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Bußgeldverfahren – Nichtvorlage Eichschein – Eichung Messgerät aufgebrachte Eichsiegel

OLG Koblenz – Az.: 1 OWi 6 SsBs 99/17 – Beschluss vom 01.12.2017

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts – Bußgeldrichterin – Wittlich vom 24. August 2017 wird auf seine Kosten (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG) als unbegründet verworfen.

Gründe

Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der in der Rechtsbeschwerdebegründung erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 und 3 StPO). Mit Blick auf die Ausführungen der Rechtsbeschwerde ergänzt der Senat die Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 21. November 2017 wie folgt:

1. Anhaltspunkte, dass die mit einem standardisierten Messverfahren (zu PoliScan Speed vgl. Senat, Beschlüsse vom 15. Juni 2017 – 1 OWi 4 SsBs 43/17 und vom 18. April 2017 – 1 OWi 4 SsBs 27/17) durchgeführte Messung fehlerhaft gewesen sein und daher ohne weitere Erörterung und Nachprüfung der Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung nicht hätte zugrunde gelegt werden können, bieten sich nach dem Inhalt des angefochtenen Urteils nicht. Insbesondere hat sich das Amtsgericht auf tragfähiger Grundlage, namentlich aufgrund der Angaben des Messbeamten und des Inhaltes des Messprotokolls davon überzeugt, dass das verwendete Geschwindigkeitsmessgerät im Messzeitpunkt geeicht war. Anders als die Verteidigung in der Revisionsbegründung unterstellt, geben die bei der Eichung auf dem Messgerät aufgebrachten, nach Aussage des Messbeamten unversehrten und von ihm kontrollierten Kenn- und Sicherungszeichen bereits aufgrund gesetzlicher Vorgaben regelmäßig die Gültigkeitsdauer der Eichung wieder (vgl. § 38 Abs. 1 und 2 MessEV in Verbindung mit Anlage 8, Nr. 1.1 – 1.3), so dass die Bußgeldrichterin auch ohne Vorlage des Eichscheines von hinreichenden Erkenntnismöglichkeiten hinsichtlich der Eichung ausgehen konnte. Hinweise auf Besonderheiten, etwa auf ein Fehlen oder eine Verfälschung der aufgebrachten Zeichen, liefert das angefochtene Urteil nicht.

Sollte der Betroffene gleichwohl der Auffassung sein, dass das Amtsgericht eine weiterreichende Aufklärung pflichtwidrig unterlassen hat, hätte es einer ausgeführten – hier indes schon nicht erhobenen – Verfahrensrüge bedurft, mit der unter anderem darzulegen gewesen wäre, aufgrund welcher konkreten Tatsachenlage sich in das Amtsgericht zu weiteren Erhebungen hätte veranlasst werden müssen. Dass die Rechtsbeschwerde auf Grundlage des auf die Sachrüge keiner Überprüfung unterliegenden, zudem nicht näher dargestellten Akteninhaltes die Erkenntnismöglichkeiten des vernommenen Messbeamten in Frage stellt, reicht hierzu nicht aus.

2. Dass das Amtsgericht aus den Tatumständen auf eine vorsätzliche Begehungsweise durch den Betroffenen geschlossen hat, unterliegt gleichfalls keinen rechtlichen Bedenken.

Das angefochtene Urteil hat nachvollziehbar nicht nur die geschwindigkeitsbegrenzende Beschilderung vor der Messstelle in Form eines sogenannten „Geschwindigkeitstrichters“, sondern auch den Umstand, dass mit verschiedenen weiteren, zum Teil großflächigen Verkehrszeichen auf eine vorausliegende Baustelle und die Verengung der Fahrbahn auf eine Fahrspur hingewiesen wurde, als Indizien dafür herangezogen, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht auf ein Augenblicksversagen in Form einer kurzzeitigen Ablenkung des Betroffenen zurückging. Dass angesichts der regelmäßig mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung verbundenen Baustellensituation, der hierauf hinweisenden, über eine längere Strecke vorgenommenen Beschilderung und der bevorstehenden Verkehrsführung dem Betroffenen die Herabsetzung der zuvor angeordnete Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h nicht verborgen geblieben sein konnte, ist von dem Amtsgericht in rechtsfehlerfreier, für das Rechtsbeschwerdegericht mithin nicht näher überprüfbarer Weise bewertet worden. Hinzu treten die im Urteil einzeln dargelegten Unstimmigkeiten in der Einlassung des Betroffenen; das hierauf bezogene Vorbringen der Rechtsbeschwerde, der Betroffene sei nach der Geschwindigkeitsmessung die Strecke erneut entlanggefahren und habe sich erst hierdurch die genaue Kenntnis von der Lage des Messgerätes verschafft, ist dagegen urteilsfremd.

War damit aber zugrunde zu legen, dass der Betroffene im Zeitpunkt der Messung Kenntnis von der Geschwindigkeitsbegrenzung hatte, drängte sich die Annahme eines vorsätzlichen Verkehrsverstoßes auf. Denn entsprechend ständiger obergerichtlicher, auch durch den Senat geteilter und von dem Amtsgericht herangezogener Rechtsprechung kann bei besonders massiven, „qualifizierten“ Geschwindigkeitsüberschreitungen allein aus ihrem objektiven Ausmaß auf eine vorsätzliche Tatbegehung geschlossen werden. Im außerörtlichen Bereich liegt die Grenze hierfür bei einer absoluten Überschreitung um 40 km/h (s. etwa Senat, Beschlüsse vom 18. April 2017 – 1 OWi 4 SsBs 27/17, und vom 23. März 2017 – 1 OWi 4 SsBs 11/17; OLG Koblenz [2. StrS] NStZ 2000, 58 Beschluss vom 2. Oktober 2009 – 2 SsBs 100/09 [juris, Rdn. 27]), oder bei einer relativen Überschreitung der erlaubten Geschwindigkeit um mindestens 50 % (vgl. KG NZV 2005, 596; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2006, 249; OLG Celle NZV 2011, 618 [ab 45 %]; OLG Brandenburg VRS 127 [2014], 41). Diese Voraussetzungen liegen bei der festgestellten Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 53 km/h in markanter Weise vor.

 

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