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Diabetes – Beibringung Gutachten für Fahreignung

VG Bremen – Az.: 5 V 25/20 – Beschluss vom 28.04.2020

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers (5 K 24/20) gegen die Verfügung des Bürger- und Ordnungsamtes – Führerscheinstelle – vom 03.12.2019 zum Aktenzeichen … wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

Dem … geborenen Antragsteller wurde im Jahr 1961 die damalige Fahrerlaubnisklasse 3 und im Jahr 1966 die damalige Fahrerlaubnisklasse 2 erteilt. Infolge der Umstellung auf die neuen Fahrerlaubnisklassen Ende 2000 war der Antragsteller Inhaber der Klassen A, A1, AM, B, BE, C, C1, C1E, CE, L und T. Die Klassen C und CE waren bis zum 30.11.2005 gültig. Beim Antragsteller wurde im Jahr 1994 Diabetes mellitus Typ 2 diagnostiziert. Zudem ist sein rechtes Bein aufgrund einer Sprunggelenks-Operation um einige Zentimeter verkürzt.

Das Ordnungsamt des Landkreises Cuxhaven leitete im April 2018 ein Entziehungsverfahren gegen den Antragsteller ein und forderte ihn auf, ein fachärztliches Gutachten einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vorzulegen. Hintergrund war ein Vorfall vom .04.2018, bei dem der Antragsteller durch eine unsichere Fahrweise aufgefallen sein soll. Laut Polizeibericht habe er auf einer Strecke von ca. 1.500 Metern mit einer deutlich geringeren Geschwindigkeit als erlaubt mehrfach den Mittelstreifen überfahren und sei auf die andere Fahrbahn geraten. Bei der anschließenden Verkehrskontrolle hätten Polizeibeamte Schwierigkeiten in der Mobilität und Kommunikation des Antragstellers festgestellt. Ein Atemalkoholtest sei negativ ausgefallen. Das Entziehungsverfahren wurde – wohl aufgrund der Verlegung des Wohnsitzes des Antragstellers von … (Landkreis Cuxhaven) nach … – nicht fortgeführt.

Am .05.2018 soll der Antragsteller erneut durch eine unsichere Fahrweise aufgefallen sein. Andere Verkehrsteilnehmer gaben bei der Polizei an, er sei mehrfach auffallend langsam direkt auf dem Mittelstreifen gefahren, sodass entgegenkommende Autos hätten ausweichen müssen. An einer roten Ampel sei er ungebremst in den Kreuzungsbereich eingefahren. Im weiteren Verlauf habe der Antragsteller mehrfach den Mittelstreifen überquert, wodurch es beinahe zu Unfällen gekommen sei. Beim Abbiegen habe er den Kantstein einer Verkehrsinsel überfahren und parkende Fahrzeuge sowie Baustellenmaterialien beinahe gestreift. Auch der insoweit durchgeführte Atemalkoholtest sei negativ ausgefallen. Die Ehefrau des Antragstellers gab an, dass ihr Ehemann in keiner guten gesundheitlichen Verfassung sei und neben Altersbeschwerden auch an Diabetes leide, sein Insulin aber nur unregelmäßig einnehme. Sie vermute, dass er unterzuckert gewesen sei. Vor dem Amtsgericht Bremerhaven wurde gegen den Antragsteller ein Strafverfahren wegen Gefährdung des Straßenverkehrs geführt (Aktenzeichen: …). In der mündlichen Verhandlung stritt der Antragsteller die Vorwürfe ab, gab aber an, an Diabetes mellitus Typ 2 zu leiden und ein um drei Zentimeter verkürztes rechtes Bein zu haben. In der schriftlichen Urteilsbegründung vom 07.01.2019 (Bl. 81 der Strafverfahrensakte) wird ausgeführt:

„Die Tat war nicht nachzuweisen, sodass ein Freispruch aus tatsächlichen Gründen erfolgte.“

Die Führerscheinstelle des Bürger- und Ordnungsamtes der Antragsgegnerin (im Folgenden: Führerscheinstelle) bat den Antragsteller daraufhin um persönliche Vorsprache zwecks Klärung etwaiger Auswirkungen des Vorfalls vom 12.05.2018 auf seine Fahreignung. Zugleich bat sie um Vorlage ärztlicher Bescheinigungen über seinen Gesundheitszustand. Im Rahmen der persönlichen Vorsprache am 20.05.2019 erklärte der Antragsteller, dass er wegen seiner Diabeteserkrankung mehrmals am Tag Insulin spritzen müsse und die Verkürzung seines Beines durch einen orthopädischen Spezialschuh ausgeglichen werde. Er sagte zu, binnen zwei Wochen ein ärztliches Attest seines Hausarztes vorzulegen. Dies ist trotz wiederholter Erinnerung der Führerscheinstelle nicht erfolgt. Unter dem 12.06.2019 setzte die Führerscheinstelle eine letzte Frist zur Vorlage bis zum 17.06.2019 und kündigte für den Fall der Nichtvorlage eine Begutachtungsaufforderung an.

Mit Schreiben vom 16.07.2019 forderte die Führerscheinstelle den Antragsteller auf, ein Gutachten eines Arztes einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vorzulegen. Das Gutachten sei einzuholen, um die Zweifel an der Fahreignung auszuräumen. Weiter hieß es:

„Falls Sie sich der notwendigen Begutachtung unterziehen wollen, bitten wir Sie, die als Anlage beigefügten Erklärungen zu unterschreiben und uns eine [sic!] innerhalb von 2 Wochen nach Erhalt dieses Schreibens an uns zurückzugeben.

Das dann anzufertigende ärztliche Gutachten ist uns bis zum 16.11.2019 vorzulegen.“

Für den Fall der Nichtvorlage wurde auf § 11 Abs. 8 Satz 2 der Fahrerlaubnisverordnung (im Folgenden: FeV) und eine Entziehung der Fahrerlaubnis hingewiesen. Im Rahmen der ärztlichen Untersuchung sollte folgende Frage beantwortet werden:

„Handelt es sich bei den uns bekannt gewordenen Erkrankungen (s. unser Anordnungsschreiben vom 16.07.2019) um Erkrankungen, die nach Anlage 4 der FeV die Fahreignung beeinträchtigen oder gänzlich in Frage stellen?“

Der Antragsteller, dem die Begutachtungsaufforderung am 18.07.2019 zugestellt wurde, reichte weder eine Erklärung über die Zustimmung zur Begutachtung noch ein Gutachten ein. Unter dem 02.08.2019 und dem 20.11.2019 hörte die Führerscheinstelle ihn daher zur beabsichtigten Fahrerlaubnisentziehung unter Anordnung der sofortigen Vollziehung an.

Mit Bescheid vom 03.12.2019 entzog die Führerscheinstelle dem Antragsteller die Fahrerlaubnis (Ziffer 1), gab ihm auf, den Führerschein sofort, spätestens bis sieben Tage nach Zustellung der Verfügung abzuliefern (Ziffer 2), drohte ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 260,00 Euro an (Ziffer 3), erhob eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 162,50 Euro (Ziffer 4) und ordnete die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 bis 3 der Verfügung an (Ziffer 5). Aufgrund der fehlenden Mitwirkung werde auf seine Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen. Es bestünde die Gefahr, dass er ein Kraftfahrzeug führe, obwohl er aufgrund erheblicher körperlicher Beeinträchtigungen nicht mehr dazu in der Lage sei. Die Gefahr, Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer und sich selbst zu gefährden, zwinge zu einem sofortigen Ausschluss aus der Verkehrsgemeinschaft. Die sofortige Vorlage des Führerscheins sei notwendig, um ein Weiterfahren und den Eindruck zu unterbinden, die Fahrerlaubnis sei nicht entzogen worden. Das angeordnete Zwangsgeld diene der Vollstreckung der angeordneten Maßnahmen. Das private Suspensivinteresse müsse hinter dem öffentlichen Interesse der Verkehrsgemeinschaft zurücktreten. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 05.12.2019 zugestellt.

Der Antragsteller gab seinen Führerschein – soweit ersichtlich – nicht ab.

Am 06.01.2020 hat der Antragsteller Klage erhoben (Aktenzeichen: 5 K 24/20) und zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung führt er aus, seine Fahreignung sei nicht aufgrund der vorliegenden Erkrankungen beeinträchtigt. Er sei seiner Mitwirkungspflicht vollumfänglich nachgekommen und habe eine ärztliche Bescheinigung vom 18.06.2018 vorgelegt. Er sei aufgrund beider Erkrankungen in ständiger ärztlicher Behandlung. Im Februar 2016 seien seine Blutzuckerwerte im Rahmen einer stationären Behandlung optimiert worden. Er legte ärztliche Dokumente vom 08.02.2016, 18.06.2018 und 06.06.2019 vor.

Der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung abzulehnen.

Sie wiederholt im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und ergänzt, die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen hätten ihr nie vorgelegen. Diese seien zudem weder aktuell noch geeignet, Aufschluss über die Auswirkungen der gesundheitlichen Einschränkungen auf die Fahreignung zu geben. Hinzu komme, dass die aktuelle ärztliche Bescheinigung weitere Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers begründe, indem dort ein Glaukom (Grüner Star) angesprochen werde. Aufgrund der fehlenden Mitwirkung an der Aufklärung des fahreignungsrelevanten Sachverhalts sei der Antragsteller charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen.

Das Gericht hat den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin sowie die Akte des Amtsgerichts Bremerhaven zum Strafverfahren beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Gerichtsakte Bezug genommen.

II. Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).

1. Der Antrag ist – entgegen der vom Antragsteller gewählten Formulierung – als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die am 06.01.2020 erhobene Klage entfaltet aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Sie ist auch nicht verfristet erhoben worden. Die Klagefrist endete aufgrund der Zustellung des angegriffenen Bescheids am 05.12.2019 nicht am 05.01.2020, einem Sonntag, sondern am 06.01.2020, §§ 74 Abs. 1 Satz 2, 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB.

2. Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung (Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids) ist nicht zu beanstanden.

aa) In formeller Hinsicht genügt die Anordnung des Sofortvollzugs den Anforderungen, die nach § 80 Abs. 3 VwGO an die Begründung einer solchen Anordnung zu stellen sind.

Die Vorschrift erfordert eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung, worin das besondere öffentliche Interesse an einer ausnahmsweisen sofortigen Vollziehbarkeit besteht und weshalb das Interesse des Adressaten, zunächst nicht von dem angefochtenen Verwaltungsakt betroffen zu werden, hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse zurücktreten muss. Im angegriffenen Bescheid wird zur Begründung des sofortigen Vollzugs auf die überragenden Interessen der Verkehrssicherheit und damit auf die Schutzgüter Leib und Leben abgestellt. Zugleich wird auf die körperlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers verwiesen und damit ein konkreter Fallbezug hergestellt. Angesichts der hohen Bedeutung der Sicherheit des Straßenverkehrs für den Schutz hochrangiger Rechtsgüter und der gebotenen effektiven Gefahrenabwehr folgt aus den die Entziehung einer Fahrerlaubnis tragenden Gründen zudem regelmäßig auch die Dringlichkeit ihrer Vollziehung (vgl. etwa VG Bremen, Beschl. v. 31.03.2017 – 5 V 757/17 –, juris Rn. 10).

bb) Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers ist nicht wiederherzustellen, da die vorzunehmende Interessenabwägung nicht zu seinen Gunsten ausfällt.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes angeordnet worden ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine eigene, originäre Ermessensentscheidung. Es hat dabei abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Im Rahmen dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs maßgeblich zu berücksichtigen. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, überwiegt regelmäßig das private Aussetzungsinteresse das gegenläufige öffentliche Vollziehungsinteresse. Stellt sich der Verwaltungsakt hingegen als offensichtlich rechtmäßig dar, bedarf es grundsätzlich auch bei Vorliegen eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes eines besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung.

Vorliegend überwiegt das öffentliche Vollziehungsinteresse das Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Vollziehung einstweilen bis zu einer Klärung der Rechtmäßigkeit der Verfügung im Hauptsacheverfahren verschont zu bleiben. Der angefochtene Bescheid vom 03.12.2019 ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig ergangen, weshalb die Klage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Es besteht auch ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung.

(1) Die Führerscheinstelle hat dem Antragsteller die Fahrerlaubnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Recht entzogen.

Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. §§ 11 Abs. 2 und 8, 46 Abs. 1 und 3 FeV. Nach §§ 3 Abs. 1 StVG, 46 Abs. 1 Satz 1 FeV ist demjenigen die Fahrerlaubnis zu entziehen, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen. Nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn er sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder wenn er das von ihm geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Der Schluss aus der Nichtvorlage eines angeforderten Fahreignungsgutachtens auf die fehlende Fahreignung ist gerechtfertigt, wenn die Anordnung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 –, juris Rn. 19 m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung der Gutachtensanordnung ist deren Erlass (BVerwG, Urt. v. 17.11.2016 – 3 C 20/15 –, juris Rn. 14; BayVGH, Beschl. v. 11.02.2019 – 11 CS 18.1808 –, juris Rn. 22).

Vorliegend durfte die Führerscheinstelle nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV von der fehlenden Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen.

(2) Die Anordnung vom 16.07.2019, ein Gutachten einer Begutachtungsstelle für Fahreignung beizubringen, genügt den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV.

Die Anordnung enthält insbesondere die erforderliche Fristsetzung. Die dem Antragsteller gesetzte Frist bis zum 16.11.2019 war mit fast vier Monaten ab Zustellung der Beibringungsaufforderung auch hinreichend lang, um der Aufforderung nachzukommen (vgl. Hahn/Kalus in: MüKoStVR, 1. Aufl. 2016, FeV § 11 Rn. 112, die auf eine im Regelfall ausreichende Frist von zwei Monaten hinweisen). Der erforderliche Hinweis darauf, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann, ist jedenfalls in der Einverständniserklärung auf Seite 3 des Schreibens enthalten.

Der Antragsteller wurde durch einen textlich hervorgehobenen Absatz auch hinreichend deutlich und unmissverständlich auf die Rechtsfolgen aus § 11 Abs. 8 FeV hingewiesen. Dem steht nicht entgegen, dass der Hinweis lediglich die Verweigerung der Untersuchung und die Nichtvorlage des geforderten Gutachtens nennt, nicht jedoch – wie es § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV formuliert – die nicht fristgerechte Vorlage des Gutachtens. Nach Auffassung des Gerichts wird aus der ebenfalls textlich hervorgehobenen Angabe, dass das anzufertigende ärztliche Gutachten der Führerscheinstelle „bis zum 16.11.2019“ vorzulegen sei, hinreichend deutlich, dass bis zu diesem Zeitpunkt das Gutachten vorzulegen ist und im Falle der Nichtvorlage des Gutachtens bis zu diesem Zeitpunkt auf die Nichteignung geschlossen werden kann. Dem Antragsteller musste sich aufdrängen, dass der Passus zur Nichtvorlage des geforderten Gutachtens im Kontext der unmittelbar davor erfolgten Fristsetzung zu sehen ist. Eine Begutachtungsaufforderung ohne Fristsetzung liefe gänzlich leer, da sie stets die Reaktion auf aus Sicht der Fahrerlaubnisbehörde fahrerlaubnisrelevante Umstände ist und eine unbefristete Begutachtungsaufforderung das Interesse der Fahrerlaubnisbehörde an der zeitnahen Aufklärung des Sachverhalts konterkarieren würde. Aus diesem Grund stellt auch § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV fest, dass der Betroffene über die Frist, innerhalb der das Gutachten beizubringen ist, zu informieren ist. Kann die Begutachtungsaufforderung danach nicht losgelöst von einer damit zu verbindenden Fristsetzung gesehen werden, musste dem Antragsteller bewusst sein, dass nur die Vorlage des Gutachtens bis zum 16.11.2019 einen Eintritt der Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV verhindert.

Die Aufforderung zur Beibringung des ärztlichen Gutachtens ist auch im Wesentlichen aus sich heraus verständlich und führt dem Antragsteller (noch) hinreichend deutlich vor Augen, dass und welche Rechtsfolgen aus einer Nichtvorlage des geforderten Gutachtens resultieren. Der auffordernde bzw. anordnende Charakter des Schreibens ergibt sich zwar nicht aus den Textabschnitten vor dem Hinweis auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV; es fehlt insoweit an jeglichen Formulierungen, die auf eine ausdrückliche Aufforderung oder Anordnung schließen lassen. Er lässt sich aber dem Hinweis auf § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV entnehmen. Dies genügt aufgrund des Hinweises auf die mögliche Fiktion der Nichteignung und des (überobligatorischen) Hinweises darauf, dass die Fahrerlaubnis dann zu entziehen wäre, noch den Anforderungen. Unschädlich ist auch, dass der Antragsteller in der Anordnung gebeten wurde, die Einverständniserklärung zu unterzeichnen und zurückzusenden, falls er sich der notwendigen Begutachtung unterziehen „wolle[n]“. Trotz dieser Formulierung, die isoliert betrachtet auf eine Freiwilligkeit im Hinblick auf die Beibringung des Gutachtens und Folgenlosigkeit der Nichtvorlage hindeuten könnte, ergibt sich – wie dargelegt – aus dem Kontext des Anordnungsschreibens, dass die nicht fristgerechte Vorlage des Gutachtens die Fahrerlaubnisentziehung zur Folge haben kann.

(3) Die Beibringungsaufforderung ist auch materiell rechtmäßig.

(a) Die Führerscheinstelle durfte zum Zeitpunkt des Erlasses der Aufforderung zur Gutachtenbeibringung von ausreichend konkreten Tatsachen ausgehen, um Bedenken gegen die Fahreignung des Antragstellers anzunehmen.

Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV bestehen insbesondere dann Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Nicht erforderlich ist, dass eine solche Erkrankung oder ein solcher Mangel bereits feststeht. Allerdings darf die Beibringung des Gutachtens nur aufgrund konkreter Tatsachen, nicht auf einen bloßen Verdacht „ins Blaue hinein“ bzw. auf Mutmaßungen, Werturteile, Behauptungen oder dergleichen hin verlangt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.07.2001 – 3 C 13.01 –, juris Rn. 26; BayVGH, Beschl. v. 03.09.2015 – 11 CS 15.1505 –, juris Rn. 13). Ob die der Behörde vorliegenden Tatsachen ausreichen, ist nach den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen (BayVGH, Beschl. v. 10.04.2019 – 11 CS 18.2334 –, juris Rn. 18). Es genügt ein „Anfangsverdacht“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.07.2001 – 3 C 13.01 –, juris Rn. 22; Urt. v. 14.11.2013 – 3 C 32.12 –, juris Rn. 17), also – wie es in § 152 Abs. 2 StPO umschrieben wird – das Bestehen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte (BayVGH, Beschl. v. 30.01.2019 – 11 C 18.1532 –, juris Rn. 15). In Bezug auf Erkrankungen genügt es, wenn eine in der Überschrift eines Kapitels der Anlage 4 zur FeV genannte Erkrankung diagnostiziert wird (BayVGH, Beschl. v. 03.05.2017 – 11 CS 17.312 –, juris Rn. 16). Gemessen daran lagen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine körperliche Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vor.

Die Führerscheinstelle hat infolge des gegen den Antragsteller eingeleiteten Strafverfahrens und die anschließende persönliche Vorsprache Kenntnis davon erlangt, dass dieser an Diabetes mellitus Typ 2 leidet und sein verkürztes Bein durch einen Spezialschuh ausgleicht. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass bei der Führerscheinstelle aufgrund dieser Erkrankungen Zweifel an seiner Fahreignung entstanden sind, die sie durch Beibringung eines ärztlichen Gutachtens auszuräumen versuchte. Bereits die Diabetes-Erkrankung des Antragstellers begründete den insoweit ausreichenden „Anfangsverdacht“, um die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zu fordern. Wenngleich das Vorliegen dieser Erkrankung ohne vorherige Abklärung über Art und Schwere der Erkrankung keine sofortige Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens rechtfertigt, sondern aufgrund des zu wahrenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zuvor mildere Mittel zu ergreifen sind, um Kenntnis davon zu erlangen, ob dadurch eine Ungeeignetheit begründet wird, kann die Diagnose einer solchen Erkrankung auf der vorgelagerten Ebene eine Tatsache im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV darstellen, die dem Grunde nach die Beibringungsaufforderung rechtfertigen kann. Denn eine solche Tatsache ergibt sich in diesen Fällen bereits daraus, dass eine in der Überschrift eines Kapitels der Anlage 4 zur FeV genannte Erkrankung diagnostiziert wurde (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.05.2017 – 11 CS 17.312 –, juris Rn. 16). Einem Anfangsverdacht im dargelegten Sinne steht es nicht entgegen, dass der Führerscheinstelle zum Zeitpunkt der Begutachtungsaufforderung keine ärztliche Diagnose über das Vorliegen der Diabetes-Erkrankung vorlag. Denn der Antragsteller gab in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Bremerhaven ausweislich des Protokolls vom 07.01.2019 an, an Diabetes mellitus Typ 2 zu leiden. Dies bestätigte er im Rahmen der persönlichen Vorsprache. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Führerscheinstelle an der Richtigkeit dieser – den Antragsteller selbst belastenden – Aussagen hätte zweifeln sollen. Der Versuch der Führerscheinstelle, durch die Anforderung eines Attestes des Hausarztes Kenntnis über diagnostizierte Krankheiten zu erlangen, scheiterten an der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers. Sie durfte aufgrund der Weigerung des Antragstellers trotz mehrmaliger Aufforderung, ein hausärztliches Attest vorzulegen, davon ausgehen, dass er bewusst verhindern möchte, dass sie Kenntnis von einer diagnostizierten Erkrankung – hier einer Zuckerkrankheit nach Ziffer 5 der Anlage 4 zur FeV – oder jedenfalls etwaigen Auswirkungen auf seine Fahreignung erlangt.

Danach kommt es bezüglich einer hinreichenden Tatsachengrundlage nicht darauf an, ob die Führerscheinstelle den Vorfall vom 12.05.2018 im Rahmen des Entziehungsverfahrens berücksichtigen durfte oder ob dem § 3 Abs. 4 StVG entgegensteht. Gemäß § 3 Abs. 4 StVG darf die Fahrerlaubnisbehörde einen Sachverhalt, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Fahrerlaubnisinhaber gewesen ist, im Hinblick auf die Feststellungen des Sachverhalts sowie die Beurteilung der Schuldfrage und der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht abweichend zum Nachteil des Fahrerlaubnisinhabers berücksichtigen. Hintergrund der Regelung ist, dass widersprüchliche Entscheidungen von Gerichten und Bußgeldbehörden einerseits und Fahrerlaubnisbehörden andererseits verhindert werden sollen. Die Fahrerlaubnisbehörden sind bei der Bewertung der Fahreignung des Betroffenen daher an bestimmte Einschätzungen der Strafgerichte gebunden (Koehl in: MüKoStVR, 1. Aufl. 2016, StVG § 3 Rn. 72, 73). Da es in dem Urteil des Amtsgerichts Bremerhaven heißt, die Tat habe nicht nachgewiesen werden können, spricht vieles dafür, dass die Führerscheinstelle dem Entziehungsverfahren nicht zugrunde legen durfte, dass der Antragsteller möglicherweise unterzuckert die ihm vorgeworfene Tat begangen hat. Die – wenn auch denkbar kurze – Urteilsbegründung des Strafgerichts deutet darauf hin, dass es nicht mit der notwendigen Überzeugung zu der Auffassung gelangt ist, dass die Tat (im strafrechtlichen Sinne) mitsamt den einzelnen Auffälligkeiten so begangen wurde, wie sie in der Anklageschrift dem Antragsteller zur Last gelegt wurde. Mangels näherer Ausführungen dazu, auf welches Tatbestandsmerkmal sich der nicht zu erbringende Tatnachweis bezieht (Fahruntüchtigkeit nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB, sogenannte sieben Todsünden des § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB, konkreter Gefährdungserfolg oder subjektive Tatbestandselemente), dürfte sich die Bindungswirkung umfassend darauf erstrecken, dass der Tatbestand des § 315c StGB nicht verwirklicht wurde. Allein dem Sitzungsprotokoll und der Verfügung der Staatsanwaltschaft Bremen vom 09.01.2019 (Bl. 78 der Strafverfahrensakte) ist zu entnehmen, dass der konkrete Gefährdungserfolg nicht nachgewiesen sein dürfte.

Das Vorbringen des Antragstellers, sein rechtes Bein sei aufgrund einer Sprunggelenks- Operation um mehrere Zentimeter verkürzt und müsse durch einen orthopädischen Spezialschuh ausgeglichen werden, begründet jedenfalls in der Zusammenschau mit der vorgetragenen Diabetes-Erkrankung einen Anfangsverdacht, um dem Grunde nach eine Beibringung eines Gutachtens anzuordnen. Dabei kann dahinstehen, ob das Bein des Antragstellers um drei – so sein Vorbringen vor dem Strafgericht und in der persönlichen Vorsprache – oder um sechs Zentimeter – so die ärztliche Bescheinigung vom 06.06.2019 – verkürzt ist. Denn die Beinverkürzung könnte eine Bewegungsbehinderung im Sinne der Ziffer 3 der Anlage 4 zur FeV darstellen. Zwar heißt es dort, dass bei Bewegungsbehinderungen eine (bedingte) Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen besteht. Zugleich ist aber aufgeführt, dass Beschränkungen oder Auflagen erteilt werden können. Ob und inwieweit eine etwaige Verkürzung des Beines durch einen orthopädischen Spezialschuh ausgeglichen werden kann, und dadurch die Fahreignung nicht beeinträchtigt ist, kann von der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde weiter aufgeklärt werden, sie ist dabei aber auf die Mitwirkung des Betroffenen angewiesen.

Auf das Vorliegen eines Glaukoms kann sich die Antragsgegnerin indes nicht berufen, da sie erst im gerichtlichen Verfahren durch die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung Kenntnis von dieser möglichen Beeinträchtigung des Sehvermögens erlangt hat. Entsprechendes gilt für den im gerichtlichen Verfahren angesprochenen Vorfall vom .04.2018, der nicht Gegenstand des Strafverfahrens und der Führerscheinstelle der Antragsgegnerin – soweit ersichtlich – zum Zeitpunkt der Beibringungsaufforderung unbekannt war.

(b) Die auf Seite 3 der Anordnung formulierte, im Rahmen der ärztlichen Begutachtung zu beantwortende Fragestellung ist hinreichend bestimmt genug.

Hinsichtlich des genauen Grades der Konkretisierung, die die von der Fahrerlaubnisbehörde festzulegende und mitzuteilende Fragestellung aufweisen muss, kommt es auf die besonderen Umstände jedes Einzelfalls an (BVerwG, Beschl. v. 05.02.2015 – 3 B 16.14 –, juris Rn. 9; BayVGH, Beschl. v. 10.04.2019 – 11 CS 18.2334 –, juris Rn. 18 m.w.N.). § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV verpflichtet die Fahrerlaubnisbehörde, die durch ein Fahreignungsgutachten zu klärende Frage „unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles“ festzulegen. Diese bindende rechtliche Vorgabe, die ihrerseits Ausdruck des im Verfassungsrecht (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist, schließt es insbesondere aus, die Fragestellung so auszugestalten, dass die mit der Begutachtung betraute Person oder Stelle hierdurch ermächtigt wird, die Gesamtheit der in der Anlage 4 zur FeV erwähnten Krankheitsbilder zum Gegenstand der Untersuchung zu machen (BayVGH, Beschl. v. 15.11.2010 – 11 C 10.2329 –, juris Rn. 37). Allerdings ist nach den maßgebenden Umständen des Einzelfalls auch nicht in jedem Fall die Angabe der entsprechenden Nummer oder Unternummer der Anlage 4 erforderlich. Dies kann insbesondere dann entbehrlich sein, wenn sich die vom Gutachter zu klärende Frage mit hinreichender Deutlichkeit den Gründen entnehmen lässt, mit denen die Behörde ihre Eignungsbedenken dargelegt hat (BVerwG, Beschl. v. 05.02.2015 – 3 B 16.14 – juris Rn. 9; BayVGH, Beschl. v. 19.03.2019 – 11 CS 19.387 –, juris Rn. 17). Zudem wird die Fragestellung wohl umso weniger konkret sein dürfen, umso weniger die Behörde – gerade im Fall einer fehlenden Mitwirkung des Betroffenen – zu einer weiteren Konkretisierung in der Lage ist. Sie ist insofern lediglich verpflichtet, den Untersuchungsgegenstand so weit wie möglich zu konkretisieren (vgl. BayVGH, Beschl. v. 19.06.2019 – 11 CS 19.936 –, juris Rn. 26).

Vorliegend wollte die Führerscheinstelle mithilfe des angeforderten Gutachtens aufklären, ob beim Antragsteller eine Diabetes-Erkrankung sowie eine Verkürzung des rechten Beines vorliegt und dies seine Fahreignung beeinträchtigt oder gänzlich in Frage stellt. Dies ist der Fragestellung in der Zusammenschau mit den weiteren Angaben der Beibringungsaufforderung (noch) hinreichend bestimmt zu entnehmen. Unschädlich ist insoweit, dass in der Fragestellung selbst keine (Unter-) Nummer der Anlage 4 zur FeV genannt ist, sondern im Hinblick auf die „bekannt gewordenen Erkrankungen“ auf den Inhalt des Anordnungsschreibens verwiesen wird. Zu unbestimmt sind – wie dargelegt – Fragestellungen, nach der die mit der Begutachtung beauftragte Stelle ermächtigt wird, den Betroffenen im Hinblick auf die Gesamtheit der in der Anlage 4 zur FeV erwähnten Krankheitsbilder einer Untersuchung zu unterziehen. Eine derartige umfassende Ermächtigung ist in der Fragestellung nicht zu sehen. Sie beschränkt sich durch den Verweis auf die Gründe des Anordnungsschreibens – für den Antragsteller und die Begutachtungsstelle ersichtlich – allein auf die darin erwähnte Diabetes-Erkrankung sowie die Verkürzung des rechten Fußes. Die Diabetes-Erkrankung kann dabei ausschließlich der Nummer 5 der Anlage 4 zur FeV (Diabetes mellitus [Zuckerkrankheit]“) und die Verkürzung des rechten Fußes der Nummer 3 der Anlage 4 zur FeV („Bewegungsbehinderungen“) zugeordnet werden.

Das Gericht verkennt nicht, dass die Fragestellung bei isolierter Betrachtung dahingehend aufgefasst werden könnte, dass die Begutachtungsstelle abstrakt und losgelöst vom konkreten Einzelfall beantworten soll, ob die beiden Erkrankungen generell nach Anlage 4 zur FeV die Fahreignung beeinträchtigen oder gänzlich in Frage stellen (können). Diese Frage müsste – isoliert betrachtet – zwingend bejaht werden, da eine Diabetes mellitus- Erkrankung und Bewegungsbehinderungen in der Anlage 4 zur FeV aufgeführt sind, die häufig vorkommende Erkrankungen und Mängel, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können, auflistet (vgl. Ziffer 1 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zur FeV). Aus der Zusammenschau mit den weiteren Ausführungen des Schreibens vom 16.07.2019 wird indes hinreichend deutlich, dass die Fragestellung darauf abzielt, ob diese Erkrankungen beim Antragsteller vorliegen und ob und inwiefern sie seine Fahreignung beeinträchtigen oder gänzlich in Frage stellen. So wird drei Absätze später auf den „vorliegenden Fall“ abgestellt. Zudem wird bereits auf Seite 2 des Aufforderungsschreibens der Bezug zum konkreten Einzelfall hergestellt, indem von dem Erfordernis die Rede ist, „Ihre Eignung zum Führen von Kraftfahrzeuge[n]“ nunmehr abschließend festzustellen.

(c) Die Beibringungsaufforderung ist auch verhältnismäßig ergangen.

Die Anordnung einer Beibringung eines ärztlichen Gutachtens muss verhältnismäßig sein (BVerwG, Beschl. v. 05.02.2015 – 3 B 16/14 –, juris Rn. 8; VG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 08.08.2019 – 2 L 78/19 –, juris Rn. 20). Dabei kann es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebieten, dass sich die Fahrerlaubnisbehörde vor der Aufforderung zu einer Begutachtung anderweitig genauere Kenntnisse über Tatsachen verschafft, die ausreichende Anhaltspunkte dafür begründen können, dass eine Ungeeignetheit vorliegen könnte. Ob dies der Fall ist, muss im Einzelfall beurteilt werden. Hierbei spielt es u.a. eine Rolle, welche Kenntnisse die Fahrerlaubnisbehörde bereits von der Erkrankung hat, um was für eine Erkrankung es sich handelt – insbesondere ob bei dieser regelmäßig auf eine Nichteignung zu schließen ist –, und welche Nachforschungsmaßnahmen die Behörde bereits angestellt hat. Ggf. kann etwa zur Beurteilung, ob noch Zweifel verbleiben, auch das Gesundheitsamt bzw. die Gesundheitsabteilung der Behörde eingeschaltet werden (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.05.2017 – 11 CS 17.312 –, juris Rn. 19 f.). Gemessen daran war die Entscheidung der Führerscheinstelle, den Antragsteller zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens aufzufordern, nicht unangemessen.

Die Aufforderung zur Vorlage eines Gutachtens greift nicht unerheblich in die Rechte des Antragstellers ein. Zudem begründet eine Diabeteserkrankung in einer Vielzahl der Fälle keine Fahrungeeignetheit (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.05.2017 – 11 CS 17.312 –, juris Rn. 17, 19; VG München, Beschl. v. 19.01.2017 – M 6 S 16.4526 –, juris Rn. 20). Nach Anlage 4 der FeV liegt bei einer Erkrankung mit Diabetes mellitus (nur dann) stets eine Fahrungeeignetheit vor bei der Neigung zu schweren Stoffwechselentgleisungen (Nummer 5.1). Bei erstmaliger Stoffwechselentgleisung oder neuer Einstellung besteht „nach Einstellung“ eine (bedingte) Fahreignung (Nummer 5.2). Auch die weiteren Unternummern von Nummer 5 gehen unter näher bestimmten Voraussetzungen im Grundsatz von einer (bedingten) Fahreignung aus. Dies wird durch die „Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, gültig ab 01.05.2014, Stand: 31.12.2019“ (im Folgenden: Begutachtungsleitlinien) bestätigt. Dort heißt es, dass gut eingestellte und geschulte Menschen mit Diabetes Fahrzeuge beider Gruppen der Anlage 4 zur FeV sicher führen könnten. Die Gefährdung der Verkehrssicherheit gehe beim Diabetes mellitus in erster Linie vom Auftreten einer Hypoglykämie (d.h. Unterzuckerung) mit Kontrollverlust, Verhaltensstörungen oder Bewusstseinsbeeinträchtigungen aus. Eine ungestörte Hypoglykämiewahrnehmung sei Voraussetzung für die Fahreignung (siehe dazu Begutachtungsleitlinien, S. 22, 23). Es wird darauf hingewiesen, dass die Mehrzahl der Menschen mit Diabetes die Anforderungen an das sichere Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen erfülle. Die Fahreignung könne jedoch eingeschränkt oder ausgeschlossen sein, wenn durch unzureichende Behandlung, durch Nebenwirkungen der Behandlung oder Komplikationen der Erkrankung verkehrsgefährdende Gesundheitsstörungen bestehen oder zu erwarten seien. Diese Menschen mit Diabetes bedürften der individuellen Beurteilung in der Frage, ob ihre Fähigkeiten den Mindestanforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen entsprächen (Begutachtungsleitlinien, S. 24).

Daraus folgt, dass bei einer Erkrankung an Diabetes mellitus, an der in Deutschland ca. 7 % der Erwachsenen zwischen 18 und 79 Jahren leiden (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/gesundheitsgefahren/diabetes.html [23.04.2020]), der Prüfung von milderen Mitteln als einer Begutachtungsaufforderung ein besonders großes Gewicht beizumessen ist. Die Führerscheinstelle, die abgesehen von den eigenen Angaben des Antragstellers keine näheren Kenntnisse über die Schwere der Erkrankung oder Stoffwechselentgleisungen hatte, war daher aus Verhältnismäßigkeitsgründen gehalten, vor der Beibringungsaufforderung mildere Mittel zu ergreifen, um den zur Prüfung gestellten Sachverhalt weiter aufzuklären. Dies ist vorliegend geschehen.

Die Führerscheinstelle hat vor der Begutachtungsaufforderung vergeblich versucht, das Vorliegen einer die Fahreignung beeinträchtigenden oder ausschließenden Weise durch Vorlage eines Attestes des Hausarztes weiter aufzuklären. Sie hat dem Antragsteller im Rahmen der persönlichen Vorsprache am 20.05.2019 gebeten, ein ärztliches Attest vorzulegen. Sie hat seine Prozessbevollmächtigte, da dieser das Attest des Hausarztes nicht binnen der angekündigten zwei Wochen vorgelegt hat, auch an die Vorlage erinnert und Fristen zur Nachholung bis zum 12.06.2019 und zuletzt 17.06.2019 gesetzt. In der letzten Erinnerung wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass bis zum Ablauf der Frist kein Attest vorgelegt werde, die Beibringung eines Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung gefordert werden wird. Nachdem auch diese Frist erfolglos verstrichen war, hat die Führerscheinstelle noch einen weiteren Monat abgewartet, bevor die Begutachtungsaufforderung an den Antragsteller versandt wurde. Damit hat die Führerscheinstelle angemessen auf die Mitteilung seiner Prozessbevollmächtigten vom 12.06.2019, der Antragsteller sei beim Arzt vorstellig gewesen, ein Attest liege aber noch nicht vor, reagiert. Der Antragsteller hat nach dem Verstreichen des 17.06.2019 auch nicht um weitere Fristverlängerung gebeten oder dargelegt, weshalb bislang kein ärztliches Attest vorgelegt werden konnte. Er hatte vom Zeitpunkt der persönlichen Vorsprache gerechnet fast zwei Monate Zeit, ein Attest seines Hausarztes vorzulegen. Unter Berücksichtigung, dass im Rahmen einer Begutachtungsaufforderung regelmäßig eine Frist von zwei Monaten ausreichend ist (vgl. Hahn/Kalus in: MüKoStVR, 1. Aufl. 2016, FeV § 11 Rn. 112), ist diese Frist insbesondere aufgrund der mehrfachen Erinnerung an eine Vorlage, ausreichend, um den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren. Weitere, mildere Maßnahmen zur Aufklärung etwaiger gesundheitlicher Beeinträchtigungen der Fahreignung standen der Führerscheinstelle ersichtlich nicht zur Verfügung. Die Notwendigkeit einer Begutachtung ergibt sich hier aus der unterbliebenen Mitwirkung des Antragstellers (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.05.2017 – 11 CS 17.312 –, juris Rn. 20).

(d) Die Begutachtungsaufforderung ist auch ermessensfehlerfrei ergangen.

Das Gericht ist der Ansicht, dass es im Rahmen der Aufforderung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens nach § 11 Abs. 2 FeV grundsätzlich der Betätigung eines Ermessens und auch der Darlegung der entsprechenden Erwägungen bedarf, wobei sich der Umfang der darzulegenden Begründung nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles richtet. Ob vertiefte Ausführungen zum Entschließungsermessen angezeigt sind, hängt insbesondere davon ab, ob andere Ermittlungsmaßnahmen realistischer Weise in Betracht kommen oder aber aus dem bisherigen Geschehen heraus bereits ersichtlich wird, dass diese aussichtslos oder ungeeignet sind (siehe dazu VG Bremen, Beschl. v. 17.01.2020 – 5 V 2094/19 –, juris Rn. 43 ff. m.w.N.).

Vorliegend waren vertiefte Ausführungen zum Ermessen entbehrlich, da die Führerscheinstelle den Antragsteller wiederholt zur Mitwirkung aufgefordert und ihn auf eine Begutachtungsaufforderung hingewiesen hat. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die Führerscheinstelle hat bei ihrer Entscheidung über eine Begutachtungsaufforderung insbesondere nicht ermessensfehlerhaft Umstände berücksichtigt, die sie nach § 3 Abs. 4 StVG nicht berücksichtigen durfte (siehe dazu bereits unter II. 2. a) bb) (3) (a)). Sie hat – wie auch später im Bescheid vom 03.12.2019 – allein auf die Erkrankungen des Antragstellers, nicht jedoch auf die Vorfälle vom .04.2018 oder .05.2018 abgestellt. Zwar findet der Vorfall vom .05.2018 in der Begutachtungsaufforderung eingangs Erwähnung. Die Führerscheinstelle stellt jedoch bereits durch die Formulierung im Konjunktiv („[…] durch eine unsichere Fahrweise aufgefallen sein sollen […]“) und den Verweis auf die Bitte zur persönlichen Vorsprache klar, dass das Strafverfahren lediglich der Anlass war, den Antragsteller zu einem persönlichen Gespräch einzuladen.

(4) Der Antragsteller hat kein Gutachten einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vorgelegt und keinen Grund dafür angegeben, weshalb ihm dies nicht möglich sei. Ihm ist nicht zu folgen, wenn er meint, er habe seine Mitwirkungspflichten vollumfänglich erfüllt und der Fahrerlaubnisbehörde die ärztliche Bescheinigung vom 18.06.2018 vorgelegt. Zum einen lässt sich dem Verwaltungsvorgang nicht entnehmen, dass der Führerscheinstelle im Verwaltungsverfahren diese Bescheinigung vorgelegt wurde. Der Verwaltungsvorgang enthält lediglich ein Schreiben an die Staatsanwaltschaft Bremen vom 26.06.2018, mit dem dieser die ärztliche Bescheinigung vom 18.06.2018 übersandt wurde. Zum anderen beschränkt sich diese Bescheinigung auf die Angabe des Geburtsdatums und der Adresse des Antragstellers sowie die Bestätigung, dass dieser seit dem …2013 Patient des unterzeichnenden Hausarztes sei.

b) Es besteht zudem ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung. In Fällen einer sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes auf Grundlage des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hat das Gericht bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, dass die offensichtliche Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes allein die sofortige Vollziehung nicht zu rechtfertigen vermag. Es kann die behördliche Anordnung daher nur bestehen lassen, wenn nach seiner Beurteilung ein öffentliches Interesse daran besteht, den offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakt vor Eintritt der Bestandskraft zu vollziehen (Külpmann in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz, 7. Aufl. 2017, Rn. 975 m.w.N.). Dieses besondere öffentliche Interesse liegt hier vor.

Zu berücksichtigen ist, dass die angegriffene Fahrerlaubnisentziehung der Abwehr von Gefahren dient, die mit einer weiteren Teilnahme des Antragstellers am öffentlichen Straßenverkehr einhergehen. Wenngleich mangels Mitwirkung des Antragstellers das Vorliegen einer seine Fahreignung beeinträchtigenden Erkrankung nicht durch ärztliche Bescheinigungen festgestellt wurde, ist die Fiktionswirkung des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV zu berücksichtigen, wonach der Betroffene als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet angesehen werden kann. Hat die Fahrerlaubnisbehörde davon – wie hier – nach summarischer Prüfung rechtmäßig Gebrauch gemacht, ist der Antragsteller als fahrungeeignet anzusehen. Im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs überwiegt hier das öffentliche Interesse, bereits während der Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens die Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr zu unterbinden (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 20.04.2010 – 1 B 23/10 –, juris Rn. 11 zur Fahrerlaubnisentziehung bei gelegentlichem Cannabiskonsum).

c) Auch die Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins und die Zwangsgeldandrohung (Ziffern 2 und 3 des angegriffenen Bescheids) sind nach summarischer Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Verpflichtung des Antragstellers zur Ablieferung des Führerscheins ergibt sich aus § 47 Abs. 1 FeV. An der Rechtmäßigkeit der im Bescheid verfügten Androhung eines Zwangsgeldes bestehen keine ernstlichen Zweifel; sie findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 11 Abs. 1, 13 Abs. 1 Nr. 1, 14 und 17 des Bremischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (BremVwVG). Die angedrohte Zwangsgeldfestsetzung ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach verhältnismäßig. Sie ist geeignet, den Antragsteller zur Erfüllung der ihm auferlegten Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins anzuhalten, und mildere, gleich wirksame Mittel sind nicht ersichtlich. Aufgrund des Interesses an einer effektiven Durchsetzung des Ausschlusses ungeeigneter Verkehrsteilnehmer vom motorisierten Straßenverkehr ist die Androhung auch angemessen. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes liegt mit 260,00 Euro im unteren Bereich des von § 14 Abs. 2 Satz 1 BremVwVG eröffneten Rahmens.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 46 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Die Fahrerlaubnisklasse 3, die der Antragsteller am 04.07.1961 erwarb, schließt die aktuellen Fahrerlaubnisklassen A, A1, AM, B, BE, C1, C1E, CE und L ein (vgl. Nummer 17 der Anlage 3 zur FeV); zudem ist der Antragsteller aufgrund der Fahrerlaubnisklasse 2, die er am 14.11.1966 erwarb, weiterhin Inhaber der Klasse T (vgl. Nummer 12 der Anlage 3 zur FeV). Bei einem Streit um die Entziehung einer Fahrerlaubnis der Fahrerlaubnisklasse C1E ist in Anlehnung an Ziffer 46.5 des Streitwertkataloges 2013 der Auffangwert von 5.000,00 Euro anzusetzen. Für die Klassen B bzw. BE war keine Erhöhung des Streitwertes vorzunehmen (OVG Bremen, Beschl. v. 30.11.2011 – 2 S 243/11 –, juris Rn. 14 f.; VG Bremen, Beschl. v. 17.01.2020 – 5 V 2094/19 –, juris Rn. 55; a.A.: BayVGH, Beschl. v. 30.01.2014 – 11 CS 13.2342 –, juris Rn. 21 f.). Da die Klasse B wiederum die Klassen AM und L einschließt, wirken auch diese nicht streitwerterhöhend. Bezüglich der Klasse A war zu berücksichtigen, dass der Antragsteller aufgrund des Zeitpunkts seines Führerscheinerwerbs dort nur Fahrzeuge führen darf, die den Schlüsselzahlen 79.03 und 79.04 unterfallen (siehe Auszug aus der Führerscheindatei des Antragstellers vom 22.05.2019). Dabei handelt es sich um dreirädrige Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen (siehe Nummer 126 und 127 der Anlage 9 zur FeV). Das Gericht misst einer solchermaßen eingeschränkten Fahrerlaubnis dieser Klasse keinen eigenständigen Wert für den Antragsteller zu, zumal diese zum Teil (für Fahrzeuge mit einer Motorleistung bis 15 kW) auch schon in der Klasse B umfasst ist (§ 6 Abs. 3a FeV; VG Bremen, Beschl. v. 17.01.2020 – 5 V 2094/19 –, juris Rn. 55 m.w.N.). Ein eigenständiger Wert kommt jedoch der weiteren Berechtigung des Antragstellers, aufgrund seines Fahrerlaubniserwerbs vor dem 01.04.1980 und der Schlüsselzahl 79.05 zur Klasse A1 Krafträder mit einem Leistungsgewicht von mehr als 0,1 kW/kg führen zu dürfen (siehe Nummer 17 der Anlage 3 zur FeV und Nummer 128 der Anlage 9 zur FeV), zu. Daher ist zusätzlich der Streitwert nach Ziffer 46.2 des Streitwertkataloges (2.500,00 Euro) anzusetzen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 23.02.2015 – 11 ZB 14.2497 –, juris Rn. 13 und Beschl. v. 09.10.2018 – 11 CS 18.1897 –, juris Rn. 19). Die vom Antragsteller zudem innegehabte Klasse T ist zusätzlich mit dem halben Auffangwert (2.500,00 Euro) zu bemessen (Ziffer 46.11 des Streitwertkataloges; so auch VG Berlin, Beschl. v. 21.10.2019 – 4 L 277.19 –, juris Rn. 26; VG Gera, Beschl. v. 06.11.2018 – 3 E 1514/18 Ge –, juris Rn. 27).

Daraus ergibt sich insgesamt ein Streitwert in der Hauptsache von 10.000,00 Euro, der für das Eilverfahren nach Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges zu halbieren war.

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