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Bußgeldverfahren – Verfolgungsverjährung – Kürzel zur Anhörung in Datenübersicht

Aufgrund unklarer Aktenlage konnte das Gericht nicht feststellen, ob der Betroffene vor Erlass des Bußgeldbescheids rechtswirksam angehört wurde. Da somit keine verjährungsunterbrechende Maßnahme nachgewiesen werden konnte, ist Verfolgungsverjährung eingetreten und das Bußgeldverfahren wurde eingestellt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 729 OWi – 265 Js 838/23 – 63/23

✔ Kurz und knapp


  • Ein Bußgeldbescheid wurde am 14.03.2023 gegen den Betroffenen erlassen.
  • Der Betroffene legte rechtzeitig Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein.
  • Die Ordnungswidrigkeit wurde am 10.12.2022 begangen.
  • Das Gericht stellte fest, dass die 3-Monats-Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG überschritten wurde.
  • Ein Bußgeldbescheid muss innerhalb von drei Monaten nach der Tat erlassen werden.
  • In der Zwischenzeit eingetragene Druckaufträge („Anhoer“, „AnhFErm“) konnten nicht als Verjährungsunterbrechung nach § 33 Abs. 1 OWiG anerkannt werden.
  • Es fehlte an der notwendigen Dokumentation, die den Inhalt und Adressaten der Druckaufträge nachweist.
  • Das Verfahren wurde wegen Verjährung gemäß §§ 206a StPO, 46 OWiG eingestellt.
  • Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen werden von der Staatskasse getragen.

Bußgeldbescheid zu spät: Verjährung bei Geschwindigkeitsüberschreitung?

Verkehrsdelikte und Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr können für Autofahrer weitreichende rechtliche Konsequenzen haben. Bußgelder, Fahrverbote und sogar der Führerscheinentzug sind mögliche Folgen. Ein zentrales Thema sind dabei die Verjährungsfristen, die für die Verfolgung solcher Vergehen gelten.

Gerichte müssen prüfen, ob ein Bußgeldbescheid rechtzeitig erlassen wurde oder ob die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit bereits verjährt ist. Gerade bei kurzfristigen Verjährungsfristen von nur drei Monaten kann es entscheidend sein, wie Behörden Zwischenhandlungen wie Anhörungen dokumentieren.

Im Folgenden wird ein aktuelles Urteil vorgestellt, das sich mit der Frage der Verjährung in einem Bußgeldverfahren beschäftigt und die Bedeutung einer sorgfältigen Aktenführung für die Behörden unterstreicht.

Bußgeldverfahren erfolgreich anfechten

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✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Dortmund


Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung droht Verjährung

Gegen den Betroffenen wurde am 10.12.2022 eine Ordnungswidrigkeit wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung begangen. Erst am 14.03.2023, also mehr als 3 Monate später, erließ die Bußgeldbehörde einen Bußgeldbescheid gegen den Betroffenen. Dieser legte dagegen rechtzeitig Einspruch ein.

Das rechtliche Problem in diesem Fall liegt darin, ob das Bußgeldverfahren bereits verjährt ist. Gemäß § 26 Abs. 3 StVG beträgt die Verjährungsfrist für Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr 3 Monate. Eine Unterbrechung der Verjährung kommt nach § 33 Abs. 1 OWiG nur durch bestimmte Verfolgungshandlungen in Betracht, insbesondere durch die Anhörung des Betroffenen.

Unklare Aktenlage bezüglich erfolgter Anhörung des Betroffenen

In der Akte fanden sich lediglich drei Einträge in einer Datenübersicht, die möglicherweise auf eine Anhörung des Betroffenen hindeuten könnten:

  • 21.12.2022 Druckauftrag „Anhoer“
  • 19.01.2023 Druckauftrag „AnhFErm“
  • 13.02.2023 Druckauftrag „Anhoer“

Grundsätzlich kann auch ein Druckauftrag für ein Anhörungsschreiben als verjährungsunterbrechende Maßnahme ausreichen. Allerdings fand sich für keinen dieser Druckaufträge in der Akte ein entsprechendes Schriftstück oder eine sonstige Dokumentation darüber, was genau Gegenstand und Inhalt des jeweiligen Druckauftrags war und an wen ein möglicherweise erstelltes Schreiben gerichtet war. Es konnte noch nicht einmal festgestellt werden, ob sich die Abkürzung „Anhoer“ tatsächlich auf eine Anhörung des Betroffenen im Ordnungswidrigkeitenverfahren bezieht.

Amtsgericht stellt Verfahren wegen eingetretener Verjährung ein

Da somit anhand der Aktenlage nicht festgestellt werden konnte, dass vor Erlass des Bußgeldbescheids eine verjährungsunterbrechende Anhörung des Betroffenen stattgefunden hat, ist inzwischen Verfolgungsverjährung eingetreten.

Das Amtsgericht Dortmund hat daher mit Beschluss vom 11.05.2023 das Verfahren gemäß §§ 206a StPO, 46 OWiG wegen Verjährung eingestellt. Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen wurden der Staatskasse auferlegt.

Druckaufträge allein reichen nicht als Nachweis einer Anhörung

Die Entscheidung zeigt, dass bloße Einträge über Druckaufträge in einer behördeninternen Datenübersicht nicht ausreichen, um eine verjährungsunterbrechende Anhörung des Betroffenen nachzuweisen. Vielmehr muss sich auch aus der Akte selbst ergeben, dass tatsächlich ein entsprechendes Anhörungsschreiben erstellt und an den Betroffenen übersandt wurde. Ansonsten droht bei Überschreitung der kurzen 3-monatigen Verjährungsfrist im Straßenverkehr eine Einstellung des Verfahrens, selbst wenn der Betroffene die Ordnungswidrigkeit begangen haben sollte.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Die Entscheidung verdeutlicht, dass für eine verjährungsunterbrechende Anhörung im Bußgeldverfahren der bloße Eintrag eines Druckauftrags in einer behördeninternen Datenübersicht nicht genügt. Vielmehr muss die Akte selbst belegen, dass tatsächlich ein Anhörungsschreiben verfasst und dem Betroffenen übermittelt wurde. Andernfalls tritt bei Überschreitung der kurzen Verjährungsfrist von 3 Monaten im Straßenverkehrsrecht Verfolgungsverjährung ein. Die Entscheidung mahnt die Bußgeldbehörden somit zu einer sorgfältigen und nachvollziehbaren Aktenführung, um Verjährungseintritt zu vermeiden.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Bußgeldverfahren und Verjährung


Wie lange beträgt die Verjährungsfrist bei Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr?

Die Verjährungsfrist für Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr beträgt grundsätzlich drei Monate. Dies ist in § 26 Abs. 3 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) geregelt. Die Frist beginnt mit Beendigung der Ordnungswidrigkeit zu laufen. Ist beispielsweise am 15. Mai eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen worden, verjährt diese am 14. August desselben Jahres.

Allerdings verlängert sich die Verjährungsfrist auf sechs Monate, sobald ein Bußgeldbescheid erlassen wurde. Ergeht der Bußgeldbescheid also innerhalb der ersten drei Monate nach der Tat, hat die Behörde nochmals sechs Monate Zeit, das Verfahren abzuschließen. Eine Ausnahme von der Drei-Monats-Frist gilt bei Verstößen gegen die 0,5-Promille-Grenze sowie das Betäubungsmittelgesetz. Hier beträgt die Verjährungsfrist bereits von vornherein sechs Monate beziehungsweise ein Jahr bei vorsätzlicher Begehung.

Die Verjährung kann durch bestimmte Handlungen der Verfolgungsbehörden unterbrochen werden. Hierzu zählt insbesondere die Anhörung des Betroffenen oder die Vernehmung von Zeugen. Nach einer Unterbrechung beginnt die Frist von Neuem zu laufen. Dies gilt jedoch nur für die erste Unterbrechungshandlung. Spätere Maßnahmen hemmen den Fristenlauf nicht erneut.

Welche behördlichen Maßnahmen können die Verjährung in einem Bußgeldverfahren unterbrechen?

Das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) regelt in § 33 Abs. 1, welche Handlungen der Behörden die Verjährungsfrist unterbrechen. Es handelt sich um einen abschließenden Katalog von Unterbrechungshandlungen. Zu diesen zählt an erster Stelle die erste Vernehmung des Betroffenen. Bereits die Anordnung oder Bekanntgabe dieser Vernehmung führt zu einer Unterbrechung der Verjährung.

Die Anhörung des Betroffenen, häufig in Form eines Anhörungsbogens, ist eine der wichtigsten Unterbrechungshandlungen. Mit der Übersendung des Anhörungsbogens wird dem Betroffenen rechtliches Gehör gewährt. Er kann sich zu dem Vorwurf äußern. Die Verjährungsfrist beginnt nach Zustellung des Anhörungsbogens von Neuem zu laufen. Die Behörde hat nun wieder drei Monate Zeit, einen Bußgeldbescheid zu erlassen.

Weitere Unterbrechungshandlungen sind die vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen Aufenthaltsunkenntnis, die Abgabe der Akten an die Staatsanwaltschaft oder das Gericht sowie Handlungen im gerichtlichen Verfahren wie die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Erlass eines Strafbefehls. Jede dieser Handlungen lässt die Verjährungsfrist neu anlaufen.

Zu beachten ist, dass die Verjährung spätestens eintritt, wenn seit der Tat das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist, mindestens jedoch zwei Jahre verstrichen sind. Dies ist die absolute Verjährungsfrist. Für Verkehrsordnungswidrigkeiten bedeutet dies, dass nach spätestens sechs Monaten endgültig Verjährung eintritt.

Reicht ein bloßer Eintrag über einen Druckauftrag als Nachweis für eine verjährungsunterbrechende Anhörung aus?

Ein bloßer Eintrag über einen Druckauftrag reicht nicht aus, um die Verjährung im Bußgeldverfahren zu unterbrechen. Entscheidend ist, dass die Akte den tatsächlichen Versand eines Anhörungsschreibens an den Betroffenen belegt. Die Verjährung wird nur dann wirksam unterbrochen, wenn der Anhörungsbogen tatsächlich versendet wurde und dies nachweisbar ist. Ein bloßer Vermerk über den Druckauftrag genügt nicht, um die Verjährung zu unterbrechen. Andernfalls könnte eine Verfahrenseinstellung in Betracht kommen, wenn die Verjährung bereits eingetreten ist.

Welche Konsequenzen hat es, wenn die Behörde keine verjährungsunterbrechende Maßnahme nachweisen kann?

Wenn die Behörde keine verjährungsunterbrechende Maßnahme nachweisen kann, hat dies erhebliche Konsequenzen. In einem solchen Fall tritt die Verfolgungsverjährung ein, was bedeutet, dass das Bußgeldverfahren eingestellt werden muss. Dies gilt selbst dann, wenn der Betroffene die Ordnungswidrigkeit tatsächlich begangen hat. Die Verjährung führt dazu, dass die Behörde keine rechtliche Grundlage mehr hat, um das Bußgeld durchzusetzen.

Ein Beispiel verdeutlicht dies: Wenn ein Anhörungsbogen nicht nachweislich versendet wurde oder andere verjährungsunterbrechende Maßnahmen nicht dokumentiert sind, kann die Verjährung nicht wirksam unterbrochen werden. Die Verjährungsfrist läuft dann weiter und endet nach Ablauf der gesetzlichen Frist. In der Regel beträgt diese Frist bei Verkehrsordnungswidrigkeiten drei Monate, solange kein Bußgeldbescheid ergangen ist, und verlängert sich auf sechs Monate nach Erlass des Bußgeldbescheides.

Die Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung hat auch finanzielle Folgen. Die Staatskasse ist in der Regel verpflichtet, die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen. Dies umfasst die Kosten für den Rechtsanwalt und andere Verfahrenskosten, die dem Betroffenen entstanden sind.

Ein praktisches Beispiel: Ein Bußgeldverfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung wird eingestellt, weil die Behörde keine wirksame Zustellung des Anhörungsbogens nachweisen kann. Die Verjährung ist eingetreten, und das Verfahren muss eingestellt werden. Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Anwaltskosten des Betroffenen.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 26 Abs. 3 StVG: Verjährungsfrist für Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr beträgt drei Monate. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Bußgeldbescheid innerhalb dieser Frist erlassen werden muss, ansonsten verjährt die Tat.
  • § 33 Abs. 1 OWiG: Bestimmt die Unterbrechung der Verjährung durch bestimmte Verfolgungshandlungen, wie z.B. die Anhörung des Betroffenen. In diesem Fall konnte keine ausreichende Dokumentation der Anhörung gefunden werden, was zur Verjährung führt.
  • § 206a StPO: Einstellung des Verfahrens bei Verjährung. Hier wurde das Verfahren wegen eingetretener Verjährung eingestellt, da keine ausreichenden Unterbrechungshandlungen nachgewiesen werden konnten.
  • § 46 OWiG: Anwendung der Vorschriften der Strafprozessordnung auf das Ordnungswidrigkeitenverfahren. Diese Vorschrift ermöglicht es, Verjährungsregelungen der StPO auf das OWi-Verfahren anzuwenden.
  • § 467 Abs. 1 StPO: Kostentragungspflicht der Staatskasse bei Einstellung des Verfahrens. In diesem Fall trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen, da das Verfahren eingestellt wurde.
  • Druckaufträge: Einträge über Druckaufträge in behördeninternen Datenübersichten. Im vorliegenden Fall waren die Einträge zu Druckaufträgen nicht ausreichend dokumentiert, um als verjährungsunterbrechende Maßnahme anerkannt zu werden.
  • AG Dortmund: Zuständiges Amtsgericht, das den Beschluss über die Verfahrenseinstellung gefasst hat. Es stellt sicher, dass die gesetzlichen Verjährungsfristen eingehalten werden und prüft die Dokumentation der Behörden.
  • Bußgeldbescheid: Amtliche Mitteilung über die Festsetzung eines Bußgelds. Der Bescheid vom 14.03.2023 wurde außerhalb der Verjährungsfrist erlassen, was zur Einstellung des Verfahrens führte.


⬇ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Dortmund

AG Dortmund – Az.: 729 OWi – 265 Js 838/23 – 63/23 – Beschluss vom 11.05.2023

Das Verfahren wird nach § 46 OWiG i.V.m. § 206a StPO auf Kosten der Staatskasse eingestellt, die auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt.

Gründe

Gegen den Betroffenen ist am 14.03.2023 ein Bußgeldbescheid erlassen worden, gegen den er rechtzeitig Einspruch eingelegt hat.

Die weitere Verfolgung der Ordnungswidrigkeit ist ausgeschlossen, weil inzwischen Verjährung eingetreten ist. Die Tat wurde begangen am 10.12.2022. Der Bußgeldbescheid wurde nicht innerhalb der maßgeblichen 3-Monats-Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG, sondern erst am 14.3.2023 erlassen.

Eine zwischenzeitliche Verjährungsunterbrechung nach § 33 Abs. 1 OWiG kam lediglich durch Anhörung in Betracht. Hierzu finden sich in einer Datenübersicht Bl. 4 d.A. drei Eintragungen, die einer Anhörung möglicherweise zuzuordnen sein könnten:

21.12.2022 Druckauftrag „Anhoer“

19.1.2023 Druckauftrag „AnhFErm“

13.2.2023 Druckauftrag „Anhoer“

Ein Druckauftrag kann insoweit zwar u.U. als maßgebliche Unterbrechungshandlung ausreichen (vgl. OLG Hamm SVR 2005, 438; Krenberger/Krumm, OWiG, § 33 Rn. 25). Für keinen dieser Druckaufträge findet sich aber in der Akte ein Schriftstück oder eine andere Art der Dokumentation, was Gegenstand und Inhalt des jeweiligen Druckauftrags oder wer Adressat des möglicherweise erstellten Schriftstücks war. Nicht einmal ist klar, ob mit „Anhoer“ überhaupt eine Anhörung des Betroffenen im OWi-Verfahren gemeint ist. Da eine Unterbrechungshandlung vor Erlass des Bußgeldbescheides also nicht festgestellt werden konnte, war das Verfahren wegen Verjährung gem. §§ 206a StPO, 46 OWiG einzustellen. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 46 OWiG i.V.m. § 467 Abs. 1 StPO.

Die Entscheidung über die notwendigen Auslagen beruht auf § 46 OWiG i.V.m. § 467 Abs. 1 StPO.

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