AG Freising, Az.: 6 OWi 406 Js 43408/15 (2), Urteil vom 22.02.2016
1. Der Betroffene ist schuldig einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts um 21 km/h.
2. Der Betroffene wird deshalb mit einer Geldbuße in Höhe von 70,00 € belegt.
3. Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen.
Angewendete Vorschriften: § 41 Abs. 1 i. V. m. Anlage 2, § 49 StVO, § 24 StVG, 11.3.4 Bußgeldkatalog, § 46 OWiG, § 464, 465 StPO.
Gründe
I.
Der am in F geborene Betroffene ist deutscher Staatsangehöriger und von Beruf Manager. Er ist verheiratet. Mangels darüberhinausgehender Angaben sind seine wirtschaftlichen Verhältnisse als geordnet anzusehen. Verkehrsrechtlich ist der Betroffene bisher nicht in Erscheinung getreten.
II.
Der Betroffene führte am 02.07.15 um 18:51 Uhr auf der Straße 2084, Abschnitt 430, Abzweigung Dürnast auf dem Gemeindegebiet Freising den PKW Toyota Europe mit dem amtlichen Kennzeichen M- in Richtung Freising. In Folge Vernachlässigung der erforderlichen und einem Kraftfahrer auch zumutbaren Sorgfalt hielt der Betroffene dabei eine Geschwindigkeit von mindestens 81 km/h ein. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit war durch Zeichen 274, welches etwa 200 Meter vor dem Messpunkt rechts neben der von dem Betroffenenfahrzeug befahrenen Fahrspur fest installiert ist, auf 60 km/h begrenzt. Ca. 150 – 200 Meter vor diesem Schild war die Geschwindigkeit bereits durch Zeichen 274, rechts von der vom Betroffenenfahrzeug befahrenen Fahrspur fest installiert, auf 80 km/h begrenzt. Es handelte sich hier also um einen Geschwindigkeitstrichter. Der Betroffene hätte die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bei Anspannung erforderlicher und zumutbarer Sorgfalt erkennen und vermeiden können.
Eine am Tatort vorgenommene Lasermessung durch das zum Zeitpunkt der Messung gültig geeichte Messgerät, ein Seitensensor ES 3.0 mit der Gerätenummer 5377 und der Softwareversion 1.007.1 ergab nach Abzug einer Toleranz von 3 km/h zur Berücksichtigung von etwaigen Messfehlern eine Mindestgeschwindigkeit des Betroffenenfahrzeuges von 81 km/h.
III.
Die Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen beruhen auf den verlesenen Personalien des Betroffenen, die von seinem Verteidiger als richtig anerkannt wurden, sowie auf den Angaben des Verteidigers.
Der Betroffene hat seine Fahrereigenschaft eingeräumt. Er wurde auf den Antrag seines mit diesbezüglich schriftlicher Vollmacht versehenen Verteidigers von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden. Die Fahrereigenschaft wurde vom Verteidiger in der Hauptverhandlung erneut eingeräumt.
Dass der Betroffene die unter II. festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung an der dort angegebenen Stelle begangen hat, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, aufgrund der in Augenschein genommenen Tatfotos, Blatt 7 der Akte, welches das Betroffenenfahrzeug am 02.07.15 um 18:51 Uhr am Tatort zeigt, dem verlesenen Messprotokoll (Blatt 8/9 der Akte), der Inaugenscheinnahme der Fotoliniendokumentation (Anlage 2 zum Protokoll) und der Inaugenscheinnahme der Skizze auf dem Messprotokoll (Blatt 9 der Akte), der ausführlichen Zeugeneinvernahme des uneidlich vernommenen Zeugen VDA G von der VPI Freising, sowie der verlesenen und in Augenschein genommenen Urkunden und Schriftstücke.
Auf das Tatfoto (Blatt 7 der Akte), die Dokumentation der Fotolinie (Anlage 2 zu Protokoll) und die Skizze (Blatt 9 der Akte) wird wegen der Einzelheiten gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 wegen der Einzelheiten verwiesen.
Zweifel an der Richtigkeit des Messergebnisses waren für das Gericht nicht angezeigt. Der Einseitensensor 3.0, Gerätenummer 5377, war ausweislich des verlesenen Messprotokolls (Blatt 10/11 der Akte) bis Ende 2015 gültig geeicht. Zudem führte der vom Gericht uneidlich vernommene Zeuge VDA G, der dem Gericht als zuverlässig arbeitender Messangestellter bekannt ist und der auf das Gericht einen glaubwürdigen Eindruck machte, ausführlich aus, dass Fehler bei der Messung nicht vorliegen. Die Eichurkunde von den Einseitensensor wurde darüber hinaus verlesen, auch aus diesem ergibt sich eine Eichung bis Ende 2015 (Blatt 10/11 der Akte).
Der Zeuge VDA G gab für das Gericht nachvollziehbar und glaubhaft an, dass er für die Bedienung des Messgeräts ES 3.0 ausgebildet und geschult ist, sowie eine große Erfahrung mit der Messung mit dem Einseitensensor ES 3.0 habe. Eine Schulungsbescheinigung, aus der sich zum einen die Schulung des Zeugen in der Geschwindigkeitsmessung und zum anderen seine Schulung in der Bedienung des Einseitensensors ES 3.0 ergibt wurden verlesen, und bestätigt die Angaben des Zeugen. Der Zeuge gab darüber auch in einer detaillierten Schilderung des Messvorgangs an, dass er sich an die Vorschriften der Bedienungsanleitung gehalten habe. Dies bestätigte er auch schriftlich auf seinem Messprotokoll, das verlesen wurde.
Der Verteidiger beantragte, den Betroffenen einen digitalen Datensatz der bei ihm vorgenommenen Messung unverschlüsselt, hilfsweise verschlüsselt, in ESO-Format zur Verfügung zu stellen und hierfür die Hauptverhandlung zu unterbrechen bzw. auszusetzen.
Der als Beweisantrag bezeichnete Antrag des Verteidigers wurde zurückgewiesen, weil die Beiziehung des digitalen Datensatzes der Messung nach pflichtgemäßen Ermessen zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist, § 77 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 OWiG.
Die Geschwindigkeitsmessung mit dem Messgerät ES 3.0 ist ein sogenanntes standardisiertes Messverfahren im Sinne der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 09.08.83 (Aktenzeichen 4 StR 627/92 = NJW 1993, 3 1081 ff.;) dies wurde zuletzt in Bezug auf das Messgerät ES 3.0 bestätigt durch den Beschluss des OLG Dresden vom 26.10.15 (Aktenzeichen: OLG 21 Ss 651/15 (Z)). Bei standardisierten Messverfahren ist eine nähere tatrichterliche Überprüfung des Messwertes nur geboten, wenn sich im Einzelfall bestimmte Anhaltspunkte ergeben, die geeignet sind, konkrete Zweifel an der Funktionstüchtigkeit oder sachgerechten Handhabung des eingesetzten standardisierten Messgeräts und deshalb an der Richtigkeit des Messergebnisses zu begründen. Sollen die behaupteten Fehlerquellen dagegen nicht in dem konkret durchgeführten Messvorgang selbst, sondern allgemein oder strukturell in der Messtechnik, der Messsoftware oder der Auswertesoftware des Messgerätes angelegt sein, müssen bei dem Tatrichter Zweifel an der Richtigkeit der Messung erst dann aufkommen, wenn sich Umstände ergeben, die im konkreten Einzelfall als plausibel erscheinen lassen, dass die Messung trotz der Zulassung des Messgeräts durch die PTB fehlerbehaftet sein könnte (OLG Bamberg, Beschluss vom 22.10.15 – 2 SS OWi 641/15) zu.
Umstände, die hier Zweifel an der Korrektheit des Messergebnisses aufkommen ließen, haben sich in der Hauptverhandlung nicht ergeben. Solche wurden auch vom Verteidiger nicht vorgetragen. Bei seinem Beweisantrag handelt es sich daher lediglich um einen Ausforschungsantrag, der noch nicht einmal eine konkrete Beweistatsache benennt.
Aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen G, sich bei dem Funktionstest und der Aufstellung des Sensorkopfes genau an die geltende Bedienungsanleitung gehalten zu haben, sowie auch gemäß der Bedienungsanleitung eine Dokumentation der Fotolinie gefertigt zu haben, sowie aufgrund des Umstandes, dass der Zeuge geschult und das Gerät ES 3.0 gültig geeicht war, war es nach Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich, dem Beweisantrag des Verteidigers nachzugehen. Aufgrund der oben angeführten Umstände waren keine Zweifel an der gemessenen Geschwindigkeit von 81 km/h angebracht. Ein Toleranzabzug von 3 km/h wurde berücksichtigt.
Der Fahrlässigkeitsvorwurf wird darauf gestützt, dass der Betroffene, wie jeder Kraftfahrer, die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit jederzeit hätte kontrollieren und herbeiführen können und müssen. Er hätte bei pflichtgemäßer Anspannung seiner Aufmerksamkeit und unter Zugrundelegung der ihm zur Begehungszeit und am Begehungsort zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten die Überschreitung der angezeigten Höchstgeschwindigkeit von 21 km/h als solche, wie auch deren Pflichtwidrigkeit durch Wahrnehmung der gut sichtbaren Verkehrszeichen vermeiden können.
IV.
Der Betroffene hat sich deshalb einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften als Führer eines Kraftfahrzeuges um 21 km/h gemäß § 41 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 2, § 49 StVO, § 24 StVG schuldig gemacht.
V.
Zur Ahndung hielt das Gericht eine Geldbuße in Höhe von 70 EUR für tat- und schuldangemessen. Dies entspricht dem Grad des vorwerfbaren Verhaltens des Betroffenen. Das Gericht hat dabei bedacht, dass gemäß § 17 Abs. 3 OWiG Grundlage für die Strafzumessung der Geldbuße die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit, sowie der Vorwurf, der den Täter trifft, ist. Zu berücksichtigen ist dabei, dass der auch für Gericht verbindliche Bußgeldkatalog für einen Verkehrsverstoß der vorliegenden Art nach Ziffer 11.3.4 bei – wie hier – fahrlässiger Begehungsweise und – wie hier – gewöhnlichen Tatumständen für einen nicht vorgeahndeten Täter ein Regelbußgeld in Höhe von 70 EUR vorsieht. Da der Betroffene straßenverkehrsrechtlich nicht vorgeahndet ist, sah das Gericht keine Veranlassung, diese Regelgeldbuße zu erhöhen. Es konnten allerdings auch keine Umstände festgestellt werden, aufgrund derer dieses zu senken gewesen wäre.
VI.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 46 Abs. 1 OWiG, §§ 464, 465 Abs. 1 StPO.