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Bußgeldverfahren – Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs in der Hauptverhandlung

BayObLG – Az.: 202 OBOWi 982/20 – Beschluss vom 06.08.2020

In dem Bußgeldverfahren erlässt das Bayerische Oberste Landesgericht – 2. Senat für Bußgeldsachen – am 6. August 2020 folgenden Beschluss

I. Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 4. März 2020 mit den Feststellungen aufgehoben.

II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht München zurückverwiesen.

Gründe:

Die Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt setzte mit Bußgeldbescheid vom 06.12.2018 (Aktenzeichen: D — 1790-071760-18/3) gegen die Betroffene wegen Nichteinhaltung des Mindestabstandes von einem vorausfahrenden Fahrzeug (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StVO; Tat-zeit: 21.09.2018) eine Geldbuße von 160 Euro fest und ordnete gegen die Betroffene ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats an. Nach fristgerechter Einspruchseinlegung durch ihren ausweislich der unter dem 11.10.2018 erfolgten schriftlichen Vollmachterteilung bereits im Rahmen der Anhörung der Betroffenen im Vorverfahren bevollmächtigten Verteidiger beschränkte der von diesem unterbevollmächtigte Verteidiger in der in erlaubter Abwesenheit der Betroffenen (§ 73 Abs. 2 OWiG) durchgeführten, mit der Urteilsverkündung schließenden Hauptverhandlung vom 04.03.2020 ohne weitere Erklärungen zu seiner Ermächtigung den Einspruch auf den Rechtsfolgenausspruch. Mit dem angefochtenen Urteil setzte das Amtsgericht gegen die Betroffene unter Bezugnahme auf den im Schuldspruch rechtskräftigen Bußgeldbescheid und entsprechend der schon dort vorgesehen Rechtsfolgen eine Geldbuße von 160 Euro fest und ordnete gegen die Betroffene ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats an, wobei es von der Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung ausgegangen ist. Mit ihrer durch ihren Verteidiger fristgerecht eingelegten und zugleich begründeten Rechtsbeschwerde rügt die Betroffene — jeweils unausgeführt — „die Verletzung formellen und materiellen Rechts sowie die Versagung rechtlichen Gehörs“.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde zwingt den Senat schon auf die Sachrüge hin zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache, weil das Amtsgericht, wie die Generalstaatsanwaltschaft München in ihrer Antragsschrift vom 23.07.2020 im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung ausführt, den Umfang seiner Prüfungs- und Feststellungspflicht verkannt hat, indem es bei seiner Urteilsfindung infolge der fehlenden, jedenfalls nicht hinreichend nachgewiesenen ausdrücklichen Ermächtigung gemäß § 67 Abs. 2 OWiG i.V.m. § 302 Abs. 2 StPO des die Beschränkung in der Hauptverhandlung erklärenden unterbevollmächtigten Verteidigers zu Unrecht von einer wirksamen Einspruchsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch des Bußgeldbescheids ausgegangen ist, was vom Rechtsbeschwerdegericht auf die Sachrüge von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. u.a. OLG Bamberg, Beschl. v. 08.02.2019 – 2 Ss OWi 123/19 bei juris und 03.04.2018 – 3 Ss OWi 330/18 = ZfSch 2018, 588 = OLGSt OWiG § 67 Nr 5; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 05.02.2010 – 1 Ss 5/10 = StraFo 2010, 252 = OLGSt StPO § 302 Nr 9; ferner u.a. Burhoff [Hrsg.]/Gieg, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl., Rn. 945 und Burhoff [Hrsg.] Stephan/Burhoff, a.a.O., Rn. 4024 f., jeweils m.w.N.). Das Amtsgericht hat deshalb rechtsfehlerhaft nicht über alle im Rechtssinne angefochtenen Bestandteile des Bußgeldbescheids, insbesondere den Schuldspruch, entschieden.

Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat wegen der weiteren Begründung auf die erschöpfenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer vorgenannter Antragsschrift Bezug (zu Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Einspruchsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch aus der neueren Rspr. neben den genannten u.a. OLG Bamberg, Beschl. v. 30.10.2017 — 3 Ss OWi 1206/17 = VM 2018, Nr 7 = ZfSch 2018, 114 = OLGSt OWiG § 67 Nr 4; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04.10.2018 – 2 RBs 195/18 bei juris; BayObLG, Beschl. v. 26.09.2019 — 202 ObOWi 1929/19 = ZfSch 2020, 112; OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.02.2017 – 53 Ss-OWi 202 ObOWi 982/20 – 56/17 und 20.04.2020 – 53 Ss-OWi 180/20 jeweils bei juris; KG, Beschl. v. 09.08.2019 — 3 Ws [B] 205/19 = VRS 137 [2019], 70 = NStZ 2020, 428 = OLGSt StPO § 257c Nr 11 und 26.06.2019 122 Ss 98/19 = DV 2019, 192).

Auf die mangels Ausführung (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 StPO) ohnehin unzulässige Verfahrensrüge einschließlich der beanstandeten Gehörsverletzung kommt es nicht mehr an.

Aus den genannten Gründen ist das angefochtene Urteil mitsamt seinen Feststellungen aufzuheben (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 353 StPO). Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht München zurückverwiesen (§ 79 Abs. 6 OWiG).

IV.

Die Entscheidung ergeht durch Beschluss nach § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG.

V.

Gemäß § 80a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.

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