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Bußgeldverfahren – Feststellung der Fahrereigenschaft

Beim Bußgeldverfahren wird der Fahrer durch das elektronische Fahrtenbuch entlastet

In rechtlichen Zusammenhängen kann die Zuordnung der Fahrereigenschaft in manchen Fällen eine kontroverse Angelegenheit werden. In solchen Szenarien spielen digitale Technologien wie elektronische Fahrtenbücher eine entscheidende Rolle. In der vorliegenden Verhandlung des Amtsgerichts Bayreuth ging es genau darum.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 OWi 149 Js 5322/20  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Ein elektronisches Fahrtenbuch kann als entscheidendes Beweismittel im Bußgeldverfahren dienen. In diesem Fall hat es dazu beigetragen, die Fahrereigenschaft im Falle einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu klären und den tatsächlich unschuldigen Fahrzeughalter zu entlasten.

  1. Dem Betroffenen wurde vorgeworfen, die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 42 km/h überschritten zu haben. Dies hätte eine Geldbuße und ein einmonatiges Fahrverbot zur Folge gehabt.
  2. Anhand des elektronischen Fahrtenbuchs wurde festgestellt, dass nicht der Betroffene, sondern sein Bruder zur Tatzeit das Fahrzeug führte.
  3. Zusätzliche Beweise, wie ein Einsatzbericht und die Bestätigung von der Rettungsdienstschule, untermauerten die Angaben im Fahrtenbuch.
  4. Trotz Merkmalsabgleich des Sachverständigen konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen dem Betroffenen und der Person auf dem Tatfoto gefunden werden.
  5. Das Gericht war aufgrund der im elektronischen Fahrtenbuch hinterlegten Daten und den zusätzlichen Beweisen überzeugt: Der Betroffene war nicht der Fahrer des Fahrzeugs zum Tatzeitpunkt.
  6. Eine weitere Begutachtung durch den Sachverständigen war somit nicht nötig.
  7. Da der Betroffene nicht der Fahrer des Fahrzeugs war, wurde er freigesprochen.
  8. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen wurden von der Staatskasse getragen.

Details zum Verkehrsverstoß und den Konsequenzen

Zur Last gelegt wurde dem Betroffenen, am 12. Dezember 2019 auf der Bundesautobahn 9 in Richtung München die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 42 km/h überschritten zu haben. Im entsprechenden Bußgeldbescheid wurde eine Geldbuße von 240 Euro bestimmt und zudem ein einmonatiges Fahrverbot nach § 25 Abs. 2a des Straßenverkehrsgesetzes verhängt. Wie man sieht, hätte der Verstoß zu großen Konsequenzen für den Betroffenen führen können.

Beweisführung durch das elektronische Fahrtenbuch

In diesem Fall stellt sich jedoch heraus, dass dieser nicht der Führer des betreffenden Fahrzeugs war. Stattdessen war der Bruder des Betroffenen zur angegebenen Zeit der Fahrer. Der Beweis dafür wurde durch das elektronische Fahrtenbuch erbracht, das den Bruder als Fahrer listete. In der Akte ist ein Einsatzbericht aufgeführt, der ebenfalls den Bruder als Fahrer des Fahrzeugs ausweist. Darüber hinaus ist eine Bestätigung des Schulleiters einer Rettungsdienstschule vorhanden, die bezeugt, dass der Betroffene an einer praktischen Prüfung um 8:00 Uhr teilgenommen hat.

Schlüsselrolle des elektronischen Fahrtenbuchs in der Beweislast

Die Beweislast des Gerichts konzentrierte sich auf das elektronische Fahrtenbuch, welches weiterführende Ermittlungen durch den Sachverständigen in der Hauptverhandlung überflüssig machte. Normalerweise würde ein Sachverständiger versuchen, Merkmale des Fahrers auf dem Tatfoto und dem Lichtbild des Betroffenen zu vergleichen und nach signifikanten Differenzen zu suchen. In diesem Fall konnten jedoch keine Unterschiede festgestellt werden, sodass keine weiteren Untersuchungen erforderlich waren.

Folgen des Urteils und die Bedeutung der korrekten Datenaufzeichnung

Obwohl das Urteil in erster Linie den betroffenen Fahrer betrifft, hat es auch weitreichende Auswirkungen auf ähnliche Fälle in der Zukunft. Es unterstreicht, wie wichtig es ist, korrekte Aufzeichnungen zu führen und Technologien wie elektronische Fahrtenbücher zu nutzen. Diese können dabei helfen, ungerechtfertigte Strafen zu vermeiden und die Gerechtigkeit sicherzustellen.

Schlussfolgerung und die Rolle der digitalen Technologie im Rechtsalltag

Im Ergebnis sprach das Gericht den Betroffenen aufgrund mangelder Täterschaft frei, was die Bedeutung des Fahrtenbuchs in der Beweiskraft hervorhebt. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trug die Staatskasse.

Das Urteil ist insofern bahnbrechend, als dass es aufzeigt, wie unerlässlich elektronische Fahrtenbücher sind, insbesondere in Situationen, in denen die Fahrereigenschaft umstritten ist. Es unterstreicht deutlich die Bedeutung der digitalen Technologie im heutigen Rechtsalltag. Daher kann man abschließend feststellen, dass die Verwendung technologischer Hilfsmittel wie des elektronischen Fahrtenbuchs in solchen Fällen zukünftig von entscheidender Bedeutung sein wird.

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Das vorliegende Urteil

AG Bayreuth – Az.: 2 OWi 149 Js 5322/20 – Beschluss vom 09.09.2020

Leitsatz:

Ist Gericht ist aufgrund des elektronischen Fahrtenbuchs überzeugt, dass der Betroffene am Tattag nicht der Fahrer des Fahrzeugs war, ist eine weitergehende Begutachtung durch den Sachverständigen in einem Hauptverhandlungstermin nicht erforderlich.


1. Der Betroffene wird freigesprochen.

2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.

Angewendete Vorschriften: §§ 467 StPO i.V.m. § 46 OWiG.

Gründe

Hinsichtlich des Sachverhalts und der rechtlichen Würdigung wird auf den Bußgeldbescheid vom 11.03.2020 Bezug genommen.

I.

1. Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, am 12.12.2019 um 11:49 Uhr in Bayreuth, BAB 9, Richtung München, Abschnitt 340, Kilometer 5.580 mit dem Pkw, Marke: Volkswagen, amtliches Kennzeichen: … die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 42 km/h überschritten zu haben. Im Bußgeldbescheid wurde deshalb eine Geldbuße in Höhe von 240 € festgesetzt sowie ein Fahrverbot von einem Monat gemäß § 25 Abs. 2a StVG angeordnet. Darüber hinaus wurden dem Betroffenen die Kosten des Verfahrens auferlegt.

2. Demgegenüber hat das Gericht folgenden Sachverhalt festgestellt:

Das oben genannte Fahrzeug hat zum Tatzeitpunkt nicht der Betroffene, sondern dessen Bruder, M. W., geführt.

II.

Der unter Ziffer I. 2. festgestellte Sachverhalt steht für das Gericht fest aufgrund des elektronischen Fahrtenbuchs (Blatt 45 der Akte), das als Fahrer den Bruder des Betroffenen führt, dem Einsatzbericht (Blatt 46 der Akte), der ebenfalls den Bruder als Fahrer des Fahrzeugs ausweist und der Bestätigung des Schulleiters der NAW Rettungsdienstschule … (Blatt 47 der Akte), die bestätigt, dass der Betroffene am Tattag an einer praktischen Prüfung um 8:00 Uhr teilgenommen hat.

Aufgrund dieser Nachweise ist eine weitere beweissichere Bewertung der Fahrereigenschaft des Betroffenen durch den Sachverständigen in der Hauptverhandlung nicht erforderlich. Zusammenfassend kam dieser aus humanbiologischer Sicht nach Erfassung der Merkmale und dem Merkmalsabgleich des Fahrers auf dem Tatfoto auf der Grundlage des Lichtbilds des Betroffenen zu dem Ergebnis, dass keine Unterschiede an abgleichbaren Merkmalen im Hinblick auf dessen Fahrereigenschaft vorbereitend auf die Hauptverhandlung festgestellt werden konnten. Im Falle des Zeugen, gemeint ist der Bruder des Betroffenen, finden sich dagegen zunächst Abweichungen. Eine schlussendlich beweissichere Bewertung der Fahrereigenschaft des Betroffenen bzw. des Zeugen, des Bruders, mit der Vergabe eines aussagekräftigen Wahrscheinlichkeitsprädikats kann aus sachverständiger Sicht nur über die direkte Inaugenscheinnahme ihrer aktuellen Erscheinungsbilder bei gleicher Aufnahmeposition und Kopfhaltung wie bei der fahrzeugführenden Person auf dem Tatfoto nach dem Abgleich aller erfassbaren Merkmale im Rahmen der Hauptverhandlung erfolgen. Insgesamt sei das Tatfoto im Hinblick auf seine Qualität, unter Berücksichtigung der Zahl und der Erkennbarkeit der Merkmale der fahrenden Person sowie der personentypischen Ausbildung aus sachverständiger Sicht für eine Aussage über die Wahrscheinlichkeitseinstufung „Identität hoch wahrscheinlich“ (dritthöchstes positives Wahrscheinlichkeitsprädikat von 4 möglichen positiven Einstufungen) in der Hauptverhandlung unter dem Vorbehalt geeignet, dass sich beim weiteren Abgleich zu dem Betroffenen im Hinblick auf die noch nicht beweissicher abgleichbarer Merkmaler der fahrenden Person auf dem Tatfoto keine ausschlussbegründenden Unterschiede ergeben.

Das Gericht ist jedoch aufgrund der übermittelten Nachweise überzeugt, dass der Betroffene am Tattag nicht der Fahrer des Fahrzeugs war. Eine weitergehende Begutachtung durch den Sachverständigen in einem Hauptverhandlungstermin ist deshalb nicht erforderlich.

III.

Mangels Täterschaft war der Betroffene daher aus rechtlichen Gründen freizusprechen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 467 StPO i.V.m. § 46 OWiG.

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