Skip to content

Bußgelderhöhung bei Geschwindigkeitsüberschreitung: Erhöht ein späterer Verstoß die Strafe?

Einem Autofahrer drohte wegen Geschwindigkeitsüberschreitung eine Strafe, doch eine erhebliche Bußgelderhöhung bei Geschwindigkeitsüberschreitung entstand erst durch ein nachfolgendes Ereignis. Die spätere Tat, die eigentlich nichts mit der Raserei zu tun hatte, führte nun zur Verschärfung der ursprünglichen Sanktion.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 8 OWi 502 Js 3985/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Amtsgericht Eilenburg
  • Datum: 29.04.2025
  • Aktenzeichen: 8 OWi 502 Js 3985/25
  • Verfahren: Ordnungswidrigkeitenverfahren
  • Rechtsbereiche: Straßenverkehrsrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht

  • Das Problem: Ein Autofahrer wurde außerhalb einer Ortschaft mit 36 km/h über der erlaubten Geschwindigkeit gemessen. Er bestritt die Messung und die Höhe der geforderten Geldbuße von 250 Euro.
  • Die Rechtsfrage: War der Autofahrer tatsächlich so schnell, und durfte das Gericht das Bußgeld wegen früherer Verkehrsverstöße, auch eines späteren, erhöhen?
  • Die Antwort: Ja. Das Gericht bestätigte die Messung als korrekt. Die Erhöhung der Geldbuße war wegen wiederholter Verkehrsverstöße zulässig.
  • Die Bedeutung: Standardisierte Geschwindigkeitsmessungen sind in der Regel gültig, wenn sie korrekt durchgeführt wurden. Frühere Verstöße, auch wenn sie zeitlich nach der Messung, aber vor dem Urteil lagen, können eine höhere Strafe nach sich ziehen.

Der Fall vor Gericht


Wie kann ein späterer Rotlichtverstoß ein früheres Bußgeld erhöhen?

Ein Autofahrer stand im April 2025 vor dem Amtsgericht Eilenburg. Der Vorwurf bezog sich auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung vom August des Vorjahres. Er war auf einer Tangente des Schkeuditzer Kreuzes mit 96 km/h geblitzt worden, wo nur 60 km/h erlaubt waren. Das Herzstück des Falles war aber nicht die Messung selbst.

Rotlicht! Ein Mercedes-Fahrer, dessen Poliscan FM1 Messung eine Bußgelderhöhung brachte, bereitet seine Verteidigung im Verfahren vor.
Späterer Rotlichtverstoß führte Gericht dazu, das Bußgeld für frühere Geschwindigkeitsüberschreitung zu erhöhen. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Die Richter interessierte vor allem ein Vorfall, der fünf Monate nach dem Blitzerfoto geschah: ein simpler Rotlichtverstoß im Januar 2025. Genau dieser spätere Fehler sollte das Bußgeld für die alte Tat spürbar anheben. Ein juristisches Zeitparadoxon, dessen Logik das Gericht penibel aufschlüsseln musste.

Warum wurde die Messung des Blitzers überhaupt angezweifelt?

Die Verteidigung des Fahrers wählte einen klassischen Ansatz. Sie attackierte die Messung des Laserscanners vom Typ Poliscan FM1. Der Anwalt bestritt pauschal, dass das Verfahren ordnungsgemäß abgelaufen sei. Als konkretes Argument führte er an, sein Mandant habe den Tempomat seines Mercedes eingeschaltet gehabt. Diese Behauptung sollte Zweifel an der gemessenen Geschwindigkeit von 99 km/h säen. Um diesen Zweifel zu untermauern, beantragte die Verteidigung ein teures Sachverständigengutachten. Der Plan war klar: Wenn die Messung selbst als unzuverlässig eingestuft wird, bricht der gesamte Bußgeldbescheid in sich zusammen.

Wie hat das Gericht die Zuverlässigkeit des Laserscanners bewertet?

Das Gericht ließ sich von dem pauschalen Angriff nicht beeindrucken. Es prüfte stattdessen die Fakten, die auf dem Tisch lagen. Das Ergebnis war eine lückenlose Kette an Nachweisen. Das Messgerät war gültig geeicht, die Softwareversion war dokumentiert, und der Polizist, der die Messung durchführte, war entsprechend geschult. Das Messprotokoll bestätigte einen fehlerfreien Ablauf. Die Fotos zeigten das Auto des Betroffenen klar und deutlich im Auswerterahmen des Blitzers. Für das Gericht war die Sache damit eindeutig. Die Justiz betrachtet solche Messungen als standardisiertes Verfahren. Sind alle formalen Kriterien – Eichung, Schulung, Protokoll – erfüllt, gilt das Ergebnis als korrekt. Die vage Behauptung eines eingeschalteten Tempomats reichte nicht aus, um diese Faktenkette zu durchbrechen. Der Antrag auf ein Gutachten wurde abgelehnt. Es war ein teurer Versuch ohne Erfolg.

Wieso wurde aus einem 200-Euro-Bußgeld plötzlich eine höhere Strafe?

Nach Abzug der üblichen Toleranz von 3 km/h blieb eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 36 km/h. Der Bußgeldkatalog sieht für einen solchen Verstoß außerorts ein Regelbußgeld von 200 Euro vor. Doch das Gericht beließ es nicht dabei. Ein Blick in die Akte des Fahrers offenbarte ein Muster. Dort fanden sich bereits drei frühere Verkehrsverstöße: eine Geschwindigkeitsüberschreitung, eine Trunkenheitsfahrt mit Führerscheinentzug und – ganz frisch – ein Rotlichtverstoß vom Januar 2025. Diese wiederholte Missachtung der Verkehrsregeln zementierte beim Gericht den Eindruck, dass der Fahrer uneinsichtig war. Eine bloße Regelbuße, so die Überlegung, würde hier ihre erzieherische Wirkung verfehlen. Die Richter erhöhten die Strafe auf 250 Euro, um der beharrlichen Disziplinlosigkeit des Fahrers Rechnung zu tragen.

Wie konnte der neue Rotlichtverstoß das alte Bußgeld beeinflussen?

Hier liegt der juristisch spannendste Punkt der Entscheidung. Normalerweise kann eine Tat, die man später begeht, eine frühere Tat nicht schlimmer machen. Es gibt eine Ausnahme. Das Gericht prüfte den genauen zeitlichen Ablauf. Die Geschwindigkeitsmessung war im August 2024. Die Anhörung zu diesem Verstoß erhielt der Fahrer im September, den Bußgeldbescheid im Oktober. Er wusste also spätestens ab Herbst 2024, dass ein Verfahren gegen ihn lief. Trotz dieser offiziellen Warnung überfuhr er im Januar 2025 eine rote Ampel. Aus Sicht des Gerichts war das ein klares Signal. Der laufende Prozess hatte ihn nicht zur Vorsicht gemahnt. Er machte einfach weiter wie bisher. Dieses Verhalten wertete das Gericht als negative Entwicklung und als Beweis für eine besondere Rücksichtslosigkeit. Genau diese bewiesene Uneinsichtigkeit rechtfertigte es, das Bußgeld für die ursprüngliche Tat – die Geschwindigkeitsüberschreitung – zu erhöhen. Am Ende musste der Fahrer nicht nur die 250 Euro Bußgeld zahlen, sondern auch die gesamten Kosten des Verfahrens.

Die Urteilslogik

Ein Gericht erkennt in späteren Vergehen einen Beweis für mangelnde Einsicht, der selbst die Strafe für frühere Taten beeinflusst.

  • Verlässlichkeit standardisierter Messverfahren: Standardisierte Messverfahren liefern fehlerfreie Ergebnisse, wenn Eichung, Schulung und Protokoll ihren ordnungsgemäßen Ablauf lückenlos dokumentieren.
  • Spätere Taten erhöhen frühere Bußgelder: Ein Gericht erhöht eine Strafe für eine bereits begangene Ordnungswidrigkeit, wenn ein späterer Verstoß fehlende Einsicht trotz Kenntnis des laufenden Verfahrens offenbart.
  • Beharrlichkeit führt zu höherer Ahndung: Wer wiederholt gegen Verkehrsregeln verstößt, riskiert eine höhere Strafe, da Gerichte darin eine mangelnde erzieherische Wirkung der Regelbuße erkennen.

Die Justiz beurteilt nicht nur die einzelne Tat, sondern auch das gesamte Verhalten eines Verkehrsteilnehmers, um eine nachhaltige erzieherische Wirkung zu erzielen.


Benötigen Sie Hilfe?


Wurde Ihr Bußgeld wegen früherer Verstöße erhöht, obwohl Sie die Messung anzweifeln? Kontaktieren Sie uns für eine erste rechtliche Einschätzung Ihrer Situation.


Experten Kommentar

Wann ein späterer Fehler eine frühere Strafe verteuert, ist eine spannende Frage – und dieses Urteil gibt eine klare Antwort: Wer trotz eines laufenden Bußgeldverfahrens weiter Verkehrssünden begeht, zeigt dem Gericht eine mangelnde Einsicht. Das kann ein richterliches Signal sein, dass die ursprüngliche Strafe nicht ausreicht, um ein Umdenken zu bewirken. Wer also einen Blitzerbescheid im Briefkasten hat, sollte besser doppelt aufpassen; das Gericht schaut genau hin, ob man seine Lektion lernt oder eben nicht.


Nächtliche Stadtstraße mit Autos und roter Ampel als Illustration zu FAQs im Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Ab wann gelte ich im Straßenverkehr als Wiederholungstäter?

Es gibt keine feste Definition, ab wann Sie im Straßenverkehr als Wiederholungstäter gelten. Entscheidend ist der Zeitpunkt: Juristen bewerten Sie als uneinsichtig, wenn Sie einen neuen Verkehrsverstoß begehen, nachdem Sie bereits offizielle Kenntnis von einem laufenden Verfahren wegen eines früheren Verstoßes hatten. Dies kann die Strafe für die ursprüngliche Tat erheblich erhöhen, da es als mangelnde erzieherische Wirkung der ersten Maßnahme interpretiert wird.

Juristen nennen das keine feste Regel, sondern eine richterliche Ermessensentscheidung. Es geht nicht um eine starre Anzahl von Vergehen oder fixe Fristen. Vielmehr liegt der Fokus auf der präzisen Chronologie der Ereignisse.

Der kritische Punkt ist stets der Zeitpunkt des späteren Verstoßes: Er muss geschehen, nachdem Sie bereits offizielle Kenntnis vom ersten Verfahren erhalten hatten. Ein Anhörungsbogen oder Bußgeldbescheid gilt als juristische Warnung. Wenn Sie danach erneut gegen die Verkehrsregeln verstoßen, deutet das auf mangelnde Einsicht hin. Dies kann die Strafe für die ursprüngliche Tat anheben, da die erzieherische Wirkung der ersten Maßnahme als verfehlt gilt.

Ein passender Vergleich ist das Prinzip der gelben Karte im Fußball: Erhält ein Spieler bereits eine Verwarnung und begeht kurz darauf ein weiteres Foul, wird die neue Tat härter bewertet. Nicht die Summe der Fouls ist entscheidend, sondern das Verhalten nach der Warnung.

Praxis-Tipp: Überprüfen Sie umgehend das exakte Datum des Eingangs jedes Anhörungsbogens und Bußgeldbescheids bei Ihnen zu Hause. Vergleichen Sie dieses sorgfältig mit den Tatzeitpunkten aller weiteren Verkehrsverstöße in Ihrer Akte. So erstellen Sie eine präzise Chronologie. Nur so können Sie sich effektiv verteidigen.


zurück zur FAQ Übersicht

Wie kann ich mich gegen den Vorwurf der Uneinsichtigkeit wehren?

Gegen den Vorwurf der Uneinsichtigkeit wehren Sie sich am effektivsten, indem Sie die präzise zeitliche Abfolge der Kenntnisnahme vom ersten Verfahren und des späteren Verstoßes anzweifeln. Oder Sie legen substanzielle, mildernde Umstände für den späteren Verstoß dar. Diese müssen einer bewussten Missachtung der Verkehrsregeln entgegenwirken, um die drohende Straferhöhung abzuwenden.

Juristen nennen das Problem der Uneinsichtigkeit eine Frage der „erzieherischen Wirkung“. Das Gericht geht davon aus: Wer trotz einer „offiziellen Warnung“ – also der Kenntnis von einem bereits laufenden Bußgeldverfahren – einen neuen Verstoß begeht, zeigt mangelnde Lernbereitschaft. Dies ist der Kern der richterlichen Begründung für eine höhere Strafe.

Um diesen Vorwurf zu entkräften, gibt es zwei Hauptansatzpunkte. Erstens, Sie können die Chronologie infrage stellen. Lag der Zeitpunkt, an dem Sie vom ersten Verstoß erfuhren (z.B. durch Anhörungsbogen oder Bescheid), tatsächlich vor dem Zeitpunkt des späteren Verstoßes? Wenn nicht, fehlt dem Gericht die Basis für den Uneinsichtigkeitsvorwurf. Zweitens, prüfen Sie den späteren Verstoß selbst kritisch. Gab es dabei Messfehler, Formfehler im Verfahren oder sonstige Ungenauigkeiten? Auch mildernde Umstände können helfen. War es Notstand, eine plötzliche Krankheit oder eine unverschuldete Ablenkung? Solche Aspekte können einer bewussten Missachtung entgegenwirken und die Annahme der fehlenden „erzieherischen Wirkung“ entkräften.

Denken Sie an die Erziehung eines Kindes: Wenn Sie ein Kind wegen eines Fehlers ermahnen und es danach denselben Fehler erneut macht, ist die Enttäuschung größer. Hat es den zweiten Fehler jedoch gemacht, bevor Ihre Ermahnung überhaupt ankam, wäre es ungerecht, die zweite Tat als Beweis für mangelnde Einsicht nach Ihrer Ermahnung zu werten. Die Reihenfolge ist hier entscheidend.

Mein klarer Rat: Sammeln Sie umgehend alle relevanten Dokumente. Dokumentieren Sie lückenlos alle Zeitpunkte: Wann genau wurden die beanstandeten Taten begangen? Vor allem, wann erhielten Sie die Anhörungsbögen und Bußgeldbescheide? Sichern Sie dafür alle Umschläge mit Poststempel und Empfangsbestätigungen. Diese präzise Chronologie ist Ihr wichtigstes Werkzeug.


zurück zur FAQ Übersicht

Sollte ich weitere Verkehrsverstöße im laufenden Verfahren melden?

Nein, Sie sind nicht aktiv verpflichtet, weitere Verkehrsverstöße, die Sie nach Beginn eines laufenden Verfahrens begangen haben, selbstständig zu melden. Doch Vorsicht: Gerichte und Bußgeldstellen entdecken solche Vergehen durch Akteneinsicht oder Registerabfragen. Diese Kenntnis nutzen sie dann, um Ihre Uneinsichtigkeit zu bewerten und die Strafe für die ursprüngliche Tat erheblich zu erhöhen.

Die Regel lautet: Niemand muss sich selbst aktiv bei den Behörden oder dem Gericht wegen neu begangener Verstöße melden, die während eines laufenden Verfahrens passieren. Dies ist keine gesetzliche Pflicht, die auf Ihnen lastet. Allerdings sind Gerichte und Bußgeldstellen keineswegs passiv. Sie nutzen ihre Amtsermittlungspflicht und fragen relevante Register, wie das Fahreignungsregister, aktiv ab. So erhalten sie häufig Kenntnis von weiteren Vergehen.

Wird ein solcher, späterer Verstoß entdeckt, der nach dem Zeitpunkt Ihrer offiziellen Kenntnisnahme des ersten Verfahrens liegt, wird das als starkes Indiz gewertet. Es signalisiert eine fehlende Lernbereitschaft – Juristen nennen das ‚Uneinsichtigkeit‘. Diese Einschätzung kann die Strafe für die ursprünglich verhandelte Tat merklich anheben.

Ein passender Vergleich ist der Blick in ein offenes Schulbuch während einer Prüfung: Sie können versuchen, Seiten zu überspringen, aber der Lehrer wird die Lücken bemerken. Behörden decken weitere Verstöße auf, auch wenn Sie sie nicht von sich aus melden.

Daher mein klarer Rat: Kontaktieren Sie bei jedem neuen Verkehrsverstoß, der sich während eines laufenden Bußgeldverfahrens ereignet, sofort einen erfahrenen Fachanwalt für Verkehrsrecht. Er kann die potenziellen Auswirkungen auf Ihr laufendes Verfahren präzise bewerten und die beste strategische Herangehensweise besprechen, idealerweise bevor die Behörden von selbst davon erfahren.


zurück zur FAQ Übersicht

Was passiert, wenn mein späterer Verstoß älter ist als die Kenntnis des ersten Verfahrens?

Wenn ein vermeintlich späterer Verkehrsverstoß tatsächlich vor dem Zeitpunkt stattfand, zu dem Sie offiziell Kenntnis von einem früheren Verfahren erhielten – etwa durch einen Anhörungsbogen oder Bußgeldbescheid – kann dieser nicht zur Begründung einer erhöhten Strafe wegen „Uneinsichtigkeit“ für die frühere Tat herangezogen werden. Die chronologische Abfolge ist hier entscheidend.

Die Regel lautet: Gerichte erhöhen ein Bußgeld wegen Uneinsichtigkeit, wenn ein Fahrer trotz einer bereits erfolgten offiziellen Warnung, also der Kenntnis des laufenden Verfahrens, erneut gegen Verkehrsregeln verstößt. Das zeigt, dass die „erzieherische Wirkung“ des ersten Verfahrens nicht gegriffen hat. Dieser Beweis der fehlenden Einsicht ist der Kern der richterlichen Begründung.

Lag der Tatzeitpunkt des angeblich „späteren“ Vergehens aber vor der Zustellung des Anhörungsbogens oder Bußgeldbescheids für den ersten Vorfall, fehlte Ihnen die juristisch relevante Warnung. In diesem Fall kann das Gericht den „neuen“ Verstoß nicht als Beleg für mangelnde erzieherische Wirkung des laufenden Verfahrens heranziehen.

Ein passender Vergleich ist die Warnung vor einem Gewitter: Hat es bereits vor der offiziellen Gewitterwarnung geregnet, kann man Ihnen nicht vorwerfen, die Warnung ignoriert zu haben. Genauso ist es im Straßenverkehr: Ohne die offizielle Kenntnis vom ersten Verfahren gibt es keine „Warnung“, die ignoriert werden konnte, um als uneinsichtig zu gelten.

Erstellen Sie umgehend eine präzise, belegbare Chronologie. Dokumentieren Sie exakt, wann jeder Verkehrsverstoß begangen wurde (Tatzeitpunkt) und wann Sie offizielle Kenntnis darüber erhielten (Datum des Anhörungsbogens oder Bußgeldbescheids). Sichern Sie Kopien aller Dokumente mit Zustellungsnachweisen.


zurück zur FAQ Übersicht

Wie kann ein Anwalt bei drohender Einstufung als Wiederholungstäter helfen?

Ein spezialisierter Rechtsanwalt kann bei drohender Einstufung als Wiederholungstäter entscheidend helfen. Er prüft die präzise Chronologie Ihrer Verstöße und der Kenntnisnahmen akribisch. Zudem ficht er die Beweismittel des späteren Verstoßes an oder legt mildernde Umstände dar. So entkräftet er gezielt den Vorwurf der Uneinsichtigkeit und schützt Sie vor einer ungerechtfertigten Strafverschärfung.

Juristen nennen das Prinzip der Uneinsichtigkeit eine Frage der erzieherischen Wirkung. Gerichte gehen davon aus, dass Sie aus einem laufenden Verfahren lernen und nicht erneut straffällig werden. Ein versierter Anwalt setzt genau hier an. Er untersucht zuerst die genaue Abfolge der Ereignisse. War Ihnen zum Zeitpunkt des „späteren“ Verstoßes wirklich schon offiziell bekannt, dass gegen Sie ermittelt wird? Das ist der Knackpunkt. Oft sind die Zustellungsdaten von Anhörungsbögen oder Bußgeldbescheiden entscheidend. Fehlt diese sogenannte „Warnsituation“, fällt die Grundlage für den Uneinsichtigkeitsvorwurf weg.

Des Weiteren nimmt der Rechtsexperte die Beweismittel des nachfolgenden Verstoßes genau unter die Lupe. Gab es hier formelle Fehler, Messungenauigkeiten oder andere Mängel, die seine Gültigkeit oder Schwere infrage stellen könnten? Jede Schwäche der Beweiskette kann den Vorwurf der Uneinsichtigkeit abschwächen. Schließlich kann ein Anwalt überzeugend mildernde Umstände vorbringen. Er zeigt auf, dass der spätere Verstoß nicht aus bewusster Missachtung, sondern aus besonderen Situationen wie einem Notstand oder unverschuldeten Umständen resultierte. Dies beleuchtet die Situation in einem anderen Licht und kann eine Strafverschärfung verhindern.

Ein passender Vergleich ist die rote Karte im Fußball. Die erste gelbe Karte ist eine deutliche Warnung, doch das Spiel geht weiter. Eine zweite gelbe Karte, die nach der ersten folgt, führt zum Platzverweis. Genauso wird juristisch argumentiert: Erst wenn Sie nach der „gelben Karte“ – der offiziellen Kenntnis des ersten Verfahrens – einen weiteren Verstoß begehen, kann das alte „Foul“ plötzlich schwerer wiegen.

Zögern Sie nicht, sofort zu handeln. Vereinbaren Sie umgehend einen Beratungstermin mit einem Fachanwalt für Verkehrsrecht. Bringen Sie zu diesem Termin alle relevanten Unterlagen mit: Anhörungsbögen, Bußgeldbescheide, Messprotokolle und detaillierte Notizen zu den Zeitabläufen für jeden Verkehrsverstoß. Eine gründliche Vorbereitung ist hier Ihr bester Schutz.


zurück zur FAQ Übersicht

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar Rubrik: Bewegte Stadtstraße als Illustration zur Erklärung von Fachbegriffen zu Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Amtsermittlungspflicht

Gerichte und Bußgeldstellen haben eine Amtsermittlungspflicht, die sie zwingt, alle relevanten Fakten von Amts wegen zu ermitteln, statt sich nur auf die vorgelegten Beweise zu beschränken. Dieses Prinzip sorgt dafür, dass die Wahrheit umfassend ans Licht kommt und nicht durch einseitige Darstellungen verzerrt wird. Das Gesetz will eine gerechte Entscheidung basierend auf einer vollständigen Informationsgrundlage gewährleisten.

Beispiel: Im vorliegenden Fall nutzte das Gericht seine Amtsermittlungspflicht, um im Fahreignungsregister nach früheren Verkehrsverstößen des Fahrers zu suchen und entdeckte so den Rotlichtverstoß.

Zurück zur Glossar Übersicht

erzieherische Wirkung

Eine erzieherische Wirkung beschreibt, wie eine Strafe oder Maßnahme den Betroffenen dazu anhalten soll, sein Verhalten zu ändern und künftig keine weiteren Verstöße zu begehen. Der Gesetzgeber verfolgt mit Sanktionen nicht nur die Bestrafung einer Tat, sondern auch das Ziel, zukünftiges Fehlverhalten zu verhindern. Er möchte eine bewusste Einsicht und Verhaltensanpassung erreichen.

Beispiel: Eine bloße Regelbuße würde hier ihre erzieherische Wirkung verfehlen, da der Fahrer trotz Kenntnis des ersten Verfahrens einen neuen Rotlichtverstoß beging.

Zurück zur Glossar Übersicht

offizielle Kenntnis

Offizielle Kenntnis liegt vor, sobald eine Person durch amtliche Dokumente wie einen Anhörungsbogen oder Bußgeldbescheid formell über ein Verfahren informiert wurde. Der Gesetzgeber schafft damit einen klaren Zeitpunkt, ab dem ein Betroffener unzweifelhaft weiß, dass ein Verfahren gegen ihn läuft. Dies ist entscheidend für die Bewertung, ob späteres Fehlverhalten als „Uneinsichtigkeit“ gewertet werden kann.

Beispiel: Der Fahrer hatte spätestens ab Herbst 2024 offizielle Kenntnis vom Geschwindigkeitsverstoß, da er im Oktober den Bußgeldbescheid erhalten hatte.

Zurück zur Glossar Übersicht

Regelbußgeld

Das Regelbußgeld bezeichnet die Standardstrafe, die der Bußgeldkatalog für einen bestimmten Verstoß unter normalen Umständen vorsieht, bevor individuelle Besonderheiten berücksichtigt werden. Es bietet eine klare Orientierung und sorgt für eine bundesweit einheitliche Ahndung von Verkehrsvergehen. Damit möchte der Gesetzgeber Transparenz und eine gleiche Behandlung in vergleichbaren Fällen gewährleisten.

Beispiel: Für die Geschwindigkeitsüberschreitung von 36 km/h sah der Bußgeldkatalog zunächst ein Regelbußgeld von 200 Euro vor, bevor das Gericht es erhöhte.

Zurück zur Glossar Übersicht

Sachverständigengutachten

Ein Sachverständigengutachten ist eine fachliche Stellungnahme eines spezialisierten Experten zu bestimmten technischen, medizinischen oder wissenschaftlichen Fragen, um dem Gericht bei der Wahrheitsfindung zu helfen. Gerichte ziehen Sachverständige hinzu, wenn es an eigenem Fachwissen mangelt. Das Ziel ist es, komplexe Sachverhalte objektiv zu beleuchten und eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu schaffen.

Beispiel: Die Verteidigung beantragte ein teures Sachverständigengutachten, um Zweifel an der Messung des Laserscanners vom Typ Poliscan FM1 zu säen.

Zurück zur Glossar Übersicht

standardisiertes Verfahren

Als standardisiertes Verfahren gilt eine bewährte und wiederholbare Methode zur Beweiserhebung, die unter festgelegten Bedingungen stets die gleichen, zuverlässigen Ergebnisse liefert. Der Gesetzgeber erlaubt die pauschale Akzeptanz solcher Verfahren, wenn sie wissenschaftlich anerkannt und regelmäßig überprüft werden. Das entlastet Gerichte und beschleunigt Prozesse, während die Rechtssicherheit gewahrt bleibt.

Beispiel: Das Gericht bewertete die Messung des Laserscanners als standardisiertes Verfahren, da alle Eichungen und Schulungen ordnungsgemäß durchgeführt wurden.

Zurück zur Glossar Übersicht

Uneinsichtigkeit

Juristen werten Uneinsichtigkeit als das fehlende Verständnis oder die mangelnde Bereitschaft eines Verkehrsteilnehmers, aus früheren Fehlern oder Warnungen zu lernen und sein Verhalten anzupassen. Diese Bewertung kann die Strafhöhe erheblich beeinflussen, da sie zeigt, dass die ursprüngliche Sanktion ihre erzieherische Wirkung verfehlt hat. Das Gesetz will so eine verstärkte abschreckende und erziehende Wirkung erzielen.

Beispiel: Der Rotlichtverstoß nach der offiziellen Kenntnisnahme vom ersten Verfahren zementierte beim Gericht den Eindruck einer besonderen Uneinsichtigkeit des Fahrers.

Zurück zur Glossar Übersicht


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Bemessung des Bußgeldes und Berücksichtigung der Persönlichkeit (§ 17 Abs. 3 OWiG)

    Gerichte legen die Höhe eines Bußgeldes fest, indem sie nicht nur die Schwere des Verstoßes, sondern auch die Umstände des Täters und dessen früheres Verhalten berücksichtigen.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht erhöhte das Bußgeld für die Geschwindigkeitsüberschreitung, weil der Fahrer bereits mehrfach gegen Verkehrsregeln verstoßen hatte und somit als uneinsichtig galt.

  • Berücksichtigung späterer Taten im Bußgeldverfahren (Auslegung des § 17 Abs. 3 OWiG)

    Ein Vergehen, das nach der eigentlichen Tat, aber noch während eines laufenden Verfahrens begangen wird, kann die Beurteilung der ursprünglichen Tat und damit die Höhe des Bußgeldes beeinflussen.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Rotlichtverstoß, der nach der Anhörung zur Geschwindigkeitsüberschreitung stattfand, zeigte dem Gericht die fehlende Einsicht des Fahrers und rechtfertigte eine höhere Strafe für die ältere Tat.

  • Standardisiertes Messverfahren (Allgemeines Rechtsprinzip)

    Gerichte vertrauen Messungen von geeichten und korrekt bedienten Geräten, wenn diese nach einem festgelegten und erprobten Verfahren durchgeführt werden.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht lehnte die Anfechtung der Geschwindigkeitsmessung ab, da das verwendete Gerät geeicht, der Polizist geschult und der Messvorgang protokolliert war, was die Messung als zuverlässig gelten ließ.

  • Beweiswürdigung im Bußgeldverfahren (§ 77 OWiG i.V.m. § 261 StPO)

    Das Gericht entscheidet frei nach seiner Überzeugung, welche Beweise glaubwürdig sind und welche Tatsachen als erwiesen gelten.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht wertete die detaillierten Nachweise über die Messung (Eichung, Schulung, Protokoll, Fotos) als ausreichend und sah keinen Grund, der vagen Behauptung des Tempomats zu folgen oder ein teures Gutachten anzuordnen.


Das vorliegende Urteil


AG Eilenburg – Az.: 8 OWi 502 Js 3985/25 – Urteil vom 29.04.2025


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten?

Mit unserer Hilfe teure Bußgelder und Fahrverbote vermeiden!

Wir überprüfen Ihren Bußgeldbescheid kostenlos und unverbindlich auf Fehler und die Möglichkeit eines Einspruchs.
Blitzer Bußgeld prüfen

Rechtstipps aus dem Verkehrsrecht

Urteile über Bußgeld und Ordnungswidrigkeiten

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!