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Beachtung Geschwindigkeitsbeschränkung nach Fahrpause

AG Dortmund – Az.: 729 OWi – 265 Js 968/17 – 173/17 – Urteil vom 04.07.2017

Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 160,00 EURO verurteilt.

Dem Betroffenen wird für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen trägt der Betroffene.

– §§ 41 Abs. I, 49 StVO 24, 25 StVG –

Gründe

Der Betroffene ist geschieden und hat eine Lebensgefährtin, die in Bad D in einer Klinik an der Rezeption mit einem Kontingent von 36 Wochenstunden arbeitet. Der Betroffene hat sonst keine weiteren Unterhaltspflichten. Er hat zwei erwachsene Kinder. Er hat angegeben, dass er bei Verhängung einer Geldbuße in Höhe des bisherigen Bußgeldbescheides keiner Ratenzahlungsbewilligung bedürfe.

Am 16.01.2017 um 13:02 Uhr befuhr der Betroffene in Dortmund die C-Straße etwa 100 Meter westlich in Höhe B.-Straße als Führer eines Personenkraftwagens mit dem amtlichen Kennzeichen … . Der Betroffene war zuvor von der B236 auf die C-Straße gefahren. Kurz hinter der genannten Stelle folgte das Ortseingangsschild der Stadt Dortmund. Der beschriebene Tatbereich war dementsprechend außerörtlich.

An der Tatörtlichkeit führte zur Tatzeit die Polizei Dortmund durch den Polizeibeamten A eine Geschwindigkeitsmessung mit dem Geschwindigkeitsmessgerät ESO ES 3.0 durch, das zur Tatzeit entsprechend der Bedienanleitung und in gültig geeichtem Zustand durch den genannten Zeugen eingesetzt wurde. Bei der C-Straße handelt es sich um eine großzügig ausgebaute außerörtliche Straße, die aus Sicht des Betroffenen nach Abfahren von der B236 zweifach mit Zeichen 274 „50 km/h“ beschildert ist, so dass die Höchstgeschwindigkeit auf diesen Wert festgelegt wurde.

Unmittelbar vor der Messstelle befindet sich aus Sicht des Betroffenen rechtsseitig eine Zufahrt mit einem Wendehammer zu einem Betriebsgelände. Es handelt sich hier um eine öffentliche Straßenverkehrsfläche, die jedoch nur zu den einen Betrieb rechtsseitig unter der Anschrift C-Straße Nr. Y führt. Der Betroffene suchte diesen Betrieb auf. Er befand sich ca. eine dreiviertel Stunde in dem Betrieb und fuhr dann nicht von dort aus zurück in Richtung B236, sondern weiter in Richtung Dortmunder Innenstadt. Aus Richtung B236 kommend befindet sich ca. 850 Meter vor der C-Straße Nr. Y ein erstes Verkehrszeichen 274 mit der Beschilderung 50 km/h. Wegen des Aussehens der Straße an diesem Ort und der Beschilderung wird auf das Lichtbild Nr. 4 der von dem Polizeibeamten B zur Akte gereichten Lichtbildmappe Bezug genommen. Ein weiteres gleichartiges Zeichen findet sich etwa 600 Meter vor der Einfahrt C-Straße Nr. Y. Hierzu wird auf das Lichtbild 6 der genannten Fotodokumentation Bezug genommen. Die Bezugnahmen finden statt gemäß § 267 Abs. I Satz 3 StPO.

Wegen der Straßenführung und wegen des Einfahrtsbereichs mit Wendehammer an der Anschrift C-Straße Nr. Y wird auf das Lichtbild Bl. 43 d.A. Bezug genommen gemäß § 267 Abs. I Satz 3 StPO. Es handelt sich hierbei um ein Lichtbild aus Google Maps, das mittig des Bildes den Wendehammer zeigt und die C-Straße von oben nach unten. Der Betroffene fuhr aus dem oberen Lichtbildbereich zunächst in den Wendehammer hinein, parkte dort und fuhr dann wieder aus dem Wendehammer in den unteren Bereich der C-Straße hinaus. In diesem unteren Bereich befand sich dann auch die Messstelle. Der Betroffene überschritt an der Messstelle mit seinem Fahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit. Er konnte mit einer Geschwindigkeit von 87 km/h gemessen werden. Abzüglich eines Sicherheitsabschlages von 3 km/h ergaben sich damit eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 84 km/h und damit eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 34 km/h.

Der Betroffene wendete sich nicht gegen die Messung an sich. Er beschrieb, dass er als Fahrzeugführer das fragliche Fahrzeug zur Tatörtlichkeit gefahren habe. Es sei zunächst wegen eines beruflichen Termins in die besagte Firma an der C-Straße Nr. Y gefahren. Er habe hier bei der Hinfahrt die beiden Geschwindigkeitsbeschränkungsschilder nicht bewusst wahrgenommen, sei aber mit 50 km/h zu der Firma hingefahren. Er habe dann etwa eine dreiviertel Stunde einen Geschäftstermin da gehabt und sei auf die C-Straße zurückeingebogen und hier in Richtung Dortmund gefahren. Das Ortseingangsschild habe er erst nach der Messung passiert. Ein erneutes 50 km/h Geschwindigkeitsbegrenzungsschild sei nach Einfahrt auf die C-Straße für ihn nicht wahrnehmbar gewesen, so dass er geglaubt habe, er könne hier die übliche außerörtliche Geschwindigkeit von 100 km/h fahren.

Das Gericht hat zunächst den Zeugen A vernommen, der am Tattage die Messung durchgeführt hat.

Dieser bestätigte, die Messung entsprechend Bedienungsanleitung durchgeführt z haben. Er bestätigte, die Messung mittels des Messgerätes ES 3.0 des Herstellers ESO durchgeführt zu haben.

Das Gericht hat den Eichschein für das fragliche Gerät urkundsbeweislich verlesen und eine gültige Eichung feststellen können. Der ordnungsgemäße Einsatz konnte ebenso festgestellt werden durch Verlesung des von dem Zeugen A gefertigten Messprotokolls des Tattages.

Die gemessene Geschwindigkeit von 87 km/h durch das Messgerät konnte das Gericht feststellen durch die urkundsbeweisliche Verlesung des Messfeldes des Messfotos, das genau diese Geschwindigkeit anzeigte. Von dieser Geschwindigkeit war ein Sicherheitsabschlag von 3 km/h vorzunehmen.

Soweit der Betroffene meinte, er habe die Geschwindigkeitsbeschränkung für den Bereich unmittelbar vor der Messstelle nicht sehen können, so konnte das Gericht aufgrund der dargestellten und in Augenschein genommenen Lichtbilder zunächst die Straßenführung erkennen anhand der beschriebenen Google Maps-Karte. Hieraus ergab sich, dass es sich bei dem Wendehammer und der Zufahrtsstraße zu der Firma, in der der Betroffene seinen Geschäftstermin hatte, lediglich um eine wie eine öffentliche Straße ausgebaute Betriebszufahrt handelte. Der Betroffene musste also bei Wiedereinfahren auf die Straße, die er bereits zuvor entlang gekommen war, damit rechnen, dass die bereits zuvor angeordnete zulässige Höchstgeschwindigkeit auch weiterhin bestehen werde.

Diese zulässige Höchstgeschwindigkeits-Beschilderung konnte das Gericht feststellen durch Zeugenvernehmung des Zeugen B, der eine Lichtbildmappe gefertigt hatte. Die beiden genannten Lichtbilder zur Beschilderung, auf die bereits Bezug genommen wurde, hat das Gericht in Augenschein genommen. Hieraus ergab sich eine ordnungsgemäße Vorbeschilderung für die Tatörtlichkeit und dementsprechend eine einzuhaltende Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h.

Der Betroffene war dementsprechend wegen eines fahrlässigen Geschwindigkeitsverstoße gemäß §§ 41, 49 StV0, 24 StGB zu verurteilen.

Es war insoweit die für den Verstoß vorgesehene Regelgeldbuße festzusetzen, die jedoch aufgrund der vorliegenden Voreintragungen angemessen zu erhöhen war.

Der Fahreignungsregisterauszug des Betroffenen weist nämlich folgende Voreintragungen aus:

1.

Am 20.05.2015 (Rechtskraft 11.06.2015) setzte der Kreis Kleve gegen den Betroffenen wegen eine Geschwindigkeitsverstoßes (Geschwindigkeitsüberschreitung um 31 km/h) eine Geldbuße von 120,00 EURO fest.

2.

Am 07.08.2015 (Rechtskraft: 26.08.2015) setzte der Kreis Gütersloh gegen den Betroffenen wegen eines Mobiltelefon-Verstoßes eine Geldbuße von 105,00 EURO fest.

3.

Am 27.10.2015 (Rechtskraft: 13.11.2015) setzte der Kreis Harburg gegen den Betroffenen wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes (Überschreitung um 25 km/h) eine Geldbuße in Höhe von 70,00 EURO fest.

4.

Am 01.08.2016 (Rechtskraft: 19.08.2016) setzte der Kreis Soest wegen eines Mobiltelefon-Verstoßes eine Geldbuße von 100,00 EURO fest.

5.

Am 06.09.2016 (Rechtskraft: 23.09.2016) setzte die Stadt Hamm gegen den Betroffenen wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes außerhalb geschlossener Ortschaften (Überschreitung: 27 km/h) eine Geldbuße von 130,00 EURO fest.

Die im Tenor genannte Geldbuße von 160,00 EURO erschien dem Gericht angesichts dieser Vorbelastungen angemessen zur Einwirkung auf den Betroffenen.

Ferner hat der Betroffene einen Regelfall des Regelfahrverbotes gemäß 4 Abs. II Satz 2 BKatV verwirklicht. Aufgrund der letztgenannten Voreintragung war der Verstoß des Betroffenen als beharrlich im Sinne des § 25 StVG zu bewerten, so dass ein Regelfahrverbot festzusetzen war.

Angesichts der zahlreichen Voreintragungen konnte ein Absehen vom Regelfahrverbot allein unter Anwendung des § 4 Abs. IV BKatV und entsprechende Erhöhung der Geldbuße nicht stattfinden.

Das Gericht hielt angesichts der festgestellten Beschilderung und der Tatörtlichkeit eine Tat des Betroffenen bei Einfahrt in die C-Straße unmittelbar vor der Messung nicht für derart beschaffen, dass das Handlungs- oder Erfolgsunrecht herabgesetzt war, wie es sonst etwa im Falle eines Augenblicksversagens oder ähnlicher tatbezogener Gesichtspunkte zum Fahrverbot der Fall ist.

Der Betroffene hat wirtschaftliche Härten geltend gemacht. Er hat geltend gemacht, dass er eine Einzelfirma habe und keinerlei Angestellte. Er arbeite im Bereich des Ladenausbaus und sei dementsprechend auch in dieser Tätigkeit am Tattage in Dortmund gewesen. Im Jahre 2013, 2014 und 2015 habe er nur Verluste gemacht. Er lebe am Existenzminimum. Ohne Führerschein könne er seine Arbeit nicht nachgehen. Er habe zu Hause lediglich einen Büroraum, in dem er seine Planungen durchführe. Er müsse ansonsten in dem Bereich Münster, Osnabrück und auch im Bereich des Ruhrgebietes tätig werden. Er könne so nicht auf seine Fahrerlaubnis  verzichten. Derzeit habe er zwei größere Objekte in Münster und Osnabrück. Für ihn sei es insoweit nicht zumutbar, auf öffentliche Verkehrsmittel verwiesen zu werden.

Das Gericht hatte dem Betroffenen bereits in einem ersten Hauptverhandlungstermin ausdrücklich den Hinweis erteilt, dass er zu etwaigen wirtschaftlichen und beruflichen Härten nicht nur vortragen müsse, sondern auch derartige Härten glaubhaft machen müsse. Das Gericht hat den Betroffenen im Rahmen des Fortsetzungstermins darauf nach langem Warten auf das Erscheinen des Betroffenen ausführlich befragt und auch zu etwaigen mitgebrachten Unterlagen befragt. Der Betroffene erklärte, er könne keine Unterlagen vorlegen. Er habe keine Auftragsbücher dabei. Er könne keine Buchhaltung vorlegen. Er könne auch keine Unterlagen vom Steuerberater vorlegen und auch keine Einkommensteuerbescheide. Er könne derartige Unterlagen auch nicht kurzfristig besorgen.

Dementsprechend konnte das Gericht wirtschaftliche oder berufliche Härten tatsächlich nicht feststellen. Im Übrigen konnte der Betroffene tatsächlich auch nicht glaubhaft machen, warum er nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln seine Arbeitstätigkeit weiterführen könnte für die Dauer eines Monats, zumal er in den Genuss der Schonfristgewährung nach § 25 Abs. II a StVG kommt.

Das Gericht hat dementsprechend das Regelfahrverbot wie vorgesehen in Höhe von einem Monat festgesetzt und die genannte Schonfrist zuerkannt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 465 StPO i.V.m. 46 OWiG.

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