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Fahrerlaubnisentziehung bei gelegentlichem Cannabiskonsum

VG München – Az.: M 26 S 18.2034 – Beschluss vom 13.08.2018

I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Nrn. 1 und 2 des Bescheids des Antragsgegners vom 18. April 2018 wird wiederhergestellt.

II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis bzw. der Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins.

Er nahm als Führer eines Kraftfahrzeugs mit einer THC-Konzentration von 3,6 ng/ml am Straßenverkehr teil. Nach Aufforderung durch die Fahrerlaubnisbehörde legte er ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) vom … Februar 2018 vor, das zu folgendem Ergebnis kam: „Es ist insbesondere nicht zu erwarten, dass Herr A… zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis oder dessen Nachwirkungen führen wird (Fähigkeit zum Trennen von Konsum und Verkehrsteilnahme ist nicht gegeben, deshalb Konsumverzicht).“

Die Fahrerlaubnisbehörde hielt dies Gutachten nur insoweit für nachvollziehbar, als dem Antragsteller das notwendige Trennungsvermögen nicht bescheinigt wurde und entzog ihm mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 18. April 2018 die Fahrerlaubnis. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein.

Am 28. April 2018 ließ er beim Verwaltungsgericht München beantragen, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Die Verwaltungsstreitsache wurde mit Beschluss vom heutigen Tag auf den Einzelrichter übertragen. Im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist dahingehend auszulegen (§ 88 VwGO), dass er sich nur auf die Nrn. 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids bezieht, nachdem der Antragsteller seinen Führerschein bereits beim Antragsgegner abgeliefert und sich die im Bescheid ebenfalls enthaltene Zwangsgeldandrohung damit erledigt hat.

Der so ausgelegte Antrag hat Erfolg. Das Gericht trifft im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Ermessensentscheidung, die sich – soweit überschaubar – in erster Linie an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientiert. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Betroffene fahrungeeignet ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG; § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV). Das ist nach der Anlage 4 Nr. 9.2.2 bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten, der nicht zwischen dem Konsum und dem Fahren trennen kann, zwar der Fall. Aus dem Fahreignungsgutachten vom … Februar 2018 ergibt sich jedoch mit hinreichender Sicherheit, dass der Antragsteller kein Cannabis mehr konsumiert.

Die vom Antragsgegner in der Antragserwiderung und im streitgegenständlichen Bescheid vorgebrachten Angriffe gegen die Nachvollziehbarkeit des Fahreignungsgutachtens in diesem Punkt greifen nicht durch. Die Fragestellung lautete: „Ist insbesondere nicht zu erwarten, dass Herr A… zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis oder dessen Nachwirkungen führen wird (Fähigkeit zum Trennen von Konsum und Verkehrsteilnahme)?“ Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass der Gutachter sein Gutachtensauftrag dadurch überschritten habe, dass er die Frage geklärt hat, ob der Antragsteller zukünftig überhaupt (noch) Cannabis konsumieren wird, da sich die Frage der zukünftigen Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss bereits aus diesem Umstand zweifelsfrei beantworten lässt und es auf die im Klammerzusatz formulierte Zusatzfrage deswegen nicht mehr ankommt, zumal die Voraussetzung hierfür, nämlich der zukünftig Konsum von Cannabis, nicht vorliegt.

Soweit der Antragsgegner annimmt, im Gutachten sei der zukünftige Cannabisverzicht nicht hinreichend plausibel gemacht, da die Stabilität der Abstinenz nicht geprüft worden sei, es an einem forensisch gesicherten Drogenfreiheitsnachweis fehle und die Belastbarkeit des Einstellungswandels nicht nachvollziehbar sei, kann dem nicht gefolgt werden. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 18.5.2018 – 11 ZB 18.766) hat der Gutachter in entsprechender Anwendung der Kriterien D 3.3 und D 3.5 der Beurteilungskriterien – Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung (3. Auflage 2013) nachvollziehbar und plausibel herausgearbeitet, dass der Antragsteller sich auf der Grundlage einer Einsicht in die Risiken eines fortgesetzten Drogenkonsums entschieden hat, zukünftig auf jeden Drogenkonsum – auch unabhängig vom Führen eines Kraftfahrzeuges – zu verzichten und ausreichend motiviert ist, den Drogenverzicht dauerhaft beizubehalten. Außerdem hat er hinreichend deutlich gemacht, dass sich keine Hinweise auf besondere Risikofaktoren finden, die der Erwartung einer zukünftig drogenfreien Lebensführung entgegenstehen. Ein Abstinenznachweis ist demgegenüber nicht erforderlich.

Vor diesem Hintergrund können voraussichtlich weder die Entziehung der Fahrerlaubnis noch die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins, die gleichzeitig den Grund für das Behaltendürfen des Führerscheins durch die Behörde darstellt, im Hauptsacheverfahren Bestand haben. Das Gericht sieht von einem Ausspruch nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO ab, nachdem dieser nicht ausdrücklich beantragt wurde und es davon ausgeht, dass der Antragsgegner aufgrund seiner Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) dem Antragsteller bis auf weiteres seinen Führerschein wieder aushändigen wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf Nrn. 1.5 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

 

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