Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 1 Ws 204/21 – Beschluss vom 07.12.2021
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Wittenberg vom 26. August 2021 (2 OWi 228/21 (493 Js 13132/21)) wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerdebegründung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat.
Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Gründe
Hingewiesen wird lediglich auf Folgendes:
Die erhobenen Verfahrensrügen, insbesondere auch die der nicht ordnungsgemäßen Durchführung des Selbstleseverfahrens, sind allesamt nicht den Anforderungen des § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i. V. m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechend vorgetragen, soweit es schon an der konkreten Wiedergabe des Inhaltes des Hauptverhandlungsprotokolls fehlt.
Dass der Bußgeldrichter entsprechend § 265 StPO einen Hinweis erteilen muss, wenn er beabsichtigt, die im Bußgeldbescheid festgesetzte Geldbuße zu erhöhen (so Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 22. Mai 2007 – 1 Ss 346/06; OLG Hamm, Beschluss vom 13. November 2009, 3 Ss OWi 622/09; differenzierend Beschluss vom 09. August 2016, III-1 RBs 181/15 – alle zitiert nach juris), zweifelt der Senat schon deshalb an (ebenso vgl. BayObLG, Beschluss vom 19. August 2019, 202 ObOWi 1446/19; KG Berlin, Beschluss vom 10. März 2014 – 3 Ws (B) 78/14; OLG Bamberg, Beschluss vom 11. Oktober 2010, 3 Ss OWi 1380/10; OLG Stuttgart, Beschluss vom 11. Juni 2010, 5 Ss 321/10; OLG Dresden, Beschluss vom 29. November 2002, Ss (OWi) 599/02 – alle zitiert nach juris), weil es eines derartigen Hinweises nicht einmal bedarf, wenn der Strafrichter in der auf den Einspruch gegen den Strafbefehl anberaumten mündlichen Verhandlung die Tagessatzhöhe oder -anzahl zum Nachteil des Angeklagten ändern will (vgl. Meyer-Goßner, StPO 64. Aufl., § 411 Rn 11). Dies steht auch nicht im Widerspruch zu der bisherigen Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa Beschluss vom 09. Oktober 2002, 1 Ss (B) 354/02), weil diese nicht einen fehlenden Hinweis auf die mögliche Erhöhung der Geldbuße, sondern den fehlenden Hinweis auf eine mögliche Verurteilung wegen einer Vorsatztat anstatt der im Bußgeldbescheid angenommenen fahrlässigen Begehung, betraf. Das Unterlassen des letzteren Hinweises rügt die Rechtsbeschwerde gerade nicht, soweit allein der fehlende Hinweis auf eine Erhöhung der Geldbuße im Hinblick auf Voreintragungen angeführt wird.
Letztendlich muss die Rechtsfrage, ob ein Hinweis auf eine mögliche Erhöhung der Geldbuße erforderlich ist, hier aber dahinstehen, weil die ordnungsgemäße Erhebung der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegend auch der Darlegung der mit dem Bußgeldbescheid übermittelten Rechtsbehelfsbelehrung bedurft hätte (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 10. März 2014 – 3 Ws (B) 78/14; OLG Stuttgart, Beschluss vom 08. Mai 2013 – 4a SsRs 66/13 – beide zitiert nach juris). Nur dann kann nachvollzogen werden, ob der Betroffene tatsächlich zu keinem Zeitpunkt auf eine mögliche Schlechterstellung bei einem Einspruch hingewiesen wurde. Dass der Bußgeldrichter darüber hinaus hinsichtlich der Rechtsfolgen einen Vertrauenstatbestand geschaffen hätte, ist im Übrigen nicht vorgetragen und auch nicht sonst ersichtlich.
Der Betroffene wird auf Folgendes hingewiesen:
Die Bußgeldentscheidung ist mit Erlass dieses Beschlusses rechtskräftig geworden. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gegeben wird, spätestens jedoch vier Monate seit Eintritt der Rechtskraft (§ 25 Abs. 2a StVG). Die Fahrverbotsfrist beginnt mit dem Tag der Abgabe des Führerscheins (§ 25 Abs. 5 Satz 1 StVG). Der Betroffene macht sich des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG strafbar, wenn er nach Ablauf von vier Monaten seinen Führerschein nicht in amtliche Verwahrung gegeben hat und gleichwohl im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Das gilt auch für führerscheinfreie Kraftfahrzeuge.