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Einstweiliger Rechtsschutz gegen Fahrtenbuchauflage

VG Köln – Az.: 18 L 600/21 – Beschluss vom 02.06.2021

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 1831/21 gegen die Ordnungsverfügung zur Führung eines Fahrtenbuchs der Antragsgegnerin vom 00. 00. 0000 wird wiederhergestellt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.233,08 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Den gestellten Antrag, „die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Stadt D.  vom 00.00.0000 wiederherzustellen“, legt das Gericht unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers gemäß § 122 Abs. 1, § 88 VwGO dahingehend aus, dass sich sein Rechtsschutzgesuch nicht nur auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage 18 K 1831/21 gegen die in der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 00. 00. 0000 (Az.: 00000000000) verfügte und für sofort vollziehbar erklärte Fahrtenbuchauflage beschränkt, sondern zugleich darauf erstreckt, die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der in dem vorgenannten Bescheid zugleich erfolgten Festsetzung von Gebühren sowie Auslagen anzuordnen. Der rechtskundige Antragsteller hat im Hauptsacheverfahren Klage gegen den „Bescheid der Stadt D.  vom 00.00.0000“ erhoben und somit den gesamten Bescheid angegriffen, was die mit der Sachentscheidung verbundene Kostenentscheidung einschließt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Dezember 2010 – 8 B 1626/10 – juris Rn. 5 ff.

II. Der so verstandene Antrag hat weitgehend Erfolg. Er ist, soweit er zulässig ist, begründet.

1. Der Antrag ist unzulässig, soweit die Regelung der Vollziehung in Gestalt der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 18 K 1831/21 gemäß den vorstehenden Ausführungen auch hinsichtlich der im Bescheid in Höhe von 132,32 Euro festgesetzten Verwaltungsgebühr sowie Auslagen begehrt wird. Die Voraussetzungen von § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO liegen nicht vor. Danach ist in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Einen Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 4 VwGO hat der Antragsteller nicht gestellt und die Antragsgegnerin folglich auch nicht abgelehnt. Auch liegen die Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO nicht vor.

2. Soweit der Antrag hinsichtlich der begehrten Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage betreffend die in der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 00. 00. 0000 verfügten Fahrtenbuchauflage zulässig ist, ist dieser begründet.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrtenbuchauflage ist formell rechtmäßig erfolgt. Sie wird den Begründungsanforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gerecht.

Zum Rechtsmaßstab: OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Januar 2006 – 8 B 1847/05 – juris Rn. 10, und vom 29. Juni 2006 – 8 B 910/06 – juris Rn. 4.

Vorliegend ergibt sich aus der Begründung der sofortigen Vollziehungsanordnung eindeutig, dass sich die Antragsgegnerin des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst war. Sie hat das Vollziehungsinteresse mit dem Suspensivinteresse des Antragstellers abgewogen, dabei jedoch dem öffentlichen Interesse, Verkehrsstöße künftig zeitnah aufklären zu können, Vorrang eingeräumt.

Einstweiliger Rechtsschutz gegen Fahrtenbuchauflage
(Symbolfoto: Saklakova/Shutterstock.com)

Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO spricht nach gegenwärtigem Erkenntnisstand mehr für die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Fahrtenbuchauflage als für deren Rechtmäßigkeit. Damit überwiegt das Interesse des Antragstellers, ein Fahrtenbuch nicht vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens führen zu müssen, das entgegenstehende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Fahrtenbuchauflage.

Vorliegend kann dahinstehen, ob die voraussichtliche Rechtswidrigkeit der Fahrtenbuchauflage bereits aus formellen Gründen folgt. Insoweit hat der Antragsteller vorgetragen, er sei entgegen § 28 Abs. 1 VwVfG NRW von der Antragsgegnerin nicht zum Erlass der Fahrtenbuchauflage angehört worden. In diesem Rahmen bedarf es ebenfalls keiner Entscheidung, ob der vom Antragsteller behauptete Anhörungsmangel durch die Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 1. Juni 2021 in Anwendung § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW geheilt worden ist. Auch wenn das Gericht erhebliche Zweifel daran hat, dass die Antragsgegnerin hierdurch die vor Erlass des belastenden Verwaltungsakts gebotene Anhörung in einer den Maßstäben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

– BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16.11 – juris Rn. 18 m.w.N. Vgl. auch Schneider, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Juli 2020, § 45 Rn. 93; Schemmer, in: BeckOK-VwVfG, VwVfG, Werkstand 1.4.2021, § 45 Rn. 42.1, beide m.w.N. –

genügenden Weise nachgeholt hat, führte selbst das Vorliegen eines Anhörungsmangels allein nicht zum Erfolg des Eilantrags. Denn in die insoweit gebotene Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache ist einzustellen, dass die Antragsgegnerin die erforderliche Anhörung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachholen kann, § 45 Abs. 2 VwVfG NRW.

Die angeordnete Fahrtenbuchauflage erweist sich jedoch nach dem Stand des Eilverfahrens als materiell rechtswidrig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage nicht in § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Verwaltungsbehörde einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Unter Berücksichtigung des Vortrags des Antragstellers im Eilverfahren ist die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid unzutreffend von dessen Haltereigenschaft betreffend das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen 00-00000 ausgegangen.

Die Fahrtenbuchauflage kann gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO nur gegenüber einem Fahrzeughalter ergehen, weil dieser die Verfügungsbefugnis und die Kontrolle über sein Fahrzeug besitzt. Für den insoweit maßgeblichen Halterbegriff gelten die zu § 7 StVG entwickelten Grundsätze. Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 12. Juni 2014 – 8 B 110/14 – juris Rn. 4 ff. – ausgeführt:

„Halter ist danach derjenige, der ein Fahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. Dies ist derjenige, der die Nutzung aus der Verwendung zieht und die Kosten hierfür aufbringt. Die Verfügungsgewalt übt derjenige aus, der Anlass, Ziel und Zeit der Fahrten selbst bestimmen kann.

Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 30. Juni 2010 – OVG 1 N 42.10 -, NJW 2010, 2743 = juris, Rn. 3; Bay. VGH, Urteil vom 15. März 2010 – 11 B 08.2521 -, juris, Rn. 32 , und Beschluss vom 30. Oktober 2012 – 11 ZB 12.1608 -, juris, Rn. 21; VG München, Beschluss vom 12. April 2012 – M 23 S 12.734 -, juris, Rn. 28; siehe ferner Burmann, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl. 2012, § 7 StVG Rn. 5, jeweils m.w.N.

Entscheidend ist dabei nicht das Rechtsverhältnis bzw. die Eigentümerstellung am Fahrzeug, vielmehr ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angebracht, bei der es vor allem auf die Intensität der tatsächlichen Beziehungen zum Betrieb des Fahrzeugs ankommt. Allerdings kann die Frage, wer Eigentümer des Fahrzeugs ist und auf wessen Namen es haftpflichtversichert ist, wichtige, wenn auch nicht allein entscheidende Anhaltspunkte dafür ergeben, wer Halter des Fahrzeugs ist.

Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30. Oktober 1991 – 10 S 2544/91 -, NZV 1992, 167 = juris, Rn. 3; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 30. Juni 2010 – OVG 1 N 42.10 -, NJW 2010, 2743 = juris, Rn. 3.

Ebenso wenig ist derjenige zwingend Halter eines Fahrzeugs, auf den dieses zugelassen ist. Auch und gerade die Fahrzeugzulassung ist allerdings ein gewichtiges Indiz für die Haltereigenschaft und kann bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall – insbesondere bei ungeklärten Verhältnissen – ausschlaggebende Bedeutung haben.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 1977 – 7 B 192.76 -, DokBer A 1977, 180 = juris, Rn. 2; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Oktober 2010 – 14 L 1635/10 -, juris, Rn. 11 ff.; Stollenwerk, DAR 1997, 459, 460; Gehrmann, ZfSch 2002, 213, 215; Schäpe, in: Beck/Berr, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 6. Aufl. 2012, Rn. 314.

Denn der Gesetzgeber misst den im Fahrzeugregister enthaltenen Eintragungen bei der Halterbestimmung erhebliches Gewicht bei. Insbesondere die Bestimmungen in §§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 32 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StVG legen nahe, dass der Fahrzeughalter mit demjenigen identisch ist, dem ein Kennzeichen für das Fahrzeug zugeteilt oder ausgegeben wird. Jedenfalls wird die erstmalige Zulassung in aller Regel auf den Halter zu erfolgen haben.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1987 – 7 C 14.84 -, NJW 1987, 3020 = juris, Rn. 10.

Dies ist schon deshalb sinnvoll, weil das Straßenverkehrsrecht nahezu alle aus der Zulassung und dem Betrieb eines Fahrzeugs folgenden Pflichten ausdrücklich dem Halter auferlegt. Das schließt es gleichwohl nicht aus, dass nachträglich infolge einer Änderung der tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Haltereigenschaft vom Zulassungsinhaber auf einen anderen Verantwortlichen übergehen kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1987 – 7 C 14.84 -, NJW 1987, 3020 = juris, Rn. 10; VGH Bad.- Württ., Beschlüsse vom 30. Oktober 1991 – 10 S 2544/91 -, NZV 1992, 167 = juris, Rn. 3, und vom 2. September 1997 – 10 S 1670/97 -, NZV 1998, 47 = juris, Rn. 3.

Bei alledem können auch mehrere Personen zugleich Halter desselben Fahrzeugs sein.

Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 30. Oktober 2012 – 11 ZB 12.1608 -, juris, Rn. 22; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 7 StVG Rn. 21 m.w.N.

Beispielsweise kann der Mieter oder Entleiher eines Fahrzeugs neben dem Vermieter bzw. Verleiher (Mit-)Halter sein. Der Vermieter oder Verleiher verliert die Haltereigenschaft nur dann, wenn der Mieter bzw. Entleiher alle anfallenden Kosten trägt und das Kraftfahrzeug seinem Einflussbereich völlig entzogen ist, etwa weil sich das Kraftfahrzeug an einem entfernten Ort befindet und bzw. oder hinsichtlich der Nutzung des Fahrzeuges keine Weisungsbefugnisse mehr bestehen; dabei können lediglich langfristige Überlassungen an Dritte den Verlust der Halterstellung zur Folge haben.

Vgl. zum Ganzen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20. September 2005 – 10 S 971/05 -, VRS 109, 468 = juris, Rn. 20 und 24; Nds. OVG, Beschluss vom 12. Dezember 2007 – 12 LA 267/07 -, ZfSch 2008, 356 = juris, Rn. 18; Bay. VGH, Urteil vom 15. März 2010 – 11 B 08.2521 -, juris, Rn. 32 f.; VG des Saarlandes, Urteil vom 24. Februar 2010 – 10 K 386/09 -, juris, Rn. 31 ff.; VG Hannover, Urteil vom 29. Oktober 2010 – 9 A 1575/09 -, juris, Rn. 19; VG Braunschweig, Urteil vom 31. Mai 2011 – 6 A 162/10 -, VD 2012, 123 = juris, Rn. 16 (zur Haltereigenschaft eines gewerblichen Autovermieters); siehe auch BGH, Urteil vom 3. Dezember 1991 – VI ZR 378/90 -, BGHZ 116, 200 = juris, Rn. 7, und OLG Zweibrücken, Beschluss vom 8. März 1979 – 1 Ss 69/79 -, VRS 57, 375 = juris, Rn. 16.“

Bei Anwendung der vorstehend genannten Maßstäbe spricht nach dem Stand des Eilverfahrens Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller nicht Fahrzeughalter im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist. Hierbei berücksichtigt das Gericht den im gesamten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes konsistent erfolgten Vortrag des Antragstellers. Dieser hat im Rahmen der Antragsschrift erklärt, er sei zwar Halter, aber nicht Eigentümer des Kraftfahrzeugs. Es gehöre seinem Sohn, der auch weitgehend der einzige Fahrer und Nutzer sei. Die Haltereigenschaft habe er nur aus Versicherungsgründen übernommen. Er sehe nicht, wie er die Führung des Fahrtenbuches übernehmen oder erzwingen könne. Unter dem 00. 00. 0000 hat der Antragsteller auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin gefragt, was diese von ihm verlange, insbesondere, ob diese meine, er könne seinen Sohn zur Fahrtenbuchführung verpflichten oder ob er ihm das Auto abkaufen und das Fahrtenbuch selbst führen solle. Auf die gerichtliche Aufklärungsverfügung vom 00. 00. 0000 hat der Antragsteller mit Schriftsatz 00. 00. 0000 schließlich ausgeführt, sein Sohn habe das Fahrzeug gekauft und bezahlt. Da man den Rabatt der Versicherung nicht habe verfallen lassen wollen, habe der Antragsteller diese übernommen und bezahle sie auch weiterhin als Geschenk an seinen Sohn. Das Fahrzeug werde von ihm in gar keiner Weise genutzt. Seine Frau und er verfügten über ein eigenes Auto. Sein Sohn sei Arzt und brauche es durchgängig zur Ausübung seines Berufs. Wenn er im Rahmen der Antragsschrift ausgeführt habe, sein Sohn sei „weitgehend“ der einzige Fahrer, sei dies in dem Kontext zu verstehen gewesen, dass dieser es für die Fahrt, bei der die Geschwindigkeitsüberschreitung stattgefunden habe, ausnahmsweise an einen Dritten verliehen haben müsse. Der Antragsteller selbst habe keinerlei Zugriff auf das Fahrzeug seines Sohnes. Er verfüge über keinen Fahrzeugschlüssel hierzu. Der Wagen sei auch üblicherweise an der Wohnadresse seines Sohnes abgestellt. Die Richtigkeit seiner Angaben hat der Antragsteller schließlich an Eides Statt versichert.

Diese Ausführungen werden von der Antragsgegnerin im Eilverfahren nicht dadurch durchgreifend in Frage gestellt, dass sie diese wiederholt als Schutzbehauptung bezeichnet und dies damit begründet, dass der Antragsteller diese Angaben nicht früher – insbesondere nicht im Rahmen der an ihn adressierten Anhörungsschreiben – gemacht hat. Allein aus diesem Verhalten zieht das Gericht nicht den Schluss, dass die vom Antragsteller gemachten Angaben unwahr oder unzutreffend sind. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller vorträgt, diese Angaben im Verwaltungsverfahren nicht früher gemacht zu haben, weil er ein Anhörungsschreiben nicht erhalten habe. Den Zugang des in der Verwaltungsakte befindlichen Anhörungsschreibens vom 00. 00. 0000, das nicht mit einem „Ab-Vermerk“ versehen ist, hat die Antragsgegnerin nicht dargetan.

Von einer bloßen Schutzbehauptung geht das Gericht angesichts der Konkretisierung und Tiefe der an Eides statt versicherten Angaben nicht aus. Auch hat der Antragsteller Zeugenbeweis angeboten und im Eilverfahren die Bereitschaft erklärt, seinen Sohn um die Vorlage einer Versicherung an Eides Statt zu bitten. Die Angaben des Antragstellers sind auch plausibel, zumal es gerade im „Eltern-Kind-Verhältnis“ zumindest nicht fernliegend ist, dass die Haltereigenschaft nicht mit dem Zulassungsinhaber korreliert, auch wenn dies bei erwachsenen, im Leben stehenden Abkömmlingen eher die Ausnahme als die Regel sein dürfte. Hinzu kommt, dass der Antragsteller in Kenntnis der strafrechtlichen Folgen einer falschen Versicherung an Eides Statt im gerichtlichen Eilverfahren eine solche Versicherung an Eides Statt abgegeben hat und er zudem die Person, welche die alleinigen Nutzungen aus der Verwendung des Fahrzeuges ziehen und alleinig die tatsächliche Verfügungsgewalt innehaben soll, konkret benannt hat. Dies versetzt die Antragsgegnerin in den Stand, Aufklärungsmaßnahmen anzustrengen. Sie kann sich durch geeignete Unterlagen nachweisen zu lassen, dass die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes an Eides Statt versicherten Angaben zutreffend sind, mit der damit möglichen Folge, dass die Fahrtenbuchauflage an den Sohn des Antragstellers als Halter des streitbefangenen Fahrzeuges zu richten wäre.

Vgl. hierzu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Februar 2020 – 3 M 15/20 – juris Rn. 8.

Bei Zugrundelegung des Vortrags des Antragstellers ist dieser nicht Fahrzeughalter. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Antragsteller noch im Rahmen der Antragsschrift selbst als Fahrzeughalter bezeichnet hat. Dies beruht auf seiner rechtlich unzutreffenden Subsumtion. Der Antragsteller hat das Fahrzeug nicht für eigene Rechnung in Gebrauch. Er besitzt über dieses keine Verfügungsgewalt und kann ohne Rücksprache mit dem Alleineigentümer nicht auf dieses zugreifen. Somit kann er Anlass, Ziel und Zeit der Fahrten nicht selbst bestimmen. Insoweit hat der Antragsteller auch vorgetragen, auf das Fahrzeug nicht angewiesen zu sein, da er über ein eigenes verfüge. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise verfügt der Antragsteller damit über keinerlei tatsächliche Beziehung zum Betrieb des Fahrzeugs. Die Eigentümerstellung seines Sohnes an dem Fahrzeug indiziert zumindest, dass dieser jedenfalls Mithalter am Fahrzeug ist. Für den Antragsteller folgt hieraus nichts. Zwar ist der Umstand, dass das Fahrzeug auf den Namen des Antragstellers haftpflichtversichert ist, grundsätzlich ein Indiz für die Annahme der Haltereigenschaft. Zwingend ist dieser Schluss aufgrund der vorstehend aufgezeigten Maßstäbe jedoch nicht. Entsprechendes gilt für die Zulassung des Fahrzeugs. Die aus der Eintragung als Halter im Fahrzeugregister folgende Indizwirkung ist von dem Antragsteller vorliegend durch plausibles und substantiiertes Vorbringen dazu, die Verfügungsbefugnis über das Kraftfahrzeug stehe tatsächlich einzig seinem Sohn zu, entkräftet worden.

Vgl. hierzu OVG Lüneburg, Beschluss vom 30. Mai 2016 – 12 LA 103/15 – juris Rn. 10 a.E.

Im Rahmen des Hauptsacheverfahrens wird das Gericht im Rahmen der ihm obliegenden Amtsaufklärungspflicht ermitteln, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse darstellen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Mit Blick darauf, dass der Antragsteller – gemessen am Streitgegenstand – bloß geringfügig unterlegen ist, legt das Gericht der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens insgesamt auf.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung von Ziffer 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Hiernach waren für jeden Monat, in dem das Fahrtenbuch zu führen ist, 400,00 Euro, bei 6 Monaten also 2.400,- Euro festzusetzen. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes war die Hälfte dieses Betrags gemäß Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit anzusetzen. Danach waren zudem die ebenfalls angegriffene Verwaltungsgebühr sowie die Auslagen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in geviertelter Höhe zu berücksichtigen.

 

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