugleich der Zahlenwert kleiner als 5,0 ng/ml gelegen hatte, Vnb).
Dass der exakte Wert dieses Metaboliten Methylecgonin nicht vorliegt, ist hier im fahrerlaubnisrechtlichen Bereich der Gefahrenabwehr unerheblich. Außerdem reicht für die Feststellung der Aufnahme von Kokain der Nachweis des Kokain-Abbauprodukts Benzoylecgonin aus. Dass dieses Abbauprodukt in einer Konzentration von (sogar) 52,6 ng/ml vorhanden war, stellt den Substanznachweis als solchen nicht in Frage, sondern beweist diesen (vgl. u.a.: VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 17. Oktober 2013 – 7 L 1289/13 – unter Hinweis auf OVG NRW, Beschluss vom 14. Mai 2013 – 16 B 465/13 – Vnb). Auf bestimmte Grenzwerte, die im repressiven Recht maßgeblich sein können, kommt es dabei gerade nicht an, …
Die tatsächliche Nachweisgrenze für das Kokainstoffwechselprodukt Benzoylecgonin dürfte voraussichtlich bei 2,5 liegen, wie das VG Bremen mit Beschluss vom 6. März 2013 – 5 V 98/13 –, juris, mwN, ausgeführt hat:
„Die im Rahmen der Validierung unterschiedlicher Methoden ermittelte physikalische Nachweisgrenze liege bereits bei einer Konzentration von 2,5 ng/mL (vgl. OVG NRW, B. v. 11.09.2012 – 16 B 944/12, bei juris).“
Das hierzu in Bezug genommene OVG NRW hatte insoweit ausdrücklich festgehalten (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. September 2012 – 16 B 944/12 –, juris):
„Die gemessene Benzoylecgonin-Konzentration von 11 ng/ml Serum übersteigt schließlich deutlich die Nachweisgrenze (nach DIN 32645) des hier zum Nachweis von Benzoylecgonin im Serum angewendeten Analyseverfahrens, sodass auch von einem qualitativen Substanznachweis ausgegangen werden muss. Das Institut für Rechtsmedizin hat auf Nachfrage des Senats unter dem 21. August 2012 mitgeteilt, die im Rahmen der Validierung der LC-MS/MS-Methode über das Signal-Rausch-Verhältnis ermittelte physikalische Nachweisgrenze liege bei 2,5 ng/ml Serum.“
Ergänzend verweist das Gericht auf seine jüngere Rechtsprechung und in diesem Kontext auf die in einem anderen Verfahren (7 B 3622/19, juris) eingeholte Stellungnahme des TÜV-Nord, Frau Dr. C., vom 5. Dezember 2019, wo es heißt, dass sich die Grenzwerte durch Verbesserung der Laboranalytik ständig verbessern und dass es insoweit keine niedrigste Bestimmungs- oder Nachweisgrenze gibt, die die Verwertbarkeit einschränken könnte. Nur das untersuchende Labor selber habe zu beantworten, ob es den festgestellten Wert für sicher halte.
Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) bzw. das dortige Labor hat einen Nachweisgrenzwert von 1 ng/ml, siehe Beschluss des erkennenden Gerichts vom 13. Juli 2020 – 7 B 1780/20 – mit OVG, Beschluss vom 19. August 2020 – 12 ME 118/20 – jew. Vnb. Die dortige Antragsgegnerin hatte mit Erwiderungsschriftsatz vom 13. Juli 2020 insoweit wörtlich Folgendes mitgeteilt:
„Nach Auskunft von Frau D. hat die Rücksprache mit Herrn E. vom Toxikologielabor der Medizinischen Hochschule Hannover Folgendes ergeben: Der Grenzwert zum Nachweis von Benzoylecgonin liege bei der MHH bei 1,0 ng/ml. Im Bereich 1,0 ng/ml – 10,0 ng/ml werde zwar kein Wert angegeben, der Nachweis gelte aber als sicher erbracht. Würde hingegen in einer untersuchten Probe tatsächlich nichts nachgewiesen werden, so würde nach Auskunft des Herrn E. der Befund auch als negativ ausgezeichnet werden.“
Schließlich ergab und ergibt sich dies für das LKA Nds. im Verfahren 7 B 3622/19 (juris) aus der dort eingeholten Auskunft des Landeskriminalamtes von Herrn F. vom 11. Dezember 2019, wo es wörtlich heißt:
„mit der von uns verwendeten validierten Analysemethode werden sowohl für Cocain als auch für Benzoylecgonin Konzentrationen ab 2,0 ng/ml quantitativ im Gutachten angeben.
Bewegt sich die Konzentration in einem Bereich zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml, so wird angegeben: “<2,0 ng/ml“ und “qualitativ nachgewiesen, Wert liegt im Bereich zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml“.
Zum Beleg verweist das Gericht auf seinen Beschluss vom 10. Januar 2020 im angeführten Verfahren 7 B 3622/19 – juris –. Genau so liegt der Fall hier.
Es kommt hierbei nicht darauf an, ob das entsprechende Straf- oder OWi-Verfahren eingestellt wurde (§ 24a StVG). Solche Werte (und auch diejenigen der Grenzwertkommission) sind hier nicht maßgeblich. Hier kommt es auch nicht etwa auf eine subjektive Vorwerfbarkeit an, sondern einzig und allein auf den (feststehenden) objektiven Umstand, dass der Kläger Kokain konsumiert hat.
b)
Auch musste und muss nicht erst die Beendigung eines etwaigen Bußgeldverfahrens abgewartet werden.
§ 3 Abs. 3 Satz 1 StVG bezieht sich nicht auf das Owi-Verfahren. Dazu hat der VGH München überzeugend Folgendes wörtlich festgehalten (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 15. September 2015 – 11 CS 15.1682 –, juris < Keine Sperrwirkung eines anhängigen Bußgeldverfahrens >):
„Die nach § 45 OWiG zugleich verfolgte Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG kann ebenfalls nicht zur strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB führen und steht der Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Fahrerlaubnisbehörde deshalb nicht entgegen (BayVGH, B.v. 7.9.2007 – 11 CS 07.898/11 C 07.1371 – juris Rn. 18; Dauer a.a.O. § 3 Rn. 45; Janker a.a.O. § 3 StVG Rn. 10). Zwar ist nach § 3 Abs. 4 Satz 2 2. Halbsatz StVG die Fahrerlaubnisbehörde hinsichtlich der Feststellung des Sachverhalts und der Beurteilung der Schuldfrage auch an rechtskräftige Bußgeldentscheidungen gebunden. Eine entsprechende Bindung der Fahrerlaubnisbehörde während eines anhängigen Bußgeldverfahrens ist jedoch in § 3 Abs. 3 StVG nicht vorgesehen. Die Auslegung der Vorschriften ergibt auch keine solche Bindung über den Wortlaut hinaus, denn es handelt sich nicht um eine Regelungslücke (a.A. Fromm/Schmidt, Die Beschränkung der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit nach § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG – Der Vorrang des Strafverfahrens bei der Fahrerlaubnisentziehung, NZV 2007, 217). § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG normiert den Vorrang strafgerichtlicher Verfahren in denen auch eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO in Betracht kommt. Deshalb besteht in solchen Fällen auch unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit kein Bedürfnis, dass die Fahrerlaubnisbehörde ungeeignete Fahrzeugführer von der Teilnahme am Straßenverkehr ausschließt. Nachdem jedoch während eines anhängigen Bußgeldverfahrens eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nicht in Betracht kommt, ist es im Hinblick auf die Verkehrssicherheit indes geboten, dass die Fahrerlaubnisbehörde diesbezüglich tätig werden kann. Erst wenn der Sachverhalt und die Schuldfrage im Rahmen des Bußgeldverfahrens rechtskräftig geklärt sind, erscheint es sinnvoll, dass die Fahrerlaubnisbehörde keine eigenen Ermittlungen mehr anstellen muss, sondern an die Feststellungen im Bußgeldverfahren gebunden ist.“
c)
Soweit der Kläger allerdings das Vorliegen eines Ausnahmefalls der unbewussten Aufnahme des Betäubungsmittels behaupten sollte, gilt Folgendes:
Läge ein solcher vor, wäre die Fahrerlaubnis nicht ohne Weiteres zu entziehen (gewesen). Aber auch insoweit vermag der Kläger nicht durchzudringen und greift sein eventuelles diesbezügliches Vorbringen nicht durch.
Behauptet ein Fahrerlaubnisinhaber, in dessen Körper (wie hier beim Kläger hinsichtlich der Hartdroge Kokain) Betäubungsmittel nachgewiesen worden sind, die Aufnahme des betreffenden Betäubungsmittels sei ohne sein Wissen erfolgt, so muss er einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt. Daran fehlt es hier. Der Kläger hat für die Annahme eines unbewussten Konsums von Kokain nicht ausreichend vorgetragen. Nach der ständigen Rechtsprechung sowohl des angerufenen Gerichtes als auch des ihm im Rechtszug insoweit übergeordneten 12. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes gilt nämlich Folgendes (Nds. OVG, Beschluss vom 1. Dezember 2011 – 12 ME 198/11 – juris, Rdnr. 6, Wortlaut-Auszug):
„…Dem Senat erscheint – wie dem Verwaltungsgericht – der vom Kläger vorgetragene Geschehensablauf nicht als ernsthaft möglich. Nach der – vom Verwaltungsgericht auch zitierten – Rechtsprechung des beschließenden Senats gilt: Behauptet – wie hier – ein Fahrerlaubnisinhaber, in dessen Körper Betäubungsmittel nachgewiesen worden sind, die Aufnahme des betreffenden Betäubungsmittels sei ohne sein Wissen erfolgt, so muss er einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt. Vor dem Hintergrund, dass Kokain zum einen illegal und zum anderen kostspielig ist, erscheint es wenig wahrscheinlich, dass dieses Betäubungsmittel dem Fahrerlaubnisinhaber in der Weise zugeführt wird, dass es ihm ohne sein Wissen und gegebenenfalls gegen seinen Willen beigebracht wird, sofern nicht (ausnahmsweise) ein nachvollziehbares Motiv für eine solche Handlung aufgezeigt wird (vgl. Beschlüsse des Senats vom 21.10.2010 – 12 ME 173/10 – und vom 9.9.2008 – 12 ME 217/08 – m.w.N.).“
Davon weicht das beschließende Gericht nicht ab, das insoweit schon mit Beschluss vom 7. August 2012 – 7 B 4018/12 – wörtlich (hier zitiert aus dem Gerichtsbescheid vom 11. Juni 2015 – 7 A 1603/15 –, aaO.) ausgeführt hat:
„Zu dem Konsum von Kokain macht der Kläger keine im Einzelnen substantiierten Darlegungen, die den Rückschluss darauf erlauben könnten, er habe unwissentlich/unwillentlich Kokain konsumiert. Der Kläger hat nämlich nicht spezifiziert dargelegt, bei welcher Gelegenheit und auf welche Weise genau ihm Kokain konkret zugeführt worden sei. Es fehlen Ort, Zeit und Personen des Vorfalls und Darlegungen dazu, wer ein Interesse an einem „passiven“, jedenfalls unwissentlichen Konsum des Klägers hätte gehabt haben können. Behauptet ein Fahrerlaubnisinhaber, in dessen Körper Betäubungsmittel nachgewiesen worden sind, die Aufnahme des betreffenden Betäubungsmittels sei ohne sein Wissen erfolgt, so muss er einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt. Vor dem Hintergrund, dass das in Rede stehende Kokain zum einen illegal und zum anderen kostspielig ist, erscheint es zudem als wenig wahrscheinlich, dass – zumal unbekannte – Dritte jemandem derartige Betäubungsmittel in der Weise zuführen, dass sie ohne Wissen und ggf. gegen den Willen des Betroffenen diese z. B. in ein für denjenigen bestimmtes Getränk einbringen, sofern nicht (ausnahmsweise) ein nachvollziehbares Motiv für eine solche Handlungsweise aufgezeigt werden kann, vgl. Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes vom 19. Oktober 2010 – 12 ME 173/10 -. Den zu verlangenden detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhaltsvortrag, der einen vorbezeichneten Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt, lässt der Kläger indessen vermissen, vgl. dazu auch Beschlüsse des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes vom 12. Oktober 2010 – 12 ME 109/10 – und vom 1. Dezember 2011 – 12 ME 198/11 -.“
Macht also ein Fahrerlaubnisinhaber, bei dem ein positiver Befund in Bezug auf ein Betäubungsmittel vorliegt, geltend, er habe die Droge unwissentlich zu sich genommen, muss er mithin einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt, vortragen. Vor dem Hintergrund, dass Hartdrogen allgemein und hier insbesondere Kokain zum einen illegal und zum anderen kostspielig sind, erscheint es wenig wahrscheinlich, dass diese Betäubungsmittel dem Fahrerlaubnisinhaber und hier dem Kläger in der Weise zugeführt werden, dass dies ohne sein Wissen und gegebenenfalls gegen seinen Willen geschieht, sofern nicht (ausnahmsweise) ein nachvollziehbares Motiv für eine solche Handlung aufgezeigt wird (Nds. OVG, Beschlüsse vom 31. März 2017 – 12 ME 26/17 –, juris, und vom 1. Dezember 2011 – 12 ME 198/11 –, juris, sowie VG Oldenburg, Beschluss vom 24. Januar 2017 – 7 B 181/17 – und Gerichtsbescheid vom 11. Juni 2015 – 7 A 1603/15 –, aaO, sowie Beschluss vom 7. August 2012 – 7 B 4018/12 – Vnb.).
Dabei sind wegen der großen Gefahren, die von Hartdrogen und von Hartdrogen konsumierenden Autofahrern – wie hier – ausgehen, hohe Anforderungen an die Substantiierung zu stellen (Nds. OVG, Beschluss vom 31. März 2017 – 12 ME 26/17 – und OVG Koblenz, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 10 B 11430/11 –, juris; Beschluss des Gerichts vom 11. Juli 2018 – 7 B 2621/18 – Vnb.). Dies hat der 12. Senat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht ausdrücklich betont, indem er wörtlich festgehalten hat (Nds. OVG, Beschluss vom 31. März 2017 – 12 ME 26/17 -, Vnb.):
„Dabei sind in Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von harte Drogen konsumierenden Fahrerlaubnisinhabern ausgehen, hohe Anforderungen an die Plausibilität der Einlassung zu stellen (OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 25.1.2012 – 10 B 11430/11 -, a. a. O.).“
Diesen Anforderungen kann der Kläger nicht gerecht werden und wird sein Vortrag nicht gerecht. Substantiiertes Vorbringen im voranstehenden Sinne fehlt hier.
d)
Der Kläger hat damit den Regeltatbestand von Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV durch den Konsum von Kokain verwirklicht.
Kokain ist ein Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG.
Nach der ständigen Rechtsprechung schließt bereits der einmalige Konsum sogenannter harter Drogen – wie hier Kokain – im Regelfall die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aus, vgl. Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes vom 12. Oktober 2010 – 12 ME 119/10 -. Daher begegnet es keinen Bedenken, dass die Antragsgegnerin dem Kläger die Fahrerlaubnis auf der Grundlage des § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 7, § 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Nr. 9.1 der Anlage 4 zu dieser Verordnung entzogen hat. Nach ständiger Rechtsprechung hat bereits der einmalige Konsum von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) im Regelfall gemäß Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV) die Fahrungeeignetheit zur Folge (vgl. Bayer. VGH, Beschluss vom 18. Februar 2008 – 11 CS 07.2831 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. März 2007 – 16 B 332/07 -; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 14. Mai 2008 – 1 B 191/08 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. November 2004 – 10 S 2182/04 -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 6. Juni 2008 – 7 L 645/08 -; Nds. OVG, Beschluss vom 14. April 2008 – 12 ME 41/08 -; a.A. soweit ersichtlich Hess. VGH, Beschluss vom 14. Januar 2002 – 2 TG 3008/01 -; alle juris). Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV erhebt die Annahme, dass schon beim einmaligen Konsum von harten Drogen die Kraftfahreignung fehlt, zum Rechtssatz (vgl. VG des Saarlandes, Beschluss vom 1. Juni 2007 – 10 L 429/07 -, juris). Sie entfaltet strikte Bindungswirkung, solange keine Umstände des Einzelfalls vorliegen, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten (vgl. Bayer. VGH, Beschluss vom 18. Februar 2008 – 11 CS 07.2831 -, juris). Aus Ziffer 2 der Vorbemerkung zur Anlage 4 der FeV ergibt sich nichts Abweichendes. Diese Vorbemerkung hat diejenigen Fälle im Blick, in denen das Vorliegen der in der Anlage 4 beschriebenen Mängel und Krankheiten noch nicht eindeutig feststeht, sondern erst noch durch ein ärztliches oder medizinisch-psychologisches Gutachten geklärt werden muss (VG des Saarlandes, Beschluss vom 1. Juni 2007 – 10 L 429/07 -, juris). Hier steht dagegen fest, dass der Kläger den Tatbestand der Ziff. 9.1 der Anlage 4 zur FeV durch den mindestens einmaligen Konsum eines anderen Betäubungsmittels als Cannabis verwirklicht hat. Mit Blick auf den Konsum von Kokain hat der 12. Senat des Nds. Oberverwaltungsgerichts ausdrücklich in seinem Beschluss vom 13. September 2012 – 12 ME 210/12 – (Vnb) Folgendes festgehalten:
„Denn nach der vom Verwaltungsgericht zitierten ständigen Rechtsprechung des Senats schließt bereits der einmalige Konsum sog. harter Drogen, zu denen auch Cocain gehört, im Regelfall und so auch hier die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aus, so dass in diesen Fällen die Fahrerlaubnis auf der Grundlage der § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 7, § 46 Abs. 1 FeV i. V. m. Nr. 9.1 der Anlage 4 zu dieser Verordnung ohne weitere Begründung zu entziehen ist. Des Nachweises einer Drogenabhängigkeit, eines regelmäßigen Konsums oder auch nur – bei gelegentlichem Konsum – des Unvermögens zur Trennung von Drogenkonsum und Kraftfahrzeugführung bedarf es nicht (vgl. nur: Beschl. d. Sen. v. 14.8.2002 – 12 ME 566/02 -, DAR 2002, 471, v. 16.6.2003 – 12 ME 172/03 -, DAR 2003, 432 und v. 19.11.2004 – 12 ME 404/04 -, zfs 2005, 48). Der Senat hat an dieser Rechtsprechung, die der den Regelungen der Nr. 9 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung zu Grunde liegenden besonderen Gefährlichkeit der in Rede stehenden Betäubungsmittel Rechnung trägt, auch in Auseinandersetzung mit teilweise abweichenden Stimmen – unter anderem der vom Kläger zitierten Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschl. v. 14.1.2002 – 2 TG 3008/01 -, juris) – festgehalten (vgl. hierzu insbesondere Beschl. d. Sen. v. 16.6.2003, a. a. O; v. 31.1.2005 – 12 ME 478/04 – und v. 7.9.2011 – 12 ME 157/11 -) und sieht auch aktuell keinen Anlass, in dieser Hinsicht Einschränkungen vorzunehmen. Auf etwaige Ausfallerscheinungen kommt es nicht an.“
Auch kommt es nicht (wie aber etwa in bestimmten Fällen bei Cannabis-Konsum) auf fehlendes Trennungsvermögen an.
Steht somit die fehlende Fahreignung fest (§ 11 Abs. 7 FeV), bedurfte es nicht weiterer Ermittlungsschritte, z.B. der Anordnung etwa eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Eine etwaige / derzeitige Drogenabstinenz könnte zudem lediglich im Rahmen eines Wiedererteilungsverfahrens berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang dürfte voraussichtlich neben einem Abstinenznachweis auch eine medizinisch-psychologische Begutachtung erforderlich sein (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV).
Danach verweist das Gericht abrundend auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Bescheides und macht sich diese für den vorliegenden Beschluss insoweit zu Eigen, § 117 Abs. 5 VwGO, zumal diese Gründe in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtes stehen (vgl. Beschluss vom 23. Januar 2014 – 7 B 6904/13 –, juris, insb. zu Kokain, und Beschluss vom 6. März 2018 – 7 B 938/18 – juris, ZfSch 2018, 359-360 <Leitsatz und Gründe>, insb. zu Amphetamin, und Gerichtsbescheid vom 11. Juni 2015 – 7 A 1603/15 –, juris, DV 2015, 228-232 <Leitsatz und Gründe>; jeweils mwN.).
In dieser Hinsicht und für die weiteren Einzelheiten der Begründungen verweist das Gericht an dieser Stelle zusätzlich auf seine Rechtsprechung insbesondere zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei Hartdrogenkonsum (wie hier bei Kokain): Diese Rechtsprechung ist im Wesentlichen in juris dokumentiert und zudem in der Niedersächsischen Rechtsprechungsdatenbank kostenfrei für jedermann einsehbar (http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?nav=ger&node=BS-ND%5B%23%5D%400050%40Verwaltungsgerichte%5B%23%5D).
Dabei handelt es sich insbesondere um die folgenden Entscheidungen:
Beschluss vom 18. Juni 2020 – 7 B 1465/20 –
Beschluss vom 10. Januar 2020 – 7 B 3622/19
Beschluss vom 14. Dezember 2019 – 7 B 3414/19 –
Beschluss vom 12. Dezember 2019 – 7 B 3434/19 –
Beschluss vom 21. August 2019 – 7 B 2289/19 –
Beschluss vom 29. März 2019 – 7 B 820/19 –
Beschluss vom 6. März 2018 – 7 B 938/18 –
Gerichtsbescheid vom 11. Juni 2015 – 7 A 1603/15 –
Auch die Gründe dieser Entscheidungen (so auch Beschluss vom 15. April 2020 – 7 B 808/20 – und vom 13. Juli 2020 – 7 B 1780/20 – mit OVG, Beschluss vom 19. August 2020 – 12 ME 118/20 – Vnb.), gegen die der Kläger nicht durchzudringen vermag, macht sich das Gericht hierfür erneut zu eigen und darauf aufmerksam, dass auch aus diesen Gründen die erhobene Klage abzuweisen ist, weil der Antragsgegner dem Antragsteller zu Recht die Fahrerlaubnis entzogen hat.
Schon nach dieser materiell-akzessorischen Betrachtungsweise kann der Eilantrag keinen Erfolg haben und ist dieser abzulehnen.
2.
Nichts Anderes ergibt sich, nimmt das Gericht unabhängig von Voranstehendem eine reine Güterabwägung vor. Hier überwiegt (selbständig tragend) das öffentliche Vollzugsinteresse im Rahmen einer reinen Güterabwägung zum Schutze der Allgemeinheit (und dabei auch des Antragstellers selber) das Privatinteresse, weshalb der Antrag ebenfalls unbegründet ist. Insbesondere könnte der Antragsteller auch seine privaten Interessen nicht erfolgreich ins Feld führen. So ergibt sich nichts Anderes, wollte man ergänzend noch private Interessen und damit verbundene Fragen, z.B. nach der Erreichbarkeit eines Arbeitsplatzes, in den Blick nehmen und solche Interessen im Rahmen einer Güterabwägung dem allgemeinen Interesse der Gefahrenabwehr im Fahrerlaubnisrecht gegenüberstellen. Mit der Fahrerlaubnisentziehung verbundene besondere persönliche und berufliche Erschwernisse überwiegen das Vollzugsinteresse nicht. Das Interesse, derartige Nachteile zu vermeiden, muss hinter dem öffentlichen Interesse, die übrigen Verkehrsteilnehmer sowie den Betroffenen selber wirksam vor gefährdendem Verhalten zu schützen, zurücktreten (OVG Lüneburg, Beschluss vom 1. April 2009 – 12 LA 130/08) – ständige Rechtsprechung -. Danach müssen selbst bei Berufskraftfahrern, mithin Personen, die aufgrund ihrer Berufstätigkeit auf eine Fahrerlaubnis zwingend angewiesen sind, angesichts der hohen Bedeutung der Verkehrssicherheit und des Interesses der übrigen Verkehrsteilnehmer, dass ungeeignete Kraftfahrer im öffentlichen Straßenverkehr ferngehalten werden, private, insbesondere berufliche Interessen des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers zurücktreten, weshalb der drohende Verlust des Arbeitsplatzes bei Entziehung der Fahrerlaubnis nicht dem öffentlichen Interesse am Entzug der Fahrerlaubnis entgegengesetzt werden kann (OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Januar 2000 – 12 M 231/00 -, juris, std. Rspr. d. 12. Senats, vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. Februar 1997 – 12 L 216/97 -, juris, sowie Beschluss vom 1. Oktober 1996 – 12 M 5477/96 -).
So liegt der Fall.
Mithin ist der Eilantrag selbständig tragend auch aufgrund dieser Abwägung abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung orientiert sich an Nrn. 1.5 Satz 1, 46.3 Streitwertkatalog.