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Bußgeldverfahren Fahrverbot – Rügevorbringen bei drohendem Arbeitsplatzverlust

KG Berlin – Az.: 3 Ws (B) 3/19 – 162 Ss 145/18 – Beschluss vom 05.02.2019

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 19. September 2018 wird nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO verworfen.

Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Gründe

I.

Das Amtsgericht Tiergarten hat den Betroffenen durch Urteil vom 19. September 2018 wegen eines fahrlässigen Geschwindigkeitsverstoßes nach §§ 41 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 2 Nr. 49 (Zeichen 274), 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO zu einer Geldbuße von 210,- Euro verurteilt und ein – nach Maßgabe von § 25 Abs. 2a StVG wirksam werdendes – einmonatiges Fahrverbot ausgesprochen. Zur Verhängung des Fahrverbots hat das Amtsgericht in seinen schriftlichen Urteilsgründen unter anderem ausgeführt:

„Im Übrigen sah das Gericht keine durchgreifende Veranlassung, von der Rechtsfolge eines einmonatigen Fahrverbots wegen einer groben Pflichtverletzung abzusehen. […] Auch der […] Umstand, er [Anmerkung des Senats: der Betroffene] sei Taxifahrer und würde im Falle eines Fahrverbots entlassen werden, ändert an der Bewertung nichts. Das an sich verhältnismäßige Fahrverbot stellt für den Betroffenen keine Härte ganz außergewöhnlicher Art dar. Einerseits hätte ihn die Tätigkeit als Taxifahrer zu besonderer Sorgfalt veranlassen sollen, weil er beruflich auf den Führerschein angewiesen ist. Andererseits ist ihm zuzumuten, als Angestellter das Fahrverbot mit dem ihm zustehenden Urlaub zu überbrücken, zumal er den Beginn der Wirksamkeit des Verbots innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten selbst bestimmen kann (§ 25 Abs. 2a StVG). Warum der fest angestellte Betroffene kaum nachvollziehbar und arbeitsrechtlich zweifelhaft mit seiner sofortigen Entlassung zu rechnen hätte und hierdurch unmittelbar existenzgefährdend betroffen wäre, ist dem Vortrag der Verteidigung nicht einmal ansatzweise zu entnehmen.“

In der Hauptverhandlung stellte der Betroffene neben einem Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens einen Beweisantrag mit folgendem Wortlaut:

„In der Bußgeldsache […] ist der Betroffene von Beruf Taxifahrer. Er ist beschäftigt bei dem Taxiunternehmer X […]. Der Zeuge hat dem Betroffenen mitgeteilt, diesen für den Fall des Fahrverbots zu entlassen. Der Zeuge X gewährt dem Betroffenen maximal 2 Wochen Urlaub am Stück, eine interne Verwendung im Taxibetrieb lehnt der Zeuge ab. Ich beantrage, dazu den Zeugen X zu vernehmen.“

Beide Anträge hat das Amtsgericht unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die beantragte Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sei.

Mit seiner gegen dieses Urteil eingelegten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung sachlichen und formellen Rechts. Zur angebrachten Verfahrensrüge hat er ausgeführt, die von ihm gestellten Beweisanträge zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zwecks Überprüfung von Messfehlern und zur Vernehmung seines Arbeitgebers, des Zeugen X, seien fehlerhaft abgelehnt worden. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Schriftsatz des Verteidigers des Betroffenen vom 26. November 2018 Bezug genommen.

Der Einzelrichter des Bußgeldsenats hat die Sache mit Beschluss vom selben Tag nach § 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen, weil im Rahmen der Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des Rechts die Klärung der Rechtsfrage geboten ist, welche Darlegungsanforderungen nach §§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, 79 Abs. 3 OWiG an eine Aufklärungsrüge gemäß § 77 Abs. 1 OWiG zu stellen sind, wenn der Betroffene behauptet, ihm drohe bei Verhängung eines Fahrverbots eine durch die Kündigung des Arbeitsplatzes bedingte wirtschaftliche Existenzgefährdung.

II.

Der Rechtsbeschwerde des Betroffenen bleibt der Erfolg versagt.

1. Dass das Amtsgericht den Beweisantrag des Betroffenen auf Vernehmung des Zeugen X abgelehnt hat, gefährdet nicht den Bestand des angefochtenen Urteils. Denn insoweit ist die Rechtsbeschwerde bereits unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Formerfordernissen von §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entspricht. Danach ist eine Verfahrensrüge nur dann in zulässiger Weise erhoben, wenn der Beschwerdeführer die den Mangel enthaltenden Tatsachen angibt. Diese Angaben haben mit Bestimmtheit und so genau und vollständig (ohne Bezugnahmen und Verweisungen) zu erfolgen, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Begründungsschrift ohne Rückgriff auf die Akte erschöpfend prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen, ihre Erweisbarkeit vorausgesetzt, zutreffen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. März 2013 – 2 StR 34/13 – juris; Senat, Beschlüsse vom 19. November 2018 – 3 Ws (B) 258/18 – und 12. Dezember 2017 – 3 Ws (B) 302/17 -; Seitz/Bauer in Göhler, OWiG 17. Aufl., § 79 Rdn. 27d).

Diese Anforderungen erfüllt das die abgelehnte Zeugenvernehmung betreffende Vorbringen nicht. In zulässiger Form ist die Rüge fehlerhafter Ablehnung eines Beweisantrags, bei der es sich in Fällen der Ablehnung nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG in der Sache um eine Aufklärungsrüge handelt (vgl. OLG Köln StV 2001, 343; Senge in KK-OWiG 5. Aufl., § 77 Rdn. 52; Seitz/Bauer in Göhler, OWiG 17. Aufl., § 77 Rdn. 28; zu § 420 Abs. 4 StPO vgl. KG, Beschluss vom 12. Januar 2015 – (2) 161 Ss 174/14 (38/14) – juris; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 61. Aufl., § 420 Rdn. 13) nur erhoben, wenn die Rechtsbeschwerde neben dem Beweisantrag und dem ablehnenden Gerichtsbeschluss die Tatsache, die das Gericht zu ermitteln unterlassen hat, und das Beweismittel bezeichnet, dessen sich der Tatrichter hätte bedienen sollen (vgl. Senge a.a.O. Rdn. 51 f.). Ferner muss bestimmt und konkret angegeben werden, welche bekannten oder erkennbaren Umstände (vgl. Becker in LR-StPO 26. Aufl. § 244 Rdn. 361 m.w.N.) das Tatgericht zur vermissten Beweiserhebung hätte drängen müssen und welches Ergebnis von der unterbliebenen Beweisaufnahme zu erwarten gewesen wäre (vgl. KG, Beschlüsse vom 12. September 2018 – (2) 161 Ss 141/18 (40/18) -, 16. Oktober 2017 – (5) 121 Ss 143/17 (65/17) – und 12. August 1998 – 2 Ss 254/98 -, alle juris; Schmitt a.a.O., § 244 Rdn. 102 m.w.N.).

Das Rügevorbringen des Betroffenen erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Der Senat ist auf der Grundlage dessen nicht in der Lage festzustellen, ob das Amtsgericht die Frage weiter hätte aufklären müssen, ob für den Betroffenen die Anordnung eines einmonatigen, nach Maßgabe von § 25 Abs. 2a StVG beginnenden Fahrverbots eine unzumutbare Härte darstellt (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 15. Oktober 2018 – 3 Ws (B) 238/18 – m.w.N.).

Bußgeldverfahren Fahrverbot - Rügevorbringen bei drohendem Arbeitsplatzverlust
(Symbolfoto: Von Andrey_Popov/Shutterstock.com)

a) Welche Tatsachen entscheidungserheblich und deswegen gemäß § 77 Abs. 1 OWiG durch das Gericht von Amts wegen aufzuklären sind (vgl. Becker in LR-StPO 26. Aufl., § 244 Rdn. 39), bestimmt sich nach dem materiellen Recht, hier nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG. Ausgangspunkt für die Prüfung, ob das Gericht im Rahmen des ihm durch diese Vorschrift eingeräumten Ermessens wegen des Vorliegens einer unzumutbaren Härte von der Anordnung eines Fahrverbots absehen kann, ist die durch den Gesetzgeber in § 4 Abs. 1 Satz 1 (hier Nr. 1) BKatV ausgelöste Indizwirkung (vgl. Senat, Beschlüsse vom 18. Januar 2018 – 3 Ws (B) 338/17 -, 17. Januar 2018 – 3 Ws (B) 356/17 – und 7. Juli 2016 – 3 Ws (B) 358/16 -; alle juris), wonach in den dort genannten Fällen die Anordnung eines Fahrverbots in der Regel in Betracht kommt. Damit schafft § 4 Abs. 1 BKatV ein Regel-Ausnahmeverhältnis (vgl. BGHSt 38, 125), das der Tatrichter bei der von ihm von Amts wegen vorzunehmenden Aufklärung des Sachverhalts zu beachten hat.

Zwar ist anerkannt, dass die Verhängung eines Fahrverbots unter Anwendung der Regelbeispielstechnik des Bußgeldkataloges nach Maßgabe von § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG dann unangemessen sein kann, wenn der Sachverhalt zugunsten des Betroffenen so erheblich abweicht, dass er als Ausnahme zu werten ist, insbesondere wenn dem Betroffenen infolge des Fahrverbots der Verlust seines Arbeitsplatzes oder seiner sonstigen wirtschaftlichen Existenz droht und dies nicht durch zumutbare Vorkehrungen vermieden werden kann (vgl. Senat, Beschlüsse vom 3. Mai 2017 – 3 Ws (B) 102/17 – und 17. April 2002 – 3 Ws (B) 118/02 -; OLG Düsseldorf VRS 96, 228; OLG Celle NStZ-RR 1996, 182). Ebenso ist anerkannt, dass das dem Tatgericht insoweit eingeräumte Ermessen vom Rechtsbeschwerdegericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob es deshalb fehlerhaft ausgeübt worden ist, weil es die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt oder die Grenzen des Ermessens durch unzulässige Erwägungen überschritten und sich nicht nach den Grundsätzen und Wertmaßstäben des Gesetzes gerichtet hat (vgl. Senat, Beschluss vom 3. Mai 2017 – 3 Ws (B) 102/17 -; OLG Bamberg VRR 2017, 18).

Dem tatrichterlichen Ermessensspielraum sind indes der Gleichbehandlung und der Rechtssicherheit wegen enge Grenzen gesetzt und die gerichtlichen Feststellungen müssen die Annahme eines Ausnahmefalles nachvollziehbar erscheinen lassen (vgl. Senat VRS 132, 239; 108, 286 und Beschluss vom 6. März 2018 – 3 Ws (B) 73/18 – juris; beide m.w.N.). Dabei ist nach der Einführung des § 25 Abs. 2a StVG mit der Möglichkeit, den Beginn der Wirksamkeit des Verbotes innerhalb von vier Monaten selbst zu bestimmen, ein noch strengerer Maßstab anzulegen (vgl. KG, Beschluss vom 23. Dezember 2008 – 3 Ws (B) 478/08 -; OLG Frankfurt DAR 2002, 82). Der Tatrichter ist gehalten, die Einlassung eines Betroffenen, mit der er eine unverhältnismäßige Härte geltend macht, einer kritischen Prüfung zu unterziehen (vgl. KG, Beschluss vom 3. Mai 2017 – 3 Ws (B) 102/17 -).

b) Daraus folgt, dass der Tatrichter seiner Entscheidung, von der regelhaften Anordnung eines Fahrverbots abzuweichen, nicht jede Kündigungsdrohung zu Grunde legen darf, ohne zu prüfen, ob sie rechtlichen Bestand hätte, falls sie verwirklicht wird. Ist offensichtlich, dass die angedrohte Kündigung rechtswidrig wäre, darf er nicht wegen dieser Drohung auf ein (Regel-) Fahrverbot verzichten. Denn bei einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung trägt der Betroffene, gegen den trotz Kündigungsdrohung ein Fahrverbot verhängt wird, in Wirklichkeit kein Risiko des Arbeitsplatzverlustes oder aber ist dieses Risiko so gering, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt (vgl. OLG Brandenburg NStZ-RR 2004, 93; ähnlich OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. März 2006 – 2 Ss-OWi 86/06 – juris). Hierbei ist in den Blick zu nehmen, dass in aller Regel nur der dauerhafte oder zumindest über einen erheblichen Zeitraum andauernde Wegfall der Eignung zur Verrichtung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung geeignet ist, eine (außerordentliche) Kündigung zu rechtfertigen (vgl. BAG NZA 2001, 607; 1991, 341; 1996, 1201; LAG Düsseldorf, Urteil vom 24. August 2006 – 11 Sa 535/06 – juris; LAG Schleswig-Holstein NZA 1987, 669; LAG Hamm DB 1974, 2164; ArbG Dresden, Urteil vom 20. März 2014 – 5 Ca 2776/13 – juris; Kerwer in Boecken u.a., Gesamtes Arbeitsrecht, § 1 KSchG Rdn. 572 m.w.N.; Rinck in Tschöpe, Arbeitsrecht 10. Aufl., S. 1538 Rdn. 29 m.w.N.). Kurzfristige Fahrverbote oder Entziehungen der Fahrerlaubnis dürften daher – auch bei Berufskraftfahrern – eine Kündigung nur in Ausnahmefällen rechtfertigen (vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16. August 2011- 5 Sa 295/10 – juris; Thies in Heussler u.a., Arbeitsrecht 8. Aufl., S. 2314 Rdn. 130; Preis in Stahlhacke u.a., Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsrecht 11. Aufl., S. 283 Rdn. 698), zumal bei personenbedingten Störungen des Arbeitsverhältnisses die Kündigung ohnehin nur als letztes Mittel zulässig ist (vgl. BAG NZA 2016, 1461; 2001, 607; 1997, 1281; 1996, 1201; Belling/Riesenhuber in Erman, BGB 15. Aufl., § 620 Rdn. 140) und daher ausscheidet, wenn dem Arbeitgeber zugemutet werden kann, den Arbeitnehmer während des Fahrverbots im Betrieb anderweitig einzusetzen (vgl. BAG NZA 1997, 1281). Dies gilt umso mehr, wenn die Zeit des Fahrverbots ganz (dann entfällt bereits jegliche Leistungsstörung) oder teilweise durch Erholungsurlaub abgedeckt werden kann.

c) Auf der Grundlage dieses Maßstabs ermöglicht das Vorbringen des Betroffenen dem Senat nicht die Prüfung, ob sich das Amtsgericht zur Vernehmung des Zeugen X hätte gedrängt sehen müssen, um aufzuklären, ob ein die Kündigung rechtfertigender Ausnahmefall gegeben ist. Damit der Senat dies überprüfen kann, sind Angaben dazu erforderlich, welche Tätigkeit der Betroffene im Betrieb des Zeugen ausübt (1), ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Urlaubsansprüche bestehen, auf die der Betroffene zur Überbrückung des Fahrverbots zurückgreifen kann (2), ob das Arbeitsverhältnis unbefristet ist (3), wie viele Arbeitnehmer im Betrieb des Zeugen tätig sind (4) und in welchem zeitlichen Umfang der Betroffene im Betrieb des Zeugen tätig ist (5).

Diesen Anforderungen entspricht der Rechtsbeschwerdevortrag nur teilweise.

(1) Angaben zur konkreten arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung des Arbeitnehmers sind erforderlich, um prüfen zu können, ob sich das Fahrverbot überhaupt auf die Betriebsabläufe und die von ihm vertraglich gegenüber dem Arbeitnehmer zu erbringenden Pflichten (vgl. Denecke in Gallner/Mestwerdt/Nägele, Kündigungsschutzrecht 6. Aufl., S. 312 Rdn. 519) auswirken kann. Ist dies nicht der Fall, scheidet jedweder Grund, der den Arbeitgeber wegen der Verhängung eines Fahrverbots zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen könnte, von vornherein aus.

Der Vortrag des Betroffenen genügt diesen Anforderungen. Den durch die erhobene allgemeine Sachrüge in Bezug genommenen schriftlichen Urteilsgründen (UA S. 6) ist im Gesamtzusammenhang zu entnehmen, dass der Betroffene die Tätigkeit als Taxifahrer ausübte.

(2) Ohne Angaben zu etwaigen Urlaubsansprüchen wird dem Senat die Prüfung verwehrt, ob einer (wesentlichen) Störung der Betriebsabläufe ein Fahrverbot deswegen entgegensteht, weil die Zeit des Fahrverbots durch Urlaub – zumindest teilweise – überbrückt werden kann.

Diesem Erfordernis entspricht der Vortrag des Betroffenen, wonach ihm sein Arbeitgeber maximal zwei Wochen zusammenhängenden Erholungsurlaub gewährt. Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass die Überprüfung des Wahrheitsgehalts dieser Behauptung und die Klärung der Frage, ob dieser Umstand es rechtfertigt, im Einzelfall von der Anordnung eines Fahrverbots abzusehen, dem Tatgericht vorbehalten ist. Im Rahmen der Prüfung der Darlegungsanforderungen von §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO hatte sich der Senat damit nicht zu befassen.

(3) Ohne Angaben dazu, ob das Arbeitsverhältnis unbefristet ist, vermag der Senat nicht zu prüfen, ob eine weitere Sachaufklärung zum Vorliegen einer unbilligen Härte durch das Tatgericht deswegen nicht veranlasst war, weil der Betroffene wegen der Befristung seines Arbeitsverhältnisses ohnehin das baldige Ende seiner Beschäftigung zu gewärtigen hat und folglich ein Fahrverbot keinerlei Einfluss auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses entfalten kann.

Diesem Erfordernis genügt das Beschwerdevorbringen ebenfalls. Den durch die erhobene allgemeine Sachrüge in Bezug genommenen schriftlichen Urteilsgründen (UA S. 6) ist zu entnehmen, dass der Betroffene bei dem Zeugen X fest angestellt ist. Der Senat versteht dies dahingehend, dass der Betroffene in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht.

(4) Gemäß § 23 Abs. 1 KSchG ist der durch § 1 Abs. 1 KSchG gewährte Kündigungsschutz – abhängig von der Betriebsgröße – anwendungsbeschränkt. Ohne die – dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmende – Angabe der Anzahl der Betriebsangehörigen bleibt unklar, ob diese Anwendungsbeschränkung greift. In der Folge ist dem Senat die Prüfung verwehrt, ob der Tatrichter die erleichterten Kündigungsmöglichkeiten in Kleinbetrieben in Rechnung stellen musste (vgl. BVerfG 97, 169; Belling/Riesenhuber a.a.O. Rdn. 141; eingehend dazu Däubler in Däubler/Deinert/Zwanziger, KSchR 10. Aufl., S. 934 Rdn. 22 ff. m.w.N.) oder wegen des aus § 1 Abs. 1 KSchG folgenden besonderen Kündigungsschutzes, der einem drohenden Arbeitsplatzverlust entgegensteht, von einer weiteren Sachaufklärung absehen durfte.

(5) Bei der Prüfung, ob eine weitere Sachaufklärung geboten ist, hat der Tatrichter weiter zu beachten, dass eine durch Arbeitsplatzverlust bedingte wirtschaftliche Existenzgefährdung regelmäßig ausscheidet, wenn der Arbeitnehmer lediglich geringfügig beschäftigt wird und seinen Lebensunterhalt im Wesentlichen aus Leistungen nach dem SGB II oder durch Ehegatten- oder Verwandtenunterhalt nach §§ 1360 ff., 1601 ff. BGB bestreitet. Angaben dazu lässt das Vorbringen des Rechtsbeschwerdeführers vermissen. Aus den durch die erhobene allgemeine Sachrüge in Bezug genommenen schriftlichen Urteilsgründen (UA S. 6) ergibt sich nur, dass der Betroffene fest angestellt ist, nicht aber, in welchem zeitlichen Umfang er bei dem Zeugen X beschäftigt ist.

2. Soweit der Betroffene rügt, das Amtsgericht habe seinen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu Unrecht abgelehnt, dringt er in der Sache weder mit der von ihm erhobenen Verfahrensrüge, das Gericht habe seiner Aufklärungspflicht nach § 77 Abs. 1 StPO nicht genügt, noch mit der Sachrüge durch.

Das Amtsgericht hat in den schriftlichen Urteilsgründen nachvollziehbar und widerspruchsfrei dargelegt, dass und warum es bei einer korrekten Ermittlung der nach dem ProVida 2000-Verfahren erhobenen Messdaten unter Zuhilfenahme des ViDisTA-Auswertungsverfahrens nicht auf die Abmessungen des Fahrzeugs, sondern auf dessen – auch vom Betroffenen nicht in Zweifel gezogene – äußere Spurbreite ankommt. Anhaltspunkte für vom Tatgericht zu überprüfende Fehlerquellen boten daher die vom Betroffenen als unzutreffend bemängelten sonstigen Fahrzeugabmessungen nicht. Dass weitere Gesichtspunkte das Gericht zur Überprüfung der Messung oder deren Auswertung nach ViDistA hätten drängen müssen, ist weder den getroffenen Feststellungen zu entnehmen noch hat der Betroffene dazu etwas vorgetragen.

3. Auch die allgemeine Sachrüge deckt keinen den Betroffenen beschwerenden Rechtsfehler auf.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO, 46 Abs. 1 OWiG.

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