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Bußgeldverfahren – Erstattung Verfahrensgebühr Nr. 5115 Anlage 1 (VV) RVG

Ein Verkehrsbußgeld gegen einen Autofahrer führte zu einem ungewöhnlichen Streit über Anwaltskosten. Seine Verteidigerin legte Einspruch ein und wurde aktiv, doch die Behörde ließ das Verfahren letztlich wegen Verjährung enden. Entsteht so trotzdem ein Anspruch auf die Anwaltsgebühr, wenn der Fall nicht nach intensiver Prüfung, sondern durch Zeitablauf begraben wird?

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 OWi 125/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Amtsgericht Calw
  • Datum: 08.04.2025
  • Aktenzeichen: 3 OWi 125/25
  • Verfahrensart: Gerichtliche Entscheidung über Kostenfestsetzung in einem Bußgeldverfahren
  • Rechtsbereiche: Ordnungswidrigkeitenrecht, Straßenverkehrsrecht, Strafverfahrensrecht, Rechtsanwaltsvergütungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Die Verteidigerin der vom Bußgeldbescheid betroffenen Person, die die Festsetzung einer bestimmten Anwaltsgebühr beantragte.
  • Beklagte: Die Stadt C., die den ursprünglichen Bußgeldbescheid erlassen und die Anwaltsgebühr bei der Kostenfestsetzung nicht berücksichtigt hatte.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Eine Stadt erließ einen Bußgeldbescheid gegen eine Person wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit. Die Verteidigerin der Person legte Einspruch ein, beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhielt Akteneinsicht. Später stellte die Stadt das Verfahren wegen Verfolgungsverjährung ein.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob der Verteidigerin eine bestimmte Gebühr zusteht, wenn sie durch ihre Tätigkeiten (Einspruch, Wiedereinsetzung, Akteneinsicht) das Verfahren vor der Behörde gefördert hat, das Verfahren aber von der Behörde wegen Verjährung eingestellt wurde, ohne die Einwände inhaltlich zu prüfen.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Amtsgericht änderte den Kostenfestsetzungsbescheid der Stadt ab und setzte die von der Verteidigerin beantragte Gebühr in Höhe von 176,00 Euro zusätzlich fest. Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens muss die Stadt bzw. Staatskasse tragen.
  • Begründung: Die Gebühr sei entstanden, da das Verfahren ohne Hauptverhandlung eingestellt wurde und die Verteidigerin durch Einspruch, Wiedereinsetzung und Akteneinsicht Tätigkeiten zur Förderung des Verfahrens erbracht habe. Diese Tätigkeiten hätten die Behörde gezwungen, sich mit der Beweislage auseinanderzusetzen. Es sei unerheblich, dass die Behörde danach untätig blieb und die Verjährung eintrat, da die anwaltliche Tätigkeit geeignet war, das Verfahren zu beeinflussen und eine Hauptverhandlung zu vermeiden.
  • Folgen: Die Stadt muss der Verteidigerin die zusätzliche Gebühr bezahlen und die Kosten für den Rechtsstreit über diese Gebühr tragen.

Der Fall vor Gericht


AG Calw Urteil: Anwaltsgebühr Nr. 5115 VV RVG trotz Verfahrenseinstellung wegen Verjährung? Verteidiger-Tätigkeit entscheidend

Das Amtsgericht Calw hat in einem Beschluss vom 8. April 2025 (Aktenzeichen: 3 OWi 125/25) entschieden, dass einer Verteidigerin auch dann eine spezielle Verfahrensgebühr nach Nr. 5115 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (VV RVG) zusteht, wenn das Bußgeldverfahren von der Verwaltungsbehörde wegen Verfolgungsverjährung eingestellt wird.

Mittlerer Mann in deutscher Küche liest Verkehrsbußgeldbescheid, Symbol für Rechtstreit um Anwaltshonorar bei Verfahrensfragen.
Verfahrensgebühr nach Nr. 5115 VV RVG bei Verfahrensförderung trotz Verjährungsstopp im Bußgeldverfahren. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Entscheidend ist laut Gericht, dass die Anwältin zuvor Tätigkeiten entfaltet hat, die objektiv geeignet waren, das Verfahren zu fördern und eine Hauptverhandlung zu vermeiden – selbst wenn die Behörde die inhaltlichen Einwände des Anwalts nicht mehr geprüft hat.

Ausgangssituation: Bußgeldbescheid wegen Verkehrsordnungswidrigkeit und drohende Verfristung

Der Fall begann mit einem Bußgeldbescheid der Stadt C. vom 9. Oktober 2023 gegen einen Autofahrer. Ihm wurde eine Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) vorgeworfen, was typischerweise Fahrten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss betrifft. Die Behörde setzte eine Geldbuße von 500 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat fest. Der Bescheid wurde dem Betroffenen am 13. Oktober 2023 zugestellt. Damit lief die zweiwöchige Einspruchsfrist regulär am 27. Oktober 2023 ab.

Die vom Autofahrer beauftragte Wahlverteidigerin legte jedoch erst am 1. November 2023 über das besondere elektronische Anwaltspostfach (BeA) und vorsorglich per Telefax am 31. Oktober 2023 (mit Eingangsstempel vom 3. November 2023) Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein. Parallel dazu ging bei der Stadt C. am 2. November 2023 ein weiteres Schreiben ein: ein vom Autofahrer selbst auf den 24. Oktober 2023 datierter Einspruch, der an die Kanzlei der Verteidigerin adressiert war. Darin erklärte der Autofahrer, er lege Einspruch ein, da die Kontrolle nicht ordnungsgemäß gewesen sei, und kündigte an, sein Anwalt werde sich melden. Dieses Schreiben deutete darauf hin, dass der Autofahrer den Einspruch möglicherweise rechtzeitig auf den Weg gebracht hatte.

Anwaltliche Tätigkeit: Erfolgreicher Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Da der von der Verteidigerin eingelegte Einspruch nach dem Fristende bei der Behörde einging, wies die Stadt C. am 6. November 2023 auf die mögliche Versäumung der Einspruchsfrist hin und machte deutlich, dass ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand notwendig sei, um den Einspruch doch noch zulässig zu machen.

Daraufhin reagierte die Verteidigerin umgehend: Am 9. November 2023 stellte sie bei der Bußgeldbehörde einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und wiederholte vorsorglich den Einspruch. Zur Begründung führte sie an, dass der Autofahrer seinen eigenen Einspruch bereits am 24. Oktober 2023 zur Post gegeben habe und darauf vertrauen durfte, dass dieser rechtzeitig bei der Behörde ankommt. Sie kündigte an, die entsprechenden Nachweise (Glaubhaftmachung) unverzüglich nachzureichen.

Die Stadt C. gab diesem Antrag statt und bewilligte am 10. November 2023 die Wiedereinsetzung. Damit war der Einspruch als rechtzeitig eingelegt zu behandeln. Die Verteidigerin reichte die angekündigte Glaubhaftmachung nach – möglicherweise überschnitt sich dies zeitlich mit der Entscheidung der Behörde. Anschließend beantragte die Verteidigerin Akteneinsicht, welche ihr von der Stadt C. am 22. November 2023 gewährt wurde.

Unerwartete Wendung: Behörde stellt Verfahren wegen Verjährung ein

Nachdem die Verteidigerin Akteneinsicht erhalten hatte, passierte laut den Gerichtsunterlagen in der Sache selbst offenbar längere Zeit nichts mehr bei der Bußgeldbehörde. Es waren keine weiteren Aktivitäten der Stadt C. zur Sachaufklärung oder zur Vorbereitung einer Gerichtsverhandlung in der Akte vermerkt.

Erst über ein Jahr später, am 10. Dezember 2024, traf die Stadt C. eine finale Entscheidung: Sie stellte das Bußgeldverfahren gemäß § 46 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) in Verbindung mit § 170 der Strafprozessordnung (StPO) ein. Der Grund war nicht etwa, dass sich der Vorwurf als unbegründet erwiesen hätte, sondern dass mittlerweile die Verfolgungsverjährung eingetreten war. Das bedeutet, der Staat hatte sein Recht verloren, die Ordnungswidrigkeit weiter zu verfolgen und zu ahnden, weil zu viel Zeit verstrichen war.

Streit um Anwaltskosten: Verweigerung der Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG

Im Zuge der Abwicklung des eingestellten Verfahrens ging es um die Kosten. Grundsätzlich hat die Staatskasse (bzw. hier die Verwaltungsbehörde als Teil der öffentlichen Hand) die notwendigen Auslagen des Betroffenen – also auch die Anwaltskosten – zu tragen, wenn das Verfahren eingestellt wird. Die Verteidigerin machte unter anderem eine besondere Verfahrensgebühr nach Nr. 5115 Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) geltend. Diese Gebühr ist dafür vorgesehen, die anwaltliche Tätigkeit zu honorieren, die dazu beiträgt, dass ein Verfahren ohne eine aufwändige Hauptverhandlung vor Gericht abgeschlossen wird.

Die Stadt C. weigerte sich jedoch in ihrem Kostenfestsetzungsbescheid vom 28. Januar 2025, diese spezielle Gebühr anzuerkennen und festzusetzen. Sie war offenbar der Ansicht, die Voraussetzungen für die Gebühr Nr. 5115 VV RVG seien nicht erfüllt, weil die Einstellung letztlich nur auf dem Zeitablauf (Verjährung) beruhte und nicht auf einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Einwänden der Verteidigung.

Dagegen wehrte sich die Verteidigerin und beantragte beim Amtsgericht Calw eine gerichtliche Entscheidung über die Kostenfestsetzung, um die Gebühr doch noch zu erhalten.

Entscheidung des Amtsgerichts Calw: Verteidigerin hat Anspruch auf die Gebühr

Das Amtsgericht Calw gab dem Antrag der Verteidigerin statt. Es entschied, dass der Kostenfestsetzungsbescheid der Stadt C. geändert werden muss: Zusätzlich zu den bereits anerkannten Kosten muss die Stadt C. auch die Verfahrensgebühr nach Nr. 5115 VV RVG in Höhe von 176,00 Euro an die Verteidigerin zahlen. Die Kosten für das gerichtliche Verfahren über die Kostenfestsetzung muss ebenfalls die Stadt C. bzw. die Staatskasse tragen.

Begründung des Gerichts: Anwaltliche Tätigkeit hat Verfahren objektiv gefördert

Das Gericht begründete seine Entscheidung ausführlich und stellte klar, unter welchen Umständen die umstrittene Gebühr Nr. 5115 VV RVG anfällt.

Die Gebühr entsteht laut Gesetz grundsätzlich dann, wenn durch die anwaltliche Mitwirkung das Verfahren noch vor der Verwaltungsbehörde erledigt wird und ohne eine Hauptverhandlung bei Gericht endgültig eingestellt wird. Eine wichtige Ausnahme gibt es jedoch: Die Gebühr entsteht nicht, wenn keine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit des Anwalts ersichtlich ist (Nr. 5115 Absatz 2 VV RVG).

Im vorliegenden Fall war unstreitig, dass das Verfahren durch die Einstellung wegen Verjährung ohne Hauptverhandlung bei der Verwaltungsbehörde beendet wurde. Der entscheidende Punkt war also, ob die Tätigkeiten der Verteidigerin als „auf die Förderung des Verfahrens gerichtet“ im Sinne des Gesetzes anzusehen waren. Wenn ja, greift die Ausnahme nicht, und die Gebühr ist verdient.

Das Amtsgericht Calw bejahte dies eindeutig. Es schloss sich der herrschenden Rechtsprechung an, die den Begriff der „Förderung“ weit auslegt. Konkret zählten dazu nach Ansicht des Gerichts:

  • Das Einlegen des Einspruchs durch die Verteidigerin.
  • Die Ankündigung weiterer Ausführungen (auch unter Bezugnahme auf das Schreiben des Autofahrers).
  • Das erfolgreiche Betreiben des Wiedereinsetzungsverfahrens, wodurch der zunächst verspätete Einspruch doch noch zulässig wurde.

Durch diese Handlungen habe die Verteidigerin maßgeblich zur Förderung des Verfahrens beigetragen. Sie habe der Bußgeldbehörde signalisiert, dass der Bußgeldbescheid nicht einfach akzeptiert wird, sondern inhaltlich angegriffen werden soll. Dies habe die Behörde gezwungen, sich gedanklich mit der Notwendigkeit auseinanderzusetzen, die Vorwürfe zu beweisen und die Rechtmäßigkeit des Bescheids zu verteidigen. Ohne diese anwaltlichen Schritte wäre der Bescheid vermutlich einfach rechtskräftig geworden.

Irrelevanz der behördlichen Untätigkeit und der Verjährung

Ausdrücklich betonte das Gericht, dass es unerheblich sei, ob und wie die Bußgeldbehörde nach diesen anwaltlichen Tätigkeiten weitergearbeitet hat. Dass die Behörde nach der Akteneinsicht offenbar nicht mehr aktiv wurde und das Verfahren schließlich in die Verjährung laufen ließ, ändere nichts am Anspruch auf die Gebühr. Es komme nicht darauf an, ob die Behörde das Verfahren bewusst oder unbewusst hat verjähren lassen.

Das Gericht widersprach damit einer möglichen engeren Auslegung, wonach die anwaltliche Tätigkeit direkt kausal oder entscheidend zur inhaltlichen Einstellung geführt haben müsse. Ein solcher strenger Nachweis sei nicht erforderlich. Es genüge, wenn die anwaltliche Tätigkeit objektiv geeignet war, das Verfahren in Richtung einer Erledigung ohne Hauptverhandlung zu beeinflussen. Indem die Verteidigerin Einwände erhob und die Verteidigungsbereitschaft signalisierte, wusste die Behörde, dass sie sich nicht auf eine widerspruchslose Hinnahme verlassen konnte, sondern die Beweislage prüfen musste. Wenn die Behörde daraufhin – sei es nach interner Prüfung der Erfolgsaussichten oder einfach durch Zeitablauf – das Verfahren einstellt, dann habe die Tätigkeit des Verteidigers objektiv diese Art der Verfahrenserledigung gefördert.

Sinn und Zweck der Gebühr Nr. 5115 VV RVG entscheidend

Das Gericht stützte seine Argumentation auch auf den Sinn und Zweck der Gebührenregelung. Die Gebühr Nr. 5115 VV RVG solle einen Ausgleich dafür schaffen, dass der Anwalt durch seine Tätigkeit eine Hauptverhandlung vermeidet und ihm dadurch die (in der Regel höhere) Gebühr für die Teilnahme an der Hauptverhandlung entgeht. Eine Tätigkeit, die der Verwaltungsbehörde die Schwierigkeiten oder die mangelnden Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens vor Augen führt und sie so zu einer Einstellung bewegt (sei es aus Opportunitätsgründen nach § 47 OWiG oder wegen mangelnder Beweise/Verjährung nach § 46 OWiG / § 170 StPO), erfülle genau diesen Zweck.

Es wäre laut Gericht auch ungerechtfertigt, dem Anwalt die Gebühr zu verweigern, nur weil die Behörde nach seinen Aktivitäten untätig bleibt und die Verjährung abwartet. Dies würde der Behörde die Möglichkeit geben, durch bloßes Nichtstun die Entstehung der Anwaltsgebühr zu steuern, was nicht im Sinne des Gesetzes sein könne.

Die Höhe der Gebühr von 176,00 Euro wurde vom Gericht als korrekt angesehen.

Fazit: Behörde muss Anwaltsgebühr und Verfahrenskosten tragen

Im Ergebnis muss die Stadt C. nun die Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG in Höhe von 176,00 Euro an die Verteidigerin zahlen. Zusätzlich muss die Staatskasse bzw. die Verwaltungsbehörde die Kosten des gerichtlichen Verfahrens tragen, da der Antrag der Verteidigerin erfolgreich war. Die Entscheidung verdeutlicht, dass auch prozessuale Weichenstellungen wie die erfolgreiche Beantragung der Wiedereinsetzung und das bloße Einlegen eines Einspruchs als verfahrensfördernde Tätigkeiten gelten können, die die Gebühr Nr. 5115 VV RVG auslösen – selbst wenn das Verfahren später „nur“ wegen Verjährung eingestellt wird.


Die Schlüsselerkenntnisse

Dieses Urteil verdeutlicht, dass Rechtsanwälte Anspruch auf die spezielle Verfahrensgebühr (Nr. 5115 VV RVG) haben, selbst wenn ein Bußgeldverfahren wegen Verjährung eingestellt wird – solange sie zuvor Tätigkeiten entfaltet haben, die objektiv geeignet waren, das Verfahren zu fördern. Als wesentliche Erkenntnis zeigt sich, dass bereits das Einlegen eines Einspruchs und das erfolgreiche Betreiben eines Wiedereinsetzungsverfahrens als „verfahrensfördernd“ gelten, ohne dass ein direkter kausaler Zusammenhang zur Einstellung nachgewiesen werden muss. Dies stärkt die Position von Verkehrsrechtsanwälten, da Behörden durch bloßes Abwarten der Verjährung den Gebührenanspruch nicht umgehen können.

Nächtliche Stadtstraße mit Autos und roter Ampel als Illustration zu FAQs im Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet die Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG im Zusammenhang mit Bußgeldverfahren?

Die Verfahrensgebühr nach Nummer 5115 des Anhangs zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ist eine Gebühr, die ein Anwalt für seine Tätigkeit in einem Bußgeldverfahren erhält. Sie bezieht sich auf die Arbeit, die der Anwalt leistet, bevor es möglicherweise zu einer mündlichen Verhandlung vor Gericht kommt.

Diese Gebühr deckt in der Regel alle Tätigkeiten ab, die der Anwalt unternimmt, um das Bußgeldverfahren im Vorfeld zu bearbeiten und eine Hauptverhandlung zu vermeiden oder vorzubereiten. Dazu gehört zum Beispiel:

  • Die Prüfung des Bußgeldbescheids.
  • Die Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid.
  • Die Beantragung und Einsicht in die Ermittlungsakte (Akteneinsicht), um den Sachverhalt genau zu verstehen (z.B. Fotos, Messprotokolle).
  • Schriftliche Stellungnahmen gegenüber der Bußgeldbehörde oder der Staatsanwaltschaft.
  • Die Bemühungen, das Verfahren durch Argumente oder Verhandlungen außergerichtlich zu beenden.

Wichtig zu verstehen: Diese Verfahrensgebühr entsteht für die Tätigkeit des Anwalts in diesem frühen Stadium des Verfahrens. Sie fällt unabhängig davon an, ob die Bemühungen des Anwalts dazu führen, dass das Verfahren ohne Gerichtsverhandlung endet. Das bedeutet, die Gebühr entsteht auch dann, wenn das Bußgeldverfahren von der Behörde oder Staatsanwaltschaft eingestellt wird oder der Bußgeldbescheid zurückgenommen wird, weil der Anwalt erfolgreich dargelegt hat, dass die Grundlage dafür fehlt oder zweifelhaft ist. Die Gebühr entlohnt die geleistete Arbeit bis zu diesem Punkt.

Diese Gebühr unterscheidet sich von Gebühren, die anfallen würden, falls es tatsächlich zu einer mündlichen Verhandlung vor Gericht käme. Die Verfahrensgebühr 5115 VV RVG ist spezifisch für die Vorarbeit und die außergerichtliche Bearbeitung des Falls vorgesehen.


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Warum ist die Tätigkeit des Anwalts entscheidend für die Erstattung der Gebühr, auch wenn das Verfahren eingestellt wird?

Die anwaltliche Tätigkeit ist entscheidend für die Entstehung der Gebühr, weil das deutsche Recht die Gebühren des Anwalts primär an die Tätigkeit selbst knüpft und nicht ausschließlich an den Erfolg am Ende des Verfahrens. Selbst wenn ein Verfahren eingestellt oder aufgehoben wird, hat der Anwalt zuvor bereits Arbeit geleistet, die notwendig und oft auch ursächlich für diese Einstellung war.

Was bedeutet „verfahrensfördernd“?

Im Kern geht es um Handlungen, die das Verfahren aktiv beeinflussen oder vorantreiben. Stellen Sie sich das Verfahren wie einen Weg vor, auf dem Steine liegen. Der Anwalt hilft, diese Steine aus dem Weg zu räumen oder den Weg in eine bestimmte Richtung zu lenken. Auch wenn der Weg am Ende nicht bis zum ursprünglich geplanten Ziel (z.B. einem Urteil nach mündlicher Verhandlung) führt, sondern vorher endet (durch Einstellung), wurde die Arbeit des Wegräumens oder Umlenkens geleistet.

Zu diesen verfahrensfördernden Handlungen gehören typischerweise:

  • Das Einlegen von Rechtsbehelfen (wie Einspruch oder Widerspruch).
  • Das Stellen von Anträgen (z.B. auf Akteneinsicht, auf Einstellung des Verfahrens).
  • Die schriftliche oder mündliche Begründung der eigenen Rechtsposition.
  • Das Vorlegen von Beweismitteln oder das Hinweisen auf entlastende Umstände.
  • Die Prüfung der Akten und die Erarbeitung einer Verteidigungsstrategie.
  • Die Teilnahme an Terminen oder Besprechungen mit Gericht oder Staatsanwaltschaft.

Diese Tätigkeiten erfordern juristisches Wissen, Zeitaufwand und sorgfältige Arbeit.

Warum löst diese Tätigkeit eine Gebühr aus?

Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das die Anwaltsgebühren regelt, sieht für bestimmte Arten von anwaltlicher Arbeit – insbesondere solche, die das Verfahren fördern und begleiten – Verfahrensgebühren oder Terminsgebühren vor. Diese Gebühren entstehen, sobald der Anwalt die entsprechende Tätigkeit erbracht hat. Sie sind eine Vergütung für den Aufwand und die fachliche Leistung des Anwalts.

Wenn der Anwalt durch seine verfahrensfördernde Tätigkeit dazu beiträgt, dass ein Verfahren eingestellt wird, hat er durch seine Arbeit ein für den Mandanten günstiges Ergebnis erzielt oder zumindest den Gang des Verfahrens erheblich beeinflusst. Die Einstellung des Verfahrens ist in vielen Fällen gerade das Ergebnis der vom Anwalt erbrachten Leistungen (z.B. durch überzeugende Argumentation, Vorlage entlastender Beweise oder Aufzeigen von Rechtsfehlern).

Vereinfacht gesagt: Die Gebühr wird fällig, weil der Anwalt gearbeitet hat, um das bestmögliche Ergebnis zu erreichen, und diese Arbeit hat das Verfahren in Richtung Einstellung bewegt oder diese überhaupt erst ermöglicht. Es ist also die getane Arbeit und ihr Einfluss auf das Verfahren, die nach dem Gesetz vergütet wird, unabhängig davon, ob es am Ende zu einem Urteil kommt oder das Verfahren vorher beendet wird. Für Sie als juristischen Laien bedeutet das, dass die Gebühr die Leistung des Anwalts für die Bearbeitung Ihres Falls vergütet, die darauf abzielt, Ihre Rechtsposition im Verfahren zu verbessern, auch wenn das Verfahren dadurch vorzeitig endet.


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Was bedeutet Verfolgungsverjährung im Bußgeldverfahren und wie wirkt sie sich aus?

Im Zusammenhang mit einem Bußgeldverfahren, zum Beispiel wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit, ist die Verfolgungsverjährung ein wichtiger Begriff. Er beschreibt einen Zeitraum, nach dessen Ablauf eine Ordnungswidrigkeit nicht mehr von der Behörde verfolgt und mit einem Bußgeld geahndet werden darf. Stellen Sie sich das wie eine Art „Ablaufdatum“ für die Möglichkeit der Behörde vor, ein Verfahren durchzuführen und einen Bußgeldbescheid zu erlassen.

Die Verfolgungsverjährung soll sicherstellen, dass Verfahren nicht unendlich lange laufen und dass Rechtsfrieden eintritt, wenn eine gewisse Zeit vergangen ist, ohne dass das Verfahren entscheidend vorangetrieben wurde.

Für die meisten Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr, wie Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Parkverstöße, beträgt die Verfolgungsverjährung drei Monate, solange keine sogenannte Unterbrechung erfolgt. Für andere, schwerwiegendere Ordnungswidrigkeiten können auch längere Fristen gelten, zum Beispiel sechs Monate oder mehr.

Was passiert, wenn die Verjährung eingetreten ist?

Wenn die Verfolgungsverjährung tatsächlich eingetreten ist, darf die Behörde das Verfahren grundsätzlich nicht mehr weiterführen und keinen Bußgeldbescheid mehr erlassen. Dies führt dazu, dass das Verfahren eingestellt werden muss. Für Sie als betroffene Person bedeutet das, dass Sie weder ein Bußgeld zahlen noch andere Folgen (wie Punkte in Flensburg) befürchten müssen, die aus dieser spezifischen Ordnungswidrigkeit resultieren würden.

Wichtig zu wissen: Die Verjährung tritt nicht immer automatisch und unbemerkt ein, nur weil die erste Frist abgelaufen ist. Bestimmte Handlungen, die von der Behörde vorgenommen werden, können die Verjährung unterbrechen.

Unterbrechung der Verfolgungsverjährung

Eine Unterbrechung bedeutet, dass der bisher abgelaufene Teil der Verjährungsfrist „gelöscht“ wird und die Verjährungsfrist von Neuem zu laufen beginnt. Der „Zähler“ wird also auf Null zurückgesetzt.

Typische Handlungen, die eine Verjährung im Bußgeldverfahren unterbrechen können, sind zum Beispiel:

  • Die Zusendung eines Anhörungsbogens, mit dem Sie zur Sache angehört werden.
  • Die Anordnung oder Durchführung einer Vernehmung des Betroffenen oder eines Zeugen.
  • Die Beschlagnahme von Gegenständen.
  • Die Übersendung der Akten an die Staatsanwaltschaft oder das Gericht.
  • Der Erlass eines Bußgeldbescheides.

Jede dieser Handlungen lässt die Verjährungsfrist ab dem Zeitpunkt der Vornahme der Handlung erneut beginnen. Die Verjährung kann durch solche Handlungen mehrmals unterbrochen werden, allerdings darf die Verjährungsfrist insgesamt nicht das Doppelte der ursprünglichen Frist überschreiten (absolute Verjährung). Das bedeutet, bei der typischen 3-Monats-Frist für Verkehrsordnungswidrigkeiten tritt spätestens nach 6 Monaten Verfolgungsverjährung ein, auch wenn es zwischenzeitlich Unterbrechungen gab – es sei denn, es ist bereits ein Bußgeldbescheid erlassen worden oder das Verfahren wurde vor Gericht gebracht.

Die Rolle der Behörde: Es liegt in der Verantwortung der Behörde, die Verjährung im Auge zu behalten. Sie muss prüfen, ob Verjährung eingetreten ist, bevor sie weitere Schritte im Verfahren unternimmt oder einen Bußgeldbescheid erlässt. Wenn Verjährung eingetreten ist, muss die Behörde das Verfahren einstellen. Es ist keine automatische Einstellung, die ohne Zutun der Behörde erfolgt.


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Was ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und wann ist er notwendig?

Stellen Sie sich vor, in einem gerichtlichen Verfahren gibt es eine wichtige Frist, die Sie einhalten müssen. Wenn diese Frist abläuft, ohne dass Sie die erforderliche Handlung vorgenommen haben (zum Beispiel das Einreichen eines wichtigen Dokuments oder die Reaktion auf einen Bescheid), kann das schwerwiegende Folgen haben. Ihre Möglichkeit, Ihre Rechte in diesem Verfahren geltend zu machen, könnte dauerhaft verloren gehen.

Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ein rechtliches Mittel, um diese negativen Folgen abzuwenden. Mit diesem Antrag bitten Sie das Gericht oder die Behörde, Sie so zu behandeln, als hätten Sie die Frist nicht versäumt. Man wird also in die rechtliche Lage zurückversetzt („wiedereingesetzt“), die vor dem Ablauf der Frist bestand.

Dieser Antrag ist grundsätzlich notwendig, wenn Sie eine gesetzliche Frist in einem Verfahren versäumt haben und dies Rechtsnachteile für Sie zur Folge hat, wie den Verlust einer Einspruchs- oder Klagemöglichkeit.

Der entscheidende Punkt ist jedoch: Ein solcher Antrag ist nur dann möglich, wenn Sie die Frist ohne eigenes Verschulden versäumt haben. Das bedeutet, die Fristversäumnis darf nicht auf Absicht oder Fahrlässigkeit (fehlende gebotene Sorgfalt) zurückzuführen sein. Ein unverschuldetes Versäumnis liegt vor, wenn Sie alle Ihnen zumutbare Sorgfalt angewandt haben, um die Frist einzuhalten, und Sie dennoch durch ein unvorhersehbares Ereignis daran gehindert wurden. Beispiele für ein mögliches unverschuldetes Versäumnis können eine plötzliche schwere Krankheit, ein unvorhergesehenes Ereignis (wie ein Unfall) oder ein nachweisliches Versagen der Post bei der Zustellung wichtiger Dokumente sein, das Sie nicht vorhersehen konnten und auf das Sie keinen Einfluss hatten.

Wie funktioniert der Antrag und was müssen Sie belegen?

Um einen Antrag auf Wiedereinsetzung erfolgreich zu stellen, müssen Sie dem Gericht oder der Behörde die genauen Umstände darlegen, die zum Fristversäumnis geführt haben. Diese Umstände, die Ihr fehlendes Verschulden begründen, müssen Sie dem Gericht oder der Behörde glaubhaft machen. „Glaubhaft machen“ bedeutet hier, dass Sie die Fakten, auf die Sie sich stützen, durch geeignete Belege untermauern müssen, damit das Gericht oder die Behörde von deren Richtigkeit überzeugt ist. Dazu können zum Beispiel ärztliche Atteste, schriftliche Bestätigungen von Dritten oder andere Beweismittel gehören. Es reicht nicht aus, nur zu behaupten, es sei nicht Ihre Schuld gewesen; Sie müssen es nachvollziehbar belegen.

Der Antrag muss in der Regel auch innerhalb einer kurzen gesetzlichen Frist gestellt werden, nachdem das Hindernis weggefallen ist und Sie wieder in der Lage waren, die versäumte Handlung vorzunehmen. Gleichzeitig müssen Sie die versäumte Handlung (wie die Einreichung des verpassten Dokuments oder das Einlegen des Rechtsmittels) unmittelbar nachholen.

Dies zeigt, dass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eine Ausnahme vom Prinzip der Fristeinhaltung darstellt. Sie dient dazu, unfaire Nachteile in besonderen Fällen zu vermeiden, in denen jemand unverschuldet in eine rechtlich nachteilige Situation geraten ist.


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Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich einen Bußgeldbescheid erhalten habe und die Frist zur Einlegung eines Einspruchs verpasst habe?

Wenn die gesetzliche Frist von zwei Wochen für den Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid abgelaufen ist, wird der Bescheid grundsätzlich rechtskräftig und ist dann bindend. Das bedeutet, dass die darin enthaltene Geldbuße bezahlt werden muss und mögliche Punkte im Fahreignungsregister eingetragen werden.

Es gibt in seltenen Fällen eine spezielle rechtliche Möglichkeit, die als „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ bezeichnet wird. Diese kann unter bestimmten Voraussetzungen beantragt werden.

Was bedeutet Wiedereinsetzung in den vorigen Stand?

Stellen Sie sich vor, Sie haben eine wichtige Frist versäumt. Eine Wiedereinsetzung ist wie eine Art zweite Chance, die Ihnen gewährt werden kann, damit Ihr versäumter Einspruch doch noch berücksichtigt wird. Dies ist aber kein Automatismus, sondern muss beantragt und begründet werden.

Wann ist eine Wiedereinsetzung möglich?

Eine Wiedereinsetzung kommt nur in Betracht, wenn Sie ohne eigenes Verschulden die Einspruchsfrist versäumt haben. Das bedeutet, dass die Fristversäumung auf einem Grund beruhte, den Sie nicht beeinflussen oder vorhersehen konnten.

Beispiele für mögliche, aber nicht garantierte Gründe können sein:

  • Eine plötzliche, schwere Erkrankung, die Sie nachweislich handlungsunfähig gemacht hat.
  • Ein nachweisliches Versagen der Postzustellung oder andere unvorhersehbare äußere Ereignisse, die den rechtzeitigen Eingang des Einspruchs verhindert haben.

Das bloße Vergessen der Frist, eine falsche Berechnung der Frist oder persönliche Nachlässigkeit gelten in der Regel nicht als Gründe für eine Wiedereinsetzung.

Was muss man für einen Antrag auf Wiedereinsetzung tun?

Ein Antrag auf Wiedereinsetzung muss schnell gestellt werden. Die Frist dafür beträgt in der Regel eine Woche, nachdem das Hindernis weggefallen ist, das Sie am fristgerechten Einspruch gehindert hat. Innerhalb dieser Woche müssen Sie den Antrag stellen und gleichzeitig den versäumten Einspruch nachholen.

Sie müssen in Ihrem Antrag genau erklären, warum Sie die ursprüngliche Frist versäumt haben, und Nachweise dafür beifügen (z.B. ärztliche Atteste, falls Krankheit der Grund war). Die zuständige Behörde oder das Gericht prüft dann, ob die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung vorliegen.

Es ist wichtig zu wissen, dass ein solcher Antrag nicht leichtfertig gestellt werden sollte und die Hürden für eine Wiedereinsetzung hoch sind. Die Entscheidung liegt im Ermessen der Behörde oder des Gerichts.

Außer der Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gibt es keinen rechtlichen Anspruch, dass die Behörde nach Ablauf der Einspruchsfrist noch Einwände gegen den Bußgeldbescheid berücksichtigt. Eine sogenannte „Kulanz“ der Behörde ist nicht die Regel und liegt ausschließlich in deren Ermessen, ohne dass darauf ein Anspruch besteht.

Daher ist die Einhaltung der ursprünglichen zweiwöchigen Einspruchsfrist von größter Bedeutung.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar Rubrik: Bewegte Stadtstraße als Illustration zur Erklärung von Fachbegriffen zu Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG

Die Verfahrensgebühr nach Nr. 5115 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) ist eine Gebühr, die ein Anwalt für seine Tätigkeit in Bußgeld- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren erhält, wenn er das Verfahren vor Abschluss bei der Verwaltungsbehörde oder noch vor einer Hauptverhandlung bearbeitet. Sie honoriert insbesondere Maßnahmen wie das Einlegen eines Einspruchs, die Akteneinsicht oder Anträge, die das Verfahren voranbringen oder dessen Einstellung ohne Gerichtstermin ermöglichen. Entscheidend ist, dass die Tätigkeit des Anwalts objektiv geeignet war, das Verfahren zu fördern, also voranzutreiben oder eine gerichtliche Verhandlung zu vermeiden.

Beispiel: Ein Anwalt legt fristgerecht Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid ein, beantragt Akteneinsicht und bringt dadurch das Verfahren zum Stillstand oder zur Einstellung durch die Behörde – er erhält dafür diese Verfahrensgebühr.


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Verfolgungsverjährung

Verfolgungsverjährung bedeutet, dass eine Behörde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren nicht mehr durchführen oder einen Bußgeldbescheid nicht mehr erlassen darf, weil eine bestimmte gesetzliche Frist abgelaufen ist. Diese Frist soll verhindern, dass Verfahren unbegrenzt offen bleiben und schafft Rechtsfrieden für den Betroffenen. Im Bußgeldverfahren beträgt die Verfolgungsverjährung üblicherweise drei Monate ab der Tat, kann aber durch behördliche Maßnahmen wie den Erlass eines Bußgeldbescheids oder die Anhörung unterbrochen und neu gestartet werden. Ist die Verjährung eingetreten, muss die Behörde das Verfahren einstellen.

Beispiel: Eine Verkehrsordnungswidrigkeit wurde vor mehr als drei Monaten begangen und seitdem ohne Unterbrechung nicht weiter verfolgt – die Behörde darf deshalb keinen Bußgeldbescheid mehr erlassen.


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Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ein Rechtsbehelf, mit dem eine Verfahrenspartei beantragt, nach Ablauf einer Frist so behandelt zu werden, als wäre die Frist nicht versäumt worden. Er wird notwendig, wenn jemand einen Einspruch oder eine andere Verfahrenshandlung nicht rechtzeitig eingereicht hat, das Versäumnis aber ohne eigenes Verschulden erfolgte. Voraussetzung ist, dass die Partei die Fristunterschreitung glaubhaft begründet und die versäumte Handlung unverzüglich nachholt.

Beispiel: Ein Betroffener verpasst die Einspruchsfrist gegen einen Bußgeldbescheid, weil die Post den Brief nicht rechtzeitig zustellt. Er kann dann Wiedereinsetzung beantragen und den Einspruch nachreichen.


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Einspruch gegen Bußgeldbescheid

Der Einspruch ist eine formelle und rechtlich vorgeschriebene Reaktion auf einen Bußgeldbescheid, mit der der Betroffene die Entscheidung der Behörde überprüfbar machen will. Er muss innerhalb einer festen Frist (meist zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids) schriftlich eingelegt werden, damit das Verfahren nicht automatisch rechtskräftig wird. Mit dem Einspruch beginnt ein förmliches Verfahren, in dem der Betroffene seine Rechtsposition darlegen und verteidigen kann.

Beispiel: Ein Autofahrer erhält einen Bußgeldbescheid wegen zu schnellen Fahrens. Um gegen diesen vorzugehen, reicht er fristgerecht einen Einspruch ein, um die Vorwürfe überprüfen zu lassen.


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Akteneinsicht im Ordnungswidrigkeitenverfahren

Akteneinsicht bezeichnet das Recht des Betroffenen oder seines Verteidigers, die Verfahrensakten bei der zuständigen Verwaltungsbehörde oder Staatsanwaltschaft einzusehen. Dadurch kann der Sachverhalt überprüft und die Verteidigung vorbereitet werden. Die Akteneinsicht dient der Transparenz des Verfahrens und ist insbesondere vor strategischen Entscheidungen wie der Einlegung eines Einspruchs oder der Ausarbeitung einer Verteidigung unverzichtbar.

Beispiel: Ein Verteidiger beantragt Akteneinsicht, um die Beweismittel wie Messprotokolle oder Zeugenaussagen zu prüfen, bevor er eine Verteidigungsstrategie im Bußgeldverfahren entwickelt.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), Nr. 5115 VV RVG: Regelt die besondere Verfahrensgebühr für anwaltliche Tätigkeiten, die dazu führen, dass ein Verfahren vor der Verwaltungsbehörde ohne Hauptverhandlung erledigt wird. Entscheidend ist, dass der Anwalt durch seine Mitwirkung das Verfahren objektiv gefördert hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Verteidigerin hat durch Einspruch, Wiedereinsetzungsantrag und Verteidigungsbereitschaft das Verfahren so gefördert, dass es ohne Hauptverhandlung eingestellt wurde; daher steht ihr diese Gebühr zu.
  • Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG), § 46: Ermöglicht die Einstellung eines Bußgeldverfahrens durch die Verwaltungsbehörde ohne Gerichtsverhandlung. Eine Einstellung kann unter anderem rechtskräftig wegen Verjährung erfolgen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Stadt C. stellte das Verfahren wegen Verjährung nach § 46 OWiG ein, was die Grundlage für die Kostenstreitigkeit bildet.
  • Strafprozessordnung (StPO), § 170: Regelt die Einstellung eines Strafverfahrens bzw. Einstellung von Ordnungswidrigkeitenverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts oder aus rechtlichen Gründen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: In Verbindung mit § 46 OWiG wurde über § 170 StPO die Verfahrenseinstellung nach Verjährung formal angeordnet.
  • Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 24a Abs. 1: Definiert die Verkehrsordnungswidrigkeit der Fahren unter Einfluss von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Grundlage des Bußgeldbescheids gegen den Autofahrer, gegen den der Einspruch eingelegt wurde.
  • Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), §§ 70 ff. (insb. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand): Regelt die Möglichkeit, versäumte Fristen unter bestimmten Voraussetzungen wiederherzustellen, damit Rechtsbehelfe dennoch berücksichtigt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Verteidigerin erwirkte erfolgreich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wodurch der zunächst verspätete Einspruch doch zulässig wurde und das Verfahren weitergeführt werden konnte.
  • Verjährungsrecht im OWiG und StVG (Verfolgungsverjährung): Bestimmt die Zeiträume, nach denen Behörden Ordnungswidrigkeiten nicht mehr verfolgen dürfen, was zur Verfahrenseinstellung führt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Einstellung erfolgte aufgrund des Eintritts der Verfolgungsverjährung, die die Fortsetzung des Verfahrens unmöglich machte, ohne die Bedeutung der anwaltlichen Tätigkeit zu mindern.

Das vorliegende Urteil


AG Calw – Az.: 3 OWi 125/25 – Beschluss vom 08.04.2025


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