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Erhöhung der Geldbuße bei fehlender Unrechtseinsicht und negativem Nachtatverhalten

Geldbuße für Autofahrer wegen Smartphone-Nutzung am Steuer

Einem Autofahrer, der eine Panne hatte und seinen eigenen Abschlepp- und Pannendienst betreibt, wurde vom AG Ellwangen eine Geldbuße von 200 Euro auferlegt, weil er während der Fahrt ein elektronisches Gerät, nämlich ein Smartphone, zur Kommunikation benutzt hat. Die Polizei hatte ihn angehalten und die Beamten beobachteten, dass der Mann während des Fahrens telefoniert hatte. Der Fahrer verteidigte sich jedoch damit, dass er das Handy nur in der Hand gehalten habe, um es umzulegen. Bei der Anhörung vor Gericht wurde der Sachverhalt durch Zeugenaussagen der Polizeibeamten geklärt.

Direkt zum Urteil Az: 7 OWi 36 Js 5096/23 springen.

Der Vorfall und die Anhörung vor Gericht

Der Fahrer wurde am 30.08.2022 gegen 18:05 Uhr in Ellwangen von der Polizei gestoppt, nachdem er zuvor entgegenkommende Polizeibeamte in Person der Zeugen PHM T. und POM B. bemerkt hatten, dass er während der Fahrt sein Smartphone in der Hand hielt und telefonierte. Als der Mann zur Rede gestellt wurde, reagierte er aufgebracht und kündigte an, nie wieder Fahrzeuge für die Polizei abschleppen zu wollen, wenn er wegen so einer Kleinigkeit angezeigt würde. Zudem fragte er die Beamten, ob sie nichts Besseres zu tun hätten. Aus Wut schlug er mit der flachen Hand auf die Motorhaube des Polizeiwagens.

Die Zeugenaussagen und das Urteil

In der Hauptverhandlung wurden die beiden Polizeibeamten als Zeugen vernommen. Der Zeuge PHM T. erinnerte sich noch genau an den Vorfall, da es zu einer hitzigen Situation zwischen dem Fahrer und den Beamten gekommen war. Der Fahrer gestand ein, das Handy „vielleicht“ in der Hand gehalten zu haben, um es umzulegen. Zum Telefonieren hätte er aber eine Schutzhülle aufklappen und sein Smartphone durch Eingabe eines Codes entsperren müssen. Geld spiele keine Rolle, betonte der Fahrer, wichtiger sei ihm, dass jeder seine Worte spreche, wie es gewesen sei.

Das AG Ellwangen verurteilte den Fahrer schließlich zu einer Geldbuße von 200 Euro, da die Aussagen der Polizeibeamten als glaubhaft eingestuft wurden und im Wesentlichen übereinstimmten.

Fazit des Falles

Der Fahrer wurde letztendlich zur Zahlung der Geldbuße von 200 Euro verurteilt und musste auch die Kosten des Verfahrens sowie seine eigenen notwendigen Auslagen tragen. Wichtig ist aus diesem Fall zu lernen, dass das Benutzen von Smartphone oder anderen elektronischen Geräten während der Fahrt immer mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Auch wenn die Sichtweise des Fahrers vielleicht nachvollziehbar ist, so steht letztendlich die Verkehrssicherheit im Vordergrund und das Urteil sendet hier eine klare Botschaft: Am Steuer sollten Autofahrer ihr Handy einfach liegen lassen.


Das vorliegende Urteil

AG Ellwangen – Az.: 7 OWi 36 Js 5096/23 – Urteil vom 14.04.2023

1. Der Betroffene wird wegen vorschriftswidriger Benutzung eines elektronischen Gerätes, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, als Führer eines Kraftfahrzeugs zu der Geldbuße von 200,00 € verurteilt.

2. Die Kosten des Verfahrens und die eigenen notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt der Betroffene.

Gründe

I.

Über die Kurzpersonalien des Betroffenen hinaus ist bekannt, dass er einen Abschlepp- und Pannendienst betreibt.

Das Fahreignungsregister des Betroffenen weist folgende Eintragung auf:

Mit Bußgeldbescheid des LRA O. vom xx.xx.2021, rechtskräftig seit dem 23.10.2021, wurde gegen den Betroffenen wegen eines am 17.08.2021 begangenen Geschwindigkeitsverstoßes (Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 26 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 50 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 76 km/h) eine Geldbuße von 100,- € verhängt.

II.

Der Betroffene befuhr am 30.08.2022 um 18:05 Uhr als Führer des Pkw Fiat mit dem amtlichen Kennzeichen xx – xx xxxx die H. Straße Höhe Lidl in 73479 Ellwangen in Fahrtrichtung Crailsheim. Er benutzte dabei willentlich und wissentlich ein Smartphone, indem er es mit der rechten Hand aufnahm und telefonierte, wobei er wusste, dass ein solches Mobiltelefon während des Führens eines Fahrzeuges nicht benutzt werden darf, wenn es hierfür aufgenommen oder gehalten werden muss. Aufgrund des Telefonats wurde er von der ihm entgegenkommenden Polizeistreife in Person der Zeugen PHM T. und POM B. einer Verkehrskontrolle unterzogen. Als ihm der Vorwurf eröffnete wurde, stellte er den beiden Polizeibeamten in Aussicht, dass er nie wieder für die Polizei Fahrzeuge abschleppen würde, wenn er wegen so einer Kleinigkeit angezeigt würde. Er fragte die beiden Polizeibeamten zudem, ob sie nichts Besseres zu tun hätten. Der aufgebrachte Betroffene schlug ferner aus Wut mit seiner flachen Hand auf die Motorhaube des Streifenwagens.

III.

1. Die Feststellungen zur Person des Betroffenen beruhen auf den Angaben seines Verteidigers, den Angaben im Bußgeldbescheid sowie auf der Verlesung des Fahreignungsregisters.

2. Der Betroffene hat sich in der Hauptverhandlung dahingehend eingelassen, dass er sein Handy „vielleicht“ in der Hand gehabt habe, um es umzulegen. Zum Telefonieren hätte er seine Handyschutzhülle aufklappen und sein Smartphone durch Eingabe eines Codes entsperren müssen. Geld spiele keine Rolle. Er möchte aber, dass jeder seine Worte auch spricht wie es war.

3. Die Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den glaubhaften, im Wesentlichen übereinstimmenden und aufgrund des persönlichen Eindrucks des Gerichts vom Betroffenen auch nachvollziehbaren Aussagen der uneidlich vernommenen Polizeibeamten PHM T. und POM B.

a) Der Zeuge PHM T., an dessen Glaubwürdigkeit das Gericht keinerlei Zweifel hat, gab an, dass er sich noch sehr gut an den Vorfall erinnern könne, weil es sich so aufgeschaukelt habe. Er habe zur Tatzeit gemeinsam mit seinem Kollegen POM B. mit dem Streifenwagen die H. Straße in Richtung Ellwanger Stadtmitte befahren. Ihnen sei dann der Betroffene in dessen Transporter entgegengekommen. Der Betroffene habe dabei sein Smartphone in der Hand gehabt. Zudem seien Sprechbewegungen erkennbar gewesen. Aus diesem Grund sei er einer Kontrolle unterzogen worden. Der Betroffene habe ihn und seinen Kollegen dann gefragt, ob diese wissen, wer er sei. Er würde nichts mehr für die Polizei machen, wenn er angezeigt würde. Er habe zudem gefragt, ob er wegen so einer Kleinigkeit angehalten würde. Schließlich habe er auf die Motorhaube des Streifenwagens geschlagen. Dahingehend, dass er sein Smartphone nur umgelegt hat, habe er sich vor Ort nicht eingelassen.

b) Der Zeuge POM B., an dessen Glaubwürdigkeit das Gericht ebenfalls keinerlei Zweifel hat, gab an, dass auch er als Beifahrer im Streifenwagen den Betroffenen gesehen habe, wie dieser mit einem Handy in der rechten Hand während der Fahrt Sprechbewegungen machte. Bei der anschließenden Verkehrskontrolle sei der Betroffene direkt aufbrausend und aggressiv gewesen. Er habe den beiden Zeugen in Aussicht gestellt, dass er für die Polizei keine Dienste mehr leisten würde, wenn er angezeigt würde. Er habe ihn und seinen Kollegen zudem gefragt, ob diese nichts Besseres zu tun hätten. Der Betroffene habe auf die Motorhaube des Streifenwagens geschlagen. Dahingehend, dass er sein Smartphone nur umgelegt hat, habe der Betroffene sich vor Ort nicht eingelassen. Auch der Zeuge Bolz gab zu Protokoll, dass er sich aufgrund des selten respektlosen Verhaltens des Betroffenen noch gut an den Vorfall erinnern könne.

c) Dass die beiden Zeugen sich nicht mehr hundertprozentig sicher waren, wo genau der Betroffene sein Smartphone gehalten hat (am Ohr oder vor dem Mund) begründet im Hinblick auf den seit dem Vorfall verstrichenen Zeitraum und die hohe Anzahl der seitdem von den beiden Zeugen beobachteten Handyverstößen keine ernstlichen Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen. Dies vor dem Hintergrund, dass beide Polizeibeamten definitiv Sprechbewegungen und ein Mobiltelefon gesehen haben wollen sowie der Handyverstoß vor Ort vom Betroffenen eingeräumt wurde, indem er diesen als „Kleinigkeit“ bezeichnete.

d) Ebenfalls keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen kommen dadurch auf, dass das Smartphone des Betroffenen vor einem Telefonat wohl – wie von ihm in der Hauptverhandlung vorgeführt – entsperrt werden und die Handyschutzhülle aufgeklappt werden müsste. Für den durchschnittlichen Smartphone-Nutzer ist dies heutzutage problemlos auch einhändig und während des Führens eines Kraftfahrzeugführers möglich. Zudem kann der Betroffene dies auch schon vor Fahrtantritt erledigt haben.

e) Vom Jähzorn des Betroffenen, der sofort laut wird, wenn ihm ein Satz nicht genehm ist, konnte sich das Gericht in der Hauptverhandlung einen eigenen Eindruck verschaffen, sodass das Gericht auch die Aussagen der Zeugen zum Nachtatverhalten des Betroffenen als überaus glaubhaft beurteilt.

IV.

Auf Grund des festgestellten Sachverhalts hat sich der Betroffene vorsätzlich einer Ordnungswidrigkeit des verbotswidrigen Aufnehmens oder Haltens eines Mobiltelefons als Führer eines Kraftfahrzeuges nach §§ 23 Abs. 1a, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO, § 24 StVG schuldig gemacht.

V.

Es ist von einem Bußgeldrahmen auszugehen, der grundsätzlich die Verhängung einer Geldbuße zwischen 5,00 € und 2.000,00 € ermöglicht (§ 17 Abs.1 OWiG, § 24 Abs. 3 Nr. 5 StVG).

Der Bußgeldkatalog sieht bei der vom Betroffenen begangenen (typischerweise) vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit einen Regelsatz von 100,00 € vor (Nr. 246.1 Anh. BKatV).

Dieser Regelsatz war aufgrund der fehlenden Unrechtseinsicht sowie dem aggressiven und respektlosen Nachtatverhaltenen des Betroffenen angemessen zu erhöhen.

Die fehlende Unrechtseinsicht des Betroffenen zeigte sich dadurch, dass der Betroffene seinen Handyverstoß vor Ort als „Kleinigkeit“ abtat und die beiden Polizeibeamten fragte, ob diese nichts Besseres zu tun hätten. Nach dem vom Betroffenen in der Hauptverhandlung gewonnen Eindruck hat sich an dieser Einstellung bislang nichts geändert, da er den Ernst der ihn kontrollierenden Polizeibeamten (Verfolgung mit Blaulicht, Eröffnung des Vorwurfs, förmliche Belehrung, Ordnungswidrigkeitenanzeige, Belanglosigkeit seiner beruflichen Stellung etc.) immer noch nicht nachvollziehen konnte und sich immer noch zu Unrecht wie ein Straftäter behandelt fühlte.

Das Nachtatverhalten des Betroffenen gegenüber den beiden ihn kontrollierenden Polizeibeamten vor Ort, insbesondere die Drohung damit, dass er nicht mehr für die Polizei tätig würde, wenn es zur Anzeige käme, sowie das Schlagen mit der flachen Hand auf die Motorhaube des Streifenwagens, ist in der Tat – wie vom Zeugen POM B. ausgedrückt – als selten respektlos zu beurteilen.

Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass sich der Betroffene nach seiner Persönlichkeit durch eine niedrigere Geldbuße nicht hinreichend beeindrucken lässt.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO i. V .m. § 46 Abs. 1 OWiG.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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