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Bußgeldverfahren – Auslagenerstattung des Betroffenen – Ermessen des Gerichts

Ein vermeintlich einfacher Parkverstoß entpuppt sich als juristisches Tauziehen um Verfahrenskosten. Als das Amtsgericht Kamenz die Auslagen einer Beschwerdeführerin nach Einstellung des Verfahrens nicht erstatten wollte, landete der Fall vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof. Dort wurde die Entscheidung des Amtsgerichts als willkürlich und verfassungswidrig gebrandmarkt – ein Sieg für die Betroffene und ein wichtiges Signal für faire Verfahren.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Beschwerdeführerin wandte sich gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Kamenz, die ihre Auslagen nicht erstattete, nachdem ein Verfahren eingestellt wurde.
  • Der Verfassungsgerichtshof stellte fest, dass die Entscheidung des Amtsgerichts in Bezug auf die Auslagen nicht gerechtfertigt war.
  • Es wurde entschieden, dass dem Antrag auf Erstattung der notwendigen Auslagen stattgegeben werden muss.
  • Der Beschluss des Amtsgerichts verletzte das Grundrecht der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör.
  • Das Amtsgericht hatte versäumt, die Beschwerdeführerin vor der Entscheidung über ihre Auslagen anzuhören.
  • Es fehlte eine rechtliche Begründung für die Entscheidung des Amtsgerichts zur Kostenübernahme.
  • Die Rückverweisung an das Amtsgericht erfolgte, um eine erneute Entscheidung über die Auslagen unter Berücksichtigung des rechtlichen Gehörs zu treffen.
  • Die Entscheidung hat eine klare Botschaft zur Fairness und Transparenz im Bußgeldverfahren gesendet.
  • Die Beschwerdeführerin erhält ihre notwendigen Auslagen erstattet, was finanzielle Vorteile für sie impliziert.
  • Zukünftig müssen Gerichte sicherstellen, dass Beteiligte in Auslagenfragen angemessen angehört werden, um Rechtsverletzungen zu vermeiden.

Bußgeldverfahren: Gerichtsurteil zur Auslagenerstattung und Einsprüchen erklärt

Bußgeldverfahren sind ein wichtiger Bestandteil des deutschen Ordnungswidrigkeitenrechts. Sie betreffen oftmals kleinere Delikte, wie Geschwindigkeitsübertretungen oder das Fahren ohne gültigen Führerschein, und spielen eine entscheidende Rolle im täglichen Leben vieler Bürger. Im Rahmen eines solchen Verfahrens kann es zu Bußgeldbescheiden kommen, die von den Betroffenen in Form von Einsprüchen angefochten werden können. Ein oft wenig beachtetes, aber dennoch relevantes Thema in diesem Kontext ist die Auslagenerstattung des Betroffenen. Hierbei stellt sich die Frage, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen das Gericht nach einem Verfahren die entstandenen Kosten und Auslagen zurückerstatten kann.

Die Ermessensentscheidung des Gerichts spricht in diesem Zusammenhang sowohl rechtliche als auch praktische Aspekte an. Das Gericht muss abwägen, ob die Auslagen des Betroffenen erstattungsfähig sind und ob es sich um einen berechtigten Einspruch handelt. Dies wirft Fragen auf, wie etwa die Verhältnismäßigkeit und Fairness der Kostenübernahme in Bußgeldverfahren. Um einen tieferen Einblick in diese Thematik zu erhalten, wird im Folgenden ein konkreter Fall vorgestellt, der diese juristischen Fragestellungen veranschaulicht und analysiert.

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Der Fall vor Gericht


Bußgeldverfahren und Auslagenerstattung: Ein Fall vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof

Im Mai 2024 entschied der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen über eine Verfassungsbeschwerde, die sich gegen die Auslagenentscheidung in einem Bußgeldverfahren richtete. Der Fall nahm seinen Anfang, als das Landratsamt B. der Beschwerdeführerin vorwarf, verkehrsordnungswidrig im eingeschränkten Halteverbot geparkt zu haben. Gegen den daraufhin erlassenen Bußgeldbescheid legte die Betroffene Einspruch ein und beantragte die Einstellung des Verfahrens sowie die Erstattung ihrer notwendigen Auslagen.

Verlauf des Verfahrens vor dem Amtsgericht

Das Amtsgericht Kamenz verhandelte die Angelegenheit in einer Hauptverhandlung und stellte das Verfahren schließlich gemäß § 47 Abs. 2 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) ein. Während das Gericht die Kosten des Verfahrens der Staatskasse auferlegte, entschied es, die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin nicht zu erstatten. Diese Entscheidung traf das Gericht, ohne der Betroffenen zuvor rechtliches Gehör zu gewähren oder sie über die beabsichtigte Vorgehensweise zu informieren.

Anhörungsrüge und erneute Entscheidung des Amtsgerichts

Gegen diesen Beschluss erhob die Beschwerdeführerin eine Anhörungsrüge. Sie argumentierte, das Gericht hätte ihr vor der Einstellung des Verfahrens die Möglichkeit geben müssen, auf eine andere Art der Erledigung hinzuwirken und sie zur beabsichtigten Auslagenentscheidung anzuhören. Das Amtsgericht wies die Anhörungsrüge jedoch zurück. Es räumte zwar ein, dass der ursprüngliche Beschluss ohne Gewährung rechtlichen Gehörs ergangen war, sah dies aber durch die Anhörungsrüge als nachgeholt an. Eine Änderung der Auslagenentscheidung lehnte das Gericht ab.

Verfassungsbeschwerde und Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs

Die Beschwerdeführerin wandte sich daraufhin an den Sächsischen Verfassungsgerichtshof. Sie rügte eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör sowie einen Verstoß gegen das Willkürverbot. Der Verfassungsgerichtshof gab der Beschwerde teilweise statt. Er stellte fest, dass die Auslagenentscheidung des Amtsgerichts die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz in seiner Ausprägung als Willkürverbot verletzte.

Begründung des Verfassungsgerichtshofs

Der Verfassungsgerichtshof betonte, dass nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen die notwendigen Auslagen eines Betroffenen nach Einstellung eines Bußgeldverfahrens grundsätzlich zu Lasten der Staatskasse gehen müssen. Zwar gebe es Ausnahmen von dieser Regel, doch habe das Amtsgericht keinerlei Begründung für sein Abweichen vom gesetzlichen Regelfall geliefert. Weder im ursprünglichen Beschluss noch in der Entscheidung über die Anhörungsrüge seien die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte für eine vom Grundsatz abweichende Kostentragung dargelegt worden.

Folgen der Entscheidung

Der Verfassungsgerichtshof hob die Auslagenentscheidung des Amtsgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück. Er betonte, dass das Fehlen einer Begründung in diesem Fall zu erheblichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung führe. Die Frage, ob zusätzlich eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorlag, ließ der Gerichtshof angesichts des bereits festgestellten Verfassungsverstoßes offen.

Bedeutung für Betroffene in Bußgeldverfahren

Diese Entscheidung unterstreicht die Wichtigkeit einer nachvollziehbaren Begründung gerichtlicher Entscheidungen, insbesondere wenn von gesetzlichen Regelungen abgewichen wird. Für Betroffene in Bußgeldverfahren bedeutet dies, dass sie bei einer Einstellung des Verfahrens grundsätzlich Anspruch auf Erstattung ihrer notwendigen Auslagen haben. Sollte ein Gericht hiervon abweichen, muss es dies ausführlich begründen. Betroffene haben somit die Möglichkeit, unbegründete oder willkürliche Entscheidungen zu ihren Lasten erfolgreich anzufechten.

Die Schlüsselerkenntnisse


Diese Entscheidung bekräftigt den Grundsatz, dass bei Einstellung eines Bußgeldverfahrens die notwendigen Auslagen des Betroffenen regelmäßig von der Staatskasse zu tragen sind. Ein Abweichen von diesem Regelfall bedarf einer ausführlichen Begründung durch das Gericht. Das Fehlen einer solchen Begründung kann einen Verstoß gegen das Willkürverbot darstellen und zur Aufhebung der Entscheidung führen. Dies stärkt die Rechte von Betroffenen in Bußgeldverfahren und unterstreicht die Bedeutung nachvollziehbarer gerichtlicher Entscheidungen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie in einem Bußgeldverfahren stehen, stärkt dieses Urteil Ihre Rechte erheblich. Wird Ihr Verfahren eingestellt, haben Sie grundsätzlich Anspruch auf Erstattung Ihrer notwendigen Auslagen durch die Staatskasse. Das Gericht muss eine Ablehnung der Erstattung ausführlich begründen. Fehlt diese Begründung, können Sie dagegen vorgehen. Achten Sie bei der Einstellung des Verfahrens darauf, dass über Ihre Auslagen entschieden wird. Sollte die Erstattung abgelehnt werden, fordern Sie eine nachvollziehbare Begründung. Bei Zweifeln lohnt es sich, rechtlichen Rat einzuholen und gegebenenfalls Rechtsmittel einzulegen. Dieses Urteil unterstreicht Ihr Recht auf faire Behandlung und finanzielle Entlastung im Bußgeldverfahren.


FAQ – Häufige Fragen

In dieser FAQ-Rubrik finden Sie prägnante Antworten auf häufig gestellte Fragen rund um das Thema Bußgeldverfahren und Auslagenerstattung. Unsere rechtlichen Expertise hilft Ihnen, sich im komplizierten Dschungel aus Vorschriften und Verfahren besser zurechtzufinden. Informieren Sie sich, um Ihre Rechte zu verstehen und die notwendigen Schritte zu unternehmen.


Was bedeutet „Erstattung der notwendigen Auslagen“ in einem Bußgeldverfahren?

Die „Erstattung der notwendigen Auslagen“ im Bußgeldverfahren bezeichnet die Rückzahlung bestimmter Kosten an den Betroffenen durch die Staatskasse, wenn das Verfahren eingestellt wird oder mit einem Freispruch endet.

Welche Auslagen gelten als notwendig?

Als notwendige Auslagen werden grundsätzlich alle Kosten angesehen, die für eine angemessene Rechtsverteidigung erforderlich waren. Dazu gehören in erster Linie:

  • Anwaltskosten: Die Gebühren für einen Rechtsanwalt werden in der Regel vollständig erstattet, sofern dessen Beauftragung angemessen war. Dies ist besonders bei komplexen Fällen oder wenn empfindliche Rechtsfolgen wie ein Fahrverbot drohen, der Fall.
  • Fahrtkosten: Ausgaben für die Anreise zu Gerichtsterminen oder Anhörungen bei der Bußgeldbehörde können erstattet werden.
  • Gutachterkosten: Wenn ein Sachverständigengutachten zur Klärung strittiger Fragen beigetragen hat, können diese Kosten ebenfalls als notwendig anerkannt werden. Dies gilt insbesondere bei technischen Fragen, wie der Überprüfung von Geschwindigkeits- oder Abstandsmessungen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass nicht jede Ausgabe automatisch als notwendig gilt. Die Erstattungsfähigkeit wird im Einzelfall geprüft. Luxuriöse oder überzogene Aufwendungen werden in der Regel nicht erstattet.

Wann erfolgt eine Erstattung?

Eine Erstattung der notwendigen Auslagen erfolgt typischerweise in folgenden Fällen:

  • Bei Einstellung des Verfahrens nach Erlass eines Bußgeldbescheids
  • Bei einem Freispruch im gerichtlichen Verfahren

Wenn das Verfahren bereits im Stadium der Anhörung eingestellt wird, besteht in der Regel kein Anspruch auf Erstattung der Auslagen.

Wie funktioniert die Erstattung?

Die Entscheidung über die Erstattung trifft das Gericht. Es hat dabei einen Ermessensspielraum und kann in bestimmten Fällen von einer Erstattung absehen, selbst wenn das Verfahren eingestellt wurde oder mit einem Freispruch endete. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Verfahrenshindernis vorliegt, aber weiterhin ein hinreichender Tatverdacht besteht.

Wenn Sie in einem Bußgeldverfahren involviert sind, ist es ratsam, alle Ausgaben sorgfältig zu dokumentieren. Im Falle einer Verfahrenseinstellung oder eines Freispruchs können Sie dann einen Antrag auf Erstattung der notwendigen Auslagen stellen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Erstattung der notwendigen Auslagen kein automatischer Prozess ist. Sie müssen aktiv werden und Ihre Ansprüche geltend machen. In komplexeren Fällen kann es sinnvoll sein, sich von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass Sie alle erstattungsfähigen Auslagen korrekt geltend machen.

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Welche gesetzlichen Grundlagen regeln die Auslagenerstattung in Bußgeldverfahren?

Die Auslagenerstattung in Bußgeldverfahren wird hauptsächlich durch das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) in Verbindung mit der Strafprozessordnung (StPO) geregelt.

Zentrale Vorschriften

Der § 46 Abs. 1 OWiG ist die Schlüsselvorschrift, die die Anwendung der StPO-Regelungen auf Bußgeldverfahren festlegt. Für die Auslagenerstattung ist besonders § 467 StPO relevant, der im Bußgeldverfahren entsprechend gilt.

§ 467 Abs. 1 StPO legt den Grundsatz fest: Wird das Verfahren eingestellt oder der Betroffene freigesprochen, trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen. Dies gilt auch bei Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses, wie etwa Verjährung.

Ermessensspielraum des Gerichts

Allerdings gibt es Ausnahmen von dieser Regel. § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO eröffnet dem Gericht einen Ermessensspielraum. Es kann von der Erstattung absehen, wenn der Betroffene die Einleitung des Verfahrens vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat.

§ 467 Abs. 4 StPO erlaubt es dem Gericht zudem, die Erstattung zu versagen, wenn die zur Einstellung oder zum Freispruch führenden Umstände erst nachträglich eingetreten sind. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn die Verjährung erst während des laufenden Verfahrens eintritt.

Weitere relevante Vorschriften

§ 464a StPO definiert, welche Auslagen als „notwendig“ gelten und damit erstattungsfähig sind. Dazu gehören in der Regel Anwaltskosten, Fahrtkosten zum Gericht oder Verdienstausfall.

§ 107 OWiG regelt speziell die Gebühren und Auslagen im Bußgeldverfahren. Diese Vorschrift ist besonders für die Berechnung der Verfahrenskosten relevant.

Wenn Sie mit der Entscheidung über die Auslagenerstattung nicht einverstanden sind, können Sie dagegen Rechtsmittel einlegen. Die Möglichkeit dazu ergibt sich aus § 464 Abs. 3 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Gerichte bei der Anwendung dieser Vorschriften einen gewissen Ermessensspielraum haben. Sie müssen jedoch ihre Entscheidung nachvollziehbar begründen, insbesondere wenn sie von der Grundregel der Erstattung abweichen.

Wenn in Ihrem Fall die Auslagenerstattung abgelehnt wurde, lohnt es sich, die Begründung genau zu prüfen. Möglicherweise gibt es Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Anfechtung der Entscheidung.

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Unter welchen Bedingungen kann ein Gericht die Erstattung der Auslagen verweigern?

Ein Gericht kann die Erstattung der Auslagen in einem Bußgeldverfahren unter bestimmten Umständen verweigern, auch wenn das Verfahren eingestellt oder der Betroffene freigesprochen wurde. Dies ist jedoch die Ausnahme und muss vom Gericht stets begründet werden.

Hauptgründe für eine Verweigerung der Auslagenerstattung:

  1. Prozessuales Fehlverhalten des Betroffenen: Wenn Sie als Betroffener entlastende Umstände nicht rechtzeitig vorgebracht haben, obwohl Sie dazu in der Lage gewesen wären, kann das Gericht die Erstattung ablehnen. Beispiel: Sie verschweigen zunächst wichtige Informationen, die zur sofortigen Einstellung des Verfahrens geführt hätten.
  2. Ursprünglich dringender Tatverdacht: Bestand zu Beginn des Verfahrens ein dringender Tatverdacht, der sich erst im Laufe der Ermittlungen entkräftet hat, kann das Gericht von der Erstattung absehen. Dies gilt besonders, wenn feststeht, dass Sie die Ordnungswidrigkeit tatsächlich begangen haben, das Verfahren aber aus anderen Gründen eingestellt wurde.
  3. Unverhältnismäßig hohe Kosten: Haben Sie unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht, etwa durch unnötige Beweisanträge oder überzogene Sachverständigengutachten, kann das Gericht die Erstattung teilweise oder ganz verweigern.
  4. Verjährung durch Verzögerungstaktik: Wenn Sie das Verfahren absichtlich so lange hinauszögern, bis die Verjährung eintritt, kann das Gericht die Kostenerstattung ablehnen.

Wichtig zu beachten:

Das Gericht muss seine Entscheidung, die Auslagen nicht zu erstatten, immer ausführlich begründen. Eine pauschale Ablehnung ist nicht zulässig. Wenn Sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind, können Sie dagegen Rechtsmittel einlegen.

In der Praxis wird die Auslagenerstattung nur selten verweigert. Wenn Sie sich im Bußgeldverfahren kooperativ verhalten und keine unnötigen Kosten verursachen, haben Sie gute Chancen, Ihre notwendigen Auslagen erstattet zu bekommen.

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Wie kann man gegen eine Entscheidung zur Auslagenerstattung vorgehen?

Gegen eine ablehnende Entscheidung zur Auslagenerstattung im Bußgeldverfahren können Sie Beschwerde einlegen. Dies ist der übliche Rechtsbehelf, um die Entscheidung überprüfen zu lassen.

Frist und Form der Beschwerde

Die Beschwerde muss innerhalb einer Woche nach Bekanntmachung der Entscheidung eingelegt werden. Sie können die Beschwerde schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts einreichen, das die Entscheidung getroffen hat. Eine einfache E-Mail reicht nicht aus, es sei denn, Sie nutzen das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) oder ein vergleichbares sicheres Übermittlungsverfahren.

Begründung der Beschwerde

In Ihrer Beschwerde sollten Sie konkret darlegen, warum Sie die Entscheidung für falsch halten. Beziehen Sie sich dabei auf die Gründe, die das Gericht für die Ablehnung der Auslagenerstattung angeführt hat. Wenn Sie beispielsweise der Meinung sind, dass Sie keine Möglichkeit hatten, bestimmte Umstände früher vorzubringen, erklären Sie dies ausführlich.

Prüfung durch das Gericht

Das Gericht wird Ihre Beschwerde zunächst selbst prüfen. Wenn es Ihrer Beschwerde nicht abhilft, wird sie dem nächsthöheren Gericht zur Entscheidung vorgelegt. In Bußgeldsachen ist dies in der Regel das Oberlandesgericht.

Kosten und Risiken

Beachten Sie, dass mit der Einlegung einer Beschwerde weitere Kosten entstehen können. Wenn Ihre Beschwerde erfolglos bleibt, müssen Sie diese Kosten tragen. Es kann daher sinnvoll sein, vor Einlegung der Beschwerde eine anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um Ihre Erfolgsaussichten einschätzen zu lassen.

Alternative: Gerichtliche Entscheidung beantragen

Wenn die Verwaltungsbehörde und nicht das Gericht über die Auslagenerstattung entschieden hat, können Sie stattdessen einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Dieser Antrag muss ebenfalls innerhalb einer Woche gestellt werden.

Wichtige Hinweise

  • Achten Sie unbedingt auf die Einhaltung der Fristen. Versäumen Sie diese, wird Ihre Beschwerde als unzulässig verworfen.
  • Formulieren Sie Ihre Beschwerde sachlich und präzise. Emotionale Ausführungen sind in der Regel nicht zielführend.
  • Fügen Sie, wenn möglich, Belege für Ihre Auslagen bei, falls diese noch nicht vorliegen.

Wenn Sie in Ihrer Situation unsicher sind, wie Sie am besten vorgehen sollten, kann eine kurze Rechtsberatung durch einen Anwalt hilfreich sein. Dies kann Ihnen helfen, Ihre Chancen realistisch einzuschätzen und unnötige Kosten zu vermeiden.

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Welche Rolle spielt das rechtliche Gehör bei Auslagenentscheidungen in Bußgeldverfahren?

Das rechtliche Gehör spielt eine entscheidende Rolle bei Auslagenentscheidungen in Bußgeldverfahren. Es sichert dem Betroffenen die Möglichkeit, sich vor einer Entscheidung zu äußern und kann erhebliche Auswirkungen auf die Kostenerstattung haben.

Bedeutung des rechtlichen Gehörs

Das rechtliche Gehör ist ein verfassungsrechtlich garantiertes Grundrecht. Es gewährleistet, dass der Betroffene die Gelegenheit erhält, sich zu allen relevanten Aspekten des Verfahrens zu äußern, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Im Bußgeldverfahren betrifft dies insbesondere die Möglichkeit, sich zum Tatvorwurf und zu möglichen kostenintensiven Beweiserhebungen zu äußern.

Auswirkungen auf Auslagenentscheidungen

Die Gewährung des rechtlichen Gehörs kann erhebliche Auswirkungen auf Auslagenentscheidungen haben:

1. Vermeidung unnötiger Kosten: Wenn dem Betroffenen vor der Anordnung kostenträchtiger Beweiserhebungen rechtliches Gehör gewährt wird, kann er möglicherweise unnötige Kosten abwenden. Er könnte beispielsweise Einwände vorbringen oder alternative Beweismittel vorschlagen.

2. Einfluss auf die Kostenentscheidung: Wurde das rechtliche Gehör nicht ordnungsgemäß gewährt, kann dies zu einer für den Betroffenen günstigeren Kostenentscheidung führen. In manchen Fällen kann die Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs sogar dazu führen, dass dem Betroffenen keine Kosten auferlegt werden.

3. Grundlage für Rechtsmittel: Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihr rechtliches Gehör verletzt wurde, kann dies ein Grund sein, gegen die Auslagenentscheidung vorzugehen. Dies könnte beispielsweise durch einen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid oder eine Beschwerde gegen die Kostenentscheidung geschehen.

Praktische Bedeutung für Betroffene

Für Sie als Betroffener eines Bußgeldverfahrens bedeutet dies konkret:

Achten Sie auf Ihre Anhörung: Wenn Sie einen Anhörungsbogen erhalten, nutzen Sie die Gelegenheit, sich zu äußern. Ihre Stellungnahme kann die weitere Verfahrensgestaltung und damit auch die Kostenentscheidung beeinflussen.

Bleiben Sie aufmerksam: Sollte das Gericht kostenintensive Beweiserhebungen anordnen, ohne Sie vorher anzuhören, könnte dies eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen. In diesem Fall sollten Sie dies umgehend rügen.

Dokumentieren Sie die Kommunikation: Bewahren Sie alle Schreiben und Nachweise über Ihre Kommunikation mit der Behörde oder dem Gericht sorgfältig auf. Diese können im Falle einer Auseinandersetzung über die Kostenentscheidung wichtig sein.

Grenzen des rechtlichen Gehörs

Es ist wichtig zu verstehen, dass das rechtliche Gehör zwar ein fundamentales Recht ist, aber nicht in jeder Situation unbegrenzt gewährt werden muss. Das Gericht hat einen Ermessensspielraum bei der Entscheidung, welche Beweiserhebungen es für notwendig erachtet. Auch wenn Sie angehört wurden, bedeutet dies nicht automatisch, dass Ihren Einwänden stattgegeben wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das rechtliche Gehör ein wichtiges Instrument ist, um Ihre Interessen im Bußgeldverfahren zu wahren und möglicherweise unnötige Kosten zu vermeiden. Eine Verletzung dieses Rechts kann weitreichende Folgen für die Auslagenentscheidung haben und Ihnen Möglichkeiten eröffnen, gegen ungünstige Entscheidungen vorzugehen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Notwendige Auslagen: Dies sind Kosten, die dem Betroffenen im Rahmen eines Bußgeldverfahrens unvermeidbar entstanden sind. Dazu gehören in der Regel Anwaltskosten, Fahrtkosten zu Gerichtsterminen oder Gutachterkosten. Die Erstattung dieser Auslagen soll sicherstellen, dass der Betroffene bei einer Verfahrenseinstellung finanziell nicht benachteiligt wird. Nicht erstattungsfähig sind dagegen Kosten, die für die Rechtsverfolgung nicht notwendig waren, wie etwa überhöhte Anwaltsgebühren oder Kosten für unnötige Beweiserhebungen. Die Beurteilung der Notwendigkeit erfolgt dabei objektiv aus der Sicht eines verständigen Betroffenen.
  • Willkürverbot: Dieses verfassungsrechtliche Prinzip untersagt staatlichen Organen, insbesondere Gerichten, Entscheidungen zu treffen, die offensichtlich sachwidrig oder ungerecht sind. Eine Entscheidung ist willkürlich, wenn sie unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Im Kontext von Auslagenentscheidungen bedeutet dies, dass ein Gericht nicht ohne nachvollziehbare Begründung von gesetzlichen Regelungen abweichen darf. Das Willkürverbot dient somit als wichtige Kontrolle richterlicher Entscheidungen und schützt Bürger vor offensichtlich fehlerhaften Urteilen.
  • Rechtliches Gehör: Dieses Grundrecht gewährleistet, dass jeder Beteiligte in einem gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit erhält, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen und rechtlichen Aspekten zu äußern, bevor eine Entscheidung getroffen wird. In Bezug auf Auslagenentscheidungen bedeutet dies, dass das Gericht den Betroffenen über eine beabsichtigte Verweigerung der Auslagenerstattung informieren und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geben muss. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kann zur Aufhebung der Entscheidung führen, selbst wenn diese inhaltlich korrekt wäre. Das rechtliche Gehör ist somit ein zentrales Element zur Sicherung eines fairen Verfahrens.
  • Anhörungsrüge: Dies ist ein Rechtsbehelf, mit dem ein Verfahrensbeteiligter geltend machen kann, dass sein Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt wurde. Sie ermöglicht es dem Gericht, einen Verfahrensfehler selbst zu korrigieren, ohne dass ein höheres Gericht eingeschaltet werden muss. Im Kontext von Auslagenentscheidungen kann eine Anhörungsrüge eingelegt werden, wenn das Gericht den Betroffenen nicht zur beabsichtigten Verweigerung der Auslagenerstattung angehört hat. Die Rüge muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Gehörsverletzung eingelegt werden und kann zur Aufhebung oder Änderung der ursprünglichen Entscheidung führen.
  • Verfassungsbeschwerde: Dies ist ein außerordentlicher Rechtsbehelf, mit dem sich Bürger direkt an das Verfassungsgericht wenden können, wenn sie sich in ihren Grundrechten verletzt sehen. In Bezug auf Auslagenentscheidungen kann eine Verfassungsbeschwerde erhoben werden, wenn alle anderen Rechtsmittel ausgeschöpft sind und eine grundrechtswidrige Entscheidung vorliegt, etwa ein Verstoß gegen das Willkürverbot oder das rechtliche Gehör. Die Beschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung der letzten Entscheidung eingelegt werden. Bei Erfolg kann das Verfassungsgericht die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverweisen.
  • Auslagenerstattung: Dies bezeichnet die Rückzahlung von Kosten, die einem Betroffenen im Rahmen eines Bußgeldverfahrens entstanden sind. Nach § 467 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 OWiG hat der Betroffene bei Einstellung des Verfahrens grundsätzlich Anspruch auf Erstattung seiner notwendigen Auslagen durch die Staatskasse. Dies umfasst typischerweise Anwaltskosten, Fahrtkosten zu Gerichtsterminen oder Gutachterkosten. Die Erstattung soll sicherstellen, dass der Betroffene bei einer Verfahrenseinstellung finanziell nicht benachteiligt wird. Ausnahmen von der Erstattungspflicht sind möglich, müssen aber vom Gericht ausführlich begründet werden. Die korrekte Handhabung der Auslagenerstattung ist ein wichtiger Aspekt der Verfahrensgerechtigkeit in Bußgeldsachen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 467 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 OWiG (Auslagenentscheidung bei Einstellung des Verfahrens): Diese Regelung besagt grundsätzlich, dass bei einer Einstellung des Bußgeldverfahrens die notwendigen Auslagen des Betroffenen von der Staatskasse getragen werden. Dies soll sicherstellen, dass Betroffene nicht auf ihren Kosten sitzen bleiben, wenn das Verfahren gegen sie eingestellt wird. Im vorliegenden Fall wurde das Verfahren gegen die Beschwerdeführerin eingestellt, weshalb sie grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung ihrer Auslagen hatte.
  • § 467 Abs. 4 StPO (Ausnahme von der Kostentragungspflicht): Diese Vorschrift ermöglicht es dem Gericht, in Ausnahmefällen von der grundsätzlichen Kostentragungspflicht der Staatskasse abzuweichen und die Kosten dem Betroffenen aufzuerlegen. Dies ist jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, beispielsweise wenn der Betroffene das Verfahren durch sein Verhalten schuldhaft verursacht hat. Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht jedoch keine Gründe für eine solche Ausnahmeentscheidung genannt.
  • Art. 18 Abs. 1 SächsVerf (Willkürverbot): Das Willkürverbot schützt vor staatlichen Entscheidungen, die offensichtlich unvernünftig oder sachlich nicht gerechtfertigt sind. Es verlangt, dass staatliches Handeln einen Mindestmaß an Rationalität aufweist und nicht auf sachfremden Erwägungen beruht. Im vorliegenden Fall hat der Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass die Auslagenentscheidung des Amtsgerichts willkürlich war, da sie keine nachvollziehbare Begründung enthielt.
  • Art. 78 Abs. 2 SächsVerf (Anspruch auf rechtliches Gehör): Dieser Artikel garantiert jedem das Recht, in einem Verfahren, das seine Rechte betrifft, gehört zu werden. Dies bedeutet, dass Betroffene die Möglichkeit haben müssen, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Rechtsfragen zu äußern, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Im vorliegenden Fall wurde die Frage, ob der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wurde, vom Verfassungsgerichtshof offengelassen, da bereits eine Verletzung des Willkürverbots festgestellt wurde.
  • § 47 Abs. 2 OWiG (Einstellung des Verfahrens): Diese Vorschrift ermöglicht es dem Gericht, das Bußgeldverfahren einzustellen, wenn kein öffentliches Interesse an der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit besteht oder wenn die Schuld des Betroffenen gering ist. Im vorliegenden Fall wurde das Verfahren gegen die Beschwerdeführerin nach dieser Vorschrift eingestellt.

Das vorliegende Urteil

VerfGH Sachsen – Az.: Vf. 22-IV-23 – Beschluss vom 23.05.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen durch pp. am 23. Mai 2024 beschlossen:

1. Der Beschluss des Amtsgerichts Kamenz vom 3. April 2023 (9 OWi 630 Js 31782/22) verletzt, soweit darin über die notwendigen Auslagen der Betroffenen entschieden ist, die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 18 Abs. 1 SächsVerf. Der Beschluss wird insoweit aufgehoben. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung an das Amtsgericht Kamenz zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde verworfen.

2. Der Freistaat Sachsen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 EUR fest-gesetzt.

Gründe:

I.

Mit ihrer am 17. Mai 2023 bei dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Kamenz vom 3. und 25. April 2023 (jeweils 9 OWi 630 Js 31782/22).

Mit Bescheid des Landratsamtes B. vom 4. Oktober 2022 wurde der Beschwerdeführerin vorgeworfen, verkehrsordnungswidrig im eingeschränkten Halteverbot geparkt zu haben. Die Beschwerdeführerin legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein und beantragte die Ein-stellung des Bußgeldverfahrens. Ferner beantragte sie, ihre notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. In der Hauptverhandlung stellte das Amtsgericht Kamenz – Bußgeldrichter – das Verfahren mit Beschluss vom 3. April 2023 nach § 47 Abs. 2 OWiG ein. Die Kosten des Verfahrens legte es der Staatskasse auf. Das Gericht hat davon abgesehen, auch die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin der Staatskasse aufzuerlegen.

Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin Anhörungsrüge. Das Gericht sei verpflichtet gewesen, ihr vor der – von ihr nicht angeregten, unanfechtbaren – Einstellung des Verfahrens nach § 47 Abs. 2 OWiG Gelegenheit zu geben, auf eine andere Art der Erledigung des Verfahrens hinzuwirken und sie zu der beabsichtigten Entscheidung über ihre notwendigen Auslagen anzuhören. Da dies vor Verkündung des beanstandeten Beschlusses in der Hauptverhandlung nicht geschehen sei, sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden.

Mit Beschluss vom 25. April 2023 wies das Amtsgericht die Anhörungsrüge als unbegründet zurück. Der Beschluss vom 3. April 2023 sei zwar ohne die Gewährung rechtlichen Gehörs ergangen. Dies sei durch die Anhörungsrüge aber nachgeholt worden. Gründe dafür, die Auslagenentscheidung zu ändern, sehe das Gericht nicht.

Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 78 Abs. 2 SächsVerf) sowie einen Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 18 Abs. 1 SächsVerf). Im Ergebnis der Beweisaufnahme hätten sich die gegen sie erhobenen Vorwürfe nicht bestätigt. Der Vorsitzende habe kein rechtliches Gehör zum beabsichtigten Vorgehen gewährt. Der Beschluss vom 3. April 2023 enthalte keinen Hinweis auf die Rechtsgrundlage für die Auslagenentscheidung und keinerlei Erwägungen zu den maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkten für eine vom Grundsatz des § 467 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 OWiG abweichende Kosten-tragung nach § 467 Abs. 4 StPO. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass das Gericht sich insoweit von sachfremden Erwägungen habe leiten lassen. Willkür könne im Falle des Fehlens einer Begründung schon dann vorliegen, wenn eine andere Entscheidung nahegelegen hätte und eine nachvollziehbare Begründung für das Abweichen hiervon fehle.

Das Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung hat Gelegenheit gehabt, zum Verfahren Stellung zu nehmen.

II.

Die Verfassungsbeschwerde hat im tenorierten Umfang Erfolg.

1. Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen den ihre Anhörungsrüge zurückweisenden Be-schluss des Amtsgerichts vom 25. April 2023 wendet, fehlt der Verfassungsbeschwerde allerdings das Rechtsschutzbedürfnis.

Entscheidungen, mit denen Gerichte Anhörungsrügen zurückweisen, sind nicht mit der Verfassungsbeschwerde angreifbar, wenn sie keine eigenständige Beschwer schaffen, sondern allenfalls die bereits durch die Ausgangsentscheidung eingetretene Grundrechts-verletzung durch unterbliebene fachgerichtliche „Selbstkorrektur“ fortbestehen lassen (SächsVerfGH, Beschluss vom 19. Januar 2023 – Vf. 138-IV-21; Beschluss vom 21. Oktober 2022 – Vf. 46-IV-22; st. Rspr.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2021 – 2 BvR 1176/20 – juris Rn. 30 f.; Beschluss vom 28. April 2021 – 2 BvR 1451/18 – juris Rn. 9). Vorliegend ist eine eigenständige Beschwer durch die Entscheidung des Amtsgerichts über die Anhörungsrüge weder dargetan noch ersichtlich.

2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und begründet. Der angegriffene Be-schluss des Amtsgerichts vom 3. April 2023 verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 18 Abs. 1 SächsVerf in seiner Ausprägung als Willkürverbot.

a) Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin den Rechtsweg im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 1 SächsVerfGHG ordnungsgemäß erschöpft und die Einlegungsfrist (§ 29 Abs. 1 Satz 1 SächsVerfGHG) gewahrt. Die von ihr erhobene Anhörungsrüge konnte die Frist zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde offen halten, weil sie nicht von vornherein aussichtslos (vgl. hierzu SächsVerfGH, Beschluss vom 30. August 2023 – Vf. 29-IV-23) war.

aa) Die Beschwerdeführerin war aus Gründen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde gehalten, gegen die nicht anfechtbare (§ 47 Abs. 2 Satz 3 OWiG, § 464 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG) Entscheidung des Amtsgerichts vom 3. April 2023 Anhörungsrüge zu erheben. Das Amtsgericht hatte sie zu der auf § 47 Abs. 2 OWiG gestützten Einstellung des Verfahrens und insbesondere zu der beabsichtigten, sie belastenden Auslagenentscheidung nicht angehört. Das Gericht kann in einem solchen Fall im Verfahren nach § 33a StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG seine an sich unanfechtbare Entscheidung über die Kosten und Auslagen prüfen und ändern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Oktober 2015 – 2 BvR 2436/14 – juris Rn. 15; Beschluss der vom 8. Oktober 2001 – 2 BvR 1424/01 – juris Rn. 1; Bücherl in: BeckOK OWiG, Stand 1.4.2024, § 47 Rn. 31).

bb) Die Verfassungsbeschwerde ist nicht deshalb unzulässig, weil sie sich lediglich gegen eine Kostenentscheidung richtet und nicht zugleich gegen die damit verbundene Entscheidung in der Hauptsache. Der geltend gemachte Verfassungsverstoß bezieht sich allein auf den Ausspruch über die Auslagen. In einem solchen Fall besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für dessen verfassungsgerichtliche Überprüfung. Anderenfalls wäre der verfassungsgerichtliche Rechtsschutz lückenhaft, denn der Betroffene hätte keine Möglichkeit, sich gegen eine selbständig in einer Kostenentscheidung enthaltene Verletzung seiner verfassungsmäßigen Rechte zur Wehr zu setzen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Oktober 2015 – 2 BvR 2436/14 – juris Rn. 19; Beschluss vom 17. November 2009 – 1 BvR 1964/09 – juris Rn. 9; Beschluss vom 18. April 2006 – 1 BvR 2094/05 – juris Rn. 11).

b) Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Das Amtsgericht hat mit der angegriffenen Auslagenentscheidung gegen Art. 18 Abs. 1 SächsVerf in der Ausprägung als Verbot objektiver Willkür verstoßen, weil es ohne jede Begründung von dem durch das Gesetz bestimmten Regelfall abgewichen ist.

aa) Gegen den Gleichheitssatz des Art. 18 Abs. 1 SächsVerf wird unter dem Gesichtspunkt des Willkürverbotes allerdings nicht bereits dann verstoßen, wenn ein Gericht einfaches Recht falsch angewandt hat; hinzukommen muss vielmehr, dass die Fehlerhaftigkeit der Rechtsanwendung oder des Verfahrens mit den Vorgaben der Verfassung des Freistaates Sachsen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr vereinbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die angegriffene Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht (SächsVerfGH, Beschluss vom 13. März 2024 – Vf. 60-IV-22; Beschluss vom 23. Februar 2023 – Vf. 12-IV-22; Beschluss vom 10. November 2021 – Vf. 89-IV-21 [HS]; Beschluss vom 10. September 2020 – Vf. 113-IV-19; Beschluss vom 24. März 2011 – Vf. 90-IV-10; st. Rspr.), etwa wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (SächsVerfGH, Beschluss vom 29. Februar 2024 – Vf. 77-IV-23 [HS]; Beschluss vom 1. April 2021 – Vf. 208-IV-20; st. Rspr.).

Dieser aus Art. 18 Abs. 1 SächsVerf gewonnene materiell-verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstab verlangt mit Rücksicht auf die Bindung des Richters an Recht und Gesetz (Art. 36 SächsVerf) eine Begründung auch letztinstanzlicher Entscheidungen jedenfalls dann und insoweit, als von dem eindeutigen Wortlaut einer Rechtsnorm abgewichen werden soll und der Grund hierfür sich nicht schon eindeutig aus den Beteiligten bekannten und für sie ohne Weiteres erkennbaren Besonderheiten des Falles ergibt. In gleicher Weise ist eine Begründung erforderlich, wenn von einem in einer Norm bestimmten Regelfall abgewichen wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Oktober 2015 – 2 BvR 2436/14 – juris).

bb) Nach diesen Maßstäben verletzt die angegriffene Auslagenentscheidung die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 18 Abs. 1 SächsVerf, denn es ist nicht erkennbar, weshalb das Amtsgericht von einer Auslagenerstattung abgesehen hat, obwohl die Erstattung den gesetzlichen Regelfall darstellt.

(1) Gemäß § 467 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG hat die nach Einstellung eines Bußgeldverfahrens zu treffende Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Betroffenen grundsätzlich dahingehend auszufallen, dass diese zu Lasten der Staatskasse gehen. Zwar kann oder muss hiervon in einigen gesetzlich geregelten Fällen abgesehen werden (§ 109a Abs. 2 OWiG, § 467 Abs. 2 bis 4 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG). Der Entscheidung des Amtsgerichts über die notwendigen Auslagen lässt sich jedoch nicht einmal im Ansatz entnehmen, aus welchem Grunde diese der Beschwerdeführerin auferlegt wurden. Weder gibt es Anhaltspunkte für eine Ermessensentscheidung nach § 109a Abs. 2 OWiG noch für eine schuldhafte Säumnis der Beschwerdeführerin (§ 467 Abs. 2 Satz 2 StPO) oder eine unwahre Selbstanzeige (§ 467 Abs. 3 Satz 1 StPO) bzw. wahrheitswidrige Selbstbelastung (§ 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StPO). Da das Amtsgericht das Verfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG und nicht wegen eines Verfahrenshindernisses eingestellt hat, konnte die Auslagenentscheidung auch nicht auf § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO gestützt werden.

Nach § 467 Abs. 4 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG kann ein Gericht zwar davon absehen, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es das Verfahren nach einer Vorschrift einstellt, die dies – wie § 47 Abs. 2 OWiG – nach seinem Ermessen zulässt. Dabei darf auf die Stärke des Tatverdachts abgestellt, aber ohne prozessordnungsgemäße Feststellung keine Schuldzuweisung vorgenommen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990, BVerfGE 82, 106 [117]). Allerdings hat das Amtsgericht seine Auslagenentscheidung weder im Beschluss vom 3. April 2023 begründet noch die fehlende Begründung in seiner Entscheidung über die Anhörungsrüge vom 25. April 2023 nachgeholt (insoweit anders in den Sachverhalten, die den Beschlüssen vom heutigen Tag – Vf. 14-IV-23, Vf. 15-IV-23 – zugrunde lagen). Ungeachtet des von der Beschwerdeführerin bestrittenen Vorwurfs und der durchgeführten Hauptverhandlung enthält die angegriffene Entscheidung keine Hinweise auf die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte für eine vom Grundsatz des § 467 Abs. 1 StPO abweichende Kostentragung gemäß § 467 Abs. 4 StPO. Anders als in Fällen, in denen eine Begründung vorhanden ist und auf ihre Vertretbarkeit geprüft werden kann, kann Willkür im Falle des Fehlens einer Begründung schon dann vorliegen, wenn eine andere Entscheidung – hier gerichtet auf die Erstattung notwendiger Auslagen als dem gesetzlichen Regelfall – nahegelegen hätte und eine nachvollziehbare Begründung für das Abweichen hiervon fehlt (vgl. BerlVerfGH, Beschluss vom 27. April 2022 – 130/20 – juris Rn. 9). Das Fehlen der Begründung einer gerichtlichen Entscheidung führt vorliegend dazu, dass ein Verfassungsverstoß nicht auszuschließen und die Entscheidung deshalb aufzuheben ist, weil erhebliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Oktober 2015 – 2 BvR 2436/14 – juris Rn. 32; Beschluss vom 12. März 2008 – 2 BvR 378/05 – juris Rn. 33; Beschluss vom 25. Februar 1993 – 2 BvR 251/93 – juris Rn. 4).

c) Ob die Beschwerdeführerin durch die Auslagenentscheidung des Amtsgerichts zusätzlich in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 78 Abs. 2 SächsVerf verletzt ist, bedarf angesichts des bereits festgestellten Verfassungsverstoßes keiner Entscheidung.

III.

Die angegriffene Auslagenentscheidung beruht auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 SächsVerf. Sie ist daher aufzuheben; die Sache ist insoweit an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Der Beschluss des Amtsgerichts vom 25. April 2023 wird damit gegenstandslos.

IV.

Die Entscheidung ist kostenfrei (§ 16 Abs. 1 Satz 1 SächsVerfGHG). Der Freistaat Sachsen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten (§ 16 Abs. 3 SächsVerfGHG). Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 RVG.

 


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