Skip to content
Menü

Fahreignungs-Bewertungssystem – förmliche Zustellung der Maßnahmen

VG Münster – Az.: 10 L 295/20 – Beschluss vom 15.05.2020

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der sinngemäß gestellte Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage 10 K 714/20 gegen die unter Nr. 1 des Bescheids des Antragsgegners vom 6. März 2020 verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis anzuordnen,

ist unbegründet. Die in materieller Hinsicht vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen kraft Gesetzes sofort vollziehbaren belastenden Verwaltungsakt anordnen, wenn bei einer Interessenabwägung das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt.

Vorliegend überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Denn nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ist die angefochtene Ordnungsverfügung rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG. Danach gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn sich für ihn nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem acht oder mehr Punkte ergeben. Die Fahrerlaubnisbehörde hat dann zwingend die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage liegen vor. Der Antragsteller hat acht Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem erreicht. Dies wird auch vom Antragsteller im Grunde nicht bestritten (Bl. 2 der Antragsschrift), sodass auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid vom 6. März 2020 Bezug genommen werden kann.

Das Stufensystem des § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG ist ordnungsgemäß durchlaufen worden. Die förmliche Zustellung der vom Antragsgegner ergriffenen Maßnahmen der Ermahnung und Verwarnung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 StVG ist für deren Bekanntgabe nicht erforderlich, weil dies gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Die finanzgerichtliche Rechtsprechung zur förmlichen Zustellung eines Steuerbescheides ist deshalb nicht ohne Weiteres übertragbar.

Ebenso wie bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen genügt es, dass dem Empfänger die Ermahnung und Verwarnung zugegangen sind. Das Gericht ist aufgrund der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren berücksichtigungsfähigen Erkenntnisse und der Umstände des Einzelfalles mit der für dieses Verfahren ausreichenden Sicherheit der Überzeugung, dass dem Antragsteller die schriftliche Ermahnung und Verwarnung zugegangen sind. Ein Schriftstück ist dann zugegangen, wenn es derart in den Machtbereich des Adressaten gelangt ist, dass dieser bei gewöhnlichem Verlauf und unter normalen Umständen die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat.

Für den Zugang der Ermahnung und der Verwarnung sprechen zunächst die in dem Verwaltungsvorgang befindlichen Postzustellungsurkunden (Bl. 14 und 28 BA). Diese enthalten neben dem Aktenzeichen des Vorganges und dem allgemeinen Zusatz „FAER“ auf der ersten Seite im oberen rechten Rand jeweils das Datum ihres Ausdruckes als weiteres Individualisierungsmerkmal. Diese Kombination von Angaben ermöglicht einen hinreichenden Rückschluss auf die übermittelten Schriftstücke. Denn die auf den Postzustellungsurkunden befindlichen Daten des Ausdruckes (17. August 2016 und 9. November 2017) entsprechen den Daten der Ermahnung (17. August 2016) und der Verwarnung (9. November 2017). In dem Verwaltungsvorgang finden sich keine anderen Schriftstücke, die eines dieser oder vergleichbarer Daten tragen. Der Antragsteller behauptet selbst auch nicht, dass er vom Antragsgegner andere Dokumente, die dasselbe Aktenzeichen und/oder eines dieser beiden Daten tragen, erhalten hätte, wodurch ein ausreichender Rückschluss auf die zugestellte Sendung in Frage gestellt sein könnte. Unerheblich ist insoweit, dass aus den Postzustellungsurkunden nicht der genaue Inhalt der jeweiligen Schriftstücke geschlossen werden kann.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2020 – 10 B 1214/19 -, n. v.

Auch die weiteren Umstände des Einzelfalles sprechen dafür, dass dem Antragsteller die Ermahnung und die Verwarnung zugegangen sind. Der gegenteilige Vortrag des Antragstellers, welcher sich im Wesentlichen in der Behauptung erschöpft, die Schriftstücke nicht erhalten zu haben, ist als unsubstantiiert zu bewerten. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Adresse „G…., … F.  “ um die Meldeadresse des Antragstellers handelt, unter welcher er sein gesamtes bisheriges Leben wohnt. Die Aufstellung des Antragsgegners auf Bl. 63f. der Verwaltungsvorgänge belegt, dass dem Antragsteller in den Jahren 2015 bis 2018 mehrere Schriftstücke erfolgreich per Postzustellungsurkunde an die o. g. Adresse zugestellt worden sind. Der Vortrag des Antragstellers, dass Postsendungen ggf. „untergegangen“ seien, weil Postsendungen regelmäßig von seinen Eltern oder seiner Großmutter aus dem Briefkasten genommen oder persönlich angenommen würden, ist als Schutzbehauptung zu werten, weil es insoweit an jeglicher Substantiierung fehlt. Er hat dieses Vorbringen auch nicht durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemacht.

Auch die Tatsache, dass der Antragsteller die Gebühren für die Ermahnung und die Verwarnung nach einer vorherigen Mahnung durch den Antragsgegner gezahlt hat, spricht indiziell dafür, dass die jeweiligen Schreiben zugegangen sind. Denn nach der Auskunft des Antragsgegners nehmen die Mahnschreiben stets Bezug auf die Maßnahme des Kataloges in § 4 Abs. 5 StVG. Für den Antragsteller hätte es sich nach Erhalt der jeweiligen Mahnung aufdrängen müssen, den Antragsgegner darauf hinzuweisen, wenn ihm die die Gebührenpflicht auslösende Ermahnung/Verwarnung bislang noch nicht zugegangen ist.

Vgl. OVG Sachsen, Beschluss vom 29. Oktober 2019 – 3 B 244/19 -, juris, Rn. 8.

Weitere Anhaltspunkte, die gegen den Zugang der Ermahnung und der Verwarnung sprechen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die weiteren Regelungen im angefochtenen Bescheid sind rechtlich nicht zu beanstanden, weil sie den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 GKG und entspricht der aktuellen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen bei Streitigkeiten um eine Fahrerlaubnis in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten?

Mit unserer Hilfe teure Bußgelder und Fahrverbote vermeiden!

Wir überprüfen Ihren Bußgeldbescheid kostenlos und unverbindlich auf Fehler und die Möglichkeit eines Einspruchs.
Blitzer Bußgeld prüfen

Rechtstipps aus dem Verkehrsrecht

Urteile über Bußgeld und Ordnungswidrigkeiten

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!