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Ersatzfahrzeug für Fahrtenbuchauflage

Sächsisches Oberverwaltungsgericht – Az.: 3 A 749/16 – Beschluss vom 05.09.2017

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 23. August 2016 – 1 K 1741/15 – zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.400,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Vorbringen der Klägerin, auf dessen Prüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO beschränkt ist, lässt nicht erkennen, dass die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) oder der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (2.) gegeben sind.

Die Beklagte hatte gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 3. Juli 2013 die Führung eines Fahrtenbuchs für das Fahrzeug Porsche C mit dem amtlichen Kennzeichen L-… 0000 angeordnet (im Folgenden: Anordnungsbescheid). Dieser Bescheid ist am 15. Dezember 2014 bestandskräftig geworden, nachdem die Klägerin ihren Antrag auf Zulassung der Berufung im Verfahren 3 A 533/14 zurückgenommen hatte. Bereits zuvor, mit Bescheid vom 5. August 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landesamts für Straßenbau und Verkehr vom 13. November 2015 (im Folgenden: Erstreckungsbescheid), hatte die Beklagte ihre gegenüber der Klägerin ergangene Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs auf das im Fahrzeugbestand der Klägerin befindliche Fahrzeug Porsche P erstreckt, da das Fahrzeug Porsche C am 5. August 2014 umgemeldet worden war. Seit 16. Dezember 2014 ist auch dieses Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen L-… 0000 versehen.

Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Die Erstreckungsanordnung sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Alleiniger Gegenstand des Erstreckungsbescheids sei die Auswahlentscheidung hinsichtlich des Fahrzeugs Porsche P, da über die Anordnung der Fahrtenbuchauflage für das Fahrzeug Porsche C einschließlich Ersatzfahrzeugen bereits durch den Anordnungsbescheid bestandskräftig entschieden worden sei. Soweit der Erstreckungsbescheid auf einen Anordnungsbescheid vom 3. Juli 2014 anstatt 3. Juli 2013 Bezug nehme, handele es sich offensichtlich um einen Schreibfehler, der im Übrigen durch den Widerspruchsbescheid korrigiert worden sei.

In ihrer Antragserwiderung hat die Beklagte mitgeteilt, das Ersatzfahrzeug Porsche P mit dem amtlichen Kennzeichen L-… 0000 sowie ein weiteres Fahrzeug der Klägerin seien am 17. August 2016 „nach außerhalb umgeschrieben“ worden. Die Klägerin habe momentan keine weiteren Fahrzeuge mehr in Zulassungsbezirk der Beklagten gemeldet, weswegen sich das Verfahren bis auf die Kosten erledigt habe. Die Klägerin hat das Verfahren nicht für erledigt erklärt, sondern hält an ihrem Antrag fest, da die „Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrtenbuchauflagen von Anfang an nicht gegeben waren.“

Ob sich die Erstreckungsanordnung – wie die Beklagte meint – angesichts der Umschreibung tatsächlich erledigt hat, dürfte davon abhängen, ob die Klägerin weiterhin Halterin des streitbefangenen Fahrzeugs ist (vgl. Dauer, in: Hentschel/König/ders., Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 31a Rn. 9). Für den Fall, dass dem nicht so ist, kann hier offen bleiben, ob die Klägerin ihr Begehren im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage weiterverfolgen könnte. Denn jedenfalls hat die Klägerin in ihrer Zulassungsbegründung nichts dargelegt, was gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts sprechen könnte, dass der Erstreckungsbescheid rechtmäßig ergangen ist, weswegen eine Zulassung der Berufung in jedem Fall ohne Erfolg bleibt.

1. Das Vorbringen der Klägerin rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.

Dieser Zulassungsgrund dient der Verwirklichung von Einzelfallgerechtigkeit. Er soll eine berufungsgerichtliche Nachprüfung des Urteils des Verwaltungsgerichts ermöglichen, wenn sich aus der Begründung des Zulassungsantrags ergibt, dass hierzu wegen des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses Veranlassung besteht. Gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 VwGO ist der Zulassungsgrund in der gebotenen Weise darzulegen. Ernstliche Zweifel in dem genannten Sinne sind anzunehmen, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens zumindest als ungewiss er-scheint (SächsOVG, Beschl. v. 8. Januar 2010 – 3 B 197/07 -, juris; BVerfG, Beschl. v. 23. Juni 2000, DVBl. 2000, 1458; Beschl. v. 10. September 2009, NJW 2009, 3642). Der Antragsteller muss sich mit den Argumenten, die das Verwaltungsgericht für die angegriffene Rechtsauffassung oder Sachverhaltsdarstellung und -würdigung angeführt hat, inhaltlich auseinandersetzen und aufzeigen, warum sie aus seiner Sicht nicht tragfähig sind (SächsOVG, Beschl. v. 28. November 2012 – 3 A 937/10 -, juris m. w. N.).

Ohne Erfolg wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen erster Instanz, der Erstreckungsbescheid nehme fehlerhaft Bezug auf einen Anordnungsbescheid vom 3. Juli 2014. Eine Heilung sei nicht möglich, da „Verfolgungsverjährung eingewandt“ werde. Das Verwaltungsgericht habe „die Fristenkette rechtsfehlerhaft berechnet“. Dieses Vorbringen ist unbeachtlich. Denn Verwaltungsgericht hat ausführlich begründet, weshalb die Beklagte die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs ungeachtet der Zeit, die seit der am 27. Februar 2013 begangenen Zuwiderhandlung gegen Verkehrsschriften verstrichen war, auf das Ersatzfahrzeug der Klägerin erstrecken durfte (UA S. 9 f.). Damit setzt sich die Klägerin nicht ansatzweise auseinander.

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht im Übrigen davon ausgegangen, dass die Beklagte von ihrem nach § 31a Abs. 1 Satz 2 StVZO zustehenden Ermessen bei der Auswahl des Ersatzfahrzeugs beanstandungsfrei Gebrauch gemacht hat. Die von der Klägerin für ihre Rechtsauffassung hiergegen angeführte Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (NdsOVG, Beschl. v. 17. September 2017 – 12 ME 225/07 -, juris) ist auf den vorliegenden Fall schon nicht übertragbar. Im dortigen Fall hatte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht gegen die Ermessensausübung Bedenken, weil die Behörde hinsichtlich des Ersatzfahrzeugs zuvor bereits eine eigenständige Fahrtenbuchauflage angeordnet hatte. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht ist entgegen der Annahme der Klägerin auch mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass es sich beim Fahrzeug Porsche P um ein Ersatzfahrzeug i. S. v. § 31a Abs. 1 Satz 2 StVZO gehandelt hat. Nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO kann die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen (§ 31a Abs. 1 Satz 2 StVZO). Der Begriff des Ersatzfahrzeugs erstreckt sich entgegen der Annahme der Klägerin nicht nur auf solche Fahrzeuge, die nach einer Veräußerung erworben werden und funktional an dessen Stelle treten. Im Hinblick auf das Ziel der Bestimmung, nämlich zu verhindern, dass sich der Halter durch Veräußerung des mit der Auflage versehenen „Tatfahrzeugs“ der bestehenden Verpflichtung zu entziehen versucht, ist Ersatzfahrzeug im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 2 StVZO deshalb nicht nur das (vor oder während der Fahrtenbuchauflage anstelle des veräußerten) neu angeschaffte Fahrzeug. Vielmehr zählen dazu auch alle anderen Fahrzeuge des Halters, die im Zeitpunkt der Veräußerung des „Tatfahrzeugs“ von ihm betrieben werden und demselben Nutzungszweck zu dienen bestimmt sind. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der von der Klägerin zur Begründung ihres Zulassungsantrags herangezogenen Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (NdsOVG, Beschl. v. 17. September 2017 a. a. O. juris Rn. 6 m. w. N.). Die Tatsache, dass das Fahrzeug Porsche P von ihr bereits im Dezember 2013 und damit vor der Ummeldung des Fahrzeugs Porsche C erworben worden war, steht der Feststellung des Verwaltungsgerichts, es handele sich beim Fahrzeug Porsche P um ein Ersatzfahrzeug, somit nicht entgegen. Der Senat verweist hierzu gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die zutreffende Begründung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil (UA S. 7 f.), mit der sich die Klägerin nicht weiter auseinandersetzt.

Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf, der Porsche P sei auch deswegen nicht als Ersatzfahrzeug anzusehen, weil er im Unterschied zum Fahrzeug Porsche C ausschließlich vom Geschäftsführer und nicht von verschiedenen Mitarbeitern gefahren worden sei. Auch deswegen liege kein identischer Nutzungszweck vor. Auch dieser Einwand wurde vom Verwaltungsgericht gewürdigt. Zwar muss das Ersatzfahrzeug in der Art und Weise seiner typischen Benutzung grundsätzlich an die Stelle des früher verwendeten Fahrzeugs treten. Insoweit reicht es für die Annahme eines Ersatzfahrzeugs jedoch aus, wenn der Halter des Fahrzeugs Adressat der Fahrtenbuchauflage ist und der Geschäftsführer der GmbH als gesetzlicher Vertreter des Halters – wie im vorliegenden Fall – das Fahrzeug jederzeit selbst betrieblich nutzen oder anderen zur betrieblichen Nutzung überlassen kann. Nur auf diese Weise kann in wirksamer Weise verhindert werden, dass sich der Adressat der Fahrtenbuchauflage durch Umgehungsmaßnahmen von dieser ihm zusätzlich auferlegten Pflicht befreien kann. Der Senat verweist gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die – im Übrigen zutreffende – Begründung im Urteil (UA S. 8 f.), mit der sich die Klägerin nicht weiter auseinandersetzt.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn mit ihr eine grundsätzliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die sich in dem erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Die Darlegung dieser Voraussetzungen erfordert die Bezeichnung der konkreten Frage, die sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, als auch für das Berufungsverfahren erheblich sein würde. Darüber hinaus muss die Antragschrift zumindest einen Hinweis auf den Grund enthalten, der die Anerkennung der grundsätzlichen, d. h. über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der Sache rechtfertigen soll (SächsOVG, Beschl. v. 24. Juni 2015 – 3 A 515/13 -; juris Rn. 13, st. Rspr.; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 211 ff.).

Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Die Klägerin wirft schon keine konkrete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung liegende Frage auf, deren grundsätzlicher Klärung es ihrer Ansicht nach bedürfe. Soweit es ihr darum geht, grundsätzlich zu klären, ob unter einem Ersatzfahrzeug nur solche Fahrzeuge zu verstehen sind, die an Stelle des ursprünglich betroffenen Fahrzeugs erworben wurden, oder ob hierzu auch solche zählen, die – wie das Fahrzeug Porsche P – sich bereits im Fahrzeugbestand der Halterin befunden haben, bedarf es keiner Grundsatzberufung, da diese Rechtsfrage in der obergerichtlichen Rechtsprechung als hinreichend geklärt gelten kann (vgl. BayVGH, Beschl. v. 13. August 2008 – 11 ZB 08/1390 -, juris Rn. 8 f.; Beschl. v. 27. Januar 2004 – 11 CS 03/2940 -, juris Rn. 12; NdsOVG, Beschl. v. 10. Juni 2011 – 12 ME 40/11 -, juris Rn. 5; Beschl. v. 17. September 2017 a. a. O. Rn. 6; OVG Berlin, Beschl. v. 13. März 2003 – 8 S 330/02 -, juris Rn. 3 f.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG und folgt im Übrigen der erstinstanzlichen Festsetzung, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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