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Einstweiliger Rechtsschutz gegen Betriebsuntersagung Kraftfahrzeug

VG Sigmaringen – Az.: 5 K 6841/18 – Beschluss vom 21.11.2018

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 1.250,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die vom Antragsgegner verfügte Betriebsuntersagung seines Kraftfahrzeuges.

Der Antragsteller ist Halter des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen … Das Fahrzeug ist mit einem Motoraggregat des Typs EA189 (EURO 5) ausgerüstet. Mit Schreiben vom 04.09.2018 teilte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) dem Landratsamt Sigmaringen mit, dass diverse Fahrzeugtypen einzelner Hersteller im Hinblick auf ihre Stickoxid-Emissionen nicht den zugrunde liegenden Typengenehmigungen entsprächen, weshalb das Kraftfahrt-Bundesamt den betroffenen Herstellern gegenüber Maßnahmen – wie z.B. die Durchführung entsprechender Rückrufaktionen mit dem Ziel des Entfernens der verbauten unzulässigen Abschalteinrichtungen – angeordnet habe, um die Übereinstimmung der betroffenen (auch bereits im Verkehr befindlichen) Fahrzeuge mit dem ursprünglich genehmigten Typ wiederherzustellen. Das Fahrzeug des Antragstellers habe bisher trotz mehrfacher Erinnerung nicht an einer Rückrufaktion teilgenommen. Das Landratsamt wandte sich daraufhin an den Antragsteller und forderte ihn mit Schreiben vom 21.09.2018 auf, bis zum 22.10.2018 an der Rückrufaktion teilzunehmen.

Mit Bescheid vom 25.10.2018 forderte das Landratsamt Sigmaringen den Antragsteller auf, die in seinem Fahrzeug verbaute unzulässige Abschalteinrichtung bis spätestens 12.11.20118 durch eine Aktualisierung der Software entfernen zu lassen und dies durch eine entsprechende Bescheinigung nachzuweisen (Ziff. 1), sollte dies nicht erfolgen, sei der Betrieb des Fahrzeuges im öffentlichen Straßenverkehr untersagt und das Fahrzeug sei dann unverzüglich bei einer Zulassungsbehörde unter Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil I sowie der Kennzeichen außer Betrieb zu setzen (Ziff. 2). Bezüglich dieser Anordnungen wurde Sofortvollzug angeordnet (Ziff. 3). Für den Fall, dass das Fahrzeug nicht wie in Ziff. 2 angeordnet außer Betrieb gesetzt werden sollte, wurde dem Antragsteller die Ersatzvornahme durch Entstempelung und hinsichtlich der Vorlage der Zulassungsbescheinigung ein Zwangsgeld in Höhe von 150,00 EUR angedroht. Zur Begründung führt das Landratsamt aus, dass das Fahrzeug des Antragstellers nach § 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) keinem genehmigten Typ im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 2 FZV entspreche, nachdem der Antragsteller die Nachrüstung nicht habe durchführen lassen. Die Anordnungen seien ermessensfehlerfrei und insbesondere angemessen. Durch die – nicht beseitigte – Abschalteinrichtung seien die im Betrieb auf öffentlichen Straßen entstehenden Abgaswerte unzulässig erhöht, woraus sich eine Gefahr für die allgemeine Gesundheit und die Umwelt ergebe. Zudem habe der Antragsteller auf wiederholte Aufforderungen nicht reagiert und die Mitwirkung an der Rückrufaktion des für ihn im Übrigen kostenfreien und nur mit geringfügigen Anstrengungen verbundenen Software-Updates verweigert. Es sei nicht davon auszugehen, dass er das Update freiwillig aufspielen werde, und die Tatsache, dass der Antragsteller auf sein Fahrzeug, möglicherweise beruflich und privat angewiesen sei, lasse die Maßnahme nicht unverhältnismäßig werden. Unbeachtlich sei es zudem, dass das Fahrzeug des Antragstellers nur geringfügig zur Verschmutzung der Luft beitrage, da es in der Typik des Individualverkehrs liege, dass das einzelne Fahrzeug nur in geringem Maße zur Gesamtverschmutzung beitrage, in der Masse jedoch sei ein Eingreifen gesetzlich vorgesehen, und es müsse aus diesem Grund auch gegen die Individualschädiger vorgegangen werden. Es könne aus verwaltungsorganisatorischen Gründen nicht zeitgleich gegen alle Fahrzeuge mit unzulässigen Abschalteinrichtungen vorgegangen werden, dies habe jedoch keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Bescheids. Die Zeitverzögerung gehe vielmehr zu Lasten der entsprechenden Fahrzeughalter, da diese entgegen der Bestimmungen trotz der längeren Zeit keine Maßnahmen ergriffen hätten, ihnen bekannte rechtmäßige Zustände herzustellen. Die Argumentation, das Fahrzeug werde als Beweismittel benötigt, könne darüber hinaus nicht greifen, da insoweit ein selbstständiges Beweisverfahren zur Verfügung stehe. Unerheblich sei auch der Einwand, das Update würde zu Schäden am Fahrzeug führen, entsprechende Schäden beträfen allein das privatrechtliche Verhältnis zwischen dem Händler und dem Antragsteller und es sei lediglich Sache der Zulassungsbehörde, rechtmäßige Zustände herzustellen. Der Antragsteller sei als Halter und Zustandsstörer in die Pflicht zu nehmen und die Frage des Verschuldens demnach unbeachtlich. Die Zwangsmittel seien ebenfalls rechtmäßig angeordnet worden.

Der Antragsteller hat gegen den Bescheid mit Schreiben vom 30.10.2018 Widerspruch eingelegt, den er nicht weiter begründet hat und mit Schreiben vom 31.10.2018 einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gem. § 80 Abs. 4 VwGO unter Verweis auf einen Rechtsstreit am Landgericht H. gestellt.

Den Antrag nach § 80 Abs. 4 VwGO lehnte das Landratsamt mit Entscheidung vom 06.11.2018 ab. Zur Begründung führte es aus, der Verwaltungsakt sei rechtmäßig und das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung übersteige das Interesse an ihrer Aussetzung. Soweit der Antragsteller geltend mache, er wolle aufgrund des Zivilrechtsstreits den Zustand des Fahrzeuges nicht verändern, so könne er dieses abmelden und außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs abstellen.

Der Antragsteller hat am 09.11.2018 einen Antrag auf Eilrechtsschutz beim Verwaltungsgericht Sigmaringen gestellt. Er trägt vor, er führe aufgrund der illegalen Abschalteinrichtung einen Prozess beim Landgericht H. gegen den Hersteller. Er benötige für diesen das Fahrzeug als Beweismittel. Die Behörde habe zudem ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Das Landratsamt habe eine Betriebsbeschränkung nicht in Betracht gezogen, obwohl bereits hierdurch die emittierten Schadstoffe vom streitgegenständlichen Fahrzeug reduziert werden könnten. Zudem stießen LKW im Vergleich zu PKW mehr schädliche Emissionen aus. Es sei daher – statt gegen PKW vorzugehen – vielmehr angezeigt, gegen LKW rechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Vom Fahrzeug des Antragstellers selbst gingen zudem keine unmittelbaren Gefahren aus, zumindest seien diese durch das Landratsamt nicht hinreichend nachgewiesen worden. Entsprechende Ermittlungen fänden sich nicht in der Akte und seien danach auch nicht überprüfbar. Es sei zudem nicht ersichtlich, warum zunächst seit 2015 mit Maßnahmen abgewartet worden sei und nun derartige Eilbedürftigkeit angenommen würde.

Der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 30.10.2018 gegen den Bescheid des Landratsamts Sigmaringen vom 25.10.2018 wiederherzustellen, soweit in Ziff. 3 des Bescheids die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 angeordnet worden ist, und sie anzuordnen, soweit in Ziff. 4 die Ersatzvornahme und ein Zwangsgeld angedroht worden sind.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid. Es sei bei der Verhältnismäßigkeit der vollständigen Betriebsuntersagung zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug des Antragstellers ortsunabhängig auf allen öffentlichen Straßen genutzt werden dürfe. So bestünde die Gefahr, dass das Fahrzeug auch in anderen Städten fahre und dort unmittelbare Gefahren hervorrufe könnte. Zudem habe der Antragsteller ausreichend Zeit gehabt, sein Fahrzeug nachzurüsten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die dem Gericht vorliegende Behördenakte (1 Band) und die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Der nach § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO (hinsichtlich Ziff. 1 und 2 des streitigen Bescheids) bzw. nach § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG (hinsichtlich Ziff. 4 des streitigen Bescheids) statthafte Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des fristgerecht eingelegten Widerspruchs ist zulässig, aber unbegründet.

I. Die Anordnung des Sofortvollzuges ist formell rechtmäßig erfolgt. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung wurde gesondert verfügt und hinreichend schriftlich begründet (§ 80 Abs. 3 S. 1 VwGO). Der Widerspruch gegen Ziff. 4 des Bescheids hat bereits kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung gem. § 12 LVwVG.

II. Es besteht auch ein besonderes Vollzugsinteresse, das vorliegend die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit rechtfertigt bzw. bzgl. Ziff. 4 keine Veranlassung gibt, die aufschiebende Wirkung entgegen der gesetzlichen Bestimmung anzuordnen.

Gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 bzw. § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO kann in Fällen der sofortigen Vollziehbarkeit das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Maßgeblich ist, ob das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs oder das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Für das Interesse des Antragstellers, einstweilen nicht dem Vollzug der behördlichen Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von Belang. Ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn die im Eilverfahren gebotene summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn an der Vollziehung eines ersichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen. Ist der Verwaltungsakt dagegen offensichtlich rechtmäßig, überwiegt in den Fällen, in denen abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung (vgl. § 80 Abs. 1 VwGO) die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO gesondert angeordnet wurde, das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers gleichwohl nur dann, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht, das über das allgemeine öffentliche Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände, wie es jedem Verwaltungsakt innewohnt, hinausgeht (st. Rspr., vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 – 13 S 1132/96 -, ESVGH 47, 177). Das Gericht nimmt in diesem Rahmen eine eigene Interessenabwägung vor und ist grundsätzlich nicht auf die bloße Überprüfung der von der Behörde getroffenen Entscheidung nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO beschränkt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2012 – 10 S 731/12 -, DVBl. 2012, 1506).

Nach der im Eilverfahren allein maßgeblichen summarischen Prüfung, dürfte der streitgegenständliche Bescheid voraussichtlich rechtmäßig sein und der hiergegen eingelegte Widerspruch ohne Erfolg bleiben.

1. Die Anordnung, die unzulässige Abschalteinrichtung durch eine Aktualisierung der Fahrzeug-Software entfernen zu lassen und dies durch eine geeignete Bescheinigung nachzuweisen, dürfte rechtmäßig sein.

Nach § 5 Abs. 1 FZV kann die Zulassungsbehörde dem Eigentümer oder Halter eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel setzen oder den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen beschränken oder untersagen, wenn sich ein Fahrzeug als nicht vorschriftsmäßig nach der Fahrzeug-Zulassungsverordnung oder der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung erweist. Bei dem Fahrzeug des Antragstellers handelt es sich nicht um einen genehmigten Fahrzeugtyp im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 2 FZV. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist mit einem Motor EA189 (EURO5) ausgestattet und damit werksseitig vorschriftswidrig mit einer Abschalteinrichtung, die zu einer Überschreitung der zulässigen Abgasemissionen führt. Das KBA hat den entsprechenden Fahrzeugen auf Grundlage von § 25 Abs. 2 EG-FGV mit Bescheid vom 15.10.2015 im Wege nachträglicher Nebenbestimmungen zu den Typgenehmigungen die Pflicht auferlegt, die unzulässigen Abschalteinrichtungen – auch bei bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeugen – zu entfernen und geeignete Maßnahmen, wie z.B. die Durchführung von entsprechenden Rückrufaktionen, zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen und dies durch das Beibringen von Nachweisen zu belegen. Das KBA ist für den Fall der Nichtbefolgung berechtigt, die Typengenehmigungen ganz oder teilweise zu widerrufen oder zurückzunehmen (vgl. das Schreiben des KBA vom 27.11.2017 an den Antragsgegner sowie die Pressemitteilung des KBA vom 16.10.2015; vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 24.01.2018 – 6 K 12341/17 -, Juris und VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13.12.2017 – 2 A 59/17 -, Juris). Nachdem der Antragsteller sein Fahrzeug nicht in der entsprechenden Weise hat nachrüsten lassen, erfüllt es die Voraussetzungen gem. § 3 Abs. 1 S. 2 FZV nicht mehr und verstößt damit gegen § 5 Abs. 1 FZV.

Dem Antragsgegner steht nach § 5 Abs. 1 FZV Ermessen zu. Bei Ermessensvorschriften prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten werden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wird. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen (vgl. § 114 VwGO). Das Gericht hat danach nur zu prüfen, ob die Verwaltung den ihr eingeräumten Ermessensspielraum ausgeschöpft hat, ob sie die gesetzlichen Grenzen der Ermessensbetätigung überschritten hat und ob sie die nach dem Zweck der Ermessensermächtigung für die Entscheidung relevanten Gesichtspunkte bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat. Gemessen hieran sind keine beachtlichen Ermessensfehler erkennbar. Der Antragsgegner hat erkannt, dass ihm hinsichtlich der Maßnahmenauswahl ein Ermessen zusteht, hat die gegenläufigen Interessen in seine Entscheidung eingestellt und alle relevanten Gesichtspunkte berücksichtigt. Insbesondere hat er maßgeblich darauf abgestellt, dass durch die – nicht beseitigte – Abschalteinrichtung die im Betrieb auf öffentlichen Straßen entstehenden Abgaswerte unzulässig erhöht sind, woraus sich eine Gefahr für die allgemeine Gesundheit und die Umwelt ergibt.

Das Durchführen des Software-Updates beeinträchtigt die mögliche Beweiskraft des Fahrzeuges als Beweismittel in einem zivilrechtlichen Prozesse gegen den Händler oder Hersteller, wie es der Antragsteller in seiner Argumentation andeutet, nicht. Für diese Fälle sieht die ZPO – wie auch vom Antragsgegner ausgeführt – das selbstständige Beweisverfahren gem. §§ 485 ff. ZPO vor. Zudem steht es dem Antragsteller frei, sein Fahrzeug unverändert zu lassen, es abzumelden und außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs zu lagern, um es als Beweismittel zu erhalten (vgl. ebenso VG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2018 – 6 L 709/18 -, Juris). Es dürfte ohnehin unstreitig sein, dass der im Fahrzeug des Antragstellers verbaute Motor eine unzulässige Abschalteinrichtung besitzt. Soweit der Antragsteller meint, dass die Maßnahmen gegen ihn unverhältnismäßig seien und eine entsprechende Ermessensüberschreitung vorliege, da nicht nachvollziehbar sei, ob sich tatsächlich erhöhte Stickoxidwerte ergeben, so kann er mit seinem unsubstantiierten Bestreiten jedenfalls im Eilverfahren nicht durchdringen. Die Maßnahme ist auch im engeren Sinne verhältnismäßig. Der Antragsteller hat trotz mehrfacher Aufforderung die Nachrüstung nicht vorgenommen. Im Übrigen kann die Zulassungsbehörde den Betrieb eines Fahrzeugs solange untersagen, bis ihr ein Nachweis über die Mängelbeseitigung vorgelegt worden ist. Hat die Behörde den Fahrzeughalter zur Mängelbeseitigung und zur Vorlage eines entsprechenden Nachweises aufgefordert, gehört es zu den Pflichten eines Fahrzeughalters, die Mängelbeseitigung nicht nur zu veranlassen, sondern dies der Behörde auch nachzuweisen. Dies ergibt sich insbesondere aus den Halterpflichten nach § 5 Abs. 2 S. 1 FZV, § 29 Abs. 10 StVZO. Der Antragsteller hat den Mangel nach Aktenlage bereits nicht behoben. Er kann auch nicht mit der Argumentation durchdringen, es bestünde kein Anlass für einen Sofortvollzug, da die Behörde den Betrieb zahlreicher nicht nachgerüsteter Fahrzeuge auch bislang hingenommen habe. Allerdings liegt im Ordnungsrecht – zu dem auch das Fahrzeugzulassungsrecht zählt – grundsätzlich bereits ein überwiegendes Interesse vor, wenn der Tatbestand einer gefahrabwehrenden Norm erfüllt ist. Dies gilt umso mehr, soweit – wie vorliegend – nach gesetzgeberischer Entscheidung höchstwertige Rechtsgüter, wie die menschliche Gesundheit, durch Emissionsgrenzwerte geschützt werden sollen (vgl. hierzu VG Stuttgart, Beschluss vom 27.04.2018 – 8 K 1962/18 -, Juris). Es kommt daher auch nicht für den Einzelfall darauf an, wie viele Fahrzeuge an der Rückrufaktion bereits teilgenommen haben. Es ist jedenfalls die Absicht des Antragsgegners erkennbar, gegen alle nicht nachgerüsteten Fahrzeuge in seinem Zuständigkeitsbereich in der entsprechenden Weise vorzugehen.

Es dürfte auch rechtlich nicht zu beanstanden sein, dass der Antragsgegner im Rahmen seines Auswahlermessens sogleich die vollständige Betriebsuntersagung – und nicht lediglich eine Betriebsbeschränkung nach § 5 Abs. 2 FZV – verfügt hat. Zwar hat das Landratsamt im streitgegenständlichen Bescheid selbst zunächst keine Überlegungen zur – milderen – Form des Eingriffs in Gestalt der Betriebsbeschränkung nach § 5 Abs. 2 FVZ angestellt, allerdings hat der Antragsgegner seine Ermessenserwägungen insoweit gem. § 114 VwGO im gerichtlichen Verfahren in der Antragserwiderung ergänzt. Danach verweist er in nicht zu beanstandender Weise sinngemäß auf ein offenkundiges Vollzugsproblem. Das Fahrzeug des Antragstellers kann ortsunabhängig auf allen Straßen genutzt werden, nicht nur im ländlichen Raum. Im Übrigen muss es den zum Vollzug des Fahrzeugzulassungsrechts berufenen Behörden ohnehin unbenommen bleiben, grundsätzlich gegen die Halter vorschriftswidrig emittierender Fahrzeuge vorzugehen, auch wenn sie ihre Fahrzeuge überwiegend in Regionen nutzen, in denen die einschlägigen Grenzwerte, die ggf. darüber hinaus noch zu weitergehenden Maßnahmen Anlass geben, nicht überschritten sein mögen. Sofern sich der Antragsteller auch insoweit auf den beim Landgericht H. anhängigen Zivilprozess beruft, war dieser Umstand bei der Fristsetzung vom Antragsgegner bereits deshalb nicht zu berücksichtigen, weil er für die Frage der Außerbetriebsetzung, wie ausgeführt, ohne Relevanz ist. Der Antragsteller hat die Nachrüstung nicht innerhalb der Frist vorgenommen. Die Frist von etwa 2 Wochen (bis zum 12.11.2018) dürfte auch sonst nicht zu beanstanden sein.

2. Die Aufforderung in Ziff. 2 der Verfügung, das Fahrzeug durch Abgabe der Zulassungsbescheinigung Teil I und Vorlage der Kennzeichenschilder zur Entstempelung außer Betrieb zu setzen, soweit die Nachrüstung innerhalb der gesetzten Frist nicht durchgeführt wird, ist auf Grundlage des § 5 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 14 FZV gleichfalls voraussichtlich rechtmäßig ergangen. Ist der Betrieb eines Fahrzeugs, für das ein Kennzeichen zugeteilt ist, untersagt, hat nach § 5 Abs. 2 S. 1 FZV der Eigentümer oder Halter das Fahrzeug nach Maßgabe des § 14 FZV außer Betrieb setzen zu lassen oder der Zulassungsbehörde nachzuweisen, dass die Gründe für die Beschränkung oder Untersagung des Betriebs nicht oder nicht mehr vorliegen. Gemäß § 14 Abs. 1 S. 1, 1. Hs. FZV hat der Halter oder der Verfügungsberechtigte die Außerbetriebsetzung bei der Zulassungsbehörde unter Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil I unverzüglich zu beantragen und die Kennzeichen zur Entstempelung vorzulegen.

3. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist auch bezüglich der gemäß § 12 LVwVG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziff. 4 der Verfügung, also der zwangsweisen Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs im Wege der Ersatzvornahme und der Androhung eines Zwangsgeldes (vgl. § 80 Abs. 5 i.V.m. § 80 Abs. 2 S. 2 VwGO), unbegründet.

Die Androhung unmittelbaren Zwangs beruht zutreffend auf §§ 2 Nr. 2, 18, 19 Abs. 1 Nr. 2, 20, 25 LVwVG. Auf Grund des gewichtigen öffentlichen Interesses, dass nur Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen betrieben werden, die die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, sich mithin in einem vorschriftsmäßigen Zustand nach der FZV befinden, lässt die Anwendung anderweitiger Zwangsmittel keinen zweckentsprechenden und rechtzeitigen Erfolg erwarten.

Die Androhung des Zwangsgeldes nach §§ 2 Nr. 2, 18, 19 Nr. 1, 20 Abs. 1, 4 und 23 LVwVG ist ebenfalls rechtmäßig erfolgt, die Höhe von 150,– EUR ist angemessen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 1 GKG, wobei für die Betriebsuntersagung gemäß Ziffer 46.16 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ein Streitwert von 2.500,– Euro angesetzt wird, der für das Eilverfahren halbiert wird (vgl. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013; gemäß dessen Nr. 1.7.2 Satz 1 bleibt die Androhung des Zwangsmittels streitwertmäßig außer Ansatz).

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