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Bedeutung des Zusatzschildes „für Anlieger frei“

Ein Autofahrer, der kein Anwohner war, nutzte eine mit „Anlieger frei“ gekennzeichnete Straße als Abkürzung. Das Amtsgericht Neuburg stellte jedoch klar: „Anlieger“ ist nicht gleich Anwohner! Der Freispruch zeigt: Wer ein berechtigtes Anliegen hat, darf solche Straßen nutzen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Ein Betroffener wurde eines Verstoßes gegen das Zusatzschild „für Anlieger frei“ beschuldigt.
  • Der Vorwurf basierte auf einem Bußgeldbescheid wegen Befahrens einer Straße, die nur für Anlieger freigegeben war.
  • Die Definition von „Anlieger“ ist oft unklar und führt zu Unsicherheiten bei der Anwendung des Schildes.
  • Das Gericht sprach den Betroffenen frei, da die umliegenden Gegebenheiten und seine Nutzung der Straße ihn als Anlieger qualifizierten.
  • Das Gericht folgte der Argumentation, dass die Fahrt des Betroffenen einen berechtigten Anliegerzweck verfolgte.
  • Daher wurden ihm weder Bußgeld noch Kosten auferlegt; diese trägt die Staatskasse.
  • Die Entscheidung betont die Notwendigkeit einer klaren Definition und Auslegung des Begriffs „Anlieger“.
  • Durch das Urteil wird deutlich, dass eine individuelle Prüfung des Sachverhalts notwendig ist, um Missverständnisse zu vermeiden.
  • Bürger sollten sich bei Unsicherheit beraten lassen, um ihre Rechte bei Verkehrsverstößen besser zu verstehen.

Gericht entscheidet: Nicht-Anwohner dürfen „Anlieger frei“-Straßen nutzen

Der Begriff „Anlieger“ ist ein häufig genutzter Ausdruck im Straßenverkehr, der aber nicht immer eindeutig definiert ist. Oft liegt die Frage nahe, wer denn nun tatsächlich als Anlieger gilt und welche Rechte und Pflichten sich daraus ergeben. Im Zusammenhang mit dem Zusatzschild „für Anlieger frei“ wird diese Frage besonders relevant. Denn dieses Schild soll sicherstellen, dass bestimmte Bereiche nur für Anlieger zugänglich sind und andere Verkehrsteilnehmer, wie beispielsweise Durchreisende, diese Bereiche nicht befahren dürfen.

Diese Regelung soll vor allem die Interessen der Anlieger schützen, indem sie für Ruhe und Ordnung in Wohngebieten sorgen und den Verkehr auf bestimmten Straßen reduzieren soll. Die genaue Definition von „Anlieger“ und die konkrete Auslegung des Zusatzschildes „für Anlieger frei“ sind allerdings von verschiedenen Faktoren abhängig und können von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Um diese komplexen rechtlichen Zusammenhänge besser zu verstehen, wollen wir im Folgenden einen konkreten Fall näher beleuchten.

Unsicher wegen „Anlieger frei“? Wir helfen Ihnen weiter!

Sie haben eine Straße mit dem Zusatzschild „Anlieger frei“ befahren und wurden mit einem Bußgeld belegt? Oder sind Sie unsicher, ob Sie berechtigt sind, solche Straßen zu nutzen? Unsere Kanzlei verfügt über umfassende Erfahrung im Verkehrsrecht und kennt die aktuelle Rechtsprechung zum Thema „Anlieger frei“. Wir bieten Ihnen eine unverbindliche Ersteinschätzung Ihres Falls an. Kontaktieren Sie uns noch heute und lassen Sie uns gemeinsam Ihre Rechte wahren!

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Der Fall vor Gericht


Freispruch für Autofahrer bei Durchfahrt trotz „Anlieger frei“-Schild

Anlieger-Regelung
Amtsgericht Neuburg weitet Anlieger-Definition aus: Durchfahrt von „Anlieger frei“-Straßen ist auch Nicht-Anwohnern mit berechtigtem Anliegen erlaubt. (Symbolfoto: Timo Stassen – Shutterstock.com)

Der Fall dreht sich um einen Autofahrer, der eine Straße befuhr, die mit dem Zusatzschild „Anlieger frei“ gekennzeichnet war. Obwohl er kein direkter Anwohner war, durchfuhr er die Straße, um zu einem nahegelegenen Ziel zu gelangen. Daraufhin wurde gegen ihn ein Bußgeldverfahren eingeleitet, da die Behörden davon ausgingen, dass er als Nicht-Anlieger kein Recht hatte, die Straße zu benutzen.

Der Betroffene legte gegen den Bußgeldbescheid Einspruch ein. Er argumentierte, dass er als Anlieger im weiteren Sinne zu betrachten sei, da er ein konkretes Anliegen in der näheren Umgebung hatte. Das Amtsgericht Neuburg musste nun klären, wie der Begriff „Anlieger“ im Kontext von Verkehrsbeschilderungen auszulegen ist.

Gerichtliche Auslegung des Begriffs „Anlieger“

In seiner Entscheidung vom 30.12.2021 (Az.: 3 OWi 23 Js 18252/21) sprach das Amtsgericht Neuburg den Betroffenen frei. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit einer weiten Auslegung des Begriffs „Anlieger“.

Nach Auffassung des Gerichts sind nicht nur direkte Anwohner als Anlieger zu betrachten. Vielmehr umfasst der Begriff auch Personen, die ein konkretes Anliegen in der näheren Umgebung haben. Dies können beispielsweise Besucher, Kunden oder Lieferanten sein. Entscheidend ist, dass ein nachvollziehbarer Grund für die Benutzung der Straße vorliegt.

Das Gericht betonte, dass das Zusatzschild „Anlieger frei“ in erster Linie dazu dient, den Durchgangsverkehr zu reduzieren. Es soll jedoch nicht jeglichen Verkehr unterbinden, der ein berechtigtes Interesse an der Nutzung der Straße hat.

Bedeutung für die Verkehrsteilnehmer

Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für Verkehrsteilnehmer. Sie schafft mehr Klarheit darüber, wer eine mit „Anlieger frei“ gekennzeichnete Straße benutzen darf. Autofahrer müssen demnach nicht zwingend Anwohner sein, um legal durch solche Straßen zu fahren.

Allerdings ist zu beachten, dass ein konkretes Anliegen in der näheren Umgebung vorliegen muss. Ein bloßes Abkürzen oder die Vermeidung von Staus auf anderen Strecken rechtfertigt die Durchfahrt nicht. Verkehrsteilnehmer sollten in der Lage sein, ihr Anliegen im Zweifel nachvollziehbar zu begründen.

Auswirkungen auf zukünftige Verkehrskontrollen

Die Entscheidung des Amtsgerichts Neuburg könnte auch Auswirkungen auf die Durchführung von Verkehrskontrollen haben. Ordnungsbehörden und Polizei müssen bei der Überprüfung von Fahrzeugen in „Anlieger frei“-Bereichen nun genauer hinterfragen, ob ein berechtigtes Anliegen vorliegt.

Dies könnte die Kontrollen komplexer und zeitaufwändiger machen. Gleichzeitig bietet es Verkehrsteilnehmern mehr Möglichkeiten, ihre Nutzung solcher Straßen zu rechtfertigen. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Auslegung in der Rechtsprechung durchsetzen wird und ob eventuell eine Konkretisierung der Beschilderung erfolgen wird, um Missverständnisse zu vermeiden.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil erweitert den Begriff „Anlieger“ erheblich. Es umfasst nicht nur Anwohner, sondern alle Personen mit einem konkreten Anliegen in der Umgebung. Dies schafft mehr Klarheit für Verkehrsteilnehmer, erfordert jedoch auch eine differenziertere Betrachtung bei Kontrollen. Die Entscheidung betont, dass „Anlieger frei“-Schilder primär den Durchgangsverkehr reduzieren, nicht aber berechtigte Interessen einschränken sollen. Für die Rechtfertigung der Straßennutzung ist ein nachvollziehbarer Grund entscheidend.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Das Urteil des Amtsgerichts Neuburg hat eine wichtige Klarstellung zur Bedeutung des Begriffs „Anlieger“ gebracht. Sie müssen nicht zwingend in einer Straße wohnen, um als Anlieger zu gelten. Wenn Sie ein berechtigtes Anliegen haben, wie beispielsweise einen Arzttermin, einen Besuch bei Freunden oder eine Lieferung, dürfen Sie Straßen mit dem Zusatzschild „Anlieger frei“ befahren. Wichtig ist, dass Sie Ihr Anliegen im Zweifel nachweisen können. Kurzum: Das Urteil stärkt Ihre Rechte als Verkehrsteilnehmer und gibt Ihnen mehr Flexibilität bei der Nutzung von Straßen, die durch das Zusatzschild „Anlieger frei“ gekennzeichnet sind.


FAQ – Häufige Fragen

Anlieger frei? Das Schild kennt jeder, aber wer darf eigentlich wo fahren? Die rechtlichen Feinheiten der Anlieger-Regelung sind komplex, doch mit unserer FAQ Rubrik erhalten Sie schnell und verständlich Antworten auf all Ihre Fragen.


Wer gilt als Anlieger im Sinne des Zusatzschildes „für Anlieger frei“?

Der Begriff „Anlieger“ im Sinne des Zusatzschildes „für Anlieger frei“ wird rechtlich weit ausgelegt. Als Anlieger gelten nicht nur direkte Anwohner der betreffenden Straße, sondern alle Personen mit einem berechtigten Interesse, diese Straße zu befahren. Bewohner und Eigentümer von Grundstücken, die an die Straße angrenzen, sind zweifelsfrei als Anlieger zu betrachten. Darüber hinaus erstreckt sich der Anliegerstatus auch auf Besucher, Kunden, Lieferanten und Dienstleister, die ein konkretes Anliegen in der Straße haben.

Ein berechtigtes Interesse liegt vor, wenn jemand ein Grundstück in der Straße aufsuchen möchte oder muss. Dies kann verschiedene Gründe haben: Ein Besuch bei Freunden oder Verwandten, ein Arzttermin, ein Einkauf in einem ansässigen Geschäft oder die Ausführung von Handwerksarbeiten fallen darunter. Auch Personen, die jemanden abholen oder etwas anliefern möchten, gelten als Anlieger. Die bloße Absicht, ein Anliegen wahrzunehmen, reicht aus – es ist nicht erforderlich, dass der Zweck des Besuchs tatsächlich erfüllt wird.

Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass selbst unerwünschte Besucher wie Gerichtsvollzieher als Anlieger gelten. Ein Anwohner kann somit nicht durch Verweigerung der Zustimmung verhindern, dass bestimmte Personen die Straße befahren. Entscheidend ist allein das objektive Vorliegen eines Anliegens, nicht die subjektive Einschätzung der Anwohner.

Bei unbebauten Grundstücken wie Waldgebieten oder Seen gelten besondere Regeln. Hier ist in der Regel eine ausdrückliche oder stillschweigende Erlaubnis des Eigentümers erforderlich, um als Anlieger zu gelten. Eine stillschweigende Erlaubnis kann beispielsweise durch ein Schild „Baden auf eigene Gefahr“ an einem See gegeben sein.

Nicht als Anlieger gilt, wer die Straße lediglich als Abkürzung oder Durchgangsweg nutzen möchte. Die Nutzung einer Anliegerstraße zur Vermeidung von Staus oder zur Verkürzung des Fahrtwegs ist nicht gestattet. In solchen Fällen drohen Bußgelder, deren Höhe vom verwendeten Fahrzeug abhängt.

Radfahrer nehmen eine Sonderstellung ein. Auf Fahrradstraßen mit dem Zusatzschild „Anlieger frei“ dürfen sie ohne spezielles Anliegen fahren. Auf anderen Anliegerstraßen müssen jedoch auch Radfahrer ein berechtigtes Interesse nachweisen können oder andernfalls absteigen und schieben.

Die weite Auslegung des Anliegerbegriffs dient dazu, den notwendigen Verkehr in der Straße zu ermöglichen und gleichzeitig unerwünschten Durchgangsverkehr zu reduzieren. Sie trägt den vielfältigen Bedürfnissen der Anwohner und ihrer Besucher Rechnung, ohne den Verkehrsfluss übermäßig einzuschränken.

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Welche Konsequenzen drohen, wenn ich eine „für Anlieger frei“ gekennzeichnete Straße ohne berechtigtes Anliegen befahre?

Das unbefugte Befahren einer mit „Anlieger frei“ gekennzeichneten Straße kann empfindliche Konsequenzen nach sich ziehen. Wer ohne berechtigtes Anliegen in eine solche Straße einfährt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Diese wird in der Regel mit einem Bußgeld von 50 Euro geahndet. Für Fahrradfahrer fällt das Bußgeld mit 25 Euro etwas geringer aus. Neben dem Bußgeld droht bei wiederholten oder besonders schweren Verstößen auch die Eintragung eines Punktes im Fahreignungsregister in Flensburg.

Die Höhe des Bußgeldes kann sich erhöhen, wenn durch das unbefugte Befahren andere Verkehrsteilnehmer gefährdet oder behindert wurden. In solchen Fällen kann das Bußgeld auf bis zu 100 Euro ansteigen. Auch das Parken in einer Anliegerstraße ohne entsprechende Berechtigung wird sanktioniert. Hierfür werden in der Regel Verwarngelder ab 55 Euro fällig.

Bei einer Verkehrskontrolle in einer Anliegerstraße sollten Fahrzeugführer ihr berechtigtes Anliegen glaubhaft darlegen können. Ein Besucherausweis oder eine schriftliche Einladung eines Anwohners können als Nachweis dienen. Geschäftliche Termine lassen sich durch Terminbestätigungen oder Auftragsschreiben belegen. Anwohner sollten stets ihren Personalausweis mit der entsprechenden Adresse mitführen.

Wer eine Arztpraxis oder ein Geschäft in der Anliegerstraße aufsuchen möchte, kann dies durch einen aktuellen Termin- oder Behandlungsnachweis bzw. einen Einkaufsbeleg dokumentieren. Handwerker oder Lieferanten sollten Lieferscheine oder Arbeitsaufträge vorzeigen können, die ihre Tätigkeit in der Straße belegen.

Es ist ratsam, entsprechende Nachweise immer griffbereit zu haben. Bei fehlenden Belegen empfiehlt es sich, den Grund für das Befahren der Straße detailliert und plausibel zu erklären. Die Polizei oder das Ordnungsamt prüfen jeden Fall individuell. Eine glaubwürdige Darlegung des Anliegens kann helfen, ein Bußgeld zu vermeiden.

Wer regelmäßig eine Anliegerstraße befahren muss, ohne dort zu wohnen, sollte sich um eine dauerhafte Ausnahmegenehmigung bei der zuständigen Behörde bemühen. Diese kann beispielsweise für Pflegedienste, regelmäßige Lieferanten oder Personen, die pflegebedürftige Angehörige in der Straße betreuen, erteilt werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass die bloße Behauptung, jemanden besuchen zu wollen, ohne konkrete Angaben machen zu können, in der Regel nicht als ausreichender Nachweis anerkannt wird. Die Behörden sind befugt, die Angaben zu überprüfen und gegebenenfalls Rückfragen bei den genannten Personen oder Unternehmen zu stellen.

Bei wiederholten Verstößen oder dem Verdacht auf missbräuchliche Nutzung der Anliegerstraße können die Behörden verstärkte Kontrollen durchführen. In besonders schweren Fällen, etwa wenn jemand die Anliegerstraße regelmäßig als Abkürzung nutzt, können neben höheren Bußgeldern auch weitergehende Maßnahmen wie Fahrverbote verhängt werden.

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Was muss ich tun, um im Falle einer Verkehrskontrolle mein „Anlieger-Anliegen“ nachzuweisen?

Bei einer Verkehrskontrolle in einer Straße mit dem Zusatzschild „Anlieger frei“ sollten Fahrzeugführer ihr Anliegen nachweisen können. Ein schriftlicher Nachweis ist zwar nicht zwingend erforderlich, erleichtert aber die Situation erheblich. Als Beleg eignet sich beispielsweise ein Terminzettel vom Arzt, wenn eine Praxis in der betreffenden Straße aufgesucht wird. Auch eine Rechnung oder Quittung eines ansässigen Geschäfts kann die Berechtigung zur Durchfahrt belegen.

Liegt kein schriftlicher Nachweis vor, müssen Fahrzeugführer ihr Anliegen glaubhaft mündlich darlegen. Dabei sollte das konkrete Ziel in der Straße benannt werden, etwa der Besuch eines bestimmten Bewohners oder die Nutzung einer dort ansässigen Dienstleistung. Die bloße Behauptung, ein Anliegen zu haben, reicht nicht aus. Vielmehr muss das Anliegen so präzise beschrieben werden, dass es für die Polizeibeamten nachvollziehbar und überprüfbar ist.

Bei regelmäßigen Fahrten, etwa zum Arbeitsplatz in der Anliegerstraße, empfiehlt es sich, einen entsprechenden Nachweis des Arbeitgebers mitzuführen. Auch Anwohner sollten stets einen Ausweis mit der entsprechenden Adresse griffbereit haben. Handwerker oder Lieferanten können ihre Berechtigung durch Auftragsbestätigungen oder Lieferscheine belegen.

Wichtig ist, dass das Anliegen nicht vorgetäuscht werden darf. Die Nutzung der Straße als Abkürzung oder zum Parken ohne tatsächliches Anliegen ist nicht gestattet. Bei einer Kontrolle müssen Fahrzeugführer daher ehrlich Auskunft geben. Wer sein Anliegen nicht nachweisen oder glaubhaft machen kann, riskiert ein Bußgeld.

Die Polizei darf im Rahmen der Kontrolle Fragen zum Anliegen stellen und die Angaben überprüfen. Dabei gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine übermäßig intensive Befragung oder das Verlangen nach detaillierten persönlichen Informationen ist in der Regel nicht zulässig. Fahrzeugführer müssen lediglich ihr konkretes Ziel in der Straße benennen, nicht aber den genauen Zweck ihres Besuchs offenlegen.

Bei Unsicherheiten bezüglich der Berechtigung zur Durchfahrt ist es ratsam, im Vorfeld eine alternative Route zu wählen. Wer dennoch in eine Kontrolle gerät, sollte ruhig und höflich bleiben. Eine kooperative Haltung und die bereitwillige Darlegung des Anliegens tragen in der Regel zur zügigen und unkomplizierten Abwicklung der Kontrolle bei.

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Gelten die Regeln für „Anlieger frei“ auch für Radfahrer und Fußgänger?

Das Zusatzschild „Anlieger frei“ gilt grundsätzlich für alle Verkehrsteilnehmer, einschließlich Radfahrer und Fußgänger. Entscheidend ist nicht das Fortbewegungsmittel, sondern der Zweck der Nutzung der Straße. Als Anlieger gelten Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, die Straße zu benutzen. Dies umfasst Anwohner, Besucher, Lieferanten oder Personen, die Dienstleistungen für Anwohner erbringen.

Radfahrer und Fußgänger können somit ebenfalls Anlieger sein, wenn sie ein konkretes Ziel in der betreffenden Straße haben. Ein Radfahrer, der einen Freund besuchen möchte, oder ein Fußgänger auf dem Weg zum Arzt in der Straße, gelten als Anlieger und dürfen die Straße benutzen.

Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen motorisierten und nicht-motorisierten Verkehrsteilnehmern: Fußgänger dürfen grundsätzlich immer alle öffentlichen Straßen und Wege benutzen, unabhängig von Verkehrsbeschränkungen für Fahrzeuge. Das Zusatzschild „Anlieger frei“ ist für sie daher in der Regel irrelevant.

Für Radfahrer gelten besondere Regeln. Wenn das Hauptverkehrszeichen, zu dem „Anlieger frei“ als Zusatz angebracht ist, auch Fahrräder einschließt (z.B. Zeichen 250 „Verbot für Fahrzeuge aller Art“), müssen auch Radfahrer ein Anliegen haben, um die Straße zu benutzen. Ist das Hauptzeichen hingegen nur für Kraftfahrzeuge gültig (z.B. Zeichen 260 „Verbot für Kraftfahrzeuge“), dürfen Radfahrer die Straße ohne Einschränkung befahren.

In der Praxis führt dies oft zu Missverständnissen. Ein Radfahrer, der eine als „Anlieger frei“ gekennzeichnete Straße als Abkürzung nutzt, ohne dort ein konkretes Ziel zu haben, verstößt gegen die Verkehrsregeln. Dies gilt ebenso für Autofahrer. Die Nutzung als Durchgangsstraße ist nicht erlaubt.

Für die Durchsetzung dieser Regeln ist es oft schwierig nachzuweisen, ob jemand tatsächlich Anlieger ist oder nicht. Die Polizei kann im Zweifelsfall Verkehrsteilnehmer anhalten und nach ihrem Anliegen fragen. Bei offensichtlichem Missbrauch drohen Bußgelder.

Es ist wichtig zu beachten, dass die genaue Auslegung des Begriffs „Anlieger“ in der Rechtsprechung nicht einheitlich ist. In Zweifelsfällen sollten Verkehrsteilnehmer vorsichtig sein und im Zweifelsfall eine alternative Route wählen.

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Können Lieferanten und Dienstleister als Anlieger betrachtet werden?

Lieferanten und Dienstleister können als Anlieger betrachtet werden, wenn sie ein berechtigtes Anliegen in dem durch das Zusatzschild „Anlieger frei“ gekennzeichneten Bereich haben. Dies ist der Fall, wenn sie dort Waren ausliefern, Dienstleistungen erbringen oder Kunden besuchen müssen. Das berechtigte Anliegen muss in direktem Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit stehen.

Für Lieferanten gilt dies beispielsweise, wenn sie Pakete oder Waren an Anwohner oder Geschäfte in der betreffenden Straße zustellen müssen. Handwerker oder Servicetechniker gelten als Anlieger, wenn sie Aufträge bei Anwohnern oder ansässigen Unternehmen ausführen. Auch Pflegedienste oder Ärzte auf Hausbesuch haben ein berechtigtes Anliegen zum Befahren der Straße.

Die Berechtigung zur Durchfahrt besteht jedoch nur für die Dauer des konkreten Anliegens. Ein Lieferant darf die Straße also befahren, um ein Paket zuzustellen, muss sie danach aber wieder verlassen. Ein dauerhaftes Parken oder Abstellen von Fahrzeugen ist in der Regel nicht gestattet.

Bei Kontrollen sollten Lieferanten und Dienstleister ihr berechtigtes Anliegen glaubhaft machen können. Dies kann durch Vorlage von Lieferscheinen, Auftragsbestätigungen oder Kundenadressen erfolgen. Auch die Beschriftung des Fahrzeugs oder das Tragen von Arbeitskleidung können als Nachweis dienen. Eine spezielle Genehmigung ist in der Regel nicht erforderlich.

Für regelmäßig in dem Bereich tätige Unternehmen kann es sinnvoll sein, sich vorab bei der zuständigen Behörde über die genauen Regelungen zu informieren. In Zweifelsfällen sollte vor der Einfahrt Rücksprache mit dem Auftraggeber oder der Straßenverkehrsbehörde gehalten werden.

Die Regelung „Anlieger frei“ dient dazu, den Durchgangsverkehr zu reduzieren und gleichzeitig notwendige Zufahrten zu ermöglichen. Lieferanten und Dienstleister mit berechtigtem Anliegen tragen zur Versorgung und zum Funktionieren des Gebiets bei. Ihre Durchfahrt ist daher in der Regel gestattet, solange sie zweckgebunden und zeitlich begrenzt erfolgt.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Anlieger: Ein Anlieger ist nach erweiterter Auslegung nicht nur ein direkter Anwohner, sondern jede Person mit einem berechtigten Interesse an der Nutzung einer bestimmten Straße. Dies kann ein Besucher, Kunde oder Lieferant sein. Entscheidend ist ein konkreter, nachvollziehbarer Grund für die Straßennutzung. Die StVO definiert den Begriff nicht abschließend, sodass Gerichte ihn situationsabhängig auslegen können. Im Gegensatz zum reinen Durchgangsverkehr haben Anlieger ein spezifisches Ziel in der näheren Umgebung.
  • Bußgeldbescheid: Ein Bußgeldbescheid ist ein behördlicher Bescheid, der bei Ordnungswidrigkeiten wie Verkehrsverstößen erlassen wird. Er enthält Angaben zur Tat, Rechtsgrundlage und Höhe der Geldbuße. Betroffene können innerhalb von zwei Wochen Einspruch einlegen, was zu einer gerichtlichen Überprüfung führt. Im vorliegenden Fall wurde der Bußgeldbescheid nach Einspruch und gerichtlicher Prüfung aufgehoben. Die Rechtmäßigkeit eines Bußgeldbescheids hängt von der korrekten Auslegung der zugrundeliegenden Vorschriften ab.
  • Zusatzschild: Ein Zusatzschild ist ein Verkehrszeichen, das ein Hauptverkehrszeichen ergänzt oder modifiziert. „Anlieger frei“ ist ein solches Zusatzschild, das Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen für bestimmte Personengruppen regelt. Es dient primär der Reduzierung des Durchgangsverkehrs, nicht dem vollständigen Ausschluss berechtigter Nutzer. Die Auslegung von Zusatzschildern kann komplex sein und erfordert oft eine einzelfallbezogene Betrachtung, wie das vorliegende Urteil zeigt.
  • Durchgangsverkehr: Durchgangsverkehr bezeichnet Verkehrsteilnehmer, die eine Straße lediglich als Transitstrecke nutzen, ohne dort ein konkretes Ziel zu haben. Das Zusatzschild „Anlieger frei“ soll primär diesen Durchgangsverkehr reduzieren. Im Gegensatz zu Anliegern haben Durchgangsverkehrsteilnehmer kein spezifisches Anliegen in der Umgebung. Die Abgrenzung zwischen Durchgangsverkehr und berechtigten Anliegern kann in der Praxis herausfordernd sein und erfordert oft eine Einzelfallprüfung.
  • Freispruch: Ein Freispruch ist eine gerichtliche Entscheidung, die einen Angeklagten von dem Vorwurf einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit freispricht. Im vorliegenden Fall wurde der Betroffene vom Vorwurf des unbefugten Befahrens einer „Anlieger frei“-Straße freigesprochen. Ein Freispruch erfolgt, wenn die Schuld nicht nachgewiesen werden kann oder die Tat rechtlich nicht strafbar ist. Er hat zur Folge, dass keine Strafe oder Geldbuße verhängt wird und die Verfahrenskosten von der Staatskasse getragen werden.
  • Einspruch: Ein Einspruch ist ein Rechtsmittel gegen behördliche Entscheidungen wie Bußgeldbescheide. Er muss innerhalb einer bestimmten Frist (meist zwei Wochen) schriftlich eingelegt werden. Durch den Einspruch wird eine gerichtliche Überprüfung des Bescheids eingeleitet. Im vorliegenden Fall führte der Einspruch zur Aufhebung des Bußgeldbescheids und zum Freispruch. Der Einspruch ist ein wichtiges Instrument zur Wahrung von Betroffenenrechten und kann, wie hier gezeigt, zu einer Neuinterpretation rechtlicher Begriffe führen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 46 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz): Regelung der Kosten im Ordnungswidrigkeitenverfahren. Im konkreten Fall trägt die Staatskasse die Kosten, da der Betroffene freigesprochen wurde.
  • § 467 StPO (Strafprozessordnung): Regelt das Verfahren bei Freispruch im Strafverfahren. Hier wurde die Vorschrift analog im Ordnungswidrigkeitenverfahren angewendet, um die Kostenregelung festzulegen.
  • § 25 Abs. 2 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Definiert den Begriff „Anlieger“ als „jeder, der ein Grundstück an der Straße hat oder zu dem ein Grundstück an der Straße führt“. Diese Definition wurde im vorliegenden Fall erweitert.
  • § 72 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz): Ermöglicht ein vereinfachtes Verfahren durch Beschluss, wenn alle Beteiligten zustimmen. Dies wurde im vorliegenden Fall angewendet, da keine mündliche Verhandlung stattfand.
  • Vorschriften zur Straßenverkehrsbeschilderung (z.B. StVO, VwV-StVO): Regeln die Bedeutung und Verwendung von Verkehrszeichen, einschließlich des Zusatzzeichens „Anlieger frei“. Im konkreten Fall war die Auslegung dieses Zeichens entscheidend für den Ausgang des Verfahrens.

Das vorliegende Urteil

AG Neuburg – Az.: 3 OWi 23 Js 18252/21 – Beschluss vom 30.12.2021

1. Der Betroffene wird freigesprochen.

2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.

Angewendete Vorschriften: § 25 Abs. 2 StVG, §§ 467 StPO i.V.m. § 46 OWiG.

Gründe

Hinsichtlich des Sachverhalts und der rechtlichen Würdigung wird auf den Bußgeldbescheid vom 24.09.2021 Bezug genommen.

Der Betroffene als auch die Staatsanwaltschaft Ingolstadt haben einer Entscheidung im Beschlusswege im Sinne des § 72 OWiG nicht widersprochen.
[…]

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Der Freispruch folgt aus den besonderen Umständen des Einzelfalles.

1. Das Zusatzschild „für Anlieger frei” gibt nicht nur das Befahren der Straße durch die Anlieger, sondern auch den Verkehr mit den Anliegern frei. Dabei ist Voraussetzung, dass Ziel oder Ausgangspunkt an der gesperrten Straße liegen, nicht aber, dass das Anliegergrundstück nur durch sie erreichbar ist (BayObLGSt 1975, 42, beck-online, m.w.N.).

2. Der Haupteingang zur Gaststätte liegt an einer anderen Straße.

3. An der vom Betroffenen befahrenen Straße liegt jedoch auch ein Eingang, der jedenfalls für die Allgemeinheit als weiterer „offizieller“ Eingang verstanden werden kann:

Auf den von der Verteidigung vorgelegten Lichtbildern ist zu erkennen, dass sich in der Grundstücksmauer ein stets offener Durchgang Richtung Eingangstür besteht. Neben der Eingangstür hängt der Briefkasten. Ein Hinweisschild o.ä., dass der Eingang nur für spezielle Personen vorgesehen ist, ist nicht zu erkennen.

Der Betroffene durfte demnach davon ausgehen, dass er den Eingang benutzen und somit auch von dieser Straße aus anfahren durfte.


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