Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der am … geborene Kläger begehrt die Ausstellung eines unbefristeten Scheckkartenführerscheins.
Er erwarb am 8. Februar 1978 die Fahrerlaubnis der Klasse 4, am 8. Mai 1980 die Fahrerlaubnisse der Klassen 1 und 3 sowie schließlich am 16. Mai 1983 die Fahrerlaubnis der Klasse 2.
Der Kläger stellte am 8. Mai 2023 einen Antrag auf Umstellung in einen Kartenführerschein, nachdem ihm sein am 26. April 1983 ausgestellter (alter bundesdeutscher) Führerschein Nr. 1510/83 abhandengekommen war. Er erhielt im Anschluss daran einen Kartenführerschein mit Gültigkeit bis zum 7. Mai 2038 für die Klassen AM, A1, A2, A, B, C1, C, BE, C1E, CE, L und T übersandt.
Mit Schreiben vom 31. Mai 2023 wandten sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers an das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis und machten geltend, die Befristung des Führerscheins sei rechtswidrig. § 23 Abs. 1 Satz 1 FeV regele, dass die Fahrerlaubnis der Klassen AM, A 1, A2, A, B, BE, L und T unbefristet erteilt würden. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass nur eine Befristung des Führerscheindokuments, nicht aber eigentlichen Fahrerlaubnis vorliege. Die nachträgliche Befristung eines vor dem 19. Januar 2013 ausgestellten Führerscheins verletze das Rückwirkungsverbot. Zur Umschreibung der alten Führerscheinklassen ohne Befristungsvermerk im neuen Kartenführerschein werde aufgefordert.
Das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis lehnte mit Schreiben vom 28. Juni 2023 das Begehren des Klägers ab, ihm einen unbefristeten Ersatzführerschein auszustellen. Zur Begründung verwies es darauf, dass der Kläger angesichts der Bestimmung des § 24a Abs. 2 FeV in Verbindung mit Anlage 8e zur Fahrerlaubnisverordnung seinen alten (Papier-)Führerschein zum 23. Januar 2023 in einen Scheckkartenführerschein hätte umtauschen müssen. Die Befristung des Führerscheins ergebe sich aus § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV, der Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung) umsetze. Die Befristung des Führerscheins habe keine Auswirkung auf die Geltungsdauer der zugrundeliegenden Fahrerlaubnis.
Der Kläger hat am 28. Juli 2023 Klage erhoben, mit der er unter Verweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. August 2018 – AN 10 K 17.02634 – geltend macht, die unbefristet erteilte Fahrerlaubnis und der Führerschein stünden in einem untrennbaren Zusammenhang und eine nachträgliche Befristung des Führerscheindokuments verstoße gegen das Rückwirkungsverbot. Durch die Befristung bestünde die Gefahr, sich bei der Fahrerlaubnisbehörde vorstellen zu müssen, die bei dieser Gelegenheit bei aufkommenden Zweifeln an der Fahreignung ordnungsrechtliche Maßnahmen anordnen könnte. Zudem zwinge die Befristung zu einem gebührenpflichtigen Austausch. Er habe das Abhandenkommen seines alten Führerscheins erst unmittelbar vor Ablauf der Umtauschfrist am 19. Januar 2023 bemerkt und in der Zeit bis zur Neubeantragung mit Abgabe der eidesstattlichen Versicherung mit intensiver Suche verbracht, zumal das Fahren ohne Führerscheindokument eine nur milde geahndete Ordnungswidrigkeit darstelle im Vergleich der Abgabe einer unzutreffenden eidesstattlichen Versicherung. Er verhalte sich auch nicht wider Treu und Glauben, wenn er die Erteilung eines unbefristeten Führerscheins anstrebe, obwohl er bereits seit dem 19. Januar 2023 seinen alten Führerschein in einen Scheckkartenführerschein hätte umtauschen müssen. Andernfalls hätte er sich bis zur erfolgreichen Rechtsdurchsetzung unzumutbar zunächst so verhalten müssen, wie es die rechtswidrigen Vorschriften vorsähen. Die analoge Anwendung von § 242 BGB im öffentlichen Recht erfolge nur unter dem Blickwinkel der Verwirkung, deren Voraussetzungen aber nicht vorlägen. Nach Auffassung des Bundesrats (vgl. BR-Drs. 600/1/18) seien Inhabern einer vor dem 19. Januar 2013 erworbenen Pkw-Fahrerlaubnis weiterhin unbefristete Führerscheine zu erteilen. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die erstmalige Anwendung der Richtlinie 2006/126/EG sei nicht das Datum der Ausstellung des neuen Führerscheins, sondern dasjenige des Erwerbs der Fahrerlaubnis. Daher wäre es rechtlich verfehlt, bei Verlust des Alt-Führerscheins nicht denselben Bestandsschutz zu gewähren wie bei jeder anderen Neuerteilung des Scheckkartenführerscheins, wenn die Fahrerlaubnis vor dem 19. Januar 2013 erworben worden sei. Eine unterschiedliche Behandlung von Ersatzführerscheinen und regulär „umgetauschten“ Führerscheinen verbiete sich daher. Dies ergebe sich auch aus den Erwägungsgründen 5 und 6 der maßgeblichen Richtlinie. Eine Befristung von Alt-Führerscheinen bedürfe einer gesetzlichen Regelung; die maßgebliche Rechtsverordnung sei nicht ausreichend und eine entsprechende gesetzliche Regelung existiere bislang nicht. Daher liege auch keine Rechtfertigung der Rückwirkung vor. Die Regelung in § 6 Abs. 1 Buchst. x StVG belege, dass der Gesetzgeber eine Besitzstandswahrung für „Alt“-Führerscheine im Hinblick auf die Befristung ausdrücklich vorgesehen und die verfassungsrechtlich relevante Rückwirkungsproblematik in dieser Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung explizit erkannt und bestätigt habe. Von besonderer rechtlicher Bedeutung sei vorliegend Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG, wonach es einen umfassenden Bestandsschutz zugunsten solcher Personen gebe, die ihrer Fahrerlaubnis – wie er – vor dem 19. Januar 2013 erworben hätten. Eingriffe in das Führerscheindokument stellten zugleich Eingriffe in die Fahrerlaubnis dar, die jedoch nach dem Richtlinienwortlaut nicht „in irgendeiner Weise“ eingeschränkt werden dürfe. Die Richtlinienbestimmung räume also den denkbar umfassendsten Schutz ein.
Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihm einen unbefristeten Ersatzführerschein für seine Fahrerlaubnisse auszustellen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er vertieft sein vorprozessuales Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage bleibt ohne Erfolg. Sie ist zulässig (dazu unter 1.), aber unbegründet (dazu unter 2.).
1. Die Klage ist zulässig.
Sie ist in der Form der allgemeinen Leistungsklage, die zwar in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht ausdrücklich geregelt, aber doch an unterschiedlichen Stellen erwähnt wird (vgl. § 43 Abs. 2 VwGO, § 111 VwGO), statthaft, denn dem Kläger geht es um die Ausstellung eines Führerscheins, der kein Befristungsdatum trägt. Anders als die Fahrerlaubnis, die eine Erlaubnis darstellt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 StVG) und regelmäßig im Wege eines Verwaltungsakts ausgesprochen wird (vgl. – zum actus contrarius – BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1967 – VII B 203.66 – juris, Ls.; Siegmund, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Auflage, § 2 StVG [Stand: 14.03.2024], Rn. 44), ist der Führerschein gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 StVG die amtliche Bescheinigung darüber, Inhaber einer Fahrerlaubnis zu sein. Ihr fehlt die für einen Verwaltungsakt erforderliche eigenständige Regelungswirkung, die sich im vorliegenden Fall insbesondere auch nicht daraus ergibt, dass das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis den streitigen Kartenführerschein in seiner Gültigkeit auf den 7. Mai 2038 befristet hat. Denn diese Befristung erzeugt – im Sinne einer Regelungswirkung – aus sich heraus keine eigene Rechtsfolge, sie ist also keine Maßnahme einer Behörde, die darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen, um Rechte des Betroffenen unmittelbar zu begründen, zu ändern, aufzuheben, mit bindender Wirkung festzustellen oder zu verneinen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1987 – 7 C 83.84 – juris, Rn. 9). Vielmehr klärt das im Führerschein gemäß § 24a Abs. 1 FeV aufzunehmende Befristungsdatum den Führerscheinbesitzer lediglich darüber auf, dass mit Ablauf des Befristungszeitraums der Führerschein ungültig wird, wohingegen die Geltungsdauer der durch den Führerschein bloß bescheinigten Fahrerlaubnis gerade unberührt bleibt (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV).
2. Die auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verurteilung des Beklagten, einen unbefristeten Führerschein über die von ihm in den Jahren 1978, 1980 und 1983 erworbenen Fahrerlaubnisse ausgestellt zu erhalten. Der Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV (zuletzt geändert durch die dreizehnte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, BGBl I 2019, S. 218).
Nach dieser Bestimmung ist die Gültigkeit der ab dem 19. Januar 2013 ausgestellten Führerscheine auf 15 Jahre befristet. Diese Voraussetzungen liegen auch in Bezug auf das dem Kläger im Anschluss an den Verlust seines alten Papier-Führerscheins erteilte Ersatzdokument vor. Dies ergibt eine Auslegung dieser Vorschrift (dazu unter a)). § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar (dazu unter b)). Darüber hinaus steht dem vom Kläger geltend gemachte Anspruch der Einwand von Treu und Glauben analog § 242 BGB entgegen (dazu unter c)).
a) Die Auslegung von § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV nach Wortlaut (dazu unter aa)), Systematik (dazu unter bb)), Historie (dazu unter cc)) und Zweck (dazu unter dd)) ergibt, dass der dort verwandte Begriff des „Führerscheins“ auch Ersatz-Führerscheine umfasst.
aa) Der Wortlaut des § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV lässt es zu, den für den Kläger durch das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis bereitgestellten (Ersatz-)Kartenführerschein zu erfassen. Denn er nimmt keine Differenzierung zwischen einem erstmals hergestellten Führerschein, einem nach Ablauf der Befristung und dem damit einhergehenden Verlust der Gültigkeit neu hergestellten Führerschein sowie einem nach Verlust oder Diebstahl gefertigten Ersatzführerschein vor. Vielmehr verwendet die Verordnungsnorm mit dem Begriff des Führerscheins einen Oberbegriff, der alle diese amtlichen Bescheinigungen umfasst (vgl. im Ergebnis wie hier VG Berlin, Urteil vom 9. Februar 2018 – 4 K 40.17 – juris, Rn. 14).
bb) Die Auslegung in systematischer Hinsicht offenbart zwar, dass der Verordnungsgeber zwischen dem Begriff des Führerscheins und des Ersatzdokuments unterscheidet. So taucht der Begriff des Ersatzdokuments sowohl in § 24a FeV selbst auf, nämlich in Absatz 3 Satz 4, als auch in § 25 Abs. 4 Satz 1 und § 75 Nr. 4 FeV. § 25 Abs. 4 Satz 2, § 49 Abs. 1 Nr. 11, § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. i, § 52 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. i und § 57 Nr. 9 FeV sprechen außerdem vom Ersatzführerschein. Das Verwaltungsgericht Berlin, a. a. O., führt hierzu aber überzeugend aus:
„Zwar trifft es zu, dass der Verordnungsgeber in § 25 Abs. 4 Satz 1 FeV die Formulierung ‚Ersatzdokument‘ sowie in § 25 Abs. 4 Satz 2 FeV die Formulierung ‚Ersatzführerschein‘ für solche Führerscheine verwendet hat, die als Ersatz für verlorene Dokumente ausgestellt werden. Dies führt aber nicht dazu, dass § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV mangels ebendieser Differenzierung auf Ersatzführerscheine keine Anwendung findet. Denn zum einen hat der Verordnungsgeber die angesprochene sprachliche Unterscheidung nicht stringent durchgehalten. In § 25 Abs. 5 Satz 6 FeV ist in Bezug auf einen als Ersatz für ein verlorenes Dokument ausgestellten Führerschein nur von einem ‚neuen‘ die Rede. Sowohl § 25 Abs. 4 Satz 1 und 2 FeV als auch § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV knüpfen hingegen sprachlich übereinstimmend an das Ausstellen eines Führerscheins an. Zum anderen differenziert § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV auch im Übrigen nicht nach den Gründen der Ausstellung eines Führerscheins. Anderenfalls wäre auch die Erteilung eines neuen Führerscheins, die etwa aufgrund der Erweiterung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis nach § 25 Abs. 2 FeV notwendig wird, nicht erfasst.“
Anders als der Kläger in diesem Kontext meint, lässt sich aus § 6 StVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310), von dem § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b und x zuletzt durch Artikel 1 Nummer 6 des Gesetzes vom 2. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1748) geändert wurde und der die Verordnungsermächtigung für den Erlass von § 24a FeV bildet, unter systematischen Erwägungen nicht ableiten, dass (Ersatz-)Führerscheine von vornherein nicht unter die Befristungsregelung des § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV fallen.
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b und x StVG in der damals geltenden Fassung bestimmte, dass das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ermächtigt wurde, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr, insbesondere über – Buchstabe b – den Inhalt der Fahrerlaubnisklassen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 und der besonderen Erlaubnis nach § 2 Abs. 3, die Gültigkeitsdauer der Fahrerlaubnis der Klassen C und D, ihrer Unterklassen und Anhängerklassen, die Gültigkeitsdauer der Führerscheine und der besonderen Erlaubnis nach § 2 Abs. 3 sowie Auflagen und Beschränkungen zur Fahrerlaubnis und der besonderen Erlaubnis nach § 2 Abs. 3, sowie – Buchstabe x – den Inhalt und die Gültigkeit bisher erteilter Fahrerlaubnisse, den Umtausch von Führerscheinen, deren Muster nicht mehr ausgefertigt werden, sowie die Neuausstellung von Führerscheinen, deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist, und die Regelungen des Besitzstandes im Falle des Umtausches oder der Neuausstellung.
Ohne weiteres deckte die gesetzliche Regelung, soweit sie von der Gültigkeitsdauer der Führerscheine sowie von der Neuausstellung von Führerscheinen, deren Gültigkeitsdauer abgelaufen war, und der Regelungen des Besitzstandes im Falle des Umtausches oder der Neuausstellung sprach, die verordnungsrechtlichen Regelungen, wie sie in insbesondere in § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV ihre Gestalt gefunden haben. Der Gesichtspunkt des Besitzstandes im Falle des Umtausches und der Neuausstellung ist darüber hinaus durch Anlage 8e zur Fahrerlaubnis-Verordnung – auch im Sinne einer zulässigen Rückwirkung (dazu noch unten) – verwirklich worden. Angesichts des offen gefassten Wortlauts von § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst b und x StVG a. F. ergibt sich hieraus aber gerade nicht, dass sich der Gesetz- oder Verordnungsgeber zu dem Ausschluss von (Ersatz-)Führerscheinen aus den Befristungsregeln entschlossen hatte.
cc) Aus der Betrachtung der Entstehungsgeschichte des § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV lässt sich nichts für den Willen des Verordnungsgebers herleiten, dass Ersatzführerscheine keiner Befristung unterliegen, mithin nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen sollten.
Der Kläger führt hierzu die Empfehlungen des Verkehrsausschusses und des Ausschusses für Innere Angelegenheiten des Bundesrates vom 1. Februar 2019 an (BR-Drs. 600/1/18). Insbesondere der federführende Verkehrsausschuss empfahl dem Bundesrat, eine Entschließung darüber zu fassen, nach der es der Bundesrat angesichts der Ersetzung der Führerscheine und ihrer Gültigkeitsbeschränkung auf 15 Jahre für erforderlich halte, dass die Bundesregierung umgehend unter Ausnutzung aller sich europarechtlich ergebender Spielräume prüft, ob und inwieweit der bisherige Besitzstand bei der Dokumentation der Fahrerlaubnis möglichst lange erhalten werden können. Zur Begründung führt der Verkehrsausschuss aus, dass die Richtlinie 2006/126/EG anerkenne, dass es bis zum 19. Januar 2033 Führerscheine auch ohne begrenzte Gültigkeitsdauer geben könne. Die effektive Umsetzung des europäischen Rechts verlange damit vorgezogen eine gesetzliche Regelung auch für vor dem 19. Januar 2013 ausgegebene Alt-Führerscheine. Auch wenn dies nur das Nachweisdokument und nicht die Fahrerlaubnis selbst betreffe, werde damit nachträglich in bestandskräftige, rechtlich fortwirkende begünstigende Verwaltungsakte eingewirkt. Die damit verbundene Rückwirkung verlange eine bundesweit koordinierte Umsetzung unter Ausnutzung aller vorhandenen Spielräume.
Diese Ausführungen müssen im Lichte der vom Verkehrsausschuss angeregten Änderungen des Verordnungstextes gesehen werden. Der Ausgangsentwurf der elften Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften sah noch keine gestaffelten Fristen für den Umtausch von Führerscheinen vor (vgl. BR-Drs. 253/16). Diesen empfahl der Verkehrsausschuss in Form der Aufnahme einer Anlage 8e zu § 24a Abs. 2 Satz 1 FeV (vgl. BR-Drs. 600/1/18, S. 3 f.). Die Fahrerlaubnis-Verordnung wurde um die durch den Verkehrsausschuss empfohlene gestaffelte Fristenregelung sodann durch Art. 1 Nr. 16a der dreizehnten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 11. März 2019 (BGBl I, S. 218 <222>) in Form der Anlage 8e ergänzt. Mit Blick auf diese Verordnungsgenese lässt sich lediglich feststellen, dass der Verordnungsgeber seine unionsrechtlichen Spielräume ausgenutzt und dem Gesichtspunkt der Rückwirkung durch das Einfügen einer gestaffelten Umtauschstichtagsregelung Rechnung getragen hat. Dass aber, wovon der Kläger ausgeht, im Zuge eines Verlustes ausgereichte Ersatzkartenführerscheine von vornherein keiner Befristung in ihrer Gültigkeit unterliegen sollen, lässt sich an keiner Stelle anhand des Verordnungsgebungsverfahrens belegen.
dd) Schließlich ergibt die Auslegung von § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV anhand des Sinns und Zwecks dieser Bestimmung, dass auch der dem Kläger herausgereichte Ersatzführerschein erfasst und daher in seiner Gültigkeit zu befristen ist.
§ 24a FeV geht zurück auf die sechste Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 7. Januar 2011, mit der die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung) (ABl. L 403 vom 30. Dezember 2006, S. 18) in der Fassung der Richtlinie 2009/113/EG der Kommission vom 25. August 2009 (ABl. L 223 vom 26. August 2009, S. 31) erstmals umgesetzt wurde. Danach war § 24a FeV mit Blick auf den unionsrechtlichen vorgegebenen und umzusetzenden Rechtsrahmen mehrfach Gegenstand verschiedener Änderungen (vgl. Trésoret, in: jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Auflage, § 24a FeV, Rn. 2 ff.).
§ 24a FeV setzt zum einen Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2006/126/EG um, nach dem die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass bis zum 19. Januar 2033 alle ausgestellten oder in Umlauf befindlichen Führerscheine alle Anforderungen dieser Richtlinie erfüllen, und zum anderen Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b dieser Richtlinie, nach dem Führerscheine für bestimmte Klassen mit einer Gültigkeitsdauer von bis zu 15 Jahren ausgestellt werden können.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften begründete ihren Vorschlag für eine Richtlinie EG des Europäischen Parlament[s] und des Rates über den Führerschein (Neufassung) vom 21. Oktober 2003 (2003/0252 (COD)) unter anderem wie folgt (S. 3 f.):
„Schutz vor Betrug
Ein Aspekt, der immer wichtiger geworden ist, ganz besonders nach dem 11. September 2001, ist der Schutz vor Betrug. Dieser Aspekt wurde sowohl auf EU-Ebene als auch von für den Führerschein zuständigen Regierungsexperten angesprochen und zählt zu den Punkten von besonderer Bedeutung.
Hervorzuheben ist, dass bei der gegenwärtigen Lage die ordnungsgemäße Strafverfolgung in Zusammenhang mit dem Führerschein kaum möglich ist. Aufgrund mangelnder Harmonisierung der Gültigkeitsdauer sind über 80 verschiedene Muster in Umlauf und die damit verbundene Fahrerlaubnis ist in allen Mitgliedstaaten gültig. Ein Führerschein vermittelt jedoch nicht nur den Zugang zu allen Arten von Fahrzeugen mit zuweilen erheblichem Gewicht und Abmessungen; in vielen EU-Ländern kann er auch als Identitätsdokument zur Eröffnung eines Bankkontos oder um Flüge zu buchen verwendet werden.
Daher wird aus Gründen des Schutzes vor Betrug und der Freizügigkeit der Bürger vorgeschlagen, dass als erster Schritt folgende Maßnahmen getroffen werden:
– damit die Zahl der heute im Umlauf befindlichen Führerscheinmuster weiter verringert werden kann, kann das Führerscheinmuster auf Papier nicht länger ausgestellt werden. Ausgestellt werden darf einzig ein Führerschein nach EG-Muster in Form einer Plastikkarte (nach Art der Kreditkarte), das einen besseren Schutz vor Betrug gewährleistet;
– der Schutz vor Betrug wird erhöht durch die Möglichkeit, einen Mikrochip einzuführen. Dies ermöglicht es den Mitgliedstaaten, einen Mikrochip auf dem Führerschein einzuführen, der die gleichen Angaben enthält, die auf der Karte aufgedruckt sind. Diese begrenzte Funktion ermöglicht einen besseren Schutz vor Betrug (z.B. Sicherung durch eine geeignete PKI (Public-Key-Infrastruktur) und gewährleistet gleichzeitig den Schutz der die Bürger betreffenden Daten und Angaben. Die Funktion des Mikrochips ist ausdrücklich auf die Funktion eines Führerschein[s] begrenzt. Die Möglichkeit des Führerscheinentzugs nach einem schweren Verstoß bleibt damit gewahrt;
– eingeführt werden soll das Konzept der begrenzten Gültigkeitsdauer der Führerscheine. Dies umfasst:
– die Einführung einer regelmäßigen Erneuerung der Führerscheine durch die Verwaltung, die es ermöglicht, den Schutz aller Führerscheine vor Betrug kontinuierlich zu aktualisieren;
– die Möglichkeit der gleichzeitigen Aktualisierung des Fotos auf dem Führerschein – ein weiterer Bestandteil des Schutzes vor Betrug, der die Verwaltung und Strafverfolgung in Zusammenhang mit Führerscheinen erleichtert.
Durch die begrenzte Gültigkeitsdauer wird nicht das Recht zum Führen eines Fahrzeugs einer bestimmten Klasse in Frage gestellt, sondern lediglich die Verpflichtung eingeführt, das Dokument, aus dem dieses Recht hervorgeht, erneuern zu lassen. Die Bürger behalten ihre erworbenen Rechte, aber die regelmäßige Erneuerung des Dokuments wird dazu beitragen, die heute bestehenden Betrugsmöglichkeiten zu verringern.
Gleichzeitig wird durch die letztgenannte Maßnahme das letzte verbleibende Hindernis für die Freizügigkeit der Bürger vollständig abgeschafft. Da alle neu ausgestellten Führerscheine die gleiche Gültigkeitsdauer haben werden, die auf dem Führerschein angegeben ist, müssen keine weiteren einzelstaatlichen Vorschriften angewandt oder berechnet werden, wie es heute der Fall ist. Das Recht zum Führen eines Fahrzeugs wird klar durch das Dokument selbst begründet und daher leicht durch den Inhaber und die Verwaltungs- und Strafverfolgungsbehörden anzuerkennen.
Was die bereits im Umlauf befindlichen Führerscheine betrifft, so wird durch diesen Vorschlag mit der neu eingeführten Gültigkeitsdauer das Recht der Mitgliedstaaten abgeschafft, ihre eigene Gültigkeitsdauer auf von anderen Mitgliedstaaten ausgestellte Führerscheine anzuwenden, deren Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz auf ihrem Hoheitsgebiet begründet. Die Führerscheine bleiben so lange gültig, wie es auf dem Führerschein angegeben ist. Vor Ablauf der Gültigkeitsdauer muss der Inhaber den Führerschein in dem Mitgliedstaat erneuern lassen, in dem er seinen ordentlichen Wohnsitz hat. Diese Vorschriften bieten dem Führerscheininhaber die erforderliche Rechtssicherheit.
Ein Umtausch aller bestehenden alten Führerscheine wird nicht vorgeschlagen, weder aus Gründen des unzureichenden Schutzes vor Betrug noch der unterschiedlichen Gültigkeitsdauer. Eine solche Bestimmung würde bedeuten, dass Millionen von Führerscheinen umgetauscht werden müssten – ein Vorgang von einer Größenordnung, dass er schwer zu handhaben wäre und sich über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren erstrecken würde. Daher wird vorgeschlagen, die begrenzte Gültigkeitsdauer nur auf Führerscheine anzuwenden, die nach Beginn der Anwendung dieser Richtlinie ausgestellt werden. Dadurch werden die alten Muster nach und nach auslaufen.“
Weiter heißt es (S. 8 f.):
„(4) Derzeit ist die Gültigkeitsdauer für Pkw- und Kraftradführerscheine in vier Mitgliedstaaten zeitlich unbegrenzt. In vielen anderen Mitgliedstaaten sind einige Führerscheinklassen jahrzehntelang gültig. Durch die Einführung eines harmonisierten und regelmäßigen obligatorischen Umtauschs der Führerscheine könnten alle neuen Dokumente aktualisiert und in Bezug auf Sicherheitsmerkmale auf den neuesten Stand gebracht werden, um so das Fälschungs- und Betrugsrisiko zu senken.
[…]
(5) Durch die regelmäßige Erneuerung des Dokuments würde ferner gewährleistet, dass das Foto auf dem Führerschein ein neueres Foto des Inhabers ist. Dieses Problem ist besonders ausgeprägt in den Mitgliedstaaten, in denen die Gültigkeitsdauer unbegrenzt ist.
(6) Als Nebeneffekt werden diese Maßnahmen zur Verkehrssicherheit beitragen. Durch eine geringere Zahl von Führerscheinmustern, die besser vor Betrug geschützt sind, die regelmäßig erneuert werden und dadurch besser aufspürbar sind, erhöhen sich die Möglichkeiten einer wirksamen Strafverfolgung und ordnungsgemäßen Verwaltung.“
Schließlich wird vorgebracht (S. 9 und 11):
„Vorschlag 3: Erneuerung (neuer Artikel 7 Absatz 2)
(10) Von den Mitgliedstaaten nach Inkrafttreten dieser Richtlinie ausgestellte Führerscheine der Klassen AM, A1, A2, A, B, B1 und B+E haben eine Gültigkeitsdauer von höchstens zehn Jahren. Führerscheine, deren Inhaber bereits das 65. Lebensjahr vollendet haben, haben eine Gültigkeitsdauer von höchstens fünf Jahren.
(11) Von den Mitgliedstaaten nach Inkrafttreten dieser Richtlinie ausgestellte Führerscheine der Klassen C, C+E, C1, C1+E, D, D+E, D1, D1+E haben eine Gültigkeitsdauer von höchstens fünf Jahren. Führerscheine, deren Inhaber bereits das 65. Lebensjahr vollendet haben, haben eine Gültigkeitsdauer von höchstens einem Jahr. Dies ist in den meisten Mitgliedstaaten bereits gängige Praxis.
(12) Die vorstehend genannte Gültigkeitsdauer gilt für Führerscheine (aller Klassen), die von den Mitgliedstaaten vor Inkrafttreten der Änderung der Richtlinie 91/439/EWG ausgestellt wurden, nur, wenn die auf dem Führerschein angegebene Gültigkeitsdauer abläuft oder wenn ein Führerschein im Falle von Verlust oder Diebstahl ersetzt werden muss.
Erwartete Ergebnisse
(13) Die harmonisierte, obligatorische und regelmäßige Erneuerung der Führerscheine wird zum Erreichen folgender Ziele beitragen:
– Schutz vor Betrug: alle im Umlauf befindlichen Führerscheine würden unter Verwendung der neuesten Sicherheitsmerkmale regelmäßig aktualisiert werden, um die Gefahr von Fälschungen und Betrug zu verringern; bei dem Foto des Inhabers auf dem Führerschein handelt es sich um ein neueres Bild.
– schrittweise Verringerung der Zahl der im Umlauf befindlichen unterschiedlicher Führerscheinmuster: trägt zur Klärung der derzeitigen komplexen Lage bei und schafft bessere Strafverfolgungsmöglichkeiten.
– mehr Freizügigkeit für Führerscheininhaber: die Gültigkeitsdauer der Führerscheine wird harmonisiert, die Anwendung einer einzelstaatlicher Gültigkeitsdauer oder vorgeschriebene regelmäßige ärztliche Untersuchungen führen nicht zu weiteren Einschränkungen;
(14) Durch die Regelung werden die erworbenen Rechte nicht berührt, sie gilt nur für neu ausgestellte Führerscheine. Nur wenn ein vor Inkrafttreten dieser Richtlinie ausgestellter Führerschein erneuert werden muss oder im Fall von Verlust oder Diebstahl sollte die neue Gültigkeitsdauer gelten. Nur wenn ein vor Inkrafttreten dieser Richtlinie ausgestellter Führerschein erneuert werden muss oder im Fall von Verlust oder Diebstahl sollte die neue Gültigkeitsdauer gelten.
(15) Angesichts der Bedeutung der durch einen Führerschein der Klasse C oder D (oder der entsprechenden Unter- und Anhängerklassen) übertragenen Rechte sollte die Gültigkeitsdauer dieses Führerscheins auf ein Jahr begrenzt sein, wenn der Inhaber das 65. Lebensjahr bereits vollendet hat.
II. Gewährleistung der Freizügigkeit der Bürger
II.1. Beschreibung der derzeitigen Lage
[…]
Gültigkeitsdauer
(20) Die Gültigkeitsdauer der Führerscheine ist noch nicht harmonisiert. In einigen Mitgliedstaaten werden bestimmte Führerscheinklassen auf Lebenszeit ausgestellt; in anderen müssen die Führerscheine ab einem bestimmten Alter in regelmäßigen Abständen erneuert werden.
(21) Gemäß Artikel 1 Absatz 3 können die Mitgliedstaaten ihre einzelstaatlichen Bestimmungen hinsichtlich der Gültigkeitsdauer von Führerscheinen anwenden In der Praxis ist die Gültigkeitsdauer in der einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich geregelt. Daher gilt in den meisten Fällen eine andere Gültigkeitsdauer, wenn ein Führerscheininhaber seinen Wohnsitz wechselt. Wenn beispielsweise ein deutscher Führerscheininhaber in die Niederlande umzieht, ist er im Besitz eines auf Lebenszeit gültigen Führerscheins. Die Niederlande wenden ihre Rechtsvorschriften betreffend die Gültigkeitsdauer an und verpflichten den deutschen Führerscheininhaber, seinen Führerschein nach zehn Jahren umzutauschen. Oder wenn beispielsweise ein schwedischer Führerscheininhaber nach Spanien zieht, um dort einige Jahre seines Ruhestands zu genießen, dann wird er mit den spanischen Rechtsvorschriften konfrontiert, die regelmäßige ärztliche Untersuchungen und Führerscheinerneuerungen (anstelle einer einfachen Erneuerung alle zehn Jahre wie in Schweden) vorschreiben. Dies führt zu Rechtsunsicherheit und mangelnder Transparenz. Bei der Kommission sind diesbezüglich Beschwerden von Hunderten von Bürgern eingegangen, aus denen hervorgeht, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung nicht wirklich in die Praxis umgesetzt wurde und ihre Freizügigkeit nicht gewährleistet ist.
(22) Bei Führerscheininhabern, die ihren ordentlichen Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegen, tritt zusätzlich das praktische Problem der Berechnung der Gültigkeitsdauer auf. Da die Gültigkeitsdauer sich von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheidet, kann der Führerscheininhaber gezwungen sein, seinen Führerschein in einem Mitgliedstaat umzutauschen, in dem eine kürzere Gültigkeitsdauer gilt, wodurch ebenfalls der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung beeinträchtigt wird.
(23) Diese Lage führt zu mangelnder Transparenz sowohl für die Bürger als auch für die Verwaltungsbehörden und zu Rechtsunsicherheit. Auf die im Führerschein enthaltenen Angaben kann nicht länger vertraut werden. Diese Lage kann nur durch eine Harmonisierung der Gültigkeitsdauer der Führerscheine geklärt werden. Alle neuen Führerscheine, die nach Inkrafttreten dieser Richtlinie ausgestellt werden, müssen aufgrund der Gültigkeitsdauer in regelmäßigen Abständen erneuert werden und werden gegen ein neues Modell mit den neuesten Sicherheitsmerkmalen ausgetauscht.“
Zusammengefasst zielt die in der Richtlinie 2006/126/EG verankerte begrenzte Gültigkeitsdauer für Führscheine auf die Verringerung von Betrugsmöglichkeiten und der Gewährleistung der Freizügigkeit der Bürger (vgl. auch Erwägungsgründe 2 und 7 der Richtlinie 2006/126/EG). Diese Ziele können indes nur erreicht werden, wenn unterschiedslos alle Führerscheine erfasst werden, mithin nicht zwischen Führerscheinen und Ersatzdokumenten unterschieden wird. Der Richtliniengeber stellt daher auch nur auf einen bestimmten Zeitpunkt ab – gemäß Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie haben Führerscheine ab dem 19. Januar 2013 eine begrenzte Gültigkeit – und gerade nicht auf den Dokumententyp. Dies kommt allem voran in dem Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zum Tragen, „die begrenzte Gültigkeitsdauer nur auf Führerscheine anzuwenden, die nach Beginn der Anwendung dieser Richtlinie ausgestellt werden“, wodurch „die alten Muster nach und nach auslaufen [werden]“ (2003/0252 (COD), S. 4, sowie S. 8, wo von der Aktualisierung aller neuen Dokumente die Rede ist). Dass der Richtliniengeber offensichtlich auch für den vorliegenden Fall – Ausstellung eines Ersatzdokuments nach Verlust – keinen Unterschied mit Blick auf die Gültigkeitsdauer machen wollte, ergibt sich aus den Erwägungen zu „Vorschlag 3: Erneuerung (neuer Artikel 7 Absatz 2)“, wo betont wird, dass zwar durch die Regelung die erworbenen Rechte nicht berührt werden und sie nur für neu ausgestellte Führerscheine gilt, aber die neue Gültigkeitsdauer gelten soll, wenn ein vor Inkrafttreten dieser Richtlinie ausgestellter Führerschein erneuert werden muss oder im Fall von Verlust oder Diebstahl (vgl. 2003/0252 (COD), S. 10).
Eine richtlinienkonforme Auslegung von § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV anhand des vom Unionsgesetzgeber verfolgten Regelungszwecks ergibt damit eindeutig, dass unterschiedslos alle neuen Führerscheine, die nach Inkrafttreten dieser Richtlinie ausgestellt werden, in ihrer Gültigkeitsdauer zu befristen sind.
Der Einzelrichter vermag sich in diesem Kontext nicht den Erwägungen des Verwaltungsgerichts Ansbach in seinem Urteil vom 20. August 2018 – AN 10 K 17.02634 – juris, Rn. 28 anzuschließen. Es führt an dieser Stelle zusammengefasst aus, der Richtliniengeber unterscheide nicht trennscharf zwischen Fahrerlaubnis und Führerschein, weshalb nach Meinung dieses Gerichts Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2006/126/EG eine Befristung nur von neu ausgestellten Fahrerlaubnissen rechtfertige und gebiete, nicht jedoch eine von der Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen losgelöste Befristung von Führerscheinen. Weiterhin schließe die Richtlinie gemäß Erwägungsgrund 5 und Art. 14 Abs. 3 die Anwendung auf vor dem 19. Januar 2013, dem Anwendungszeitpunkt der Richtlinie, erteilte Fahrerlaubnisse (und damit auch vorher erteilte Führerscheine) aus. Sie mache daher keine Vorgaben auf vor dem 19. Januar 2013 erteilte Fahrerlaubnisse oder Führerscheine, außer dass bis zum 19. Januar 2033 alle im Umlauf befindlichen Führerscheine die Vorgaben der Richtlinie einhalten müssen. Die Richtlinie sehe daher insbesondere nicht die Befristung von vor dem 19. Januar 2013 ausgestellten Führerscheine vor. Dass dies bei Ersatzführerscheinen von „alten“ Führerscheinen anders sein sollte, dafür bestünden kein Anhaltpunkt. Die einzige Vorschrift, die sich mit Ersatzführerscheinen befasse, Artikel 11 Abs. 5, deute eher darauf hin, dass Ersatzdokumente dem ursprünglichen Führerscheindokument folgten. Die Beschränkung des zeitlichen Anwendungsbereichs erkläre sich auch mit dem unionsrechtlichen Rückwirkungsverbot.
Ob die von dem Verwaltungsgericht Ansbach vorgenommene verfassungskonforme Auslegung überhaupt eröffnet war, erscheint zweifelhaft (vgl. Trésoret, in: jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Auflage, § 24a FeV, Rn. 36). Vielmehr ist, da § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV die Richtlinie 2006/126/EG in nationales Recht umsetzt, vorrangig eine unionsrechtskonforme Auslegung anzustellen. Dies umsetzend, sind die von dem Verwaltungsgericht Ansbach getroffenen Annahmen unter Berücksichtigung der von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften angestellten Erwägungen zum Vorschlag für die hier in Rede stehende Richtlinie 2006/126/EG nicht haltbar.
Ob das Unionsrecht trennscharf wie das deutsche Recht zwischen Fahrerlaubnis und Führerschein unterscheidet, darf dahinstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2012 – 3 C 34.11 – juris, Rn. 18, zur Vorgängerrichtlinie 91/439/EWG). Allerdings ergibt sich im Lichte der von der Kommission angestellten Überlegungen eindeutig, dass Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2006/126/EG den Führerschein – also das Dokument – und nicht die behördliche (Fahr-)Erlaubnis meint (vgl. nochmals 2003/0252 (COD), S. 4: „Durch die begrenzte Gültigkeitsdauer wird nicht das Recht zum Führen eines Fahrzeugs einer bestimmten Klasse in Frage gestellt, sondern lediglich die Verpflichtung eingeführt, das Dokument, aus dem dieses Recht hervorgeht, erneuern zu lassen. Die Bürger behalten ihre erworbenen Rechte, aber die regelmäßige Erneuerung des Dokuments wird dazu beitragen, die heute bestehenden Betrugsmöglichkeiten zu verringern“, und S. 10: „(14) Durch die Regelung werden die erworbenen Rechte nicht berührt, sie gilt nur für neu ausgestellte Führerscheine. […] Nur wenn ein vor Inkrafttreten dieser Richtlinie ausgestellter Führerschein erneuert werden muss oder im Fall von Verlust oder Diebstahl sollte die neue Gültigkeitsdauer gelten.“).
Der Heranziehung des „Vorschlag[s] für eine Richtlinie EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Führerschein (Neufassung)“ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Oktober 2003 – KOM(2003) 621 endgültig – für die unionrechtskonforme Auslegung des § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV kann nicht der Einwand des Klägers entgegengehalten werden, es handele sich bei dieser Äußerung um einen unverbindlichen Vorschlag des Kommission der Europäischen Union, also eines Exekutivorgans, dessen Äußerungen wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung in keiner Weise dem Parlament der Europäischen Union als allein zuständigem Gesetzgeber für die EU-Führerscheinrichtlinie zugerechnet werden könnten. Dies verkennt die Funktion der Kommission der Europäischen Gemeinschaften als Initiatorin des unionsrechtlichen Rechtsetzungsverfahrens (vgl. Art. 250 Abs. 1, Art. 251 Abs. 2 Satz 1, Art. 252 Buchst. a EGV). Die Relevanz ihrer diesbezüglichen Verlautbarungen kommt damit derselbe Stellenwert zu wie entsprechende Gesetzesmaterialen im nationalen Gesetzgebungsverfahren.
Abschließend ist noch zu unterstreichen, dass die vom Kläger angestrebte Auslegung von § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV, wonach sein Ersatzführerschein von dieser Bestimmung nicht erfasst sein und in der Folge keiner begrenzten Gültigkeitsdauer unterliegen soll, augenscheinlich nicht mit dem vom Richtliniengeber verfolgten Ziel zu vereinbaren ist, wonach die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass bis zum 19. Januar 2033 alle ausgestellten oder in Umlauf befindlichen Führerscheine alle Anforderungen dieser Richtlinie erfüllt (vgl. Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2006/126/EG). Es erschließt sich in keiner Weise, weshalb die Personengruppe, die nach Inkrafttreten der Richtlinie im Anschluss an den Verlust eines Führerscheins ein Ersatzdokument erhält, an der von der Richtlinie angestrebten Verringerung der Betrugsmöglichkeiten nicht mitwirken, an der Gewährleistung der Freizügigkeit der Bürger nicht partizipieren und keinen Beitrag zu Sicherheit im Straßenverkehr leisten sollte (vgl. 2003/0252 (COD), S. 7). Dies aber wäre das Ergebnis, fiele das dem Kläger herausgegebene Ersatzdokument nicht unter den Begriff des Führerscheins in § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV.
b) § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar.
Der Kläger führt unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. August 2018 – AN 10 K 17.02634 – juris, Rn. 30, einen Verstoß gegen das im Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rückwirkungsverbot an.
aa) Die Frage nach einer zulässigen Rückwirkung hat zunächst eine unionsrechtliche Dimension, denn die am 19. Januar 2007 in Kraft getretene Richtlinie 2006/126/EG bestimmt einerseits, dass Führerscheine bestimmter Klassen (nur noch) mit einer Gültigkeitsdauer von höchstens 15 Jahren ausgestellt werden können (vgl. Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b), und andererseits, dass die Mitgliedstaaten gemäß Art. 3 Abs. 3 sicherstellen, dass bis zum 19. Januar 2033 alle ausgestellten oder im Umlauf befindlichen Führerscheine alle Anforderungen dieser Richtlinie erfüllen.
Vergleichbar zum nationalen Recht unterscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union ebenfalls zwischen der echten und der unechten Rückwirkung (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 – C-120/08, „Bavaria NV“ – Rn. 40 ff., m. w. N.). Für den hier vorliegenden Fall der unechten Rückwirkung verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit, dass jeder Sachverhalt normalerweise, soweit nichts Gegenteiliges bestimmt ist, anhand der seinerzeit geltenden Rechtsvorschriften beurteilt wird. Zwar gilt die neue Regelung somit nur für die Zukunft, doch ist sie, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, auch auf die künftigen Wirkungen von unter dem alten Recht entstandenen Sachverhalten anwendbar. Der Gerichtshof der Europäischen Union erachtet damit die unechte Rückwirkung für grundsätzlich zulässig (vgl. EuGH, Urteile vom 12. Mai 2011 – C-107/10, „Enel Maritsa Iztok 3 AD“ – Rn. 39, und vom 11. Dezember 2008 – C-334/07 P – Rn. 43, jeweils m. w. N.). Etwas anderes gilt nur dann, wenn das als schutzwürdig angesehene Vertrauen des Einzelnen das Unionsinteresse überwiegt (vgl. EuG, Urteil vom 23. Oktober 2001 – T-155/99, „Dieckmann & Hansen GmbH“ – Rn. 80, m. w. N.; Bungenberg, in: Heselhaus/Nowak, Handbuch der Europäischen Grundrechte, 2. Auflage 2020, § 37, Rn. 61 ff., m. w. N.).
Im vorliegenden Fall besteht kein überwiegendes schutzwürdiges Vertrauen des Klägers, denn die Richtlinie mitsamt der hier in Rede stehenden Einführung einer Gültigkeitsdauer von Führerscheinen verfolgt zwingende Gemeinwohlinteressen in Form der Erleichterung der Freizügigkeit für Gemeinschaftsbürger und einem Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, der Herstellung von Rechtssicherheit sowie des Schutzes vor Betrug (vgl. 2003/0252 (COD), S. 1 f.). Diesen zwingenden Gemeinwohlinteressen kann der Kläger lediglich an eigenen privaten Interessen entgegenhalten, durch den alle 15 Jahre erforderlichen Umtausch seines Führerscheins mit einer Verwaltungsgebühr belastet zu werden sowie der Fahrerlaubnisbehörde Anlass zu geben, Zweifeln an der Fahreignung nachzugehen (so auch VG Ansbach, Urteil vom 20. August 2018 – AN 10 K 17.02634 – juris, Rn. 30). Ausgehend von der hohen Hürde, die der Gerichtshof der Europäischen Union an die Unzulässigkeit einer unechten Rückwirkung zieht, ist offensichtlich, dass die vom Kläger vorgebrachten Interessen die mit der Richtlinie verfolgten zwingenden Gemeinwohlinteressen nicht im Ansatz aufwiegen können.
Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich aus Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG nichts Anderes. Nach dieser Bestimmung darf eine vor dem 19. Januar 2013 erteilte Fahrerlaubnis aufgrund der Bestimmungen dieser Richtlinie weder entzogen noch in irgendeiner Weise eingeschränkt werden. Diese Regelung steht im Einklang mit Erwägungsgrund 5, nach dem vor dem Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erteilte oder erworbene Fahrerlaubnisse unberührt bleiben sollten. Dies ist im nationalen Recht durch § 6 Abs. 6 Satz 1 FeV umgesetzt und gewährleistet den vom Kläger vielfach betonten umfassenden Bestandsschutz seiner ihm vor dem 19. Januar 2013 erteilten Fahrerlaubnisse. Hierin erschöpft sich aber zugleich der Bestandsschutz, an dem das Führerscheindokument selbst nicht, jedenfalls nur nach Maßgabe der Umtauschfristen der Anlage 8e zur Fahrerlaubnis-Verordnung teilnimmt. Denn die Einführung einer Gültigkeitsdauer für neue Führerscheine soll es gerade ermöglichen, anlässlich der regelmäßigen Erneuerung die neuesten Maßnahmen zum Schutz gegen Fälschungen anzuwenden und ärztliche Untersuchungen oder andere von den Mitgliedstaaten vorgeschriebene Maßnahmen durchzuführen (vgl. Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2006/126/EG).
bb) § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV verstößt auch nicht gegen Art. 20 Abs. 3 GG unter dem Blickwinkel einer unzulässigen Rückwirkung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. statt vieler BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 – 1 BvL 6/07 – juris, Rn. 43, m. w. N.) liegt eine unechte Rückwirkung vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet, so wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“). Sie ist grundsätzlich zulässig. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese Grenzen sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen.
Gemessen daran ist die durch § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV bewirkte unechte Rückwirkung (vgl. VG Ansbach, Urteil vom 20. August 2018 – AN 10 K 17.02634 – juris, Rn. 30; VG Berlin, Urteil vom 9. Februar 2018 – 4 K 40.17 – juris, Rn. 15) ohne weiteres gerechtfertigt. Denn schon mit der Umsetzung der sogenannten zweiten EU-Führerscheinrichtlinie 91/439/EWG verfolgte der nationale Gesetzgeber die Ziele der Ordnung der Fahrerlaubnisklassen, der Vereinheitlichung der Führerscheine sowie der Erhöhung der Fälschungssicherheit von Führerscheinen (vgl. BT-Drs. 13/6914, S. 72). Durch Umsetzung der Richtlinie 2006/126/EG kommen neben der Verringerung der Betrugsmöglichkeiten die Gewährleistung der Freizügigkeit der EU-Bürger sowie ein Beitrag zur Sicherheit im Straßenverkehr an gewichtigen Allgemeinwohlbelangen hinzu. Die Begrenzung der Gültigkeitsdauer von Führerscheinen – und eben auch von Ersatzdokumenten – ist für die Erreichung der aufgezeigten Zwecke ohne weiteres geeignet und erforderlich. Dies gilt allem voran auch deshalb, weil Anlage 8e zu § 24a Abs. 2 Satz 1 FeV eine Abmilderung insofern vornimmt, als der im Jahr 1962 geborene Kläger erst bis spätestens zum 19. Januar 2023 seinen Führerschein umzutauschen hatte. Das Bestandsinteresse des Klägers, weiterhin im Besitz eines Führerscheins ohne limitierte Gültigkeitsdauer zu sein, wiegt ersichtlich weit weniger schwer, als die vorgenannten Gemeinwohlinteressen.
c) Dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Ausstellung eines Führerscheins ohne Gültigkeitsdauer steht darüber hinaus der Einwand von Treu und Glauben analog § 242 BGB entgegen.
aa) Die Geltung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist auch im öffentlichen Recht anerkannt (vgl. bereits BVerwG, Urteile vom 8. März 1956 – I A 3.54 – juris, Ls. 2, und vom 25. Januar 1974 – IV C 2.72 – juris, Rn. 23, sowie Beschluss vom 27. Oktober 2009 – 8 C 22.09 – juris, Rn. 5). Anders als der Kläger meint, ist die Anwendung dieses Grundsatzes dabei nicht nur auf den Gesichtspunkt der Verwirkung beschränkt, sondern erfasst auch die Fallgruppe des widersprüchlichen Verhaltens (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1994 – 8 C 22.92 – juris, Rn. 24, sowie Beschlüsse vom 27. Oktober 2009 – 8 C 22.09 – juris, Rn. 5, und vom 11. Februar 2019 – 4 B 28.18 – juris, Rn. 6).
Die vom Kläger in diesem Rechtsstreit aufgeworfene Frage, ob auch ein Ersatzdokument nach Maßgabe des § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV befristet ausgestellt werden darf, stellt sich nur, weil er entgegen seiner aus § 24a Abs. 2 Satz 1 FeV in Verbindung mit Anlage 8e zur Fahrerlaubnis-Verordnung resultierenden Verpflichtung nicht nachgekommen ist, bis zum 19. Januar 2023 seinen alten Papierführerschein in einen Kartenführerschein umzutauschen. Hätte er sich fahrerlaubnis-verordnungskonform verhalten, wäre ihm spätestens mit Ablauf des 19. Januar 2023 ein Kartenführerschein ausgestellt worden, dessen Gültigkeit nach Maßgabe des § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV auf 15 Jahre zu befristen gewesen wäre. Da der Kläger dies aber nicht getan hat, wobei es insoweit weder einer Arglist oder eines Verschuldens bedarf (vgl. Looschelders/Olzen, in: Staudinger/Looschelders/Olzen, 2019, § 242 BGB, Rn. 291, m. w. N.), liegt ein „venire contra factum proprium“, ein widersprüchliches Verhalten im Sinne des § 242 BGB analog vor.
Der Einzelrichter schenkt dabei unter Beachtung von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO den Angaben des Klägers keinen Glauben, er habe das Abhandenkommen seines Führerscheins erst unmittelbar vor Ablauf der Umtauschfrist am 19. Januar 2023 bemerkt und habe bis zur Beantragung des Ersatzführerscheins am 8. Mai 2023 diesen gesucht. Dieser Vortrag steht zunächst in Widerspruch zu der vom Kläger gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde abgegebenen eidesstattlichen Versicherung vom 8. Mai 2023, ausweislich derer ihm Ort- und Zeitpunkt des Abhandenkommens des Führerscheins gerade nicht genau bekannt gewesen sein will. Hinzu kommt, dass sich der Kläger – plötzlich – an den Zeitpunkt des Führerscheinverlusts immerhin in der Weise erinnert, dass dies jedenfalls vor dem Stichtag des 19. Januar 2023 gewesen sein soll. Freilich wird dies erst nach dem richterlichen Hinweis, der das treuwidrige Verhalten des Klägers in den Raum stellt, vorgebracht. Gänzlich unglaubhaft ist schließlich in diesem Zusammenhang, dass der Kläger circa vier Monate lang seinen Führerschein gesucht haben will, bevor er einen Ersatzführerschein beantragte. Fraglos mag eine gewisse Dauer für die Suche zuzubilligen sein; dass der Kläger hierfür aber Monate aufgewendet haben soll, ist in keiner Weise nachvollziehbar und von ihm auch nicht näher plausibilisiert. Es ist damit vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger nach Verstreichen des Stichtags am 19. Januar 2023 seinen Führerschein verloren und daraufhin den „Antrag auf Umstellung in einen Kartenführerschein“ – mit Blick auf die eidesstattliche Versicherung hätte wohl „Antrag auf Ausstellung eines Ersatzführerscheins“ angekreuzt werden müssen – gestellt hat.
bb) Da der Einwand aus § 242 BGB analog dem vom Kläger geltend gemachten Leistungsanspruch selbständig tragend entgegensteht, besteht keine Veranlassung des erkennenden Einzelrichters, ein Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV zur Vereinbarkeit von § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV mit Art. 3 Abs. 3, Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b Richtlinie sowie Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG einzuleiten (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Dezember 1995 – C-415/93, „Bosman“ – Rn. 61).
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 708 Nr. 11 Alt. 2 ZPO.
III. Nachdem der Kläger redundant und zuletzt sogar nochmals in der mündlichen Verhandlung die Zulassung der Berufung beantragt hat, wird hierzu ausnahmsweise kurz ausgeführt, auch um vorgreiflich dem Einwand zu entgegnen, der erkennende Einzelrichter habe über diese Anregung nicht entschieden.
Nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO lässt das Verwaltungsgericht die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO vorliegen. Auf den Zulassungsgrund der Divergenz hat sich der Kläger bereits nicht berufen. Er liegt auch in Ermangelung einer anderslautenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts nicht vor.
Die Rechtssache hat darüber hinaus keine grundsätzliche Bedeutung. Das ist nur der Fall, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der Tatsachenfeststellungen nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höhergerichtlicher Klärung bedürfen (vgl. nur zuletzt VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 7. Oktober 2024 – 1 S 800/24 – juris, Rn. 24). Hieran fehlt es bereits, weil letztlich die Frage danach, ob § 24a Abs. 1 Satz 1 FeV Ersatz-Führerscheine erfasst, nicht in diesem Sinne entscheidungserheblich ist. Denn den mit der Klage verfolgten Leistungsanspruch des Klägers – das Bestehen dieses Anspruchs zu seinen Gunsten unterstellt – kann er deshalb nicht durchsetzen, weil ihm der von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängige Einwand treuwidrigen Verhaltens analog § 242 BGB entgegensteht.
B E S C H L U S S
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 Euro festgesetzt.