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Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Aggressionspotenzials

VG Düsseldorf

Az: 6 K 6737/12

Urteil vom 20.02.2014

 

Der Bescheid des Beklagten vom 24. August 2012 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Der Kläger war Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, L und M. bis zum 11. März …..

Der Kläger ist wie aus der nachfolgenden tabellarischen Auflistung ersichtlich in der Vergangenheit strafrechtlich in Erscheinung getreten. Die rechte Spalte „Tilgung“ ist vom Gericht errechnet worden. Hinsichtlich der einzelnen Zuwiderhandlungen wird auf die Verwaltungsakte verwiesen.

Lfd. Nr.

Datum

Ereignis

Tilgung

•1.

17.06.2004

Betrug, Geldstrafe 20 Tagessätze

23.08.2020

•2.

13.06.2005

Betrug, Geldstrafe 20 Tagessätze

23.08.2020

•3.

11.05.2006

Betrug, Geldstrafe 60 Tagessätze

23.08.2020

•4.

11.03.2010

Betrug, Freiheitsstrafe 6 Monate auf Bewährung

23.08.2020

•5.

23.08.2010

Gefährliche Körperverletzung, Freiheitsstrafe 11 Monate auf Bewährung

23.08.2020

Im Rahmen der Verurteilung vom 11. März 2010 wegen Betruges (Az. 0 Ds 000/09 – hier lfd. Nr. 4) stellte das Amtsgericht X. fest, dass der Kläger unter dem falschen Namen N. M. beim Versandhandel „P. “ einen Drucker im Wert von 119,11 Euro kaufte, obwohl er von vornherein nicht bereit war, den fälligen Kaufpreis zu zahlen, was er zum Schaden des Verkäufers auch unterließ. Er bestellte die Ware unter falschem Namen, um die zivilrechtliche Forderung auf seinen ehemaligen Bekannten abzuwälzen.

Hinsichtlich der gefährlichen Körperverletzung (hier lfd. Nr. 5) wurde durch Urteil des Amtsgerichts X. vom 23. August 2010 (Az. 0 Ds 000/10) festgestellt, dass der Kläger, weil er sich durch das spätere Opfer N1. T. verleumdet fühlte, beschlossen hatte, zusammen mit zwei Bekannten diesen zur Rede zu stellen. Diesem Tatplan folgend, fuhren sie am Abend des Tattages zu Ts Wohnung. Sie klingelten bei ihm, so dass er das Haus verließ und vor dem Haus auf den Kläger und seine Begleiter traf. Nachdem T. einem der Begleiter zur Begrüßung die Hand gereicht hatte, versetzte ihm der Kläger unvermittelt einen Faustschlag ins Gesicht. Während die Begleiter T. festhielten, versetzte ihm der Kläger zusätzlich einen Stoß mit dem Knie in den Bauch. T. wurden die Beine weggeschlagen, er stürzte zu Boden und der Kläger und seine Begleiter traten sodann auf den am Boden Liegenden ein. Dabei führten sie die Schläge hauptsächlich gegen Ts Körper. Infolge der Misshandlungen erlitt dieser eine Prellung des Gesichts sowie eine Thoraxprellung. Hierfür verurteilte das Amtsgericht X. den Kläger zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte.

Am 17. Februar 2012 stellte der Kläger bei dem Beklagten einen Antrag auf Verlängerung der Fahrerlaubnisklassen C und CE, um nach längerer Arbeitslosigkeit wieder als Berufskraftfahrer zu arbeiten.

Nach Einsichtnahme in die Strafakten des Klägers ordnete der Beklagte am 3. April 2012 unter Fristsetzung bis zum 4. Juni 2012 die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens mit der Begründung an, dass der Kläger wegen diverser Straftaten, unter anderem wegen Körperverletzung, rechtskräftig verurteilt worden sei. Diese Tatsachen hätten Bedenken hinsichtlich der Kraftfahreignung des Klägers aufkommen lassen. Daher sei eine medizinisch-psychologische Untersuchung erforderlich, bevor eine Entscheidung über die Verlängerung der Fahrerlaubnis getroffen werden könne. Laut Anordnung war durch das Gutachten folgende Frage zu klären:

„Ist zu erwarten, dass der Untersuchte erneut eine erhebliche Straftat begehen wird, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere solch eine, die Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial liefert?

Der Kläger ließ daraufhin am 7. Mai 2012 durch die Q. -N2. GmbH ein medizinisch-psychologisches Gutachten erstellen. Die Exploration wurde wie folgt bewertet:

„Bei der gegebenen Befundlage muss für die Zukunft damit gerechnet werden, dass Herr X1. bei fortgesetzter Fahrtätigkeit gegen verkehrs- und/oder strafrechtliche Bestimmungen verstoßen würde.“

Die Fragestellung wurde zusammenfassend wie folgt beantwortet:

„Es ist zu erwarten, dass Herr X1. erneut eine erhebliche Straftat begehen wird, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere solch eine, die Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial liefert.“

Für den weiteren Inhalt des Gutachtens wird auf die Verwaltungsakte, Blatt 481 ff., Bezug genommen.

Da der Kläger das Gutachten zunächst nicht einreichte, teilte der Beklagte dem Kläger nach Fristablauf mit, dass er beabsichtige, ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen und gab ihm Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen. Hiervon machte der Kläger Gebrauch und legte zugleich das medizinisch-psychologische Gutachten vor.

Mit Ordnungsverfügung vom 24. August 2012, dem Kläger am 28. August 2012 zugestellt, entzog der Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis, ordnete die sofortige Vollziehung an, forderte den Kläger unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 400 Euro auf, den Führerschein binnen einer Woche nach Zustellung abzuliefern und setzte hierfür Kosten in Höhe von 102,32 Euro fest. Dies begründete er in der Sache mit dem Ergebnis des medizinisch-psychologischen Gutachtens, aus welchem ersichtlich sei, dass dem Kläger derzeit die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen fehle.

Der Kläger hat am 26. September 2012 Klage erhoben. Er trägt im Wesentlichen vor, dass das medizinisch-psychologische Gutachten der Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht zu Grunde gelegt werden dürfe, da die Anordnung der Vorlage des Gutachtens rechtswidrig gewesen sei. Da die Voreintragungen des Klägers wegen Betruges keine Zweifel an der Eignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen würden und auch die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung in keinerlei Zusammenhang mit dem Kraftfahrzeugverkehr gestanden habe, hätten die Voraussetzungen zur Anordnung des Gutachtens nach § 11 Abs. 3 Nr. 6 FeV nicht vorgelegen. Ferner sei die Anordnung unverhältnismäßig, da es sich bei der gefährlichen Körperverletzung um eine einmalige Gewalttat gehandelt habe, die zum Anordnungszeitpunkt bereits mehr als drei Jahre in der Vergangenheit gelegen habe. Nach einer so langen Zeit könne nicht mehr auf die Ungeeignetheit des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen wegen möglicher Gewalt im Straßenverkehr geschlossen werden. Sowohl im Urteil des Amtsgerichts X. vom 23. August 2010 als auch in der Beurteilung des Bewährungshelfers sei ihm eine positive Sozialprognose ausgestellt worden. Da er ohne weitere Begehung von Straftaten die Bewährungszeit durchstanden habe, habe er bewiesen, dass er nicht zu gewalttätigen Handlungen neige. Auch habe er sich bisher nichts im Straßenverkehr zu Schulden kommen lassen. Die Anordnung der Vorlage eines Gutachtens sei schließlich willkürlich, da der Beklagte nicht in allen Fällen der Verurteilung wegen einer Gewalttat ein derartiges Gutachten anfordere. Das Gutachten könne auch deshalb nicht herangezogen werden, weil es ungeeignet und fehlerhaft sei. Die Fragestellung sei falsch, da sie auf eine erneute Begehung von Straftaten im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung abstelle, eine solche Straftat vom Kläger aber bisher noch nicht begangen worden sei. Ferner stelle der Vorhalt, der Kläger könne im Straßenverkehr gewalttätig reagieren, eine unzulässige Vorverurteilung und eine unzulässige Schlussfolgerung dar.

Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten über die Entziehung der Fahrerlaubnis vom 24. August 2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Ordnungsverfügung vom 24. August 2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist rechtswidrig, weil die mangelnde Fahreignung des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Ordnungsverfügung nicht feststand.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist insbesondere, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen nicht erfüllt oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen hat (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV). Charakterliche Mängel liegen danach vor, wenn der Betroffene bereit ist, das Interesse der Allgemeinheit an sicherer und verkehrsgerechter Fahrweise den jeweiligen eigenen Interessen unterzuordnen und hieraus resultierende Gefährdungen oder Beeinträchtigungen des Verkehrs in Kauf zu nehmen.

BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2062/96 -, juris (= NJW 2002, 2378-2380); BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1987 – 7 C 87/84 -, BVerwGE 77, 40-46, juris.

Die Ungeeignetheit ist regelmäßig unter anderem dann erwiesen, wenn ein medizinisch-psychologisches Gutachten, welches den Anforderungen der § 2 Abs. 8 StVG, § 11 Abs. 5 FeV i.V.m. Anlage 15 zur FeV genügt, feststellt, dass sich der Betroffene mit signifikant höherer als durchschnittlicher Wahrscheinlichkeit künftig verkehrswidrig verhalten wird und es der Behörde vorliegt.

Auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die Anordnung zur Vorlage eines solchen Gutachtens nach § 46 Abs. 3 StVG i.V.m. § 11 Abs. 3 Nr. 6 FeV rechtmäßig ergangen ist, kommt es dann nicht mehr an. Denn die Anordnung hat sich durch die Vorlage des Gutachtens bei der Behörde in einer Weise erledigt, dass von einem seitens der Behörde rechtswidrig erlangten medizinisch-psychologischen Gutachten nicht mehr gesprochen werden kann. Zudem hat das Ergebnis der durchgeführten Begutachtung eine neue Tatsache geschaffen, die selbstständige Bedeutung hat. Ein Verbot, diese Tatsache – insbesondere wenn dieses negativ ausgefallen ist – für die Entscheidung über die Fahrerlaubnisentziehung zu verwerten, lässt sich weder aus den Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes, noch aus den Vorschriften der Fahrerlaubnis-Verordnung oder aus sonstigem Recht ableiten. Einem solchen Verbot stünde auch das Interesse der Allgemeinheit entgegen, vor Kraftfahrern geschützt zu werden, die sich auf Grund festgestellter Tatsachen als ungeeignet erwiesen haben.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 1982 – 7 C 69.81 -, BVerwGE 65, 157-167, juris (zur früheren StVZO); BVerwG, Beschluss vom 19. März 1996 – 11 B 14/96 -, juris (= NZV 1996, 332); OVG NRW, Beschluss vom 20. November 2010 – 16 B 1299/10.

Für die Frage, ob eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Fragestellung für das Gutachten vorgelegen hat, gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.

Vgl. VG München, Urteil vom 11. September 2009 – M 6b 09.55 -, juris.

Das Gericht wie auch die Verwaltungsbehörde dürfen sich aber nicht mit einer summarischen Beantwortung der Eignungsfrage im Gutachten des Sachverständigen begnügen, sondern müssen selbst prüfen, ob das Gutachten nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei ist und sich auch im Übrigen an den Vorgaben der Anlage 15 zur Fahrerlaubnisverordnung orientiert.

Dabei sind an das Gutachten strenge Maßstäbe zu stellen, da von seinem Ergebnis die Fahrerlaubnis des Betroffenen abhängt. Diese hat ihrerseits erheblichen Einfluss auf die Ausübung von grundrechtlich geschützten Freiheiten, vornehmlich für die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und darüber hinaus – wie im konkreten Fall – auch für die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) des Klägers.

Vgl. zur Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 – 1 BvR 689/92 -, BVerfGE 89, 69-91, juris.

An diesen Grundsätzen gemessen ist die Fahrungeeignetheit des Klägers durch das medizinisch-psychologische Gutachten der Q-N2 GmbH vom 7. Mai 2012 nicht erwiesen. Es orientiert sich nicht hinreichend an den Vorgaben der Anlage 15 (zu § 11 Abs. 5 FeV) und genügt nicht den Ansprüchen, die an die Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit zu stellen sind.

Die Untersuchung erfolgte zwar entsprechend Anlage 15 Nr. 1 (zu § 11 Abs. 5 FeV) anlassbezogen und unter Verwendung der von der Fahrerlaubnisbehörde zugesandten Unterlagen über den Kläger. Der Gutachter hat sich an die durch die Fahrerlaubnisbehörde vorgegebene Fragestellung gehalten und die Untersuchung wurde ausschließlich nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommen. Ferner wurde der Kläger vor der Untersuchung durch den Gutachter über Gegenstand und Zweck der Untersuchung aufgeklärt und es wurden über die Untersuchung Aufzeichnungen angefertigt.

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Auch waren die als Untersuchungsanlass herangezogenen Betrugstaten aus den Jahren 2004 bis 2010 sowie die gefährliche Körperverletzung unter Beachtung des gesetzlichen Verwertungsverbots in Gestalt von § 51 Abs. 1 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) zum Zeitpunkt der Begutachtung verwertbar. Denn wie lange einem Betroffenen ein in der Vergangenheit liegendes Fehlverhalten entgegengehalten werden darf, richtet sich allein nach den Tilgungs- und Verwertungsbestimmungen des Straßenverkehrsgesetztes, bzw. vorliegend nach § 47 BZRG.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 09. Juni 2005 – 3 C 21/04 -, juris (= NJW 2005, 3440-3443); OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. August 2008 – OVG 1 S 100.08 -, juris; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22. Mai 2013 – 1 M 123/12 -, juris (= NordÖR 2013, 418-423).

Nach § 47 Abs. 3 Satz 1 BZRG ist die Tilgung einer Eintragung, wenn im Register mehrere Verurteilungen eingetragen sind, erst zulässig, wenn für alle Verurteilungen die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen. Damit wird die Tilgung der hier unter den lfd. Nummer 1 bis 4 im „Tatbestand“ aufgelisteten Verurteilungen gehemmt, bis auch die Tilgungsvoraussetzungen der Eintragung über die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung vom 23. August 2010 vorliegen. Gem. §§ 5 Abs. 1 Nr. 4, 46 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BZRG erfolgt die Tilgung dieser Eintragung zehn Jahre nach Verkündung des Urteils, also am 23. August 2020. Die Tilgung der übrigen Eintragungen erfolgt demnach ebenfalls erst am 23. August 2020, wenn bis dahin keine weiteren tilgungsbeeinflussenden Ereignisse vorfallen.

Das Gutachten verstößt aber gegen Anlage 15 Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 (zu § 11 Abs. 5 FeV), weil es seine Untersuchung nicht auf Verhaltensweisen des Klägers, die für die Kraftfahreignung von Relevanz sind, beschränkt. Dies wiederum führt zu einer mangelnden Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit des Ergebnisses, welches darüber hinaus die Bezugnahme auf den konkreten Einzelfall und die Erläuterung eines Zusammenhangs zur Kraftfahreignung insgesamt vermissen lässt.

Nach Anlage 15 Nr. 1 Buchst. b (zu § 11 Abs. 5 FeV) darf Gegenstand der Untersuchung nicht die gesamte Persönlichkeit des Betroffenen sein, sondern nur solche Eigenschaften, Fähigkeiten und Verhaltensweisen, die für die Kraftfahreignung von Bedeutung sind (Relevanz zur Kraftfahreignung). Nach Anlage 15 Nr. 2 Buchst. a (zu § 11 Abs. 5 FeV) muss das Gutachten unter anderem nachvollziehbar, also schlüssig sein. Dies erfordert die Wiedergabe aller wesentlichen Befunde und die Darstellung der zur Beurteilung führenden Schlussfolgerungen. Das Gutachten muss weiter vollständig (Anlage 15 Nr. 2 Buchst. b) sein und zwischen der Vorgeschichte und der Befundlage deutlich trennen (Anlage 15 Nr. 2 Buchst. c).

Wann die Begehung von Straftaten für die Kraftfahreignung von Relevanz ist, ist unter Berücksichtigung der Regelung zur Erteilung bzw. Entziehung der Fahrerlaubnis zu sehen. Normzweck von § 3 Abs. 1 S. 1 StVG und § 46 Abs. 1 S. 1 FeV ist der Schutz der Allgemeinheit und der Individualrechtsgüter der Straßenverkehrsteilnehmer vor unfähigen oder ungeeigneten Führern solcher Fahrzeuge, für die eine Fahrerlaubnis benötigt wird.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 – 1 BvR 689/92 -, BVerfGE 89, 69-91, juris.

Nicht jede in der Vergangenheit begangene Straftat ist damit für die Kraftfahreignung von Relevanz. Die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen charakterlicher Ungeeignetheit setzt vielmehr voraus, dass die Anlasstat oder die Anlasstaten, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, tragfähige Rückschlüsse darauf zulassen, dass der Betroffene bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen Interessen unterzuordnen. Es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sein, dass aus der Teilnahme des Betroffenen im Straßenverkehr zukünftig eine Gefährdung desselben resultieren kann. Das Gutachten muss die empirischen Zusammenhänge zwischen Straffälligkeit, Kraftfahreignung und der Wahrscheinlichkeit von aggressivem Verhalten im Straßenverkehr nachvollziehbar darlegen und anhand konkreter Umstände, die sich aus den verwertbaren Straftaten unter Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit ergeben, erläutern, ob die Anlasstaten tatsächlich Rückschlüsse auf die Kraftfahreignung zulassen.

Vgl. BayVGH, Beschluss vom 5. Juli 2012 – 11 C 12.874 -, juris.

§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 und 7 FeV ist ausdrücklich zu entnehmen, dass sich solche Anhaltspunkte insbesondere aus der Begehung von Straftaten mit Aggressionspotenzial ergeben können. Bei besonders aggressiven Straftätern ist davon auszugehen, dass sie auch bei konflikthaften Verkehrssituationen (etwa bei Fahrfehlern anderer) emotional impulsiv handeln und dadurch das Risiko einer Verkehrssituation erhöhen, sowie eigene Bedürfnisse aggressiv durchsetzen werden. Ein hohes Aggressionspotenzial kommt regelmäßig bei solchen Straftaten zum Ausdruck, die sich durch Aggression gegen Personen oder Sachen ausdrücken, wie etwa eine schwere oder gefährliche Körperverletzung, Raub, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung, Nötigung oder Sachbeschädigung.

Vgl. hierzu Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan (Hrsg.), Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung. Kommentar, 2. Auflage 2005, Kommentar zu Ziffer 3.14, S. 209.

Dabei kann die Relevanz zur Kraftfahreignung grundsätzlich auch schon durch eine einzige Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung, die mittlerweile einige Jahre zurückliegt, und der Betroffene während dieses Zeitraums auch nicht erneut entsprechend in Erscheinung getreten ist, begründet werden.

Vgl. BayVGH, Beschluss vom 7. Januar 2013 – 11 C 12.2212 -, juris; VGH Hessen, Beschluss vom 13. Februar 2013 – 2 B 189/13 -, juris (= NJW 2013, 3192-3193).

Jedoch ist stets auf die Gesamtumstände zu achten, weil etwa ein einmaliges Verhalten in einer Ausnahmesituation nicht in jedem Fall Rückschlüsse auf ein allgemein bestehendes Aggressionspotenzial zulässt.

Vgl. Wendlinger, Fahrerlaubnisrecht: Ermessensausübung bei der Überprüfung der charakterlichen Fahreignung, in: NZV 2006, S. 505 (509) m.w.N.

Ein Zusammenhang zwischen dem Begehen von Straftaten und einer mangelnden Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen kann ferner dann bestehen, wenn die Ursache für die Straftaten in einer überdauernden und/oder gravierenden Störung der Verhaltenskontrolle oder der Persönlichkeit liegt, was etwa in einer auffälligen Wiederholung strafrechtlicher Verstöße zum Ausdruck gebracht wird und die Person sich gleichgültig gegenüber sozialen Normen, Regeln und den Rechten Anderer verhält. Dann ist zu befürchten, dass sich diese Mängel auch bei der Beachtung von Normen im Straßenverkehr und bei der Berücksichtigung der Interessen und Rechte anderer Verkehrsteilnehmer zeigen.

Vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan (Hrsg.), Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung. Kommentar, 2. Auflage 2005, Kommentar zu Ziffer 3.14, S. 209.

Schließlich kann – wie in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV ausdrücklich vorgesehen – auch derjenige Anlass zu Fahreignungszweifeln bieten, der eine erhebliche Straftat unter Nutzung eines Kraftfahrzeugs begangen hat.

Mit Blick auf die zeitliche Komponente ist – unabhängig von der grundsätzlichen Verwertbarkeit der Straftaten – weiter stets zu prüfen, ob die begangene Straftat im konkreten Fall tatsächlich noch die Besorgnis einer aktuellen Fahrungeeignetheit begründet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass, je weniger ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht, umso weniger die Annahme von Fahreignungszweifeln gerechtfertigt ist.

Vgl. Wendlinger, Fahrerlaubnisrecht: Ermessensausübung bei der Überprüfung der charakterlichen Fahreignung, in: NZV 2006, S. 505 (509) m.w.N.

Grundsätzlich gilt zwar, dass für eine einzelfallbezogene Prüfung dahingehend, ob die gegebenen Verdachtsmomente noch einen Gefahrenverdacht begründen, im Regelfall kein Raum mehr besteht, soweit der anlassgebende Sachverhalt nach den Tilgungs- und Verwertungsbestimmungen des Verkehrszentralregisters noch verwertbar ist.

Vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 – 3 C 21/04 -, juris (= NJW 2005, 3440-3443).

Anderes muss aber gelten, wenn sich die Zweifel an der Fahreignung einer Person aus länger zurückliegenden Umständen herleiten, die keine Eintragung im Verkehrszentralregister, sondern allein eine Eintragung im Bundeszentralregister nach sich ziehen. Denn die Tilgungs- und Verwertungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes können nicht als abschließende Regelungen der Frage angesehen werden, ob eine nach diesen Bestimmungen noch verwertbare Tat ohne Weiteres für die Beurteilung der Kraftfahreignung von Relevanz ist.

BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 – 3 C 25/04 -, juris (= NJW 2005, 3081-3082); zum Verhältnis dieses Urteils zum Urteil des BVerwG vom vom 9. Juni 2005 – 3 C 21/04 -, juris (= NJW 2005, 3440-3443), siehe ausführlich BayVGH, Beschluss vom 6. Mai 2008 – 11 CS 08.551 -, juris.

Nach alledem liegt der Fall hier wie folgt:

Die vom Kläger begangene gefährliche Körperverletzung ist als Straftat mit Aggressionspotenzial grundsätzlich für die Beurteilung der Kraftfahreignung von Relevanz. Das Gutachten überzeugt aber nicht mit der Annahme, dass bei vorangegangenen Straftaten mit Aggressionspotenzial zwingend von einer besonders hohen Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Verkehrsverstößen ausgegangen werden müsse (vgl. S. 12 des Gutachtens). Hier wäre es geboten gewesen, entsprechend den dargelegten Anforderungen der Anlage 15 Nr. 1 Buchst. b (zu § 11 Abs. 5 FeV) einen Zusammenhang mit der Kraftfahreignung unter Berücksichtigung der Umstände im konkreten Fall (etwa Anlass der Tat, Art und Weise ihrer Begehung, zeitliche Komponente) darzulegen. Das Gutachten lässt etwa völlig außer Acht, dass der Kläger bei Begehung der gefährlichen Körperverletzung nach den Feststellungen des Amtsgerichts X. nicht emotional aus dem Augenblick heraus gehandelt hat, sondern planvoll. So hat er seine Bekannten zusammengerufen um sein späteres Opfer zur Rede zu stellen, er ließ einen seiner Bekannten klingeln und im Moment, als das arglose Opfer diesem die Hand gab, schlug der Kläger zu. Der Grundannahme, dass ein außerhalb des Straßenverkehrs aggressive Person sich auch im Straßenverkehr aggressiv verhält, liegt aber die Überlegung zu Grunde, dass eine solche Person typischerweise emotional impulsiv handelt. Denn auch die typische Verkehrsübertretung erfolgt spontan und gerade nicht geplant. Damit lässt im vorliegenden Fall schon die konkrete Art der Begehung der Aggressionstat nicht den eindeutigen Rückschluss zu, dass der Kläger auch eine Gefährdung für den Straßenverkehr darstellen könnte. Die Relevanz für die Kraftfahreignung ist im konkreten Fall gerade nicht offensichtlich. Fehlt es an der Offensichtlichkeit, ist an das Gutachten aber ein erhöhtes Begründungserfordernis zu stellen (vgl. Anlage 15 Nr. 2 Buchst. b [zu § 11 Abs. 5 FeV]). Diesem Erfordernis wird das Gutachten nicht gerecht.

Ferner verstößt das Gutachten gegen Anlage 15 Nr. 2 Buchst. c (zu § 11 Abs. 5 FeV). Danach muss im Gutachten dargestellt und unterschieden werden zwischen der Vorgeschichte und dem gegenwärtigen Befund. Dies ist hier nicht erfolgt. Das Gutachten benennt die vom Kläger in der Vergangenheit begangene gefährliche Körperverletzung nicht schon bei der Darlegung der Eignungszweifel (II.2., S. 3 des Gutachtens – die Vorgeschichte des Klägers) ausdrücklich als für die Kraftfahreignung relevante Straftat, sondern erst im Rahmen der Bewertung der Exploration für die geforderte Verhaltensänderung des Klägers (S. 12 des Gutachtens – dem gegenwärtigen Befund).

Die hier unter den lfd. Nummern 1 bis 4 aufgelisteten Betrugstaten sind für die Beurteilung der Kraftfahreignung des Klägers nicht von Relevanz. Das Gutachten stellt hierzu lediglich fest, dass der Kläger durch Straftaten aufgefallen sei, die eine erhebliche Missachtung verbindlicher Regeln des Zusammenlebens erkennen ließen und ein enger Zusammenhang zwischen allgemeinstrafrechtlichen Delikten und Verkehrsauffälligkeiten bestehe (S. 3 des Gutachtens). Die Tatsache, dass eine Person sich mehrfach strafbar gemacht hat, kann aber allein die Relevanz für die Kraftfahreignung nicht begründen.

Dem Gutachten ist zwar darin zuzustimmen, dass aufgrund der begangenen Straftaten auf die mangelnde Rechtstreue des Klägers – in der Vergangenheit – geschlossen werden kann (vgl. S. 3 des Gutachtens). Dies ist im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung indes nicht beachtlich. Entscheidend ist, ob aufgrund der bereits verübten kriminellen Delikte einer Person unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die Vorhersage zulässig ist, dass von dieser Person eine zukünftige Gefährdung des Straßenverkehrs und anderer Verkehrsteilnehmer ausgeht.

Die im Gutachten zitierten Studien aus den Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts belegen zwar einen „Zusammenhang zwischen Verkehrsdelinquenz und allgemeiner Kriminalität. „Kriminalität und schlechtes Verkehrsverhalten sei auf eine gemeinsame, in der Persönlichkeit des Täters liegende Wurzel zurückzuführen.“

Middendorf, Verkehrskriminalität, in: Schneider (Hrsg.), Kriminalität und Abweichendes Verhalten, Band 1, 1983, S. 409 (416).

In der zitierten Literatur wird aber auch darauf hingewiesen, dass „eine gemeinsame Wurzel des Fehlverhaltens im allgemein-kriminellen Bereich und im Straßenverkehr [die Aggression] sein dürfte.“

Moser, Kriminalität und Verkehrssicherheit, in: Blutalkohol 20 (1983), S. 465 (467).

Dies zeigen auch jüngere Studien, in welchen das Verhältnis von Gewalttaten, Vandalismus und Eigentumsdelikten als verkehrsunabhängige Straftaten zur möglichen Begehung von strafbaren Verkehrsdelikten untersucht wurde. Insbesondere Straftaten mit Aggressionspotenzial außerhalb des Straßenverkehrs ließen eine Vorhersage über das Verkehrsverhalten zu. Jemand, der durch ein Gewaltdelikt aufgefallen ist, habe eine doppelte Wahrscheinlichkeit auch durch einen Verkehrsunfall aufzufallen. Wurden zwei oder mehr Eigentumsdelikte begangen, sei die Wahrscheinlichkeit für ein Auffallen durch einen Verkehrsunfall vierfach erhöht.

Vgl. Banse, Aggressivität Straftaten und Fahreignung: Empirische Zusammenhänge und Implikationen für die Fahreignungsbegutachtung, in: Zeitschrift für Verkehrssicherheit 2012, S. 119 (123).

Der Betrug wird aber gerade nicht durch aggressives, emotional impulsives Verhalten des Straftäters geprägt. Die Täuschung einer anderen Person erfordert vielmehr eine heimliche, unauffällige Verhaltensweise. Es gibt – soweit ersichtlich – auch keinen entsprechenden Erfahrungssatz, dass eine Person, die einen Betrug oder ein anderes Vermögensdelikt begangen hat, in besonderer Weise dazu neigt, Straftaten zu begehen, die Verkehrsbezug haben und die Verkehrssicherheit gefährden.

Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2013 – 16 E 1257/12 -, juris.

Einen solchen Zusammenhang vermochten auch die Gutachter im vorliegenden Fall nicht ausdrücklich zu begründen.

Weiter ist entgegen Anlage 15 Nr. 2 Buchst. a (zu § 11 Abs. 5 FeV) das Ergebnis des Gutachtens nicht nachvollziehbar. Denn es hat – bereits fehlerhaft – die Voraussetzungen für eine positive Prognose unter Einbeziehung der, für die Kraftfahreignung in jedem Fall irrelevanten, Betrugstaten festgelegt. Diese Einbeziehung führt im Folgenden zu einer Vermischung von relevanten und irrelevanten Tatsachen, die eine klare Herleitung des Ergebnisses unmöglich machen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2013 – 16 E 1257/12 -, juris.

Dies wird besonders im Abschnitt zur Bewertung der Exploration (S. 12 ff. des Gutachtens) deutlich. Hier liegen etwa die Einlassungen des Klägers zu den Betrugstaten der Beurteilung der erforderlichen Verhaltensänderung zugrunde und sind damit für das Ergebnis des Gutachtens von zentraler Bedeutung. Die fehlende Differenzierung zwischen den Anlasstaten und ihren Auswirkungen auf die Diagnose bzw. Wertungen und Prognosen des Gutachtens macht es schließlich auch nicht möglich, ein für die Beurteilung der Eignung des Klägers verwertbares „Restgutachten“ herauszufiltern. Das Gutachten vermittelt vielmehr den Eindruck, dass diese Diagnose bzw. Wertung auf einer untrennbaren Betrachtung und Berücksichtigung aller Straftaten beruht.

Schließlich muss nach Anlage 15 Nr. 2 Buchst. b (zu § 11 Abs. 5 FeV) das Gutachten in allen wesentlichen Punkten vollständig sein. Dies ist hier nicht der Fall. Die Bewertung der Exploration ist lückenhaft und lässt Umstände des Einzelfalls außer Acht.

Vgl. zum Erfordernis der ausreichenden Bezugnahme auf die Gesamtumstände des Einzelfalls bereits BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1961 – VII C 29.59 -, juris (= Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 8).

Voraussetzungen für eine positive Prognose sind nach den Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung unter Bezugnahme auf die Gesamtumstände des Einzelfalls eine deutlich erkennbare positiv zu wertende Veränderung der Lebensweise, die durch die jetzigen Lebensverhältnisse gestützt werden und welche aus einem Problembewusstsein heraus vom Betroffenen vollzogen worden ist. Ferner dürfen sich generelle Fehleinstellungen oder Störungen, die eine soziale Einordnung verhindern, nicht mehr feststellen lassen. Die genannten Voraussetzungen müssen sich schließlich über einen gewissen Zeitraum, in der Regel etwa ein Jahr, als stabil erweisen.

Vgl. hierzu Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan (Hrsg.), Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung. Kommentar, 2. Auflage 2005, Leitsätze zu Ziffer 3.14, S. 208.

Diese Voraussetzungen verneint das Gutachten unter konkreter Bezugnahme auf die Einlassungen des Klägers während der Exploration damit, dass dieser die Problematik des eigenen Verhaltens erst in Ansätzen erkannt habe, Bagatellisierungs-, bzw. Leugnungstendenzen gegeben seien, und der Kläger noch zu wenig über konkrete Verhaltensabsichten und Strategien zur Gewährleistung eines künftig regelangepassten Verhaltens berichten könne. Diese in sich nachvollziehbare Schlussfolgerung lässt aber folgende, zu Gunsten des Klägers sich geradezu aufdrängenden, zu berücksichtigenden Aspekte außer Acht: der Kläger hat einmalig eine aggressive Straftat in Form der gefährlichen Körperverletzung begangen, im Übrigen ist er seit 2010 weder strafrechtlich noch straßenverkehrsrechtlich auffällig gewesen und hat seit 1997 keine punkterelevanten Straßenverkehrsverstöße mehr begangen.

Zwar kommt es nicht darauf an, ob – und wenn ja wie viele – Punkte im Verkehrszentralregister eingetragen sind, wenn das außerhalb des Straßenverkehrs gezeigte Verhalten eines Fahrerlaubnisinhabers auf ein hohes Aggressionspotenzial schließen lässt, das die Erwartung begründet, dass er sich im Straßenverkehr unbeherrscht und die Verkehrssicherheit gefährdend verhält. Denn ein solcher charakterlicher Mangel wiegt so schwer, dass nicht abgewartet werden kann, bis er sich in Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften niederschlägt.

Vgl. BayVGH, Beschluss vom 07. November 2013 – 11 CS 13.1779 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2013 – 16 B 1031/13 -, juris.

Wenn der Fahrerlaubnisinhaber – wie hier der Kläger – zum Begutachtungszeitpunkt aber weder im noch außerhalb des Straßenverkehrs ein Verhalten aufweist, welches darauf schließen ließe, dass eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Begehung straßenverkehrsrechtlicher Verstöße gegeben sein könnte, kann eine mangelnde Kraftfahreignung nicht ohne Auseinandersetzung mit dieser Tatsache angenommen werden.

Die Befundlage lässt hier nicht derart eindeutig tiefgreifende Einstellungsmängel und aggressive Verhaltensauffälligkeiten beim Kläger erkennen, dass eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Aspekten, welche grundsätzlich für eine positive Veränderung der Lebensweise des Klägers sprechen, entbehrlich gewesen wäre.

Ist die Fahrerlaubnisentziehung rechtswidrig, erweisen sich auch die weiteren Entscheidungen der angefochtenen Verfügung als rechtswidrig, soweit sie auf der Fahrerlaubnisentziehung beruhen (Ablieferung des Führerscheins, Zwangsgeldandrohung).

Die nach § 6a Abs. 3 Satz 1 StVG i.V.m. § 22 Abs. 1 Verwaltungskostengesetz (VwKostG) in der bis zum 14. August 2013 geltenden Fassung mit angefochtene Kostenfestsetzung ist rechtswidrig. Nach § 6a Abs. 2 und 3 StVG, §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) ist die Rechtmäßigkeit der Maßnahme Voraussetzung einer rechtmäßigen Gebührenfestsetzung. Dies ist hier wie dargelegt nicht der Fall.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 S. 1, 2 Zivilprozessordnung (ZPO).

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