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Bußgeldverfahren – unterbliebene Anhörung des Betroffenen

OLG Koblenz – Az.: 1 OWi 6 SsRs 19/18 – Beschluss vom 27.02.2018

Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung seiner Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts – Bußgeldrichterin – Trier vom 16. November 2017 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit dem der Betroffene sich gegen seine Verurteilung zu einer Geldbuße von 80 € wegen einer fahrlässigen Überschreitung der innerhalb geschlossener Ortschaften zulässigen Höchstgeschwindigkeit (§ 49 Abs. 1 Nr. 3, § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO, § 24 StVG) um 21 km/h wendet, ist statthaft (§ 79 Abs. 1 Satz 2, § 80 OWiG) und in zulässiger Weise angebracht worden. In der Sache erzielt er keinen Erfolg.

1. Eine Einstellung des Verfahrens aufgrund eines von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernisses kommt nicht in Betracht.

a) Sämtliche von dem Verteidiger des Betroffenen behaupteten Verfahrensumstände – fehlende Anhörung des Betroffenen im Verwaltungsverfahren, Unbestimmtheit des Bußgeldbescheides, Eintritt der Verfolgungsverjährung infolge nicht rechtzeitiger Unterbrechungsmaßnahmen – wären bei Unterstellung ihrer Richtigkeit vor Erlass des amtsgerichtlichen Urteils eingetreten. Selbst wenn sie zu einem Verfahrenshindernis führen würden, könnte es gemäß § 80 Abs. 5 OWiG vor Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht zu einer Einstellung des Verfahrens führen.

b) Ein Verfahrenshindernis wäre aber auch nicht gegeben:

aa) Das etwaige Fehlen einer Anhörung des Betroffenen durch die Verwaltungsbehörde würde als einfacher Verfahrensfehler nicht zu einem Verfahrenshindernis führen und hätte auch auf die Wirksamkeit des Bußgeldbescheides keinen Einfluss (vgl. Seitz, in: Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 17. Aufl., § 66 Rdn. 51; Lutz, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 5. Aufl., § 55 Rdn. 13). Die Verfahrensakten enthalten zudem ein auf den 13. September 2016 datierendes Anhörungsschreiben an den Betroffenen unter zutreffender Anschrift (Bl. 1 d.A.); aus dem dokumentierten Verlaufe des Verwaltungsverfahrens ergibt sich, dass die Anhörung des Betroffenen am 13. September 2016 veranlasst wurde (Bl. 9 d.A.). Nach Aktenlage ist damit von einer Versendung des Anhörungsbogens – entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde handelt es sich bei dem aktenkundigen, nicht unterschriebenen Exemplar lediglich um einen Zweitausdruck zur Dokumentation – auszugehen.

Bereits durch die Anordnung der Anhörung wäre eine Verjährung der Verfolgungsverjährung aber damit rechtzeitig unterbrochen worden (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG). Die dem Betroffenen vorgeworfene Tat datiert auf den 3. September 2016; die Anordnung erfolgte nur zehn Tage darauf und liegt damit innerhalb der Dreimonatsfrist des § 26 Abs. 3 StVG. Einer aktenkundigen ausdrücklichen Verfügung oder eigenhändigen Unterschrift durch den behördlichen Sachbearbeiter bedurfte es nicht (s. nur BGH NJW 1997, 1380; NStZ 2007, 177). Ausreichend ist, dass sich die Anordnung – wie hier – den Akten zweifelsfrei entnehmen lässt. Durch den nachfolgenden Erlass des Bußgeldbescheides am 8. Dezember 2016 und weitere, jeweils nach spätestens sechs Monaten (§ 26 Abs. 3 StVG) erfolgende Verfahrenshandlungen sind auch in der Folgezeit rechtzeitige Verjährungsunterbrechungen herbeigeführt worden.

bb) Die Angabe von Tatzeit und Tatort im Bußgeldbescheid dient zur Kennzeichnung und Individualisierung des dem Betroffenen vorgeworfenen Tatgeschehens. Sie muss eine Verwechselbarkeit mit anderen möglichen Taten ausschließen (vgl. BGHSt 23, 336, 338 ff.; Seitz a.a.O. § 66 Rdn. 12 ff.; Kurz, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 5. Aufl., § 66 Rdn. 12). Nach diesem Zweck begegnet es keinen Bedenken und führt nicht zur Unwirksamkeit des Bußgeldbescheides, wenn dieser ausführt, dass der Betroffene die Geschwindigkeitsüberschreitung in einem näher bezeichneten Fahrzeug „am 03.09.2016 um 17:39 Uhr in …[Z], Stadt …[Z], …“ begangen haben soll. Insbesondere war eine nähere örtliche Eingrenzung der Tatbegehung nicht erforderlich. Selbst bei einer Länge der bezeichneten … Uferstraße von mehreren Kilometern ermöglichte die genaue Angabe der Tatzeit dem Betroffenen ohne weiteres, die Tat zu identifizieren und von anderen Lebenssachverhalten abzugrenzen. Ob eine genauere Angabe zweckmäßig gewesen wäre, ist für die Frage der Wirksamkeit des Bußgeldbescheides ohne Belang (vgl. BGHSt 23, 336, 340 f.).

2. Ein Grund, die Rechtsbeschwerde gemäß § 80 OWiG zuzulassen, liegt nicht vor. Da die verhängte Geldbuße nicht mehr als 100 € beträgt, kommt eine Zulassung entgegen der Auffassung des Betroffenen nicht auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, sondern nur zum Zweck der Fortbildung des Rechts in sachlich-rechtlicher Hinsicht oder wegen der Versagung rechtlichen Gehörs in Betracht (§ 80 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Beide Zulassungsgründe scheiden hier aus.

a) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist bereits nicht in einer den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Weise gerügt worden. Zudem ist ein Gehörsverstoß auch in der Sache nicht ersichtlich.

aa) Die erstrebte Rechtsbeschwerde muss – wie § 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG ausdrücklich klarstellt – ungeachtet dessen, dass nur ein Zulassungsantrag vorliegt, nach dem Maßstab der §§ 344, 345 StPO ordnungsgemäß begründet werden. Jeder Mangel der Rechtsbeschwerdebegründung ist dem Zulassungsantrag anzulasten; denn der Prüfung von Zulassungsgründen können nur solche Rechtsfehler zugrunde gelegt werden, die in hinreichender Weise gerügt sind und im Falle einer Zulassung der Rechtsbeschwerde Berücksichtigung finden könnten. Dies gilt auch für den behaupteten Verfahrensfehler eines Gehörsverstoßes (allg. Meinung und stg. Senats-rechtsprechung, z.B. Beschlüsse vom 9. Juni 2006 – 1 Ss 161/06, vom 25. Juni 2012 – 1 SsRs 47/12, vom 24. Juli 2012 – 1 SsRs 63/12 und vom 28. Januar 2016 – 1 OWi 3 SsRs 129/15; Hadamitzky, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 5. Aufl., § 79 Rdn. 88 ff., § 80 Rdn. 40c, 41b m.w.Nachw.).

Eine Verletzung rechtlichen Gehörs, auf die der Betroffene seinen Zulassungsantrag und die Rechtsbeschwerde stützen will, muss daher bereits im Zulassungsverfahren nach dem Maßstab von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und innerhalb der Frist des § 345 StPO dargetan werden. Hierfür sind die den Mangel begründenden Tatsachen so genau und vollständig mitzuteilen, dass dem Rechtsbeschwerdegericht allein anhand der Begründungsschrift und ohne Rückgriff auf den Akteninhalt eine Beurteilung ermöglicht wird, ob der Verfahrensfehler vorliegt, wenn die Tatsachen erwiesen wären (stg. Senatsrechtsprechung, z.B. Beschluss vom 9. Juni 2006 – 1 Ss 161/06; Be-schluss vom 25. Juni 2012 – 1 SsRs 47/12; Beschluss vom 24. Juli 2012 – 1 SsRs 63/12; Hadamitzky a.a.O. § 79 Rdn. 88 ff. m.w.Nachw.).

bb) Diesen Anforderungen wird der Betroffene hier nicht gerecht. Aus seiner Antragsschrift geht bereits nicht hinreichend hervor, ob er beabsichtigt, eine mögliche Verletzung seines Gehörsanspruches als Verfahrensrüge und Zulassungsgrund geltend zu machen.

Der Betroffene rügt eine Verletzung formellen und materiellen Rechts (Punkt „A.“ der Revisionsbegründung, Bl. 76 d.A.). Eine nachfolgende allgemeine Schilderung des Verfahrensablaufes einschließlich eines von ihm gestellten Beweisantrages (Punkt „B.“ der Revisionsbegründung, Bl. 76 ff. d.A.) ist einer konkreten Rüge nicht zugeordnet. Hieran anschließend (Punkt „C.“ der Revisionsbegründung, Bl. 80 d.A.) wiederholt der Betroffene erneut ohne nähere Ausführungen die Rüge einer Verletzung formellen und materiellen Rechtes; hierbei bezieht er sich auf die Zulassungsgründe der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. In dem nächsten Gliederungspunkt (Punkt „D.“ der Revisionsbegründung, Bl. 80 d.A.) führt der Betroffene aus, dass er “die aufgrund der unterlassenen bzw. fehlerhaften Anhörung eingetretene Verjährung“ sowie „die Verletzung der Aufklärungspflicht durch das angefochtene Urteil“ rüge, wobei er aus Gründen der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung festgestellt wissen will, dass Mängel der Anhörung im Verwaltungsverfahren zu keiner Verjährungsunterbrechung geführt haben. Unter Berufung auf dieselben Zulassungsgründe begehrt er (Punkt „E.“ der Revisionsbegründung, Bl. 81 d.A.) die Feststellung bestimmter Rechtsfolgen aufgrund der von ihm behaupteten Mängel des Bußgeldbescheides. Schließlich führt der Betroffene aus, das angefochtene Urteil sei „allerdings auch in materieller Hinsicht fehlerhaft“, bezieht sich dabei im Wesentlichen auf einen von ihm gestellten Beweisantrag hinsichtlich der durchgeführten Geschwindigkeitsmessung, sieht das angefochtene Urteil „unter massiver Verletzung der dem Gericht obliegenden Aufklärungspflicht zustande gekommen“ (Punkt „F.“ der Revisionsbegründung, Bl. 83 ff. d.A) und hält eine Zulassung auch insoweit zum Zweck einer Fortbildung des Rechts oder einer Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für erforderlich.

Aus der unübersichtlichen, verfahrens- und materiell-rechtliche Fragen vermengenden Antragsschrift ist die Angriffsrichtung des Rechtsmittels nicht in jeder Hinsicht ersichtlich, wie nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO indes erforderlich (vgl. Gericke, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 7. Aufl., § 344 Rdn. 33f.). Ihr ist noch mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen, dass der Betroffene Rechtsfragen im Hinblick auf Verfahrensvoraussetzungen und das Fehlen von Verfahrenshindernissen geprüft wissen will. Ob er sich auch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sieht, geht aus ihr indes nicht hervor.

cc) Sofern eine derartige Beanstandung beabsichtigt sein sollte, wäre sie überdies nicht hinreichend ausgeführt.

Hinsichtlich der Behauptung einer unterbliebenen Anhörung im Verwaltungsverfahren fehlt es an einer nachvollziehbaren Darlegung des Verfahrensablaufes des Verwaltungsverfahrens, (Bl. 9 d.A.) sowie an einer eindeutigen Behauptung, dass ein Anhörungsbogen dem Betroffenen nicht zugegangen sei. Die Antragsschrift übergeht insbesondere, dass – wie in der Dokumentation des verwaltungsbehördlichen Bußgeldverfahrens üblich – der Ausdruck eines an den Betroffenen gerichteten individuellen Anhörungsschreibens und eines von ihm zurückzusendenden Anhörungsbogens zu den Akten genommen wurde, und dass in der Verlaufsdokumentation des Verwaltungsverfahrens eine Anhörung angegeben ist (Bl. 1 f., 9 d.A.). Die Behauptung, „eine Versendung des in der Akte verbliebenen und nicht unterschriebenen Anhörungsbogens an den Betroffenen ist erwiesener Maßen nicht erfolgt“ (Bl. 80 d.A.) ist damit wenn nicht bewusst unwahr, so doch wenigstens irreführend.

Soweit es die von dem Betroffenen gerügte Aufklärungspflichtverletzung durch Zurückweisung eines Beweisantrages angeht, sind die zugrunde liegenden Verfahrensumstände auch hierzu nicht vollständig vorgetragen, um dem Rechtsbeschwerdegericht eine Prüfung eines etwaigen Gehörsverstoßes zu ermöglichen. So fehlt es bereits an einer Mitteilung, ob und in welcher Weise der Beweisantrag bereits in der Hauptverhandlung zurückgewiesen wurde. Auch ist nicht vorgebracht, zu welchen konkreten tatsächlichen Ergebnissen die begehrte sachverständige Untersuchung nach Auffassung des Betroffenen geführt hätte. Derartiges geht auch nicht aus dem in der Antragsschrift wiedergegebenen Beweisantrag hervor, in dem die – einer sachverständigen Bewertung entzogene – Rechtsfrage unter Beweis gestellt ist, dass die konkrete Geschwindigkeitsmessung „unverwertbar“ sei. Die in dem Beweisantrag zitierte Entscheidung des Amtsgerichts Mannheim verhält sich ihrerseits zu einer Vielzahl von Tatsachen- und Rechtsfragen.

dd) Der Einzelrichter des Senats bemerkt ergänzend, dass die Rüge auch unbegründet gewesen wäre.

Selbst wenn – wovon nach Aktenlage nicht auszugehen ist – der Betroffene im Verwaltungsverfahren nicht angehört worden sein sollte, wäre ein derartiger Mangel mit dem Einspruchs- und gerichtlichen Verfahren geheilt. Denn in diesem ist auch eine erstmalige Einlassung des Betroffenen einschränkungslos zu berücksichtigen (vgl. Lutz, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 5. Aufl., § 55 Rdn. 13).

Die Ablehnung des Beweisantrages des Betroffenen erfolgte nicht unter Verstoß gegen sein rechtliches Gehör. Nicht jeder einfach-rechtliche Verfahrensfehler bildet zugleich eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG. Hierzu ist vielmehr erforderlich, dass das unabdingbare Maß des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs eines Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör verkürzt wird, was etwa bei willkürlichen gehörsrelevanten Verfahrensverstößen der Fall sein kann, auf denen die Entscheidung beruht. Wird beanstandet, dass sich das Tatgericht mit einem gestellten Beweisantrag nicht hinreichend auseinandergesetzt habe, kommt ein Gehörsverstoß dementsprechend nur in Betracht, wenn es an einer Behandlung des Antrages insgesamt fehlt oder seine Zurückweisung auf nicht nachvollziehbaren oder schlechterdings unhaltbaren Erwägungen beruht; denn nur in diesem Fall liegt nahe, dass das Gericht den Vortrag des Betroffenen nicht zur Kenntnis genommen oder nicht berücksichtigt hat (std.Rspr. des Senats, vgl. Beschlüsse vom 20. Dezember 2017 – 1 OWi 6 SsRs 147/17, vom 2. Oktober 2015 – 1 OWi 4 SsRs 93/15, und vom 13. August 2002 – 1 Ss 159702; s. auch BVerfG, NJW 1992, 2811, 2812; OLG Oldenburg NStZ-RR 2012, 182; OLG Hamm NZV 2008, 417, 418; OLG Köln, VRS 105 [2003], 224, 227).

Von einer willkürlichen Handhabung des Verfahrensrechts durch das Amtsgericht kann hier aber nicht die Rede sein. Eine Geschwindigkeitsmessung mit dem Lasermessgerät PoliScan Speed des Herstellers Vitronic ist – wie in der obergerichtlichen Rechtsprechung bislang anerkannt (vgl. zuletzt OLG Düsseldorf, Beschluss 13. Juli 2015 – IV-1 RBs 200/14; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Juli 2015 – 2 [6] SsBs 368/15 [jeweils juris]; OLG Frankfurt, Beschluss vom 4. Dezember 2014 – 2 Ss-OWi 1041/14 [juris] = DAR 2015, 149) – auch unter Berücksichtigung der vereinzelt gebliebenen, von dem Betroffenen aufgegriffenen Entscheidung des Amtsgerichts Mannheim (Beschluss vom 29. November 2016 – 21 OWi 509 Js 35740/15 [juris]) als standardisiertes Messverfahren einzuordnen. Der Senat hat sich bereits in anderweitigen Verfahren (Beschlüsse vom 18. April 2017 – 1 OWi 4 SsBs 27/17, und vom 27. April 2017 – 1 OWi 4 SsRs 27/17) mit der Funktionsweise des verwendeten Messgeräts und der problematisierten Einbeziehung „messbereichsfremder“ Objektpunkte in die Messwertbildung befasst. Grundlage für seine Beurteilung bildeten unter anderem öffentlich zugängliche Stellungnahmen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) vom 16. Dezember 2016 und 12. Januar 2017 (abrufbar unter http://dx.doi.org/10.77../…09A und http://dx.doi.org/10.77../…09B), in welchen die PTB näher darlegt, dass die beanstandeten Umstände bereits bei Zulassung des Gerätes vollständig bekannt gewesen seien und die Richtigkeit der Messung hiervon unbeeinträchtigt bleibe, insbesondere auch nicht gegen Zulassungsvorgaben verstoßen werde. Diese Bewertung entspricht mittlerweile einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 18. August 2017 – 1 RBs 47/17; OLG Braunschweig, Beschluss vom 14. Juni 2017 – 1 Ss [OWi] 115/17; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. Mai 2017 – 2 Rb 8 Ss 246/17; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 21. April 2017 – Ss Rs 13/2017; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27. Januar 2017 – 1 OWi 1 Ss Bs 53/16 [jeweils juris]). Die von der Verteidigung aufgestellte Behauptung, das Geschwindigkeitsmessgerät PoliScan Speed sei „in Rechtsprechung und Literatur (…) höchst umstritten“ (Bl. 62 d.A.), ist demnach unzutreffend.

Da von dem Betroffenen auch keine konkreten Besonderheiten der verfahrensgegenständlichen Messung aufgezeigt wurden, welche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung hätten wecken können, bestand für die Einholung eines Sachverständigengutachtens kein Anlass. Die Zurückweisung des hierauf gerichteten Beweisantrages erweist ist demnach verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.

b) Einer Zulassung der Rechtsbeschwerde bedarf es auch nicht zum Zweck der Fortbildung des Rechts.

aa) Auch im Falle der – vorliegenden – Einschränkung der Zulassungsfähigkeit nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG kann eine Zulassung der Rechtsbeschwerde auf Rechtsfragen im Zusammenhang mit Verfahrensvoraussetzungen gestützt werden, denn hierbei handelt es sich nicht um Rechtsnormen über das Verfahren im Sinne von § 80 Abs. 2 OWiG (BayObLG NZV 1992, 498; Hadamitzky, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 5. Aufl., § 80 Rdn. 47 a.E.). Aufgrund der von dem Betroffenen in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen ist eine Zulassung jedoch nicht geboten.

(1) Eine offene Rechtsfrage hinsichtlich der Anwendung von § 55 OWiG und etwaigen Auswirkungen auf die Verjährungsunterbrechung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG besteht nicht.

Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass es bei einem – auch ausschließlich im Wege elektronischer Datenverarbeitung erstellten – Verwaltungsvorgang zur Wirksamkeit des Bußgeldbescheides oder anderweitiger nach außen gerichteter Verfahrenshandlungen, mithin auch zur Veranlassung einer Anhörung keiner ausdrücklichen Verfügung oder eigenhändigen Unterschrift des behördlichen Sachbearbeiters bedarf, sofern die Verfahrenshandlungen nach dem Akteninhalt oder dem Ergebnis freibeweislicher Erhebungen auf einen individuellen Willensakt des Sachbearbeiters zurückgeht (vgl. BGH NJW 1997, 1380; NStZ 2007, 177; OLG Hamm, Beschluss vom 30. April 2008 – 2 Ss OWi 223/08 [juris]; s. auch § 66 OWiG). Demzufolge bedarf auch keiner Klärung, ob – wie ohne weiteres zu bejahen – entsprechende Verfahrenshandlungen geeignet sind, eine Unterbrechung der Verfolgungsverjährung herbeizuführen.

(2) Ob im vorliegenden Fall die Tatbeschreibung im Bußgeldbescheid den Anforderungen von § 66 OWiG genügt, stellt bereits keine abstraktionsfähige Rechtfrage dar. Die entsprechenden Anforderungen sind einzelfallbezogen; allgemeine Kriterien sind – wie der einschlägigen Kommentarliteratur zu § 66 OWiG ohne weiteres zu entnehmen – in Anlehnung an § 200 StPO bereits entwickelt und werden durch die vorliegende Fallgestaltung auch nicht in Frage gestellt.

bb) Soweit die Antragsschrift dahingehend zu verstanden ist, dass sie die Einordnung des Geschwindigkeitsmesssystems Poliscan Speed des Herstellers Vitronic als standardisiertes Messverfahren anzweifelt, handelt es sich hierbei zwar um eine abstrahierungsfähige Rechtsfrage. Diese ist – wie bereits dargetan – einer Klärung auch in Ansehung der von der Antragsschrift zitierten Entscheidung des Amtsgerichts Mannheim und der darin behaupteten Unregelmäßigkeiten bereits zugeführt.

cc) Bei dem in der Antragsschrift unzutreffend als materiell-rechtlichen Umstand bezeichneten Zurückweisung des Beweisantrages des Betroffenen handelt es sich um eine verfahrensrechtliche Frage, auf die eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 1, Abs. 2 OWiG vorliegend nicht gestützt werden kann.

dd) Anderweitige offene Rechtsfragen, die Anlass für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bieten könnten, sind nicht ersichtlich.

3. Die vorsorglich eingelegte Rechtsbeschwerde gilt mit der Antragsverwerfung als zurückgenommen (§ 80 Abs. 4 Satz 4 OWiG). Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG.

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