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Bussgeldverfahren – Versagung des rechtlichen Gehörs

Ein Autofahrer, der wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 200 Euro verurteilt wurde, scheitert mit seinem Versuch, den Fall vor das Oberlandesgericht zu bringen. Er argumentierte, das Gericht habe seinen Einwand, sein Fahrzeug sei mit einem Fahrtenschreiber ausgestattet, ignoriert. Das Oberlandesgericht wies den Antrag ab und erklärte, der Fall sei nicht von ausreichender Bedeutung, um eine weitere Überprüfung zu rechtfertigen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Zulassungsantrag zur Rechtsbeschwerde wurde als unbegründet verworfen, wodurch die Rechtsbeschwerde zurückgezogen gilt.
  • Der Betroffene wurde wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße verurteilt.
  • Der Betroffene rügte, dass ihm kein rechtliches Gehör gewährt wurde, da das Gericht nicht auf seine Angaben über den Fahrtenschreiber einging.
  • Das Gericht stellte fest, dass für eine Rechtsbeschwerde keine gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind.
  • Die Entscheidung wurde nicht aufgrund einer fehlerhaften Einzelfallbeurteilung, sondern zur Klärung grundlegender rechtlicher Fragen interpretiert.
  • Es fehlt an entscheidungserheblichen und klärungsbedürftigen Fragen bezüglich der Nutzung des Tachographen.
  • Die Amtsaufklärungspflicht ist nicht pauschal, sondern abhängig von den individuellen Umständen des Falles.
  • Der Zulassungsgrund zur Sicherung einheitlicher Rechtsprechung wurde nicht erfüllt.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Erhebung von Rechtsbeschwerden bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten.
  • Betroffene sollten wissen, dass das Fehlen eines rechtlichen Gehörs nicht automatisch zur Zulassung der Rechtsbeschwerde führt.

Urteil: Verletzung des rechtlichen Gehörs im Bußgeldverfahren entscheidend

Bußgeldverfahren sind ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Verkehrsrechts und betreffen eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern. Wenn jemand gegen Verkehrsregeln verstößt, kann ein Bußgeld verhängt werden, dessen Höhe von der Schwere des Verstoßes abhängt. Ein zentrales Element in diesen Verfahren ist das rechtliche Gehör, das jedem Betroffenen zusteht. Dieses Recht bedeutet, dass die Person die Möglichkeit haben muss, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen und ihre Sicht der Dinge darzulegen. Eine Versagung dieses Rechts kann schwerwiegende Auswirkungen auf den Ausgang des Verfahrens haben.

Die Wahrung des rechtlichen Gehörs ist nicht nur ein Grundpfeiler des fairen Verfahrens, sondern auch ein wesentlicher Aspekt der Rechtsprechung. Wird dieses Recht verletzt, kann das gesamte Verfahren in Frage gestellt werden. Dies betrifft insbesondere die Möglichkeiten zur Einsichtnahme in relevante Unterlagen oder die Abgabe von Erklärungen. Ein solches Versäumnis kann zu einer Aufhebung von Bußgeldbescheiden führen und somit den betroffenen Verkehrsteilnehmer in eine bessere Position versetzen.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall untersucht, in dem die Versagung des rechtlichen Gehörs eine entscheidende Rolle spielte und dessen Auswirkungen auf das Bußgeldverfahren nachgezeichnet werden.

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Der Fall vor Gericht


Tatvorwurf und Bußgeldverfahren

Im Zentrum dieses Falles steht ein Betroffener, dem eine Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften zur Last gelegt wurde. Das Amtsgericht verhängte in erster Instanz eine Geldbuße von 200 Euro gegen ihn. Der Betroffene, der mit dieser Entscheidung nicht einverstanden war, legte Rechtsmittel ein und beantragte die Zulassung der Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht Köln.

Vorwürfe des Betroffenen

In seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde brachte der Betroffene zwei wesentliche Punkte vor: Zum einen rügte er eine Versagung des rechtlichen Gehörs. Zum anderen beanstandete er eine Verletzung des sachlichen Rechts. Besonders hervorzuheben ist seine Kritik, dass sich das Tatgericht nicht mit seiner Aussage in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt habe, wonach sein Fahrzeug mit einem Fahrtenschreiber ausgestattet gewesen sei.

Entscheidung des Oberlandesgerichts

Das Oberlandesgericht Köln verwarf den Zulassungsantrag als unbegründet. Die Richter stellten fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht vorlagen. Bei Geldbußen von nicht mehr als 250 Euro ist eine Rechtsbeschwerde nur in Ausnahmefällen zulässig, nämlich wenn dies zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, oder wenn eine Versagung des rechtlichen Gehörs vorliegt.

Begründung des Gerichts

Das Gericht erläuterte ausführlich, warum keiner dieser Zulassungsgründe gegeben war. Die Frage, ob bei einem mit einem Tachographen ausgestatteten Fahrzeug der Auszug der gefahrenen Geschwindigkeiten beizuziehen ist, wenn der Betroffene die vorgeworfene Geschwindigkeit bestreitet, führte nach Ansicht des Gerichts nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde. Die Richter argumentierten, dass diese Frage nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände beantwortet werden könne und somit nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geeignet sei.

Kein Verstoß gegen das rechtliche Gehör

Bezüglich der gerügten Versagung des rechtlichen Gehörs kam das Gericht zu dem Schluss, dass eine solche nicht vorlag. Die Richter betonten, dass der Betroffene und sein Verteidiger in der Hauptverhandlung anwesend waren und die Möglichkeit gehabt hätten, einen Beweisantrag zur Beiziehung des Tachographenausdrucks zu stellen. Da sie diese Möglichkeit nicht nutzten, könne nicht von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs ausgegangen werden.

Rechtliche Grundlagen und Konsequenzen

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf verschiedene Rechtsgrundlagen, insbesondere auf § 80 Abs. 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG). Diese Norm regelt die Zulassung der Rechtsbeschwerde bei weniger bedeutsamen Ordnungswidrigkeiten. Die Richter verwiesen auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Gebot des rechtlichen Gehörs und zur Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde.

Mit der Verwerfung des Zulassungsantrags gilt die Rechtsbeschwerde als zurückgenommen. Dies bedeutet, dass die ursprüngliche Entscheidung des Amtsgerichts, einschließlich der verhängten Geldbuße von 200 Euro, rechtskräftig wird. Zudem muss der Betroffene die Kosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht tragen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung unterstreicht die hohe Hürde für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde bei geringfügigen Bußgeldsachen. Sie verdeutlicht, dass die bloße Nichtberücksichtigung eines möglichen Beweismittels keine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellt, wenn der Betroffene die Möglichkeit hatte, einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen. Dies betont die Eigenverantwortung der Verfahrensbeteiligten zur aktiven Wahrnehmung ihrer Rechte im Gerichtsverfahren.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie ein Bußgeld erhalten haben, ist es wichtig, dass Sie in der Gerichtsverhandlung aktiv Ihre Rechte wahrnehmen. Das Urteil zeigt, dass Sie selbst die Verantwortung tragen, relevante Beweismittel durch konkrete Anträge ins Verfahren einzubringen. Auch wenn Sie einen Fahrtenschreiber oder andere entlastende Beweise erwähnen, muss das Gericht diese nicht von sich aus prüfen. Um Ihr Recht auf rechtliches Gehör zu wahren, sollten Sie oder Ihr Anwalt in der Verhandlung ausdrücklich Beweisanträge stellen. Versäumen Sie dies, können Sie später kaum noch erfolgreich eine Verletzung Ihres rechtlichen Gehörs geltend machen.


FAQ – Häufige Fragen

In unserer FAQ-Rubrik finden Sie fundierte Antworten auf häufige Fragen rund um das Bußgeldverfahren. Besonders beleuchtet wird dabei das Thema Rechtliches Gehör im Bußgeldverfahren, ein entscheidender Aspekt für einen fairen Rechtsbehelf. Lassen Sie sich von unseren präzisen Informationen unterstützen, um Ihre Rechte besser zu verstehen und informierte Entscheidungen zu treffen.


Was bedeutet das „rechtliche Gehör“ im Bußgeldverfahren?

Das rechtliche Gehör im Bußgeldverfahren ist ein fundamentales Recht des Betroffenen, das ihm die Möglichkeit gibt, sich zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf zu äußern und seine Sichtweise darzulegen. Es stellt sicher, dass Sie als Betroffener aktiv am Verfahren teilnehmen und Ihre Interessen vertreten können.

Kernelemente des rechtlichen Gehörs

Im Wesentlichen umfasst das rechtliche Gehör folgende Aspekte:

  1. Informationsrecht: Sie haben das Recht, über den gegen Sie erhobenen Vorwurf vollständig und verständlich informiert zu werden. Dies geschieht in der Regel durch die Zustellung eines Anhörungsbogens oder Bußgeldbescheids.
  2. Äußerungsrecht: Sie dürfen sich zu dem Vorwurf äußern und Ihre Version des Geschehens darlegen. Dies können Sie schriftlich oder in manchen Fällen auch mündlich tun.
  3. Beweisvorlagemöglichkeit: Es steht Ihnen zu, eigene Beweise vorzulegen oder Beweisanträge zu stellen, die Ihre Sichtweise unterstützen.
  4. Akteneinsichtsrecht: Sie oder Ihr Anwalt haben das Recht, Einsicht in die Verfahrensakten zu nehmen, um alle gegen Sie vorliegenden Beweise und Informationen zu kennen.

Bedeutung in der Praxis

In der Praxis bedeutet das rechtliche Gehör für Sie, dass Sie nicht passiv bleiben müssen, wenn ein Bußgeldverfahren gegen Sie eingeleitet wird. Sie können und sollten aktiv werden:

  • Wenn Sie einen Anhörungsbogen erhalten, können Sie diesen nutzen, um Ihre Sicht der Dinge darzulegen.
  • Sollten Sie der Meinung sein, dass ein Fehler vorliegt, können Sie dies mitteilen und Beweise dafür vorlegen.
  • Bei einem Bußgeldbescheid haben Sie die Möglichkeit, Einspruch einzulegen und Ihre Argumente vorzubringen.

Konsequenzen bei Nichtgewährung

Wird Ihnen das rechtliche Gehör versagt, kann dies schwerwiegende Folgen für das Verfahren haben. Ein Verstoß gegen dieses Recht kann zur Aufhebung des Bußgeldbescheids oder sogar zur Einstellung des Verfahrens führen.

Praktische Tipps

Um Ihr Recht auf rechtliches Gehör effektiv zu nutzen, sollten Sie:

  • Alle Schreiben der Behörde sorgfältig lesen und fristgerecht beantworten.
  • Bei Unklarheiten nachfragen oder sich rechtlichen Rat einholen.
  • Ihre Äußerungen sachlich und wahrheitsgemäß formulieren.
  • Relevante Beweise sammeln und vorlegen.

Beachten Sie, dass das rechtliche Gehör Ihnen zwar die Möglichkeit gibt, sich zu äußern, Sie aber nicht verpflichtet sind, dies zu tun. In manchen Fällen kann es ratsam sein, von Ihrem Schweigerecht Gebrauch zu machen.

Das rechtliche Gehör ist ein wichtiger Schutz für Sie als Betroffenen im Bußgeldverfahren. Es stellt sicher, dass Ihre Perspektive berücksichtigt wird und Sie faire Chancen haben, sich gegen den Vorwurf zu verteidigen. Nutzen Sie dieses Recht klug, um Ihre Interessen bestmöglich zu wahren.

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Welche Schritte kann ich unternehmen, wenn ich glaube, dass mein rechtliches Gehör verletzt wurde?

Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wurde, stehen Ihnen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, um sich dagegen zu wehren:

1. Rechtsmittel einlegen

Der wichtigste Schritt ist das Einlegen eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung, bei der Sie eine Verletzung Ihres rechtlichen Gehörs vermuten. Je nach Verfahrensart und -stand kann dies eine Berufung, Revision oder Beschwerde sein. Beachten Sie hierbei unbedingt die geltenden Fristen, die in der Regel ein bis zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung betragen.

2. Gehörsrüge erheben

Ist kein Rechtsmittel mehr möglich, können Sie eine Gehörsrüge nach § 321a ZPO (im Zivilprozess) oder vergleichbaren Vorschriften in anderen Verfahrensordnungen erheben. Hierbei weisen Sie das Gericht auf die Verletzung Ihres rechtlichen Gehörs hin und geben ihm die Möglichkeit, den Fehler selbst zu korrigieren.

3. Beweisanträge stellen

Wurde Ihnen die Möglichkeit verwehrt, wichtige Beweise vorzubringen, können Sie in laufenden Verfahren Beweisanträge stellen. Dadurch zwingen Sie das Gericht, sich mit Ihren Argumenten auseinanderzusetzen.

4. Protokollberichtigung beantragen

Wurden Ihre Aussagen oder Anträge im Protokoll falsch oder unvollständig wiedergegeben, können Sie eine Protokollberichtigung beantragen. Dies ist wichtig, da das Protokoll die Grundlage für spätere Überprüfungen bildet.

5. Verfassungsbeschwerde einreichen

Als letztes Mittel steht Ihnen die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht offen. Diese ist jedoch an strenge Voraussetzungen geknüpft und sollte nur nach Ausschöpfung aller anderen Rechtsmittel in Betracht gezogen werden.

Wichtig: Handeln Sie schnell und präzise

Bei allen genannten Schritten ist es entscheidend, schnell zu handeln und die jeweiligen Fristen einzuhalten. Beschreiben Sie in Ihren Eingaben genau, worin die Verletzung Ihres rechtlichen Gehörs besteht und welche Auswirkungen dies auf die Entscheidung hatte.

Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen

Angesichts der Komplexität des Themas und der möglichen Konsequenzen ist es in vielen Fällen ratsam, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Ein Fachanwalt für das jeweilige Rechtsgebiet kann Ihre Situation präzise einschätzen und die erfolgversprechendsten Schritte einleiten.

Dokumentation ist der Schlüssel

Dokumentieren Sie sorgfältig alle Ihre Schritte und Kommunikationen mit dem Gericht. Dies kann bei späteren Überprüfungen von entscheidender Bedeutung sein.

Bedenken Sie: Das Recht auf rechtliches Gehör ist ein fundamentales Prinzip unseres Rechtssystems. Wenn Sie glauben, dass es verletzt wurde, haben Sie nicht nur das Recht, sondern auch die Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. Mit den richtigen Schritten können Sie dazu beitragen, dass Ihre Argumente angemessen berücksichtigt werden und ein faires Verfahren gewährleistet wird.

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Unter welchen Umständen kann eine Rechtsbeschwerde im Bußgeldverfahren zugelassen werden?

Unter welchen Umständen kann eine Rechtsbeschwerde im Bußgeldverfahren zugelassen werden?

Eine Rechtsbeschwerde im Bußgeldverfahren kann nur unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden:

Grundsätzlich ist eine Rechtsbeschwerde zulässig, wenn:

  • Eine Geldbuße von mehr als 250 Euro verhängt wurde
  • Ein Fahrverbot angeordnet wurde
  • Der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid als unzulässig verworfen wurde

Bei Geldbußen unter 250 Euro ist eine Rechtsbeschwerde nur in Ausnahmefällen möglich:

  • Wenn es zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist
  • Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
  • Bei Versagung des rechtlichen Gehörs

Die Versagung des rechtlichen Gehörs ist ein besonders wichtiger Grund. Dies liegt vor, wenn Ihnen keine Möglichkeit gegeben wurde, sich zu allen entscheidungserheblichen Punkten zu äußern. Beispielsweise wenn Ihnen in der Verhandlung das Wort abgeschnitten wurde oder wichtige Beweisanträge ohne triftigen Grund abgelehnt wurden.

Beachten Sie: Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils eingelegt werden. Die Begründung muss zwingend durch einen Rechtsanwalt erfolgen.

Wenn Sie unsicher sind, ob in Ihrem Fall die Voraussetzungen für eine Rechtsbeschwerde vorliegen, ist es ratsam, sich von einem Fachanwalt für Verkehrsrecht beraten zu lassen. Er kann die Erfolgsaussichten einschätzen und Sie bei der Einlegung der Rechtsbeschwerde unterstützen.

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Welche Folgen hat die Versagung des rechtlichen Gehörs für das Bußgeldverfahren?

Die Versagung des rechtlichen Gehörs im Bußgeldverfahren kann schwerwiegende Konsequenzen haben und stellt einen erheblichen Verfahrensfehler dar.

Grundsätzlich kann die Versagung des rechtlichen Gehörs zur Aufhebung des Bußgeldbescheids führen. Dies liegt daran, dass das rechtliche Gehör ein fundamentales Recht im deutschen Rechtssystem ist und seine Missachtung als Verletzung eines wesentlichen Verfahrensrechts gilt.

Mögliche konkrete Folgen:

  1. Zulassung der Rechtsbeschwerde: Wurde das rechtliche Gehör versagt, kann dies ein Grund für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde sein, selbst wenn der Bußgeldbetrag unter der üblichen Zulassungsgrenze liegt.
  2. Aufhebung des Urteils: In schwerwiegenden Fällen kann ein Gericht das Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverweisen.
  3. Neuverhandlung des Falls: Wird der Bußgeldbescheid aufgehoben, muss der Fall in der Regel neu verhandelt werden, wobei dem Betroffenen dann die Möglichkeit gegeben wird, sich umfassend zu äußern.
  4. Verfahrensverzögerung: Die Notwendigkeit einer Neuverhandlung kann zu erheblichen Verzögerungen im Verfahrensablauf führen.
  5. Kostenfolgen: Bei einer Aufhebung des Bescheids aufgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs können die Verfahrenskosten der Staatskasse auferlegt werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jede vermeintliche Verletzung des rechtlichen Gehörs automatisch zur Aufhebung des Bußgeldbescheids führt. Gerichte prüfen im Einzelfall, ob tatsächlich eine relevante Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte vorlag.

Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihnen in Ihrem Bußgeldverfahren das rechtliche Gehör versagt wurde, sollten Sie umgehend rechtlichen Rat einholen. Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kann Ihre Situation bewerten und die geeigneten Schritte einleiten, um Ihre Rechte zu wahren.

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Wie kann ich nachweisen, dass mein rechtliches Gehör im Verfahren verletzt wurde?

Um eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Verfahren nachzuweisen, können Sie folgende Schritte unternehmen:

Dokumentation des Verfahrensablaufs

Führen Sie ein detailliertes Protokoll über den gesamten Verfahrensablauf. Notieren Sie darin:

  • Alle Ihre Anträge und Stellungnahmen
  • Die Reaktionen des Gerichts darauf
  • Termine und Fristen
  • Inhalte von Schriftsätzen und mündlichen Verhandlungen

Sammlung von Beweisen

Schriftliche Unterlagen

Bewahren Sie sorgfältig alle verfahrensrelevanten Dokumente auf:

  • Gerichtliche Schreiben und Beschlüsse
  • Ihre eigenen Schriftsätze und Anträge
  • Protokolle von Verhandlungen

Zeugenaussagen

Bitten Sie anwesende Personen um schriftliche Stellungnahmen zu relevanten Vorgängen im Verfahren.

Konkrete Nachweise für Gehörsverletzungen

Achten Sie besonders auf folgende Situationen:

  • Nichtberücksichtigung Ihres Vortrags in Gerichtsentscheidungen
  • Ablehnung von Beweisanträgen ohne ausreichende Begründung
  • Fehlende Gelegenheit zur Stellungnahme vor wichtigen Entscheidungen
  • Nichtgewährung von Akteneinsicht

Rechtsmittel und Rügen

Gehörsrüge

Erheben Sie umgehend eine Gehörsrüge, wenn Sie eine Verletzung Ihres rechtlichen Gehörs feststellen.

Rechtsmittel

Legen Sie fristgerecht Rechtsmittel (z.B. Berufung, Revision) ein und begründen Sie darin ausführlich die Gehörsverletzung.

Dokumentation der Folgen

Zeigen Sie auf, wie sich die Gehörsverletzung konkret auf das Verfahrensergebnis ausgewirkt hat. Stellen Sie dar, welche Argumente oder Beweise nicht berücksichtigt wurden und wie diese das Urteil möglicherweise beeinflusst hätten.

Einschaltung eines Rechtsbeistands

Ein erfahrener Anwalt kann Ihnen helfen:

  • Gehörsverletzungen rechtssicher zu dokumentieren
  • Die richtigen Rechtsmittel einzulegen
  • Ihre Argumente überzeugend vorzutragen

Beachten Sie, dass die Anforderungen an den Nachweis einer Gehörsverletzung hoch sind. Das Gericht muss Ihren Vortrag nicht zwingend berücksichtigen, sondern nur zur Kenntnis nehmen und erwägen. Eine sorgfältige Dokumentation und präzise Argumentation sind daher entscheidend für den Erfolg Ihrer Rüge.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Rechtsbeschwerde: Die Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen in Ordnungswidrigkeitenverfahren. Sie dient der Überprüfung von Rechtsfehlern und ist bei Geldbußen unter 250 Euro nur in Ausnahmefällen zulässig. Voraussetzungen sind, dass die Beschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Im Bußgeldverfahren muss die Rechtsbeschwerde in der Regel vom Oberlandesgericht zugelassen werden. Wird sie nicht zugelassen, bleibt das ursprüngliche Urteil bestehen.
  • Rechtliches Gehör: Das rechtliche Gehör ist ein fundamentales Verfahrensrecht, das im Grundgesetz verankert ist. Es garantiert, dass jeder Beteiligte in einem Gerichtsverfahren die Möglichkeit hat, sich zu äußern, Anträge zu stellen und Beweise vorzubringen, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Im Bußgeldverfahren bedeutet dies, dass der Betroffene die Gelegenheit haben muss, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen und seine Sicht darzulegen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kann zur Aufhebung eines Urteils führen. Die aktive Wahrnehmung dieses Rechts liegt in der Verantwortung des Betroffenen.
  • Amtsaufklärungspflicht: Die Amtsaufklärungspflicht verpflichtet das Gericht, von sich aus alle für die Entscheidung wesentlichen Tatsachen zu ermitteln. Im Bußgeldverfahren bedeutet dies, dass das Gericht relevante Beweise erheben muss, auch wenn diese nicht von den Parteien beantragt wurden. Die Pflicht hat jedoch Grenzen: Das Gericht muss nicht jeder möglichen Spur nachgehen. Wenn ein Betroffener spezifische Beweise für wichtig hält, sollte er einen konkreten Beweisantrag stellen. Die Amtsaufklärungspflicht entbindet die Verfahrensbeteiligten nicht von ihrer Mitwirkungspflicht.
  • Beweisantrag: Ein Beweisantrag ist das formelle Verlangen eines Verfahrensbeteiligten, bestimmte Beweise zu erheben. Im Bußgeldverfahren kann der Betroffene Beweisanträge stellen, um entlastende Tatsachen zu beweisen. Der Antrag muss das Beweismittel (z.B. Zeuge, Urkunde) und die zu beweisende Tatsache konkret benennen. Das Gericht muss über jeden Beweisantrag entscheiden und ihn entweder zulassen oder mit einer gesetzlich vorgesehenen Begründung ablehnen. Die Stellung von Beweisanträgen ist ein wichtiges Instrument zur Wahrung des rechtlichen Gehörs.
  • Verfahrensrüge: Eine Verfahrensrüge ist die Beanstandung eines Verfahrensfehlers in einem Rechtsmittel. Im Bußgeldverfahren kann der Betroffene mit einer Verfahrensrüge geltend machen, dass Vorschriften über das Verfahren verletzt wurden, z.B. eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Die Rüge muss die verletzten Rechtsnormen und die Tatsachen, die den Mangel ergeben, genau bezeichnen. Sie ist ein wichtiges Instrument, um Verfahrensfehler zu korrigieren und faire Verfahren sicherzustellen. Ohne eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge prüft das Gericht Verfahrensfehler in der Regel nicht.
  • Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde: Die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde bedeutet, dass dieses Rechtsmittel nur als letztes Mittel genutzt werden kann. Bevor eine Verfassungsbeschwerde erhoben wird, müssen alle anderen rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sein. Im Bußgeldverfahren heißt das, dass der Betroffene zunächst alle Rechtsmittel (z.B. Einspruch, Rechtsbeschwerde) nutzen muss. Erst wenn diese erfolglos waren, kann eine Verfassungsbeschwerde in Betracht kommen. Dies soll sicherstellen, dass Grundrechtsverletzungen möglichst schon von den Fachgerichten korrigiert werden und das Bundesverfassungsgericht entlastet wird.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 80 Abs. 1 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz): Dieser Paragraph regelt die Zulassung der Rechtsbeschwerde bei Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße von nicht mehr als 250 Euro. Eine Rechtsbeschwerde ist hier nur zulässig, wenn dies zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist oder wenn das rechtliche Gehör versagt wurde. Im vorliegenden Fall wurde die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, da keiner dieser Gründe vorlag.
  • § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG: Dieser Paragraph legt fest, dass bei Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße von nicht mehr als 250 Euro die Rechtsbeschwerde der Zulassung bedarf. Im vorliegenden Fall wurde die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt waren.
  • Art. 103 Abs. 1 GG (Grundgesetz): Dieser Artikel garantiert das rechtliche Gehör. Jeder hat das Recht, angehört zu werden, bevor eine gerichtliche Entscheidung getroffen wird, die seine Rechte betrifft. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob das rechtliche Gehör des Betroffenen verletzt wurde, dies wurde jedoch verneint.
  • §§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 244 Abs. 2 StPO (Strafprozessordnung): Diese Paragraphen regeln die Amtsaufklärungspflicht im Ordnungswidrigkeitenverfahren. Das Gericht ist verpflichtet, von Amts wegen alle für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu ermitteln. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob das Gericht seiner Amtsaufklärungspflicht nachgekommen ist, insbesondere in Bezug auf den Fahrtenschreiber.
  • § 344 Abs. 2 S. 2 StPO: Dieser Paragraph legt fest, wie eine Verfahrensrüge, die eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend macht, zu begründen ist. Im vorliegenden Fall wurde die Rüge des Betroffenen, sein rechtliches Gehör sei verletzt worden, als unbegründet zurückgewiesen.

Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Köln – Az.: 1 ORbs 139/24 – Beschluss vom 22.05.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

I.              Der Zulassungsantrag wird als unbegründet verworfen.

II.              Die Rechtsbeschwerde gilt damit als zurückgenommen (§ 80 Abs. 4 S. 4 OWiG).

III.              Die Kosten des Verfahrens vor dem Beschwerdegericht trägt der Betroffene.

G r ü n d e

I.

Gegen den Betroffenen ist durch das angefochtene Urteil wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften auf eine Geldbuße von 200 € erkannt worden.

Mit seinem hiergegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde rügt er die Versagung des rechtlichen Gehörs und beanstandet die Verletzung sachlichen Rechts. Er rügt namentlich, dass das Tatgericht sich mit seiner Angabe in der Hauptverhandlung, er habe einen Fahrtenschreiber im Wagen, nicht auseinandergesetzt habe.

II.

Der in formeller Hinsicht unbedenkliche Zulassungsantrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.

In dem angefochtenen Urteil ist ausschließlich eine Geldbuße von nicht mehr als 250,00 € festgesetzt worden. Die Rechtsbeschwerde ist daher nicht nach § 79 Abs. 1 S. 1 OWiG ohne weiteres statthaft, sondern bedarf gemäß § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG der Zulassung. Deren gesetzliche Voraussetzungen sind hier allerdings nicht gegeben.

Nach § 80 Abs. 1 OWiG kann die Rechtsbeschwerde bei weniger bedeutsamen Ordnungswidrigkeiten, bei denen sie grundsätzlich ausgeschlossen ist, nur ausnahmsweise zugelassen werden, soweit dies nämlich geboten ist, um den Oberlandesgerichten im allgemeinen Interesse Gelegenheit zu geben, durch eine Entscheidung zur Rechtsfortbildung oder zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung beizutragen. Sinn der Regelung ist mithin nicht die Herstellung der rechtlich richtigen Entscheidung im Einzelfall (vgl. SenE v. 24.01.2000 – Ss 191/99 Z -; SenE v. 10.11.2000 – Ss 462/00 Z – = VRS 100, 33 = NZV 2001, 137 [138]; SenE v. 08.01.2001 – Ss 545/00 Z – = DAR 2001, 179 = VRS 100, 189 [190]; Göhler/Seitz-Bauer, OWiG, 18. Auflage 2021, § 80 Rz. 3 ff.; KK-OWiG-Hadamitzky, 5. Auflage 2018, § 80 Rz. 1 m. w. Nachw.).

Im Einzelnen sieht die Bestimmung des § 80 Abs. 1 OWiG vor, dass die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden kann, wenn dies entweder zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (Nr. 1) oder wenn die Aufhebung des Urteils wegen Versagung des rechtlichen Gehörs geboten ist (Nr. 2).

Beide Voraussetzungen, die danach die Zulassung der Rechtsbeschwerde ermöglichen, liegen hier nicht vor.

1.

Die von der Verteidigung unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung formulierte, sachlich aber auch – und eher – der Rechtsfortbildung auf dem Gebiet des Verfahrensrechts zuzuordnende Frage, ob bei einem mit einem Tachographen ausgestatteten Fahrzeug der Auszug der dem Betroffenen bei der gegenständlichen Fahrt angezeigten gefahrenen Geschwindigkeiten beizuziehen und in Augenschein zu nehmen ist, wenn dieser die ihm vorgeworfene Geschwindigkeit bestreitet, führt zunächst aus keinem der in § 80 Abs. 1 Ziff. 1 OWiG angeführten Gründe zur Zulassung der Rechtsbeschwerde.

a)

Zur Fortbildung des (Verfahrens-) Rechts kann die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn die inmitten stehende Frage entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und abstraktionsfähig ist (Göhler-Bauer, OWiG, 19. Auflage 2024, § 80 Rz. 3). Hieran fehlt es. Ob die Amtsaufklärungspflicht zur Inaugenscheinnahme der Aufzeichnungen des Tachographen drängt, kann nur nach den jeweiligen Umständen des einzelnen Streitfalls und insbesondere unter Berücksichtigung des Beweisergebnisses beantwortet werden, das die Hauptverhandlung im Übrigen erbracht hat (so zutr. KG B. v. 18.05.1999 – 2 Ss 120/99 5 Ws (B) 294/99 – Juris).

b)

Aus dem zuvor Dargelegten erhellt zugleich, dass auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht vorliegt. Er könnte nur eingreifen, wenn ansonsten schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu besorgen wären; dabei sind maßgebend über den Einzelfall hinausreichende, übergreifende Gesichtspunkte, die zu einer Bedeutung der Frage für die Rechtsprechung im Ganzen führen (KK-OWiG-Hadamitzky, 5. Auflage 2018, § 80 Rz. 10 m. N.). Eine solche Sachgestaltung liegt hier angesichts der dargelegten Einzelfallbezogenheit fern.

2.

Eine Versagung des rechtlichen Gehörs, die mit einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Verfahrensrüge geltend zu machen ist (st. Senatsrechtsprechung s. nur SenE v. 20.01.2011 – III-1 RBs 316/10 -; SenE v. 04.09.2015 – III-1 RBs 293/15 -; SenE v. 23.10.2015 – III-1 RBs 362/15 -; SenE v. 21.09.2016 – III-1 RBs 282/16 -; SenE v. 07.04.2020 – III-1 RBs 110/20 -), liegt nicht vor. Ob das rechtliche Gehör verletzt worden ist, ist dabei bereits im Zulassungsverfahren zu prüfen und festzustellen (BVerfG NJW 1992, 2811, 2812; SenE v. 28.03.2011 – III-1 RBs 66/11 -; SenE v. 15.04.2014 – III-1 RBs 89/14 -).

a)

Der Betroffene meint – wie ausgeführt -, die gerichtliche Aufklärungspflicht hätte dazu führen müssen, dass das Gericht die Hauptverhandlung unterbricht und den Auszug aus dem Tachographen vom Tattag beizieht und verliest. Dass dies unterblieben sei, begründe eine Versagung des rechtlichen Gehörs.

b)

Die Rüge ist jedenfalls unbegründet:

aa)

Es ist – auch in der Rechtsprechung des Senats – anerkannt, dass eine Verletzung der Amtsaufklärungspflicht aus §§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 244 Abs. 2 StPO sich zugleich auch als Versagung des rechtlichen Gehörs erweisen kann (namentlich: SenE v. 12.02.2007 – 83 Ss-OWi 12/07 [im Ergebnis dort aber nicht für durchgreifend erachtet]).

Eine Versagung des rechtlichen Gehörs durch Verletzung der Aufklärungspflicht ist bislang in der Rechtsprechung in folgenden Fallgestaltungen angenommen worden:

Zum einen im Falle der Einspruchsverwerfung mangels ausreichender Entschuldigung des Fernbleibens, wenn das Tatgericht zuvor die nach den Umständen mögliche und gebotene Aufklärung des Entschuldigungsvorbringens unterlassen hat (KG B. v. 07.02.2022 – 3 Ws (B) 328/21 – Juris; OLG Brandenburg B. v. 10.01.2022 – 1 OLG 53 Ss-OWi 586/21 = NJ 2022, 465; OLG Braunschweig B. v. 25.03.2010 – Ss (OWiZ) 37/10 – Juris; OLG Hamm B. v. 28.10.2002 – 2 Ss OWi 873/02 = NZV 2003, 294). Zum anderen im Verfahren erlaubter Abwesenheit des Betroffenen (§ 74 Abs. 1 OWiG): Da dort vorterminlich zu den Akten gereichte Beweisanträge (nur) nach Maßgabe der Amtsaufklärungspflicht zu behandeln sind (SenE v. 16.02.2018 – III-1 RBs 45/18 -; SenE v. 27.12.2022 – III-1 RBs 409/22; KK-OWiG-Senge, 5. Auflage 2018, § 74 Rz. 17; Krenberger/Krumm, OWiG, 7. Auflage 2022, § 74 Rz. 9), kann die Verletzung der Aufklärungspflicht unter denselben Voraussetzungen (namentlich einer willkürlichen Behandlung – s. nur SenE v. 02.04.2022 – III-1 RBs 89/22 -) eine Gehörsverletzung darstellen wie die unberechtigte Ablehnung eines Beweisantrags im Normalverfahren.

In einem weiteren Sinne kann schließlich die Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht dann zu einer Versagung des rechtlichen Gehörs führen, wenn das Tatgericht die nach den Umständen gebotene Erkundigung nach dem Vorliegen eines Entbindungstags oder auch von Entschuldigungsvorbringen unterlässt und daraufhin unter Übergehung des Entbindungsantrags bzw. des Entschuldigungsvorbringens den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid verwirft (zum Entbindungsantrag unter ausdrücklicher Nennung der Aufklärungspflicht: OLG Bamberg B. v. 23.05.2017 – 3 Ss OWi 654/17 – Juris).

Gemeinsam ist diesen Sachgestaltungen, dass der Betroffene, hat er einmal die vorterminliche Beweisanregung angebracht, den Entbindungsantrag gestellt oder den Entschuldigungssachverhalt vorgetragen – im Abwesenheitsverfahren allerdings nur dann, wenn auch der Verteidiger nicht erscheint – keine weitere Möglichkeit der Einflussnahme auf die gerichtliche Entscheidung – Ablehnung des Beweisbegehrens, Verwerfung des Einspruchs – mehr hat, jedenfalls hierzu im Regelfall keine Veranlassung mehr sehen wird. Das unterscheidet die vorliegende Fallgestaltung von den vorstehend dargestellten: Der Betroffene war im Hauptverhandlungstermin mit seinem Verteidiger anwesend. Es wäre diesem daher möglich gewesen, in Erkenntnis des Umstands, dass das Tatgericht seinen Vortrag, das Fahrzeug verfüge über einen Tachographen, nicht zum Anlass weiterer Aufklärungsbemühung nehmen wollte, einen diesbezüglichen Beweisantrag – und sei es im Schlussvortrag hilfsweise für den Fall der Verurteilung (zum sog. Hilfsbeweisantrag vgl. Löwe-Rosenberg-Becker, StPO, 27. Auflage 2020, § 244 Rz. 153 m. N.) – zu stellen und sich auf diese Weise rechtliches Gehör zu verschaffen.

Der gegenteilige Vortrag in der Rechtsbeschwerdebegründung, wonach der Betroffene „keine Möglichkeit hatte zu reagieren, indem er selbst einen Beweisantrag zur Einholung des Auszugs seines Tachopraphen stellt“, erschließt sich dem Senat nicht und bleibt auch bloße nicht begründete Behauptung.

bb)

Unter diesen Umständen liegt eine zur Zulassung führende Gehörsverletzung nicht vor: Generell gilt nämlich, dass ein Betroffener gehalten ist, sich aller ihm nach der konkreten Verfahrenslage zu Gebote stehender prozessualer Möglichkeiten zu bedienen, um auf die gerichtliche Entscheidung Einfluss zu nehmen; unterlässt er dies, kann regelmäßig nicht von einer Versagung des rechtlichen Gehörs ausgegangen werden. Diese Auffassung beruht auf folgenden Erwägungen:

Zielsetzung des durch das OWiGStVGÄndG v. 7. Juli 1986 (BGBl. I, S. 977) eingeführten § 80 Abs. 1 Ziff. 2 OWiG ist es nach der Gesetzesbegründung, eine sonst begründet erscheinende Verfassungsbeschwerde zu ersparen (BT-Drs. 10/2652 S. 29). „Geboten“ ist die Aufhebung eines Urteils bei Versagung rechtlichen Gehörs daher nur, wenn es nicht zweifelhaft erscheint, dass das Urteil einer Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhalten würde, und sich deswegen die Aufhebung des Urteils im Hinblick auf die genannte Zielsetzung der Vorschrift aufdrängt (Senat NZV 1992, 419 = VRS 83, 367, 369; VRS 83, 446, 447; OLG Koblenz NStZ-RR 2000, 311; KK-OWiG-Hadamitzky, a.a.O., § 80 Rz. 40a; Rebmann/Roth/Hermann, OWiG, § 80 Rz. 7; BeckOK-OWiG-Bär, 42. Ed. Stand 01.04.2024, § 80 Rz. 18).

Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die erlassene Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben (BVerfGE 60 S. 250, BVerfGE 65 S. 305 = NJW 1984, 1026; BVerfG NJW 1992, 2811). Art. 103 Abs. 1 GG gibt – soweit hier von Belang – den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten ein Recht darauf, im gerichtlichen Verfahren zu Wort zu kommen, namentlich sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt und zu Rechtsfragen zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen (BVerfGE 63, 332 [337] = NJW 1983, 2763 [2764]); Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt daher keine Gehörsverletzung vor, wenn ein Betroffener hinreichend Gelegenheit hatte, sich in allen wichtigen Fragen zur Sache zu äußern (BVerfGE 55, 72 [94] – betr. zivilprozessuale Präklusionsvorschriften). Abzustellen ist dabei auf den gerichtlichen Entscheidungsprozess insgesamt; zu fragen ist, ob dieser in seiner Gesamtheit – trotz möglicher Verstöße gegen das Verfahrensrecht – ausreichendes rechtliches Gehör geboten hat (Dürig/Herzog/Scholz-Remmert, Grundgesetz, Art. 103 Abs. 1 Rz. 111). Lässt der Betroffene die Gelegenheit zur Äußerung schuldhaft ungenutzt verstreichen, schöpft er mithin die prozessualen Möglichkeiten in vorwerfbarer Weise nicht aus, kann eine Gehörsverletzung nicht festgestellt werden (vgl. von Münch/Kunig-Kunig/Saliger, Grundgesetz-Kommentar, 7. Auflage 2021, Art. 103 Rz. 17). Die verfassungsrechtlich verbürgte Gelegenheit zur Äußerung schließt damit die Obliegenheit ein, diese auch zu ergreifen.

In dieser Auffassung sieht sich der Senat bestärkt durch den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (Art. 94 Abs. 2 S. 2 GG, § 90 Abs. 2 BVerfGG), der – generell gesprochen – die Grundrechtsdurchsetzung bereits und in erster Linie auf fachgerichtlicher Ebene gewährleisten soll (BeckOK-BVerfGG-Niesler 16. Ed. Stand 01.12.2023 § 90 Abs. 2 Rz. 7). Rechtswegerschöpfungsgebot und Subsidiaritätsgrundsatz erlegen dem Beschwerdeführer – namentlich bei behaupteten Gehörverstößen: zur Meidung der Verwerfung der Verfassungsbeschwerde insgesamt als unzulässig (BeckOK-BVerfGG-Niesler a.a.O., Rz. 211) die Pflicht zur Eigenverantwortlichkeit auf. Er selbst muss im Ausgangsverfahren alles ihm Mögliche zur Verhinderung oder Behebung der Grundrechtsverletzung unternehmen (BVerfGE 107, 395 – bei Juris Tz. 61). Das ist hier – wie oben dargelegt – unterblieben (ähnlich die Sachgestaltung bei KG B. v. 30.03.2000 – 2 Ss 53/00 – 5 Ws (B) 117/00 – Juris Tz. 3: Keine Gehörsverletzung bei fehlender Wiederholung einer vorterminlichen Beweisanregung in der Hauptverhandlung).

cc)

Ob eine Ausnahme von der Pflicht zur Eigenverantwortlichkeit in Konstellationen zu machen ist, in welchen die prozessual noch mögliche Intervention als von vornherein aussichtslos oder in ihren Erfolgsaussichten jedenfalls höchst zweifelhaft erscheint (zum Parallelproblem bei der Verfassungsbeschwerde vgl. BeckOK-BVerfGG-Niesler a.a.O. Rz. 172 f.), muss der Senat nicht entscheiden; für das Vorliegen einer solchen Sachgestaltung ist nichts ersichtlich. Das rechtliche Gehör ist damit nicht verletzt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.


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