OLG Koblenz – Az.: 2 OWi 3 SsBs 86/16 – Beschluss vom 21.12.2016
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Neuwied vom 29. August 2016 im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass die Geldbuße auf 250,- Euro herabgesetzt wird.
Der Betroffenen bleibt nachgelassen, diesen Betrag in monatlichen Raten von je 50,- Euro, zahlbar bis zum 3. Werktag eines Monats, beginnend ab Januar 2017, zu zahlen.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als offensichtlich unbegründet verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen der Betroffenen zur Last. Jedoch wird die Gebühr für das Rechtsbeschwerdeverfahren um die Hälfte herabgesetzt; in diesem Umfang fallen auch die notwendigen Auslagen der Betroffenen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Die Zentrale Bußgeldstelle des Polizeipräsidiums Rheinpfalz hat am 2. Juni 2016 gegen die Betroffene wegen Führen eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung eines berauschenden Mittels (§ 24a Abs. 2 StVG iVm. Nr. 242.1 BKatV) ein Bußgeld in Höhe von 1.000,- Euro festgesetzt und ein Fahrverbot von drei Monaten angeordnet. Auf hiergegen eingelegten Einspruch hat das Amtsgericht diese Rechtsfolgen mit Urteil vom 29. August 2016 festgesetzt, wobei es von fahrlässiger Begehungsweise ausgegangen ist. Nach den Feststellungen führte die Betroffene, die schon zuvor am 4. Juni 2013 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 u. 2 StGB) verurteilt worden war, am 15. Februar 2016 einen Personenkraftwagen im öffentlichen Straßenverkehr, obwohl sie zuvor Cannabis konsumiert hatte und hiervon noch beeinflusst war. Die ihr kurze Zeit nach der Tat entnommene Blutprobe enthielt 10 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC).
Gegen das in Abwesenheit ergangene, dem Verteidiger am 11. Oktober 2016 zugestellte Urteil hat die Betroffene am 14. Oktober 2016 Rechtsbeschwerde eingelegt und dieses Rechtsmittel mit am 11. November 2016 eingegangenem Schriftsatz näher begründet. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Urteil unter Verwerfung der weitergehenden Rechtsbeschwerde (als offensichtlich unbegründet) im Rechtsfolgenausspruch insgesamt aufzuheben und die Sache insoweit zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
II.
Die Rechtsbeschwerde erweist sich zum Schuldspruch als offensichtlich unbegründet im Sinne von § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG iVm. § 349 Abs. 2 StPO. Insoweit hat die Überprüfung des Urteils nach Maßgabe der Rechtsbeschwerdebegründung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen ergeben.
Als rechtsfehlerfrei erweist sich auf der Rechtsfolgenseite auch die Anordnung eines dreimonatigen Fahrverbots, das in Bezug auf die hier begangene Ordnungswidrigkeit die Regelsanktion nach § 4 Abs. 3, Nr. 242.1 BKatV darstellt. Hiervon abzuweichen, bestand vorliegend kein Anlass. Bei der Bemessung des Fahrverbots hat sich der Bußgeldrichter grundsätzlich an die Vorgaben der BKatV zu halten (vgl. OLG Koblenz, 1 Ss 151/03 v. 01.09.2003). Die Anordnung des Fahrverbots in den Anwendungsfällen des § 4 BKatV wahrt nicht nur die Verhältnismäßigkeit der Sanktion; sie gewährleistet darüber hinaus die Gleichbehandlung der Betroffenen und erfüllt damit auch ein Gebot der Gerechtigkeit (vgl. Senat, 2 SsBs 80/13 v. 17.01.2014). Besondere Umstände, die hier zur Herabsetzung des Regelfahrverbots führen müssten, sind weder festgestellt noch ersichtlich. Die Möglichkeit, gegen Erhöhung des Bußgelds von der Anordnung des Fahrverbots abzusehen (§ 4 Abs. 4 BKatV), hat das Amtsgericht in Erwägung gezogen, jedoch rechtsfehlerfrei verneint.
Keinen Bestand hingegen kann die Festsetzung eines Bußgeldes in Höhe von 1.000,- Euro haben. Auch hierbei handelt es sich zwar um die für den vorliegenden Verstoß gemäß Nr. 242.1 BKatV vorgesehene Regelgeldbuße, doch ist § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG zu beachten, wonach auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen zu berücksichtigen sind, sofern es sich nicht um eine nur geringfügige Ordnungswidrigkeit handelt.
Nach ständiger Rechtsprechung beider Bußgeldsenate des Oberlandesgerichts Koblenz(z.B. Beschlüsse 2 OWi 4 SsBs 50/16 v. 12.09.2016; 2 SsBs 128/12 v. 26.08.2013; 2 SsBs 108/10 v. 24.09.2010; 1 SsBs 109/12 v. 19.11.2012; 1 Ss 289/06 v. 03.01.2007 – ZfSch 2007, 231 f. <Rn. 21 n. juris>)ist bei einer Ahndung mit Geldbuße von mehr als 250,- Euro von einer nicht geringfügigen Ordnungswidrigkeit auszugehen, die die Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen zur Bußgeldbemessung grundsätzlich auch dann erfordert, wenn es sich um die Regelsanktion nach dem Bußgeldkatalog handelt. Hiervon kann ausnahmsweise etwa dann abgesehen werden, wenn der Bußgeldrichter die bereits im Bußgeldbescheid festgesetzte Regelgeldbuße nach der BKatV verhängt, sich der anwaltlich vertretene Betroffene unter Berufung darauf, keine weiteren Angaben zur Sache machen zu wollen, von der Erscheinenspflicht entbinden lässt, und auch sein vertretungsberechtigter Verteidiger nicht zur Hauptverhandlung erscheint, womit zum Ausdruck gebracht wird, dass der Frage einer fehlenden oder verminderten Leistungsfähigkeit nicht weiter nachgegangen werden muss, der Betroffene also in der Lage ist, diese Geldbuße zu zahlen (vgl. OLG Koblenz, 2 SsBs 30/14 v. 13.6.2014 – Rn. 9 n. juris; 1 SsBs 109/11 vom 15.12.2011; vgl. auch KG Berlin, 162 Ss 136/13 v. 7.1.2014 – VRS 126,103 <Rn. 10 n. juris>; OLG Bremen, 2 SsBs 82/11 v. 15.11.2012 – NZV 2014, 140).
Ein solcher Ausnahmefall ist hier aber nicht gegeben. Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 29. August 2016 darauf hingewiesen, dass die Betroffene in Anbetracht ihrer beschränkten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage ist, ein Bußgeld von 1.000,- Euro zu bezahlen. Er hat dargelegt, dass sie (aus Reitbeteiligungen) nur über ein monatliches Einkommen von ca. 400,- Euro verfügt und gemeinsam mit ihrem Krankengeld beziehenden Ehemann für zwei unterhaltsberechtigte Kinder zu sorgen hat. Dies hat das Amtsgericht bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße nicht angemessen berücksichtigt und dadurch gegen § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG verstoßen.
III.
Der Rechtsfehler zieht die Aufhebung im Ausspruch über die Höhe des Bußgeldes nach sich. Da eine weitere Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse angesichts der Ausführungen im Verteidigerschriftsatz nicht erforderlich und auch nicht zu erwarten sind, trifft der Einzelrichter des Senats die in der Sache angemessene Entscheidung selbst (§ 79 Abs. 6 OWiG). Dies führt zur Herabsetzung der Geldbuße auf 250,- Euro mit der Möglichkeit monatlicher Ratenzahlung, wodurch den wirtschaftlichen Verhältnissen der Betroffenen ausreichend Rechnung getragen wird; dies entspricht auch der von der Betroffenen selbst für angemessenen erachteten Rechtsfolge.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG iVm. § 473 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 StPO.