KG Berlin – Az.: 3 Ws (B) 340/14 – 122 Ss 102/14 – Beschluss vom 01.07.2014
Auf die Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft Berlin wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 4. April 2014 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde – an das Amtsgericht Tiergarten zurückverwiesen.
Gründe
Der Polizeipräsident in Berlin hat mit Bußgeldbescheid vom 11. Dezember 2013 gegen den Betroffenen wegen Zuwiderhandlung gegen die §§ 41 Abs. 1, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO nach § 24 StVG eine Geldbuße in Höhe von 200,– Euro verhängt, gemäß § 25 StVG ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet und bestimmt, dass dieses entsprechend der Regelung des § 25 Abs. 2 a StVG wirksam werden soll. Auf seinen hiergegen gerichteten Einspruch hat das Amtsgericht Tiergarten ihn zu einer Geldbuße in Höhe von 35,– Euro verurteilt. Die dagegen gerichtete, auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft Berlin hat Erfolg.
Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
OWiG, weil im Bußgeldbescheid ein Fahrverbot verhängt worden war.
Das Amtsgericht Tiergarten hat die mit dem Bußgeldbescheid vom 11. Dezember 2013 verhängte Geldbuße in Höhe von 200 € auf 35 € reduziert und das angeordnete Fahrverbot von einem Monat in Wegfall gebracht, weil es der Auffassung gewesen ist, der dem Verfahren zugrunde liegende Bußgeldbescheid entspreche nicht den sich aus § 66 Abs. 1 Nr. 3 OWiG ergebenden Anforderungen an den Inhalt eines wirksamen Bußgeldbescheids. Die im Bußgeldbescheid angegebene Tatörtlichkeit „BAB 100 Ri. Nord, Baustelle vo“ sei keine ausreichende konkrete Bezeichnung des Tatortes. Darin sieht das Amtsgericht einen nicht heilbaren Mangel des Bußgeldbescheids, der auch im Wege der Berichtigung oder durch ergänzende Feststellungen des Gerichts auf der Grundlage von Zeugenaussagen oder ausgewerteten Aufzeichnungen nicht beseitigt werden können.
Diese Ausführungen halten einer rechtsbeschwerderechtlichen Prüfung nicht stand.
Lediglich schwerwiegende Mängel führen zur Unwirksamkeit des Bußgeldbescheids. Wenn sie vorliegen, muss das Verfahren mangels einer Prozessvoraussetzung eingestellt werden. Die Möglichkeit für eine – wie vorliegend – erfolgte „reduzierte“ Verurteilung besteht in diesem Fall nicht.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts wird der Bußgeldbescheid in seiner Wirksamkeit nicht beeinträchtigt, wenn für den Betroffenen trotz einer Fehlbezeichnung nicht in Frage stehen kann, welcher Sachverhalt ihm zur Last gelegt werden soll. Die hinreichende Bestimmtheit verlangt nicht, dass das Gericht bereits allein aus dem Inhalt des Bußgeldbescheids endgültig entnehmen kann, welche konkrete Handlung dem Betroffenen zur Last gelegt wird. In Ergänzung des Bußgeldbescheids kann auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen werden, um zu klären, welcher Sachverhalt auch für den Betroffenen erkennbar und unverwechselbar gemeint ist (vgl. BayObLG NZV 1994, 448; Göhler, OWiG 16. Aufl., § 66 Rdn. 39 a m. w. N.).
Danach beeinträchtigt die Formulierung des Bußgeldbescheids vom 11. Dezember 2013 lediglich die Informationsfunktion dieses Bescheids. Unter Heranziehung der Akten ist geklärt, dass es sich bei den Tatort um die „BAB 100 Ri. Nord, Baustelle vor AS Beusselstraße, 13627 Berlin“ handelt, so dass die Tathandlung konkret bezeichnet wird. Die Annahme des Amtsgerichts, der Bußgeldbescheid enthalte einen nicht heilbaren Mangel, erweist sich daher als rechtsfehlerhaft.
Der Senat hebt daher das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen auf und verweist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde – an das Amtsgericht Tiergarten zurück.