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Beweisantrag rechtsfehlerhaft abgelehnt – Aufklärungsrüge

OLG Düsseldorf – Az.: 2 RBs 71/22 – Beschluss vom 16.05.2022

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.

Die Betroffene trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat die Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße von 176 Euro verurteilt und gegen sie ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Hiergegen richtet sich ihre Rechtsbeschwerde, die sich auf die Sachrüge und verfahrensrechtliche Beanstandungen stützt. Die Messung war mit dem Laserscanner PoliScan M1 HP durchgeführt worden.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, weil die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen ergeben hat (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 349 Abs. 2 u. 3 StPO).

Der Erörterung bedürfen lediglich die erhobenen Verfahrensrügen.

1.

Das Amtsgericht hat mehrere in der Hauptverhandlung gestellte Beweisanträge mit der Begründung abgelehnt, dass die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nach pflichtgemäßem Ermessen nicht erforderlich sei (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG).

Bei der Beanstandung, das Amtsgericht habe einen Beweisantrag rechtsfehlerhaft nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG abgelehnt, handelt es sich der Sache nach um eine Aufklärungsrüge, die nur dann in zulässiger Weise erhoben ist, wenn eine konkrete Beweistatsache behauptet, ein bestimmtes Beweismittel benannt und dargelegt wird, welche Umstände den Tatrichter zur weiteren Beweisaufnahme hätten drängen müssen und welches Beweisergebnis von der unterbliebenen Beweiserhebung zu erwarten gewesen wäre (vgl. OLG Köln NStZ-RR 2021, 25; Senge in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 5. Aufl. 2018, § 77 Rdn. 52; Hettenbach in: BeckOK OWiG, 33. Edition 2022, § 77 Rdn. 12 u. 33). Vorliegend fehlt in der Begründungsschrift jeweils das erforderliche Vorbringen, welche Umstände den Tatrichter zu der beantragten Beweiserhebung hätten drängen müssen.

a)

Der Verteidiger hat in der Hauptverhandlung beantragt, die Konformitätsbescheinigung und die Konformitätserklärung zu dem verwendeten Messgerät zum Beweis der Tatsache beizuziehen, dass die gesetzlich vorgeschriebene Reihenfolge beim Inverkehrbringen des Messgerätes nicht eingehalten wurde.

Die Konformitätserklärung des Herstellers hat in der vorgesehenen Reihenfolge nach der Konformitätsbewertung durch die unabhängige Konformitätsbewertungsstelle zu erfolgen (§ 6 Abs. 3 MessEG, § 11 Abs. 2 Nr. 2 MessEV). Der Verteidiger hat geltend gemacht, dass ohne Beiziehung der Konformitätsbescheinigung und der Konformitätserklärung die Nichteinhaltung dieser Reihenfolge „nicht auszuschließen“ sei. Diese Formulierung lässt erkennen, dass die Beweisbehauptung, die vorgeschriebene Reihenfolge sei tatsächlich nicht eingehalten worden, „ins Blaue hinein“ aufgestellt wurde.

Maßgeblich für die Unzulässigkeit der als Aufklärungsrüge zu behandelnden Beweisantragsrüge ist indes, dass nicht dargelegt worden ist, dass und unter welchem Gesichtspunkt die vermisste Beiziehung der Konformitätsbescheinigung und der Konformitätserklärung und deren Reihenfolge in dem vorliegenden Verfahren mit der Folge einer Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht relevant sein sollen.

Zunächst ist festzustellen, dass bei dem Messgerät PoliScan M1 HP Softwareversion 3.7.4, keine Konformitätsbewertung der Bauart (MessEV Anlage 4, Teil B, Modul B) durchgeführt werden musste.

Denn der Gerätetyp PoliScan M1 HP hat bereits am 21. Februar 2011 die Bauartzulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) erhalten (Zulassungszeichen Z 18.11/10.02). Die Neufassung dieser Zulassung vom 30. Dezember 2014 umfasst die hier verwendete Messgerätesoftware in der Version 3.7.4. (Daten abrufbar bei www.ptb.de, Measuring Instruments Certificates [MiCert], vgl. auch Senat BeckRS 2021, 476; OLG Koblenz BeckRS 2017, 154190).

Gemäß § 62 Abs. 2 MessEG kann für die Konformitätsbewertung eine vor dem 31. Dezember 2014 erteilte und noch gültige innerstaatliche Bauartzulassung als Nachweis der Konformität der Bauart (Modul B) genutzt werden. Diese Bauartzulassungen verfügen über Bestandsschutz. Es wird bis zum 31. Dezember 2024 unwiderleglich davon ausgegangen, dass die zugelassene Bauart die für diese Messgeräte geltenden wesentlichen Anforderungen des § 6 Abs. 2 MessEG einhält. Das Vorbringen, mangels der früher erforderlichen Bauartzulassung sei die Anwendung der Rechtsprechung zum standardisierten Messverfahren „kritisch zu hinterfragen“, geht für das über eine Bauartzulassung verfügende Messgerät PoliScan M1 HP schon im Ansatz fehl. Erst recht ergibt sich daraus kein Umstand, der die Beiziehung der Konformitätsbescheinigung und der Konformitätserklärung nahe legen musste.

Es bedarf bei Geschwindigkeitsmessgeräten, die der Übergangsregelung des § 62 Abs. 2 MessEG unterfallen, nur der Konformitätsbewertung betreffend die Konformität mit der Bauart auf der Grundlage einer Produktprüfung (MessEV Anlage 4, Teil B, Modul F). Diese Konformitätsbewertung ersetzt nach § 37 Abs. 1 Satz 2 MessEG die vormals vorgesehene Ersteichung. Die Eichfrist beginnt mit dem Inverkehrbringen. Bis zum Ablauf dieser Frist ist keine Eichung notwendig. Danach oder bei vorzeitigem Ende der Eichfrist müssen die Messgeräte geeicht werden (vgl. PTB-Merkblatt für Hersteller zum Inverkehrbringen von Messgeräten nach dem Mess- und Eichgesetz, abrufbar bei www.ptb.de).

Vorliegend wurde das Messgerät PoliScan M1 HP vor der am 21. Januar 2021 durchgeführten Messung zuletzt am 4. Juni 2020 mit Geltung bis zum 31. Dezember 2021 geeicht. Zum Zeitpunkt der Eichung entsprach das Messgerät den Anforderungen des MessEG und der MessEV. In welcher Reihenfolge im Jahr 2015 die Konformitätsbescheinigung und die Konformitätserklärung erstellt wurden, ist für die Anerkennung als standardisiertes Messverfahren und die Richtigkeit des Messergebnisses ohne Bedeutung (vgl. OLG Celle BeckRS 2019, 9201). Abgesehen davon, dass für die „ins Blaue hinein“ aufgestellte Behauptung einer vorschriftswidrigen Reihenfolge keine Anhaltspunkte bestehen, ist weder dargetan noch ersichtlich, was den Tatrichter im Rahmen seiner Aufklärungspflicht zur Beiziehung der Konformitätsbescheinigung und der Konformitätserklärung hätte drängen müssen.

Ein Beweisverwertungsverbot hat der Verteidiger mit Blick auf das behauptete nicht ordnungsgemäße Inverkehrbringen des Messgerätes nicht geltend gemacht. Eine Rüge mit dieser Angriffsrichtung wäre ohnehin bereits an der mangelnden Darlegung gescheitert, dass die verteidigte Betroffene der Verwertung des Messergebnisses in der Hauptverhandlung bis zu dem durch § 71 Abs. 1 OWiG, § 257 Abs. 1 StPO bestimmten Zeitpunkt widersprochen hat. Zur Vermeidung der Rügepräklusion ist die Erhebung und Darlegung eines solchen Widerspruchs auch im Bußgeldverfahren erforderlich (vgl. Senat BeckRS 2019, 25099 = DAR 2020, 209; BeckRS 2022, 4715; OLG Brandenburg BeckRS 2020, 4261; OLG Zweibrücken BeckRS 2020, 5104).

b)

Dem Antrag, die Auswertebeamtin zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass die Auswertung der Geschwindigkeitsmessung nicht entsprechend den Vorschriften der Gebrauchsanweisung durchgeführt wurde, ist schon keine bestimmte Beweistatsache zu entnehmen.

Abgesehen davon ist weder dargetan noch erkennbar, weshalb sich das Amtsgericht zur Vernehmung der Auswertebeamtin hätte gedrängt sehen müssen. Das maßgebliche Beweismittel ist das Messfoto mit den eingeblendeten Messdaten, die unabänderlich sind. Dieses Beweismittel hat der Tatrichter selbst zu bewerten, wobei er bei der Zuordnung des Fahrzeugs – wie vorliegend geschehen – zu überprüfen hat, ob gemäß Nr. 9.5 der Gebrauchsanweisung für das Messgerät PoliScan M1 HP die folgenden Auswertekriterien erfüllt sind:

  • Bei Frontmessung müssen sich zumindest teilweise ein Vorderrad und/oder das Kennzeichen des Fahrzeugs innerhalb des Auswerterahmens befinden.
  • Weitere Verkehrsteilnehmer, die sich auf der gleichen oder einer unmittelbar benachbarten Fahrspur in gleicher Fahrtrichtung bewegen, dürfen innerhalb des Auswerterahmens auch nicht teilweise zu sehen sein.
  • Die Unterseite des Auswerterahmens muss sich unterhalb der Räder befinden.

Auf die Auswertung, welche die Auswertebeamtin im behördlichen Verfahren vorgenommen hat, kommt es für die richterliche Entscheidungsfindung nicht an.

c)

Der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die gemessene Geschwindigkeit nicht der tatsächlichen Geschwindigkeit entspricht und nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine erheblich niedrigere Geschwindigkeit gefahren wurde, ist darauf gestützt worden, dass keine aktuelle „Lebensakte“ des Messgerätes vorhanden sei und nicht ausgeschlossen werden könne, dass nach dem letzten Eintrag in der Serviceübersicht eichrelevante Reparaturen oder Ausfälle stattgefunden haben.

Die hierzu mitgeteilten Daten stammen offenbar aus einem Textbaustein, der mit dem vorliegenden Fall (Tatzeit: 21. Januar 2021, Eichschein vom 4. Juni 2020) nichts zu tun hat und ein anderes Messgerät betrifft. Entgegen der Darstellung in der Begründungsschrift geht es nicht um eine Messung vom 26. Juni 2020 nach einer Eichung vom 17. Oktober 2019. Auch die Angaben zum Stand der Serviceübersicht treffen nicht zu.

Mangels Darlegung der zutreffenden Zeitpunkte ist das Vorbringen irreführend und damit unzulässig. Die Daten-CD mit der Falldatei, der xml-Datei sowie der Eich- und Reparaturhistorie des vorliegend verwendeten Messgerätes hat dem Verteidiger ebenso vorgelegen wie die Mitteilung des Polizeipräsidiums D. vom 19. Februar 2021, dass seit der letzten Eichung keine eichrelevanten Reparaturen oder Wartungen an dem Messgerät durchgeführt wurden. Dies wird in der Begründungsschrift indes nicht erwähnt.

Erst recht ist weder dargetan noch ersichtlich, weshalb sich der Tatrichter zu der Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens hätte gedrängt sehen müssen.

d)

Der Antrag auf Vernehmung des Messbeamten zum Beweis der Tatsache, dass die verfahrensgegenständliche Messung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, enthält bereits keine bestimmte Beweistatsache.

Ferner fehlt auch hier jegliche Darlegung, weshalb sich der Tatrichter zu der Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen.

2.

Soweit das Amtsgericht die Ablehnung der Beweisanträge zusätzlich (und unnötig) auf § 77 Abs. 2 Nr. 2 OWiG gestützt hat, kann nicht nachvollzogen werden, weshalb die Beweiserhebung zur Aussetzung der Hauptverhandlung geführt hätte. Darunter fällt nicht die bis zu drei Wochen zulässige Unterbrechung der Hauptverhandlung nach § 229 Abs. 1 StPO (vgl. BayObLG BeckRS 2019, 17053; Senge in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 5. Aufl. 2018, § 77 Rdn. 22). Diese Möglichkeit hat das Amtsgericht nicht erörtert.

Da das Beschwerdevorbringen gegen die auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG gestützte Ablehnung der Beweisanträge nicht durchdringt, kommt es indes nicht darauf an, dass der von dem Amtsgericht zusätzlich herangezogene Ablehnungsgrund (§ 77 Abs. 2 Nr. 2 OWiG) nicht tragfähig ist.

3.

Soweit der Verteidiger die Nichtbeiziehung der Konformitätsbescheinigung und der Konformitätserklärung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG (vgl. NJW 2021, 455 = NZV 2021, 41; BeckRS 2021, 10638 = DAR 2021, 385) als Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens rügt, ist weder dargetan noch ersichtlich, dass diese Unterlagen der Bußgeldbehörde oder der Polizeibehörde (hier: Polizeipräsidium D.), die in Nordrhein-Westfalen für Geschwindigkeitsmessungen auf der Autobahn beim Einsatz mobiler Messgeräte zuständig ist (§ 48 Abs. 2 Satz 3 OBG NRW), vorliegen.

Das Polizeipräsidium D. hat das Messgerät erst im Dezember 2017 übernommen. Ausweislich der Serviceübersicht der Fa. Vitronic war die Konformitätsbewertung bereits am 27. März 2015 durchgeführt worden. Die Unterlagen, die bei dem Polizeipräsidium D. zu dem Messgerät vorhanden sind, befinden sich auf der übermittelten Daten-CD. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Polizeipräsidium D. über die Konformitätsbescheinigung und die Konformitätserklärung verfügt, diese Unterlagen jedoch zurückgehalten hat. Die Bußgeldbehörde war ohnehin nicht der Verwender des Messgerätes und hat die auf der Daten-CD gespeicherten Unterlagen bei dem Polizeipräsidium D. angefordert.

Es ist ein maßgeblicher Unterschied, ob die Beiziehung von bei der Bußgeldbehörde (bzw. Polizeibehörde) vorhandenen Unterlagen beantragt wird oder ob die angeforderten Unterlagen bei den Ermittlungsbehörden nicht vorhanden sind. Denn die Rechtsprechung des BVerfG betrifft unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf ein faires Verfahren den Zugang zu den nicht bei der Bußgeldakte befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde (bzw. Polizeibehörde) vorhandenen Informationen. Der Tatrichter ist indes nicht gehalten, Unterlagen, über die auch die Ermittlungsbehörden nicht verfügen und die lediglich der Verteidiger aus seiner Perspektive für bedeutsam hält, außerhalb der richterlichen Aufklärungspflicht bei Dritten herbeizuschaffen (vgl. Senat BeckRS 2021, 476; OLG Hamburg BeckRS 2021, 5464 = VRS 140, 38).

Im Übrigen war der Verteidiger nicht gehindert, selbst die Konformitätsbescheinigung bei der Konformitätsbewertungsstelle in W. anzufordern. Das betreffende Aktenzeichen ist dem Eintrag in der Serviceübersicht zu entnehmen. Ebenso hätte der Verteidiger die Konformitätserklärung bei dem Hersteller anfordern können. Die Gerätenummer des verwendeten Messgerätes ergibt sich aus dem Eichschein.

4.

Soweit der Verteidiger beanstandet, dass sein Antrag, den Ausbildungsnachweis der Auswertebeamtin beizuziehen, abgelehnt wurde, ist die Verfahrensrüge mangels Darlegung der maßgeblichen Verfahrenstatsachen schon nicht in zulässiger Weise erhoben worden (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Das Polizeipräsidium D. hat bereits auf den im behördlichen Verfahren gestellten Beiziehungsantrag mitgeteilt, dass die Auswertung der Messreihe durch die erfahrene und sachkundige Regierungsbeschäftigte A. durchgeführt wurde, und darauf hingewiesen, dass für die Auswertung keine Ausbildungsbescheinigung erforderlich ist.

Der Inhalt dieser Mitteilung, aus der hervorgeht, dass der Antrag auf Beiziehung des Ausbildungsnachweises ins Leere geht, hat in der Begründungsschrift keine Erwähnung gefunden.

Im Übrigen kommt es – wie bereits dargelegt – für die richterliche Entscheidungsfindung nicht darauf an, welche Auswertung das unabänderlich erfasste Messergebnis im behördlichen Verfahren erfahren hat. Daher ist auch nicht entscheidungserheblich, ob der Auswertebeamte über einen besonderen Ausbildungsnachweis verfügt (vgl. OLG Celle BeckRS 2019, 2551; Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, 5. Aufl. 2021, § 5 Rdn. 63 a.E.).

Der Verteidiger hat in diesem Zusammenhang irreführend folgende Anforderung zitiert:

„Amtliche Messungen dürfen nur von entsprechend geschultem Bedienpersonal vorgenommen werden. Die Schulung muss durch kompetentes Personal (Hersteller oder Aus- und Fortbildungsstelle der Polizei) erfolgen und ist schriftlich zu bestätigen.

Es ist zulässig, dass Hersteller oder Aus- und Fortbildungsstelle der Polizei Multiplikatoren autorisieren. Ernannten Multiplikatoren ist die Eignung zur Durchführung von Schulungen schriftlich zu bestätigen.“

Diese Anforderung (Nr. 4 der PTB-Anforderungen, PTB-A 18.11, Messgeräte im Straßenverkehr, Geschwindigkeitsüberwachungsgeräte) bezieht sich indes auf das mit der Durchführung der Messung befasste Bedienpersonal, nicht auf das mit der Auswertung des Messergebnisses befasste Verwaltungspersonal.

5.

Soweit die Ablehnung der in der Hauptverhandlung gestellten Anträge zusätzlich mit der Gehörsrüge beanstandet worden ist, führen die aufgezeigten Lücken bei der erforderlichen Darlegung der den Mangel enthaltenden Tatsachen (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) auch insoweit zur Unzulässigkeit der Verfahrensrüge.

6.

Die Beanstandung, die Bußgeldbehörde habe verfrüht ein Passfoto der Betroffenen bei der Meldebehörde angefordert, greift nicht durch.

Vorliegend war die Betroffene die Halterin des Fahrzeugs. Ihr Alter (Jahrgang …) passte zu der weiblichen Person, die auf dem Messfoto abgebildet ist. Bei dieser Verdachtslage wurde der Tatvorwurf in dem Anhörungsschreiben vom 1. Februar 2021 gegen sie als die beschuldigte Betroffene erhoben. Sie war nicht lediglich eine „potentiell Betroffene“ (vgl. zu diesem dem Gesetz fremden Begriff: AG Landstuhl, Beschluss vom 8. Januar 2020, 2 OWi 4211 Js 12883/19, bei juris).

Parallel hierzu hat die Bußgeldbehörde mit Schreiben vom 2. Februar 2021 ein Passfoto bei der Meldebehörde angefordert. Der Senat vermag den Regelungen in § 22 Abs. 2 PassG und § 24 Abs. 2 PAuswG nicht zu entnehmen, dass das Ergebnis der schriftlichen Anhörung des Betroffenen abgewartet werden muss, bevor ein Passfoto angefordert werden darf. Dies gilt umso mehr, als das Gesetz für die Anhörung des Betroffenen nur dahin eine zeitliche Grenze vorsieht, dass die Anhörung spätestens vor dem Abschluss der Ermittlungen zu erfolgen hat (§ 55 Abs. 1 OWiG, § 163a Abs. 1 StPO). Auch in Bußgeldsachen können Ermittlungen vor der Anhörung des Betroffenen durchgeführt werden.

Im Übrigen hat die Betroffene auf das Anhörungsschreiben nicht reagiert. Die schriftliche Anhörung hatte keine Auswirkung auf die Verdachtslage und die Erforderlichkeit der Passbildanforderung. Andere Maßnahmen zur Feststellung der Identität (z.B. Aufsuchen der Betroffenen an der Wohnanschrift) hätten wesentlich stärker in ihre Persönlichkeitssphäre eingegriffen.

Selbst wenn man zugunsten der Betroffenen einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen unterstellt, würde dies weder ein Verfahrenshindernis noch ein Beweisverwertungsverbot begründen (vgl. OLG Bamberg DAR 2006, 336; OLG Karlsruhe BeckRS 2021, 22895; OLG Koblenz NStZ 2021, 504). Ebenso wenig gibt der vorliegend gewählte Zeitpunkt der Passbildanforderung Anlass für eine Einstellung des Verfahrens (§ 47 Abs. 2 OWiG).

7.

Die Beanstandung, die Bußgeldbehörde habe zur Person der Betroffenen verfrüht einen Auszug aus dem Fahreignungsregister (FAER) eingeholt, wirkt sich ebenfalls nicht aus.

Bei der am 3. Februar 2021 durchgeführten Abfrage hatte die Betroffene eben diesen Status. Sie wurde wegen einer bestimmten Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr verfolgt (§ 30 Abs. 1 Nr. 2 StVG). Vorbelastungen waren bei Erlass eines Bußgeldbescheides ggf. zu berücksichtigen.

Aus der einschränkenden Bezugnahme auf die in § 28 Abs. 2 StVG genannten Zwecke (hier Nr. 2: Ahndung von Verstößen im Straßenverkehr) lässt sich allerdings ableiten, dass der Auszug aus dem Fahreignungsregister erst bei Ahndungsreife erforderlich ist (vgl. Gratz DAR 2021, 650, 651). Dieses Stadium war bei der Abfrage vom 3. Februar 2021 noch nicht erreicht. Das Passfoto der Betroffenen lag der Bußgeldbehörde erst am 4. März 2021 vor.

In Anbetracht der Geringfügigkeit des möglichen Verstoßes, der lediglich den Zeitpunkt der Maßnahme betrifft, bestand für das Amtsgericht jedenfalls keine Veranlassung, die Geldbuße unter diesem nebensächlichen Gesichtspunkt, der schon keiner Erörterung bedurfte, herabzusetzen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

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