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Belehrungspflicht bei Alkoholkontrolle: Zählt der Test auch ohne Belehrung?

Ein Autofahrer wollte seine Verurteilung wegen Trunkenheit am Steuer kippen, weil ihn die Polizei bei der Alkoholkontrolle nicht sofort über seine Rechte aufklärte. Das Gericht entschied, der Zeitpunkt der Belehrung sei entscheidend – und die Beweise dennoch gültig.

Zum vorliegenden Urteil 3 ORbs 50/25 – 122 SsBs 13/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Urteil in 30 Sekunden

  • Das Problem: Ein Autofahrer wurde wegen Alkohol am Steuer verurteilt. Er sah die Beweise als ungültig an, da die Polizei ihn angeblich nicht rechtzeitig über seine Rechte aufgeklärt hatte.
  • Die Rechtsfrage: Ab wann muss die Polizei eine Person über ihre Rechte belehren, damit Beweise gültig sind?
  • Die Antwort: Nein. Die Polizei muss erst bei einem konkreten Tatverdacht belehren. Der Atemalkoholtest war freiwillig, die Belehrung erfolgte rechtzeitig.
  • Die Bedeutung: Die Polizei darf bei einem ersten Verdacht Fragen stellen, ohne sofort über alle Rechte zu informieren. Eine Belehrung muss erst erfolgen, wenn ein konkreter Tatverdacht besteht.

Die Fakten im Blick

  • Gericht: Kammergericht Berlin
  • Datum: 14.05.2025
  • Aktenzeichen: 3 ORbs 50/25 – 122 SsBs 13/25
  • Verfahren: Rechtsbeschwerdeverfahren
  • Rechtsbereiche: Ordnungs- und Strafrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Betroffene, der wegen einer Trunkenheitsfahrt verurteilt wurde. Er legte Rechtsbeschwerde gegen das Urteil ein, weil er sich nicht ausreichend belehrt fühlte.
  • Beklagte: Die Generalstaatsanwaltschaft B. Sie beantragte die Ablehnung der Rechtsbeschwerde und verteidigte das Vorgehen der Polizei.

Worum ging es genau?

  • Sachverhalt: Ein Mann wurde wegen einer Trunkenheitsfahrt verurteilt und legte Rechtsbeschwerde ein. Er behauptete, die Polizei habe ihn nicht über seine Rechte belehrt, bevor er einen Atemalkoholtest machte.

Welche Rechtsfrage war entscheidend?

  • Kernfrage: Durften die Gerichte die Ergebnisse des Atemalkoholtests und Aussagen verwerten, obwohl der Betroffene behauptete, nicht über seine Rechte belehrt worden zu sein?

Entscheidung des Gerichts:

  • Urteil im Ergebnis: Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wurde als unbegründet abgewiesen.
  • Zentrale Begründung: Die Beschwerde enthielt keine ausreichenden Details zu den behaupteten Fehlern, und der Betroffene musste erst nach dem freiwilligen Alkoholtest belehrt werden, da der Tatverdacht vorher noch nicht konkret genug war.
  • Konsequenzen für die Parteien: Der Betroffene muss die Kosten seines Rechtsmittels tragen und das ursprüngliche Urteil bleibt bestehen.

Der Fall vor Gericht


Woraus bestehen Polizeikontrollen wirklich?

Eine Polizeikontrolle besteht oft aus zwei getrennten Gesprächen. Das erste ist eine unverbindliche Unterhaltung, eine „informatorische Befragung“, bei der sich Beamte einen ersten Eindruck verschaffen. Das zweite ist eine formelle Vernehmung. Hier wird der Bürger plötzlich zum „Betroffenen“ und hat klare Rechte – vor allem das Recht zu schweigen.

Eine Polizeibeamtin richtet ein Atemalkoholtestgerät auf einen Autofahrer, dessen spätere Verurteilung wegen Trunkenheit am Steuer er mit einer mangelnden Belehrung über seine Rechte anfechten wollte.
Das Gericht stellte fest, dass erst nach belastendem Atemwert über seine Rechte belehrt wurde. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Ein Autofahrer in Berlin glaubte, die Polizei hätte diese Grenze ohne Vorwarnung überschritten. Er zog vor Gericht, um die Beweise gegen ihn zu vernichten. Die Richter mussten klären, ob der entscheidende Moment – der Atemalkoholtest – noch zum ersten oder schon zum zweiten Gespräch gehörte.

Warum hielt der Autofahrer das Urteil für rechtswidrig?

Der Mann war zu 500 Euro Geldbuße und einem Monat Fahrverbot verurteilt worden. Sein Argument dagegen war ein juristischer Hebel. Er behauptete, die Polizisten hätten ihn am Abend der Kontrolle nicht über seine Rechte belehrt. Weder über sein Recht, die Aussage zu verweigern, noch über die Freiwilligkeit des ersten Atemalkoholtests. Hätte er von diesen Rechten gewusst, so seine Logik, hätte er geschwiegen. Es wäre nie zu dem Test gekommen. Folglich seien alle Beweismittel – seine eigenen Angaben und die Messwerte – illegal erlangt und im Prozess nicht verwertbar. Das Urteil basiere auf verbotenen Früchten.

Weshalb scheiterte seine Beschwerde schon an der Form?

Das Kammergericht Berlin wies die Beschwerde des Mannes zunächst aus einem rein formellen Grund zurück. Eine solche Rechtsbeschwerde unterliegt strengen Regeln. Der Beschwerdeführer muss den behaupteten Verfahrensfehler extrem detailliert darlegen. Er muss die Fakten so präzise schildern, dass das Gericht den Fall allein anhand seiner Schrift prüfen kann. Pauschale Vorwürfe reichen nicht. Der Autofahrer hätte den genauen Gesprächsverlauf wiedergeben müssen. Er hätte exakt auflisten müssen, welche seiner Aussagen das Gericht zu Unrecht verwertet habe. Seine Beschwerdeschrift bot aber nur allgemeine Behauptungen. Sie war ein Gerüst ohne Inhalt. Dem Gericht fehlte die faktische Grundlage, um den Vorwurf überhaupt zu prüfen. Die Beschwerde war damit unzulässig. Ein klassischer Fall von „an der Form gescheitert“.

Wieso wäre sein Argument auch inhaltlich erfolglos gewesen?

Die Richter machten sich die Mühe, den Fall trotzdem in der Sache zu prüfen. Ihr Urteil war auch hier eindeutig. Die Pflicht der Polizei, jemanden als Beschuldigten zu belehren, beginnt nicht bei jedem vagen Anfangsverdacht. Sie greift erst, wenn sich der Verdacht so sehr verdichtet hat, dass die Person ernsthaft als Täter in Frage kommt. Vorher dürfen Polizisten im Rahmen einer informatorischen Befragung Fragen stellen, ohne das formelle Programm abspulen zu müssen. Das Gericht sah diese Grenze im Fall des Autofahrers als nicht überschritten an. Die Beamten trafen ihn, als er aus einer Bar kam. Sie nahmen Alkoholgeruch wahr. Das allein reichte nicht aus, um ihn sofort zum offiziell „Betroffenen“ zu machen. Es war ein Anfangsverdacht. Nicht mehr.

Ab welchem Moment wurde der Fahrer zum Beschuldigten?

Der entscheidende Wandel vom bloßen Verdacht zur konkreten Beschuldigung ereignete sich in einem einzigen Augenblick: dem Ergebnis des ersten Atemalkoholtests. Dieser Test war freiwillig. Die Feststellungen des ersten Gerichts bestätigten, dass die Polizei den Mann darauf hingewiesen hatte. Erst als das Gerät einen Wert anzeigte, der auf eine Ordnungswidrigkeit hindeutete, war der Tatverdacht zementiert. Ab diesem Punkt war der Mann ein „Betroffener“. Und genau zu diesem Zeitpunkt, so das Gericht, hatten die Beamten ihn ordnungsgemäß über seine Rechte belehrt. Das Timing der Polizei war juristisch korrekt. Es gab keine willkürliche Verzögerung.

Worauf stützte sich die Verurteilung am Ende?

Die Richter stellten klar, dass die Verurteilung des Mannes ohnehin nicht auf seinen anfänglichen Aussagen beruhte. Diese waren für den Schuldspruch irrelevant. Die Grundlage des Urteils war einzig und allein das Ergebnis des standardisierten und beweissicheren Atemalkoholtests. Dieser wurde durchgeführt, nachdem der Mann vollständig über seine Rechte belehrt worden war. Die korrekte Durchführung dieses Messverfahrens war im Urteil der Vorinstanz sauber dokumentiert. Damit stand der Schuldspruch auf einem soliden, unangreifbaren Fundament. Der Versuch des Autofahrers, das Verfahren über einen angeblichen Belehrungsfehler zu kippen, war ins Leere gelaufen.

Die Urteilslogik

Ein Gericht legt präzise fest, wann eine informatorische Befragung in eine förmliche Vernehmung übergeht und welche Beweise rechtlich Bestand haben.

  • Präzision in Rechtsmitteln: Wer Verfahrensfehler rügt, muss diese akribisch und detailliert darlegen; pauschale Behauptungen genügen Gerichten nicht, um einen Sachverhalt zu prüfen.
  • Zeitpunkt der Belehrungspflicht: Die Pflicht der Polizei, über Rechte als Beschuldigter aufzuklären, beginnt erst, wenn sich ein anfänglicher Verdacht zu einer konkreten Beschuldigung verdichtet hat.
  • Beweiswert und Test: Für eine Verurteilung zählt allein das Ergebnis beweissicherer Verfahren, die nach ordnungsgemäßer Belehrung durchgeführt wurden; frühere, unverbindliche Angaben bleiben irrelevant.

Diese Prinzipien sichern faire Verfahren, indem sie klare Grenzen für polizeiliches Handeln und die Verwertbarkeit von Beweisen ziehen.


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Das Urteil in der Praxis

Was auf den ersten Blick wie ein kleiner Fall von nebenan wirkt, ist in Wahrheit eine knallharte Lektion über das präzise Timing der Belehrungspflicht. Das Urteil zementiert: Die Polizei darf im Rahmen einer informatorischen Befragung ermitteln, selbst bei einem anfänglichen Verdacht. Erst wenn ein freiwilliger Test den Tatverdacht zementiert, wird der Bürger zum Betroffenen – und erst dann muss belehrt werden. Wer seine Rechte erst dann einfordern will, wenn die Faktenlage längst gegen ihn spricht, spielt ein gefährliches Spiel: Nach korrekter Belehrung gesicherte Beweise sind gnadenlos verwertbar.


Nächtliche Stadtstraße mit Autos und roter Ampel als Illustration zu FAQs im Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann beginnt die Belehrungspflicht der Polizei bei einer Alkoholkontrolle?

Die Belehrungspflicht der Polizei beginnt nicht schon bei vagem Alkoholgeruch oder bloßem Anfangsverdacht, sondern erst, wenn sich der Verdacht durch konkrete Anzeichen – etwa das positive Ergebnis eines freiwilligen Atemalkoholtests – so verdichtet hat, dass Sie ernsthaft als Täter einer Ordnungswidrigkeit in Betracht kommen.

Juristen nennen das „informatorische Befragung“. Polizisten dürfen bei einem bloßen Anfangsverdacht, etwa nach Alkoholgeruch beim Aussteigen aus einer Bar, durchaus Fragen stellen, ohne sofort Ihre Rechte verlesen zu müssen. Diese Art der Befragung soll lediglich den Anfangsverdacht klären. Die formelle Belehrungspflicht setzt erst ein, wenn der Verdacht so konkret wird, dass Sie als „Betroffener“ einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat gelten. Ein vager Verdacht reicht dafür nicht aus.

Ein passender Vergleich ist ein Ermittler, der noch Spuren sucht. Erst wenn er handfeste Indizien hat, wird aus dem Verdächtigen ein Beschuldigter. Genau so verhielt es sich im gerichtlichen Fall des Artikels: Das Ergebnis des ersten, freiwilligen Atemalkoholtests – der einen relevanten Wert anzeigte – markierte den entscheidenden Moment. Ab da galt der Fahrer als „Betroffener“, und die Belehrungspflicht der Polizei setzte ein. Die Richter stellten klar: Die Pflicht beginnt nicht bei jedem vagen Anfangsverdacht. Sie greift erst, wenn sich der Verdacht verdichtet hat.

Werden Sie angehalten und Alkoholgeruch wird wahrgenommen, fragen Sie direkt, ob die Befragung noch „informatorisch“ ist oder Sie bereits als „Betroffener“ gelten, um Ihre genaue Rechtslage zu klären.


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Muss ich bei einer Alkoholkontrolle ins Röhrchen pusten oder kann ich das verweigern?

Der erste Atemalkoholtest bei einer Alkoholkontrolle, der lediglich zur Feststellung eines Anfangsverdachts dient, ist freiwillig, und Sie können ihn verweigern. Juristen nennen das einen wichtigen Punkt im Umgang mit staatlichen Eingriffen; die Polizei ist sogar verpflichtet, Sie auf diese Freiwilligkeit hinzuweisen. Dies schützt Ihre Rechte, bevor überhaupt ein konkreter Verdacht vorliegt.

Der Grund: Dieser initiale Test ist kein direkter Beweis, sondern dient den Beamten lediglich dazu, einen vagen Verdacht zu konkretisieren. Verweigern Sie dieses „Röhrchen pusten“, wird dies allein nicht als Straftat oder Ordnungswidrigkeit gewertet und führt auch nicht direkt zu einer Verurteilung. Vielmehr entziehen Sie damit der Polizei die Möglichkeit, über diesen speziellen Weg einen hinreichenden Tatverdacht zu begründen, der weitere Maßnahmen rechtfertigen würde.

Denken Sie an den Fall eines Autofahrers, dessen Urteil auch auf einem Atemalkoholtest basierte. Das Gericht stellte klar: „Dieser Test war freiwillig. Die Feststellungen des ersten Gerichts bestätigten, dass die Polizei den Mann darauf hingewiesen hatte.“ Seine anfängliche Weigerung hätte also keine direkten negativen Konsequenzen gehabt. Ihre Verweigerung kann verhindern, dass der Verdacht auf diesem Wege erhärtet wird.

Fragen Sie bei einer Aufforderung zum ersten Atemalkoholtest explizit nach: „Ist dieser Test freiwillig?“ und treffen Sie dann Ihre Entscheidung ohne Druck.


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Wie muss ich eine Beschwerde formulieren, um formelle Fehler zu vermeiden?

Eine Rechtsbeschwerde erfordert eine extrem detaillierte und präzise Darstellung des behaupteten Verfahrensfehlers. Nur so vermeiden Sie, dass Ihre Beschwerde aus rein formalen Gründen abgewiesen wird. Dies schließt exakte Fakten und eine konkrete Benennung zu Unrecht verwerteter Beweismittel ein.

Juristen nennen das Substantiierungspflicht: Das Gericht muss den Fall allein anhand Ihrer Schrift prüfen können. Allgemeine Vorwürfe wie „meine Rechte wurden verletzt“ reichen nicht. Diese sind ein Gerüst ohne Inhalt; sie zeigen Frust, aber keine Substanz.

Um das zu erreichen, beschreiben Sie den genauen Gesprächsverlauf, die Abläufe oder die Umstände des beanstandeten Fehlers präzise und chronologisch. Listen Sie zudem konkret auf, welche Ihrer Aussagen oder Beweismittel das Gericht unzulässigerweise verwertet hat und warum. Das ist vergleichbar mit dem Bauplan eines Hauses: Jedes Detail zählt, damit der Bauherr weiß, was er prüfen soll. Fehlt ein entscheidendes Maß, stürzt das ganze Projekt.

Erstellen Sie daher vor der Formulierung Ihrer Beschwerde eine detaillierte chronologische Auflistung aller Fakten, Gespräche und beteiligten Personen.


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Sind Beweismittel ungültig, wenn die Polizei mich nicht über meine Rechte aufgeklärt hat?

Eine fehlende oder verspätete Belehrung durch die Polizei führt nicht automatisch zur Ungültigkeit aller Beweismittel vor Gericht. Entscheidend ist, wann die polizeiliche Belehrungspflicht tatsächlich einsetzte und ob Ihre spätere Verurteilung auf anderen, juristisch korrekt erlangten Beweisen basiert, die nach einer ordnungsgemäßen Aufklärung gesichert wurden.

Juristen nennen das den „informatorischen“ Bereich: Am Anfang einer Kontrolle dürfen Beamte Fragen stellen, ohne Sie sofort belehren zu müssen. Der Grund: Ein vager Alkoholgeruch reicht noch nicht aus, um Sie als „Betroffener“ einer Ordnungswidrigkeit zu betrachten. Erst wenn der Verdacht sich erhärtet, greift die volle Belehrungspflicht. Daten oder Aussagen, die Sie in dieser Phase freiwillig und ohne Zwang liefern, sind daher oft verwertbar.

Im Klartext bedeutet das: Selbst wenn irrelevante anfängliche Aussagen ohne Belehrung getätigt wurden, kann die Verurteilung auf anderen, beweissicheren und korrekt erlangten Beweismitteln beruhen. Richter stellten kürzlich klar, dass die Verurteilung eines Mannes nicht auf seinen irrelevanten anfänglichen Aussagen basierte. Die Grundlage des Urteils war einzig und allein das Ergebnis eines standardisierten, beweissicheren Atemalkoholtests. Dieser wurde durchgeführt, nachdem der Mann vollständig über seine Rechte belehrt worden war. Das Timing war entscheidend.

Prüfen Sie also akribisch, wann die relevanten Beweismittel erlangt und wann Sie formal als ‚Betroffener‘ belehrt wurden.


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Welche Konsequenzen drohen mir, wenn ich einen Atemalkoholtest verweigere?

Die Verweigerung des ersten freiwilligen Atemalkoholtests dient der Feststellung eines Anfangsverdachts. Dessen Verweigerung führt nicht direkt zu einer Strafe oder Ordnungswidrigkeit und ist in sich keine Schuldzumessung; sie verhindert jedoch, dass die Polizei auf diesem Wege einen konkreten Verdacht feststellen kann, der sonst zu weiteren Maßnahmen und einer formellen Belehrung führen würde.

Die Regel lautet: Der erste Atemalkoholtest, den die Polizei anbietet, ist zunächst ein Mittel zur Feststellung eines Anfangsverdachts. Sie dürfen ihn verweigern, ohne dass dies direkt eine Ordnungswidrigkeit oder gar Straftat darstellt. Damit nehmen Sie der Polizei die Möglichkeit, auf Basis dieses Tests einen konkreten Tatverdacht zu begründen, der sonst weitere Ermittlungsschritte und eine Belehrung als „Betroffener“ nach sich zöge.

Ein passender Vergleich ist der eines Detektivs, der erst Beweise sammeln muss, bevor er einen Haftbefehl beantragt. Gerade im vielzitierten Fall des Berliner Autofahrers stützte sich das spätere Urteil auf einen Test, der erst nach der Belehrung über seine Rechte durchgeführt wurde. Eine Weigerung beim initialen, freiwilligen Test hätte damals die Grundlage für eine so schnelle Verurteilung durch den Test in diesem frühen Stadium entzogen.

Sprechen Sie Ihr Recht auf Verweigerung des freiwilligen Atemalkoholtests aus – Sie verhindern damit die schnelle Verdachtsfeststellung.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar Rubrik: Bewegte Stadtstraße als Illustration zur Erklärung von Fachbegriffen zu Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Anfangsverdacht

Ein Anfangsverdacht ist der erste, noch vage Verdacht auf eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit, der die Polizei berechtigt, erste Ermittlungsschritte einzuleiten. Das Gesetz ermöglicht den Behörden damit, überhaupt tätig zu werden, ohne sofort eine vollständige Beweislage vorweisen zu müssen. Es schafft einen notwendigen Spielraum für die Klärung eines Sachverhalts, bevor sich ein konkreter Verdacht erhärtet.

Beispiel: Die Beamten nahmen beim Autofahrer lediglich Alkoholgeruch wahr, was für die Richter zunächst nur einen Anfangsverdacht begründete und keine sofortige Belehrung erforderte.

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Belehrungspflicht

Die Belehrungspflicht schreibt vor, dass Polizeibeamte eine Person über ihre Rechte aufklären müssen, sobald sie als Beschuldigter oder Betroffener einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit gilt. Diese Regel schützt die grundlegenden Rechte des Bürgers auf ein faires Verfahren und auf Aussagefreiheit. Der Gesetzgeber stellt so sicher, dass niemand ungewollt belastende Aussagen macht, weil er seine Rechte nicht kannte.

Beispiel: Der Autofahrer argumentierte, die Polizei hätte ihre Belehrungspflicht verletzt, da sie ihn nicht auf die Freiwilligkeit des ersten Atemalkoholtests hingewiesen habe.

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Betroffener

Juristen bezeichnen als Betroffenen eine Person, die als Täter einer Ordnungswidrigkeit ernsthaft in Betracht kommt und der deshalb die vollen Rechte eines Beschuldigten zustehen. Durch diesen Status erhält die Person umfassende Schutzrechte, beispielsweise das Recht zu schweigen oder einen Anwalt zu konsultieren. Das Gesetz zieht hier eine klare Linie, wann der Staat mit vollem Ermittlungsdruck gegen jemanden vorgehen darf.

Beispiel: Erst als der Atemalkoholtest einen relevanten Wert anzeigte, wurde der Autofahrer zum Betroffenen und musste über seine Rechte belehrt werden.

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Informatorische Befragung

Unter einer informatorischen Befragung verstehen Juristen eine unverbindliche Unterhaltung durch Polizeibeamte, die noch nicht den Status einer förmlichen Vernehmung hat und bei der die umfassenden Belehrungspflichten noch nicht greifen. Sie erlaubt es der Polizei, einen ersten Eindruck zu gewinnen und einen vagen Anfangsverdacht zu überprüfen, ohne den Bürger sofort als Beschuldigten zu behandeln. Dieser Spielraum dient der Effizienz polizeilicher Arbeit bei der ersten Kontaktaufnahme.

Beispiel: Die Richter stellten fest, dass die erste Unterhaltung mit dem Autofahrer noch eine informatorische Befragung war, bei der die Beamten noch keine umfassende Belehrung erteilen mussten.

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Rechtsbeschwerde

Ein spezifisches Rechtsmittel in Bußgeldsachen ist die Rechtsbeschwerde, mit der man die Entscheidung eines Gerichts auf Rechtsfehler überprüfen lassen kann, wobei sie besonders strengen formalen Anforderungen unterliegt. Dieses Rechtsmittel dient dazu, grundsätzliche Rechtsfragen zu klären und eine einheitliche Rechtsanwendung durch die Gerichte zu gewährleisten. Der Gesetzgeber hat die Hürden bewusst hochgelegt, um eine Überfrachtung der höheren Gerichte zu vermeiden.

Beispiel: Die Rechtsbeschwerde des Mannes scheiterte, weil er die behaupteten Verfahrensfehler nicht detailliert genug dargelegt hatte, wie es die strengen Regeln vorschreiben.

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Substantiierungspflicht

Die Substantiierungspflicht verlangt von einem Rechtsmittel-Führer, alle relevanten Fakten und Argumente, die seinen Vorwurf untermauern, extrem detailliert und präzise darzulegen. Dieses Prinzip stellt sicher, dass Gerichte eine Beschwerde allein auf Basis des schriftlichen Vortrags prüfen können, ohne selbst aufwendig ermitteln zu müssen. Es dient der Effizienz und Rechtssicherheit im Verfahren, indem es pauschale Behauptungen ausschließt.

Beispiel: Weil der Autofahrer seine Beschwerdeschrift nicht ausreichend detailliert vorgetragen hatte, erfüllte er die Substantiierungspflicht nicht und seine Rechtsbeschwerde war unzulässig.

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Verbotene Früchte

Die Doktrin der verbotenen Früchte besagt, dass Beweismittel, die aufgrund einer rechtswidrigen Ermittlungshandlung erlangt wurden, im Prozess nicht verwertet werden dürfen. Dieses Prinzip schützt die Rechte des Beschuldigten und soll die Polizei dazu anhalten, sich stets an die gesetzlichen Vorschriften zu halten. Es stellt sicher, dass der Staat nicht durch Rechtsbruch Vorteile im Verfahren erzielt.

Beispiel: Der Autofahrer argumentierte, der Atemalkoholtest sei eine verbotene Frucht, da er ohne vorherige Belehrung über seine Rechte erlangt worden sei und somit nicht verwertet werden dürfe.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Belehrungspflicht des Betroffenen (§ 55 Abs. 2 OWiG i.V.m. § 136 Abs. 1 StPO)
    Eine Person, die einer Ordnungswidrigkeit verdächtig ist, muss von der Polizei über ihr Recht zu schweigen und sich zu verteidigen belehrt werden, bevor sie als Betroffener vernommen wird.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kernfrage war, ob die Polizei den Autofahrer bereits zu Beginn der Kontrolle über seine Rechte hätte belehren müssen und ob das Fehlen einer solchen Belehrung die Beweise unbrauchbar machte. Das Gericht entschied, dass die Belehrung zum korrekten Zeitpunkt erfolgte, als der Anfangsverdacht sich durch den freiwilligen Test erhärtet hatte.
  • Abgrenzung informatorische Befragung und förmliche Vernehmung (Allgemeines Rechtsprinzip)
    Polizisten dürfen Personen zunächst unverbindlich befragen, ohne diese sofort über ihre Rechte belehren zu müssen, solange noch kein konkreter Tatverdacht besteht.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht musste klären, wann der Autofahrer vom unverbindlich befragten Bürger zum „Betroffenen“ wurde, der umfassend über seine Rechte belehrt werden musste. Es wurde festgestellt, dass der Übergang erst mit dem Ergebnis des Atemalkoholtests erfolgte.
  • Verwertungsverbot von rechtswidrig erlangten Beweismitteln (Allgemeines Rechtsprinzip)
    Beweise, die die Polizei auf illegale Weise oder unter Missachtung wesentlicher Verfahrensrechte erlangt hat, dürfen in einem Gerichtsverfahren in der Regel nicht zur Verurteilung verwendet werden.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Autofahrer argumentierte, dass alle gegen ihn gesammelten Beweise, insbesondere seine Aussagen und der Atemalkoholtest, wegen angeblicher Belehrungsfehler illegal erlangt und daher unverwertbar seien („fruit of the poisonous tree“). Das Gericht wies dies zurück, da die Beweismittel rechtmäßig erlangt wurden.
  • Begründungsanforderungen für die Rechtsbeschwerde (§ 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO)
    Wer eine Rechtsbeschwerde einlegt und einen Verfahrensfehler rügt, muss diesen Fehler im Detail und mit allen relevanten Fakten so präzise darlegen, dass das Gericht ihn ohne weitere Ermittlungen prüfen kann.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beschwerde des Autofahrers scheiterte zunächst an dieser formalen Anforderung, weil er die behaupteten Belehrungsfehler und deren Auswirkungen nicht ausreichend detailliert und nachvollziehbar in seiner Schrift dargelegt hatte.

Das vorliegende Urteil


KG Berlin – Az.: 3 ORbs 50/25 – 122 SsBs 13/25 – Beschluss vom 14.05.2025


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