AG Dortmund, Az.: 729 OWi 71/17 [b], Beschluss vom 20.06.2017
Der Antrag der Stadt A auf Anordnung der Erzwingungshaft wird zurückgewiesen.
Gründe:
Gegen den Betroffenen ist wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit eine Geldbuße zu vollstrecken. Die Geldbuße beträgt laut Bußgeldbescheid 10 Euro (bei hierin zusätzlich enthaltenen Verfahrenskosten von 35,20 Euro).
Die Antragstellerin hat daraufhin Erzwingungshaftanordnung beantragt. Sie hat dabei Unterlagen der Stadt B vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass lediglich schriftliche Zahlungsaufforderungen abgesandt wurden. Vollstreckungsversuche sind nicht erfolgt.
Zwar liegen die gesetzlichen Voraussetzungen einer Erzwingungshaftanordnung vor – diese steht aber unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Das Gericht geht insoweit grundsätzlich davon aus, dass auch eine Geldbuße in der in Rede stehehden Höhe noch eine Anordnung von Erzwingungshaft ermöglicht (zu einer möglichen Unverhältnismäßigkeit bei geringsten Bußen: AG Lüdinghausen NJW 2005, 3017; a.A. aber Seitz in: Göhler, OWiG, § 96 Rn. 18 m.w.N.). Der Verhältnismäßigkeits-grundsatz gebietet es jedoch gerade bei derart geringen Geldbußen und ohnehin nicht für die Erzwingungshaft als solche maßgeblichen Verfahrenskosten, die die zu vollstreckende Geldbuße um ein Mehrfaches übersteigen, zunächst die Maßnahmen zur Beitreibung der Geldbuße auszuschöpfen (vgl. Seitz in: Göhler, OWiG, § 96 Rn. 15 u. 17; ähnlich auch Bohnert/Krenberger/Krumm, OWiG, § 96 Rn. 5; zuletzt etwa AG Dortmund, Beschl. v. 23.02.2017 – 729 OWi 19/17 [b]; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.1.2016 – 2 Ws 441/15 = NStZ-RR 2016, 184 = NZV 2017, 38 m. Anm. Sand-herr).
Schließlich ist darauf zu verweisen, dass ein grundsätzliches Absehen von Vollstreckungsversuchen auch bei § 96 OWiG maßgeblichen Opportunitätsprinzips (hierzu: Mitsch in: KK-OWiG, § 96 Rn. 21; Seitz in: Göhler, OWiG, § 96 Rn. 17) zu berücksichtigen ist und dementsprechend auch insoweit eine Erzwingungshaftanordnung nicht stattfinden kann.