Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat die Rechte von LKW-Fahrern gestärkt, indem es den Begriff „Zusammenhang“ im Zusammenhang mit Leerfahrten nach § 30 Abs. 3 StVO weiter auslegt. Dies bedeutet, dass Fahrer von LKWs, die zuvor privilegierte Güter transportiert haben, auch Leerfahrten zu nahegelegenen Abholorten unternehmen dürfen, ohne gegen das Sonntagsfahrverbot zu verstoßen.
→ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 ORbs 4 SsRs 21/23
Übersicht
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Sonntagsfahrverbot: OLG Zweibrücken stärkt Rechte von LKW-Fahrern bei Leerfahrten
- Der Fall vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken im Detail
- ✔ FAQ zum Thema: Sonntagsfahrverbot für LKW
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ➜ Das vorliegende Urteil vom Oberlandesgericht Zweibrücken
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Weite Auslegung des Begriffs „Zusammenhang“ bei Ausnahmen vom Sonntagsfahrverbot für LKWs nach § 30 Abs. 3 StVO notwendig.
- Einschränkende Auslegung nicht möglich, da dies den bußgeldbewehrten Tatbestand ausdehnen würde.
- Unmittelbare Leerfahrt nach Beförderung privilegierter Ware steht immer im Zusammenhang mit dieser.
- Unerheblich ist, ob Leerfahrt zum Ausgangspunkt oder nächsten Abholort für nicht-privilegierte Ware führt.
- Sinn und Zweck der Ausnahmeregeln sind Versorgung der Bevölkerung und Vermeidung zusätzlicher Fahrten.
- Freispruch des Betroffenen, da seine Leerfahrt im Zusammenhang mit vorheriger privilegierter Fahrt stand.
Sonntagsfahrverbote für schwere Lastkraftwagen sind ein wichtiges Instrument, um die Belastungen für die Bevölkerung durch Verkehrslärm und Schadstoffemissionen an Ruhetagen zu reduzieren. Gleichzeitig müssen aber auch die Bedürfnisse der Logistikbranche berücksichtigt werden, um eine funktionierende Versorgung sicherzustellen. Das deutsche Straßenverkehrsrecht sieht daher verschiedene Ausnahmen vom generellen Sonntagsfahrverbot vor, etwa für die Beförderung von leicht verderblichen Lebensmitteln. Die Auslegung und Anwendung dieser Ausnahmeregelungen ist jedoch nicht immer eindeutig und kann zu Rechtsunsicherheit führen. In einem aktuellen Gerichtsbeschluss hat sich das Oberlandesgericht Zweibrücken ausführlich mit der Reichweite der Ausnahmen vom Sonntagsfahrverbot befasst und wichtige Klarstellungen getroffen.
Der Fall vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken im Detail
Im Mittelpunkt dieses Falls steht ein LKW-Fahrer, der an einem Sonntag auf der Bundesstraße in Rheinland-Pfalz unterwegs war und dabei von der Polizei kontrolliert wurde. Die Frachtpapiere zeigten, dass er zuvor Waren, darunter frisches Fleisch und Salat, in Baden-Württemberg ausgeliefert hatte und nun auf dem Weg zu einem neuen Auftrag in der Pfalz war. Bei diesem Folgeauftrag handelte es sich jedoch nicht um die Beförderung privilegierter Güter. Das Amtsgericht Pirmasens verurteilte den Fahrer wegen eines Verstoßes gegen das Sonntagsfahrverbot zu einer Geldbuße.
Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Frage, wie weit die Ausnahmen vom Sonntagsfahrverbot für LKWs nach § 30 Abs. 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) reichen. Konkret ging es um die Auslegung des Begriffs „Zusammenhang“ im Zusammenhang mit Leerfahrten. Die Vorschrift erlaubt Leerfahrten, die im Zusammenhang mit der Beförderung bestimmter privilegierter Güter stehen, wie etwa leicht verderbliche Lebensmittel.
Gerichtsentscheidung: Weite Auslegung des Begriffs „Zusammenhang“
Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hob das Urteil des Amtsgerichts auf und sprach den LKW-Fahrer frei. Der Senat argumentierte, dass der Begriff „Zusammenhang“ weit auszulegen sei. Eine einschränkende Auslegung würde den Anwendungsbereich des Sonntagsfahrverbots zulasten der Betroffenen erweitern und wäre daher unangemessen.
Begründung des OLG: Bestimmtheitsgrundsatz und Sinn und Zweck der Regelung
Das OLG begründete seine Entscheidung mit dem im Bußgeldrecht geltenden Bestimmtheitsgrundsatz und dem Analogieverbot. Demnach dürfen Gesetze keine unbestimmten Rechtsbegriffe enthalten und per Analogie auf ähnliche Sachverhalte angewendet werden. Da der Begriff „Zusammenhang“ gesetzlich nicht genau definiert ist, dürfe er nicht zu eng ausgelegt werden.
Darüber hinaus führte das Gericht den Sinn und Zweck der Ausnahmeregelungen an. Diese dienten der Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen Gütern und sollten unnötige Fahrten vermeiden. Eine Leerfahrt zu einem nahegelegenen Abholort für den nächsten Auftrag sei daher sinnvoller als die Rückfahrt zum Ausgangspunkt und eine anschließende erneute Anfahrt.
Das Sonn- und Feiertagsfahrverbot für LKW gilt in Deutschland nicht uneingeschränkt. Es gibt gesetzliche Ausnahmen, die in § 30 Abs. 3 der Straßenverkehrsordnung (StVO) geregelt sind.
Zu den wichtigsten Ausnahmen zählen:
- Transporte im kombinierten Güterverkehr Schiene-Straße, wenn die Entfernung vom Versandort bis zum nächstgelegenen geeigneten Verladebahnhof oder vom nächstgelegenen geeigneten Entladebahnhof bis zum Empfangsort 200 km nicht übersteigt. Für den kombinierten Verkehr mit Wasserstraßen gilt eine Entfernungsgrenze von 150 km.
- Die Beförderung von frischen, leichtverderblichen Lebensmitteln wie Milch, Fleisch, Fisch, entsprechenden Erzeugnissen sowie Obst und Gemüse, einschließlich der damit zusammenhängenden Leerfahrten.
- Fahrten mit Fahrzeugen, die nach dem Bundesleistungsgesetz herangezogen werden, also z.B. Fahrzeuge des Katastrophenschutzes.
Weitere Ausnahmen betreffen laut Verwaltungsvorschrift reine Zugmaschinen, Zugmaschinen mit geringer Hilfsladefläche sowie Fahrzeuge, bei denen die beförderten Gegenstände zum Inventar gehören, wie Ausstellungsfahrzeuge.
Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller weitere Ausnahmen genehmigen, allerdings nur für dringende Transporte. Wirtschaftliche oder wettbewerbliche Gründe reichen dafür nicht aus.
Wann ist ein LKW-Transport als „im Zusammenhang“ mit einer privilegierten Fahrt anzusehen?
Der Begriff „im Zusammenhang“ bei Leerfahrten im Rahmen der Ausnahmen vom Sonntagsfahrverbot für LKW ist in der Tat nicht eindeutig definiert und führt immer wieder zu Auslegungsschwierigkeiten.
Grundsätzlich sollen Leerfahrten, die unmittelbar mit privilegierten Transporten wie der Beförderung leicht verderblicher Lebensmittel verbunden sind, ebenfalls vom Fahrverbot ausgenommen sein. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 Nr. 6 StVO, der Leerfahrten „die im Zusammenhang mit Fahrten nach den Nummern 2 bis 5 stehen“ privilegiert.
Allerdings ist die genaue Reichweite dieses Zusammenhangs nicht klar festgelegt. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu nur, dass Leerfahrten „im Zusammenhang“ mit privilegierten Transporten stehen müssen. Eine genauere Definition fehlt.
Die Rechtsprechung hat den Begriff teilweise eng ausgelegt und gefordert, dass die Leerfahrten in unmittelbarem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit den Transporten stattfinden müssen. Andererseits gab es auch Urteile, die einen weiteren Zusammenhang für ausreichend erachteten.
Letztlich kommt es auf den Einzelfall an. Je enger und direkter die Leerfahrt mit dem privilegierten Transport verknüpft ist, desto eher wird man einen „Zusammenhang“ annehmen können. Größere zeitliche oder örtliche Unterbrechungen sprechen tendenziell gegen die Annahme eines Zusammenhangs im Sinne der Ausnahmeregelung.
Eine höchstrichterliche Klärung der exakten Voraussetzungen steht aber noch aus, so dass in Zweifelsfällen eine gewisse Rechtsunsicherheit bleibt. Transportunternehmen sollten im Zweifelsfall eher von einem engeren Verständnis ausgehen, um Bußgelder zu vermeiden.
Welche Rolle spielen der Bestimmtheitsgrundsatz und der Analogieverbot bei der Auslegung der Ausnahmeregelungen?
Der Bestimmtheitsgrundsatz und das Analogieverbot spielen bei der Auslegung der Ausnahmeregelungen zum Sonntagsfahrverbot für LKW eine wichtige Rolle.
Der Bestimmtheitsgrundsatz verlangt, dass Gesetze so klar und eindeutig formuliert sind, dass der Normadressat sein Verhalten danach ausrichten kann und die Folgen seines Handelns vorhersehbar sind. Dies gilt gerade im Bußgeldrecht, wo Verstöße mit Sanktionen belegt werden. Die Ausnahmetatbestände in § 30 Abs. 3 StVO müssen daher hinreichend bestimmt sein.
Problematisch ist in diesem Zusammenhang etwa der Begriff des „Zusammenhangs“ bei Leerfahrten im Rahmen privilegierter Transporte. Hier besteht eine gewisse Unschärfe, ab wann eine Leerfahrt noch „im Zusammenhang“ mit einer Ausnahme steht. Dies kann im Einzelfall zu Auslegungsschwierigkeiten führen.
Das Analogieverbot untersagt es, Gesetze über ihren Wortlaut hinaus auf ähnliche, aber nicht ausdrücklich erfasste Sachverhalte anzuwenden. Eine Ausdehnung der Ausnahmevorschriften auf nicht genannte Transporte ist daher unzulässig. Die Ausnahmen sind abschließend und eng auszulegen.
So darf beispielsweise die Ausnahme für frische Lebensmittel nicht analog auf andere, ähnlich empfindliche Waren übertragen werden. Auch eine großzügige Auslegung des „Zusammenhangs“ bei Leerfahrten könnte gegen das Analogieverbot verstoßen, wenn der Wortlaut überdehnt wird.
Bestimmtheitsgrundsatz und Analogieverbot sollen letztlich die Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit gewährleisten. Sie stehen aber mitunter in einem Spannungsverhältnis zu einer flexiblen, einzelfallgerechten Auslegung. Die Gerichte müssen hier einen angemessenen Ausgleich finden, ohne die Grundsätze zu verletzen. Im Zweifel ist aber eher eine enge, streng am Wortlaut orientierte Auslegung der Ausnahmen geboten.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) § 30 Abs. 3: Verbot des Führens von Lastkraftwagen und Anhängern an Sonn- und Feiertagen, mit Ausnahmen u.a. für die Beförderung von frischem Fleisch und Gemüse sowie für Leerfahrten im Zusammenhang mit solchen privilegierten Transporten.
- Bestimmtheitsgrundsatz und Analogieverbot im Bußgeldrecht: Der Begriff des „Zusammenhangs“ aus § 30 Abs. 3 StVO muss weit ausgelegt werden, da eine zu enge Auslegung gegen diese Grundsätze verstoßen würde.
- Sinn und Zweck der Ausnahmeregelungen: Die weite Auslegung des „Zusammenhangs“ trägt dem Ziel der Ausnahmevorschriften – der Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen Gütern und der Vermeidung unnötiger Fahrten – Rechnung.
- Rechtsprechung des OLG Celle: Eine Leerfahrt vom Ort der Entladung privilegierter Ware zum nächsten Abholort steht immer (auch) im Zusammenhang mit der vorherigen privilegierten Fahrt, unabhängig vom Folgeauftrag.
- Entscheidung des OLG Zweibrücken: Das Gericht folgt der Argumentation des OLG Celle und spricht den Fahrer frei, da die Leerfahrt zum nächsten Abholort im Zusammenhang mit dem Transport der privilegierten Güter stand.
➜ Das vorliegende Urteil vom Oberlandesgericht Zweibrücken
OLG Zweibrücken – Az.: 1 ORbs 4 SsRs 21/23 – Beschluss vom 16.11.2023
1. Auf Antrag des Betroffenen wird seine Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Pirmasens vom 30.11.2022 zugelassen und die Sache an den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen, weil es geboten ist, das Urteil zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nachzuprüfen (§§ 80 Abs. 1 Nr. 1, 80a Abs. 3 S. 1 und 2 OWiG).
2. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Pirmasens vom 30.11.2022 aufgehoben und der Betroffene freigesprochen.
3. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Landeskasse.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen verbotswidrigen Führens eines LKWs mit Anhänger an einem Sonntag zu einer Geldbuße von 120,- Euro verurteilt.
Gegen diese Verurteilung wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde. Der Einzelrichter des Senats hat die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen und dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden übertragen.
Die Generalstaatsanwaltschaft Zweibrücken hat beantragt, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen.
II.
Das Amtsgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
„Am 06.02.2022, einem Sonntag, befuhr der Betroffene um 20:13 Uhr mit seiner Sattelzugmaschine mit Anhänger die B… von … kommend in Fahrtrichtung …. Die Sattelzugmaschine trug das amtliche Kennzeichen … und der Anhänger … Auf dem Gelände der …Tankstelle in … wurde der Betroffene einer Verkehrskontrolle durch PK U. und PHK D. unterzogen.
Nach den durch die Polizeibeamten kontrollierten Frachtpapieren hatte der Betroffene Waren für die Firma L. in … transportiert (u.a. Salat und Fleisch) und sollte dann nach … zur Firma K. (…) fahren, um am Folgetag Waren aufzunehmen.
Bei der Firma K. handelt es sich um einen Kunststoff produzierenden Betrieb.“
Zur rechtlichen Würdigung hat das Amtsgericht ausgeführt: „[]… Im vorliegenden Fall hat der Betroffene verderbliche Ware an einem Sonntag in Baden-Württemberg abgeliefert. Der nächste Auftrag des Betroffenen war im pfälzischen …, dort handelte es sich um nicht privilegierte Ware. Ein Zusammenhang besteht darin, dass der Auftrag in … auf den Auftrag der privilegierten Ware folgte. Dieser Zusammenhang reicht vorliegend nicht aus, um eine Ausnahme des Sonntagsfahrverbotes anzunehmen.
III.
Das angefochtene Urteil unterliegt auf die Sachrüge hin der Aufhebung. Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung nicht. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Urteil hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Das Amtsgericht hat in dem festgestellten Verhalten einen Verstoß gegen §§ 30 Abs. 3, 49 StVO, § 24 StVG gesehen.
a) § 30 Abs. 3 Satz 1 StVO verbietet, Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t sowie Anhänger hinter Lastkraftwagen an Sonntagen und Feiertagen in der Zeit von 0:00 Uhr bis 22:00 Uhr zur geschäftsmäßigen oder entgeltlichen Beförderung von Gütern einschließlich damit verbundener Leerfahrten zu führen. Satz 2 der Vorschrift sieht Ausnahmen des Verbotes vor, u.a. gem. Ziff. 2 lit. b) für die Beförderung von frischem Fleisch und frischen Fleischerzeugnissen sowie gem. lit. d) für die Beförderung von leicht verderblichem Obst und Gemüse und gem Ziff. 6 für Leerfahrten, u.a. im Zusammenhang mit den genannten Fahrten gem. Ziff. 2.
b) Zur Frage, wie der Begriff des „Zusammenhangs“ mit privilegierten Fahrten auszulegen ist, hat das OLG Celle entschieden, dass der Begriff weit auszulegen sei. Eine einschränkende Auslegung der Norm dehne den bußgeldrechtlich bewehrten Bereich des Fehlverhaltens zum Nachteil der Betroffenen aus, weswegen Zurückhaltung geboten sei. Eindeutig überwiegende Gründe für eine einschränkende Auslegung seien nicht vorhanden (Beschl. v. 26.7.2016 – 1 Ss (OWi) 129/16, BeckRS 2016, 15154). Begründet hat das Gericht seine Ansicht u.a. damit, dass vom Sinn der Ausnahmeregelungen des § 30 Abs. 3 StVO ausgehend, nämlich der Versorgung der Bevölkerung mit bestimmten dort genannten Gütern (vgl. BeckOK StVR/Ritter, 21. Ed. 15.10.2023, StVO § 30 Rn. 17), kaum jemals eine zwingende Veranlassung dafür bestehen dürfte, nach der Transportfahrt im unmittelbaren Anschluss auch noch die Leerfahrt durchzuführen. Mit der Ablieferung der privilegierten Ware am Bestimmungsort sei der Zweck der Ausnahmeregelung nämlich bereits erreicht worden. Der Speditionsunternehmer könnte daher durchaus darauf verwiesen werden, die Rückfahrt erst am folgenden Werktag anzutreten. Dies wäre bei Bereitstellung genügender Fahrzeuge und Fahrer problemlos möglich. Ein zwingender Grund, diese am Sonntag durchzuführen, dürfte kaum jemals bestehen. Trotzdem seien die mit den privilegierten Lastfahrten im Zusammenhang stehenden Leerfahrten von dem Sonntagsfahrverbot ausgenommen. Daran zeige sich, dass wirtschaftliche oder wettbewerbliche Gründe bei der Beurteilung des Zusammenhanges der Leerfahrten nicht völlig aus dem Blick bleiben können. Da die einschränkende Auslegung der Norm nicht zuletzt erheblichen Einfluss auf das gesamte Transportgewerbe habe, sei es Sache des Verordnungsgebers der Straßenverkehrsordnung, erforderlichenfalls eine dahingehende klare Regelung zu schaffen.
Diesen Erwägungen schließt sich der Senat auch für den vorliegenden Fall an.
Da im Bußgeldrecht, ebenso wie im Strafrecht der Bestimmtheitsgrundsatz und das Analogieverbot gelten (§ 3 OWiG i.V.m. Art. 103 Abs. 2 GG; hier: nulla poena sine lex certa et stricta, vgl. Senatsbeschluss vom 24.11.2020 – 1 OWi 2 Ss 107/20, juris Rn. 12), kommt eine einschränkende Auslegung des ohnehin gesetzlich nur schwach konturierten Begriffs des Zusammenhangs vorliegend nicht in Frage. Die sich unmittelbar vom Abladeort der privilegierten Ware abschließende Fahrt steht immer (zumindest auch) im Zusammenhang mit der vorangegangenen privilegierten Fahrt. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn zugleich ein weiterer Folgeauftrag besteht. Ob diese Leerfahrt zum ursprünglichen Ausgangspunkt zurückgeht oder zu dem nächsten Abholort zur Beladung anderer Ware ist für die Frage des ursprünglichen Zusammenhangs unerheblich. Die Weiterfahrt steht immer auch im Zusammenhang mit einem weiteren Grund, sei es etwa die Rückfahrt zum Ausgangspunkt oder auch zu einem nächstgelegenen Ruheort. Das Sonntagsfahrverbot dient dem Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Personenverkehrs und des gleichmäßigen Verkehrsflusses sowie der Einschränkung der Lärm- und Abgasbelastung (vgl. OVG Münster NZV 95, 43). Die Leerfahrt zu einem in der Nähe befindlichen weiteren Abholort, statt einer Leerfahrt zu einem weiter entfernt gelegenen Ausgangspunkt der privilegierten Fahrt und einer zusätzlichen Neuanfahrt trägt gerade dem Sinn und Zweck des Gesetzes Rechnung, Lärm und Abgase zu reduzieren.
IV.
Der Senat macht, da weitere Feststellung nicht zu erwarten sind, von der Möglichkeit Gebrauch gemäß § 79 Abs. 6 OWiG nach Aufhebung des angefochtenen Urteils in der Sache selbst zu entscheiden, was zum Freispruch des Betroffenen aus rechtlichen Gründen führt (vgl. BeckOK StVR/Lay, 21. Ed. 15.10.2023, OWiG § 79 Rn. 340 m.w.N.; BeckOK OWiG/Bär, 40. Ed. 1.10.2023, OWiG § 79 Rn. 135).
V.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 467 StPO (vgl. KK-OWiG/Hadamitzky, 5. Aufl. 2018, OWiG § 79 Rn. 165).