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Amphetamin und Cocain – Fahrerlaubnisentziehung – aufschiebende Wirkung

OVG Saarlandes – Az.: 1 B 196/21 – Beschluss vom 02.09.2021

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 5. August 2021 – 5 L 711/21 – wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17.6.2021 hinsichtlich der unter Nr. 1 des Bescheides verfügten Entziehung der Fahrerlaubnis und hinsichtlich der unter Nr. 3 des Bescheids ergangenen Aufforderung, den Führerschein unverzüglich bei dem Antragsgegner abzuliefern, wiederhergestellt sowie hinsichtlich der unter Nr. 3 des Bescheides weiter angedrohten Ersatzvornahme angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500.- € festgesetzt.

Gründe

I.

Dem im April 1992 geborenen Antragsteller wurde im Mai 2013 der Führerschein erteilt (Klassen AM/B/L).

Am 28.6.2020 um 3.39 Uhr rief er die Führungs- und Lagezentrale der Polizei an und teilte folgendes mit:

„Ich bin aufgewacht, ich weiß nicht was mit mir passiert ist. Mein Gesicht ist ganz dick und voller Creme. Ich habe auch einen ganz komischen Geschmack im Mund. Ich habe das Gefühl, ich werde verfolgt, irgendwas stimmt nicht. Ich fahre gerade in Richtung S… und will dort eine Polizeidienststelle aufsuchen. Ich bin Fahrer, bin alleine im Auto.“

Weiter gab er an, dass er die Polizei bereits sehe, und bat um schnelle Hilfe.

Ein auf der BAB 8 befindliches Einsatzfahrzeug der Polizei lotste den Antragsteller auf den Rastplatz S…. Dort stellten die Polizeibeamten beim Antragsteller verschiedene Auffälligkeiten und Ausfallerscheinungen fest. Er gab u.a. an, dass er früher immense Probleme mit übermäßigem Betäubungsmittelkonsum gehabt habe und in diesem Zusammenhang auch unter einer Psychose leide. Ein beim Antragsteller auf der Dienststelle durchgeführter Drogenvortest wies Kokain und Amphetamin als positiv aus. Eine daraufhin angeordnete Blutentnahme (ca. 4.37 Uhr) ergab einen positiven Befund für Amphetamin und Cocain/BZE (Vorläufiger Befund des Instituts für Rechtsmedizin der Universität … vom 10.7.2020).

Bei seiner polizeilichen Vernehmung am 6.8.2020 nahm der Antragsteller zu dem Vorwurf des Führens eines Fahrzeugs unter Drogeneinfluss Stellung. Er gab u.a. an, er sei am Samstagabend, dem 27.6.2020, mit einer Freundin auf einer Party in N… auf einer Hühnerfarm gewesen, wo sie getanzt hätten. In einer Scheune habe er ein Bier getrunken und plötzlich sei ihm komisch geworden, wie in Trance. Ein Mann habe ihm gesagt, er müsse den ganzen Dreck ausschwitzen, die Schübe gingen dann runter. Er könne sich nur noch an merkwürdige Gespräche erinnern, habe dann Angst bekommen und sich in sein Auto gesetzt und die Polizei angerufen. Er sei nach T… gefahren, wo die Polizei geschlossen gewesen sei. Er habe das Gefühl gehabt verfolgt zu werden und erneut die Polizei angerufen. Auf der Autobahn kurz vor S… sei ein Polizeifahrzeug an ihm vorbeigefahren, dem er sofort hinterhergefahren sei und „Lichthupe gemacht“ habe. Auf dem nächsten Parkplatz habe er seine Erlebnisse geschildert. Wie es zu der Aufnahme der Drogen gekommen sei, könne er nicht sagen. Vor über neun Jahren sei er Drogenkonsument gewesen und habe Gras geraucht. Dadurch habe er eine Psychose erlitten und es sei sogar zu einem Suizidversuch gekommen. Nach einem Klinikaufenthalt sei er clean und habe nichts mehr genommen. Ihm sei bewusst, dass ein Rückfall schlimme Folgen haben könne. Er könne sich nicht vorstellen, freiwillig Drogen genommen zu haben. Seine Psychose sei durch diesen Vorfall zurückgekommen. Er habe sie aber nach Angabe seines Hausarztes noch im Griff. Sonst könne er sich nur noch daran erinnern, dass auf der Party einige Besucher „aus Tüten kleine Pilze gegessen“ hätten, er aber nicht; ihm seien Leute aufgefallen, die so gesessen oder gelegen hätten, als hätten sie Drogen konsumiert. Er habe von einem Konsum von Amphetamin und Kokain nichts mitbekommen.

Ein gegen den Antragsteller anhängig gewesenes Ermittlungsverfahren wegen Vergehens nach § 29 BtMG – 24 Js 1423/20 – stellte die Staatsanwaltschaft S… mit Verfügung vom 8.9.2020 gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein: Eine konkrete Erwerbs- oder Besitztat könne ihm nicht nachgewiesen werden, auch Vorsatz und Schuldfähigkeit seien problematisch; daher sei das Verfahren mangels Tatnachweises einzustellen.

Das Institut für Rechtsmedizin der Universität … führte mit Gutachten vom 14.9.2020 betreffend die toxikologische Untersuchung des am 28.6.2020 entnommenen Blutes des Antragstellers aus, aufgrund der darin sicher nachgewiesenen Substanzen könne davon ausgegangen werden, dass dieser Amphetamin und Cocain (Benzoylecgonin) aufgenommen habe. Die Konzentration im Serum an Amphetamin liege in einem vergleichsweise mittleren Bereich, die an Benzoylecgonin in einem vergleichsweise sehr niedrigen Bereich. Bei Berücksichtigung der polizeilichen Feststellungen im Blutentnahmeprotokoll (Auffall- bzw. Ausfallerscheinungen) sei der Antragsteller aus forensisch toxikologischer und rechtsmedizinischer Sicht zum Vorfallszeitpunkt fahruntüchtig. Inwieweit das Zustandsbild auf eine Drogenwirkung oder auf eine möglicherweise vorbestehende Grunderkrankung zurückzuführen sei, könne auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht sicher differenziert werden. Vorliegend werde eine fachärztliche Überprüfung der Fahreignung angeraten.

In einem weiteren gegen den Antragsteller anhängig gewesenen Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Trunkenheit im Verkehr – 66 Js 1621/20 – wurde dem Antragsteller auf Antrag der Staatsanwaltschaft S… mit Beschluss des Amtsgerichts S… vom 9.10.2020 – 8 Gs 3015/20 – die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Bei Übergabe dieses Beschlusses am 4.11.2020 wurde der Führerschein beschlagnahmt.

In diesem Ermittlungsverfahren reichte der Antragsteller ein Laborblatt vom 3.12.2020 über eine mit einem sog. KIMS-Test ausgewertete Urinprobe vom 30.11.2020 von ihm ein. Darin wurden die Ergebnisse für Amphetamin (73 ng/ml, Normbereich < 500 ng/ml), Cocain (66 ng/ml, Normbereich < 300 ng/ml) und Cannabinoide (1 ng/ml, Normwert < 25 ng/ml) als „negativ“ bewertet. In den Zusatzinformationen ist ausgeführt, der Drogensuchtest sei als negativ zu bewerten, wenn der gefundene Konzentrationswert sich unterhalb des Referenzbereichs befinde; das Untersuchungsverfahren sei nicht für MPU zugelassen.

In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N… – 9 Cs 66 Js 1621/20 (401/20) – vom 26.2.2021, in der auch die beiden am 28.6.2020 eingesetzten Polizeibeamten als Zeugen vernommen wurden, sagte der Antragsteller umfangreich aus. Er gab u.a. an, er selbst habe keine Drogen genommen. H…, der ihn zu der Party eingeladen habe, habe sich bei ihm „für alles“ entschuldigt. Er habe vielleicht ein Bier und einen kleinen „Klopfer“ getrunken, die er beide mit dem Feuerzeug geöffnet habe. Ihm fehlten drei Stunden. Er wisse nicht, wie man ihm die Drogen zugeführt habe. Vor über 10 Jahren habe er eine Drogenpsychose gehabt. Die Ärzte hätten gesagt, wenn er nochmal mit Drogen in Berührung komme, käme er nicht mehr aus der „Klapse“ raus. Er nehme keine Drogen mehr seither. Damals habe er Cannabis konsumiert. Amphetamine habe er noch nie konsumiert. Mit 16 habe er Amphetamine probiert, Kokain nie.

Der Antragsteller reichte in der Hauptverhandlung einen Befundbericht der TÜV S… GmbH – Begutachtungsstelle für Fahreignung – vom 23.2.2021 über eine Haarprobe vom 4.2.2021 ein. Darin ist ausgeführt, dass keine der untersuchten Substanzen (u.a. Cocain-Gruppe, Amphetamine, Cannabinoide) habe nachgewiesen werden können. Damit lasse sich für den Nachweiszeitraum von sechs Monaten eine Abstinenz von Drogen belegen.

Außerdem reichte der Antragsteller ein Laborblatt vom 24.2.2021 über eine mit einem sog. KIMS-Test ausgewertete Urinprobe vom Antragsteller vom 18.2.2021 ein. Darin wurden die Ergebnisse für Amphetamin (72 ng/ml, Normbereich < 500 ng/ml), Cocain (21 ng/ml, Normbereich < 300 ng/ml) und Cannabinoide (4 ng/ml, Normwert < 25 ng/ml) als „negativ“ bewertet. In den Zusatzinformationen ist ausgeführt, der Drogensuchtest sei als negativ zu bewerten, wenn der gefundene Konzentrationswert sich unterhalb des Referenzbereichs befinde; das Untersuchungsverfahren sei nicht für MPU zugelassen.

Der in der Hauptverhandlung als Sachverständiger vernommene Gutachter des Instituts für Rechtsmedizin der Universität … führte aus, man könne „es“ im Getränk auflösen. Er schließe nicht aus, dass, wenn man einmal ein Problem damit gehabt habe, erneut eine Psychose hervortreten könne. Bei der Haaranalyse, die sechs Monate bis Anfang August zurückreiche, seien die Parameter für Amphetamin und Kokain negativ gewesen. Bei der späteren Urinprobe sei ein Konsum auf Amphetamin und Kokain auch negativ gewesen.

Daraufhin hob das Amtsgericht N… den Beschluss des Amtsgerichts S… vom 9.10.2020 auf, stellte das Verfahren gemäß § 153 Abs. 2 StPO ein und händigte dem Antragsteller seinen Führerschein aus.

Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller mit Anhörungsschreiben vom 31.5.2021 mit, er habe am 28.6.2020 im öffentlichen Straßenverkehr ein Fahrzeug unter nachweislichem Drogeneinfluss (Amphetamin und Cocain) geführt. Es sei daher beabsichtigt, ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Der Antragsteller nahm dazu mit Schriftsatz vom 4.6.2021 unter Bezugnahme auf den Befundbericht zur Haaranalyse vom 23.2.2021 und das Laborblatt zur Urinuntersuchung vom 24.2.2021 dahingehend Stellung, dass er weder absichtlich noch wissentlich Drogen konsumiert habe und das Strafverfahren in der Hauptverhandlung eingestellt worden sei.

Mit Bescheid vom 17.6.2021 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis, ordnete die sofortige Vollziehung an und forderte den Antragsteller unter Androhung der Ersatzvornahme auf, seinen Führerschein sofort nach Zustellung der Verfügung abzugeben. Zur Begründung ist u.a. ausgeführt, er sei am frühen Morgen des 28.6.2020 einer Verkehrskontrolle unterzogen worden und habe im öffentlichen Straßenverkehr ein Fahrzeug unter Drogeneinfluss geführt, wie die toxikologische Begutachtung durch das Institut für Rechtsmedizin der Universität … vom 14.9.2020 bestätigt habe. Weiter seien bei der Urinuntersuchung vom 18.2.2021 Ergebniswerte für Amphetamine von 72 ng/ml, für Cocain von 21 ng/ml und für Cannabinoide von 4 ng/ml nachgewiesen worden. Gemäß § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. §§ 11 Abs. 7, 4 FeV und Anlage 4 Nr. 9.1 sei ihm daher die Fahrerlaubnis zum Führen von führerscheinpflichtigen Fahrzeugen zu entziehen und das Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr zu untersagen. Demnach schließe bereits der einmalige Konsum von Betäubungsmitteln, ohne Berücksichtigung eines Grenzwertes im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) im Regelfall gemäß vorerwähnter Vorschrift, die Kraftfahreignung und die bedingte Eignung, auch ohne Bezug zum Straßenverkehr, aus.

Die sofortige Vollziehung sei im öffentlichen Interesse anzuordnen, da die Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter das private Interesse „von Herrn H…“ überwiege. Im öffentlichen Interesse lägen die Sicherheit des Straßenverkehrs im Allgemeinen und der Schutz hochrangiger Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer im Besonderen. Das private Interesse „des Herrn H…“ liege darin, bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides ein Fahrzeug führen zu dürfen. Im Rahmen der Abwägung mit dem öffentlichen Interesse müsse sein privates Interesse angesichts der irreparablen Folgen für die hochrangigen Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer, zu denen ein von einem ungeeigneten Kraftfahrer verursachter Verkehrsunfall führen könne, zurückstehen. Da die Entziehung der Fahrerlaubnis frühestens mit Ablauf der Frist des § 74 Abs. 1 VwGO unanfechtbar werde und der Betroffene darüber hinaus die Möglichkeit habe, aufgrund des § 80 Abs. 1 VwGO durch fristgerechte Erhebung der Anfechtungsklage den baldigen Eintritt der Rechtskraft und damit die baldige Vollstreckbarkeit der Verfügung zu verhindern, könne er bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über seine Eignung als Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilnehmen. Dies sei mit dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs unvereinbar, nachdem feststehe, dass „Herr H…“ zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. Dies rechtfertige die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

Soweit der Antragsteller im Rahmen der Anhörung mitgeteilt habe, dass ein durchgeführtes Drogenscreening negativ ausgefallen sei, sei dem Befundbericht der TÜV S… GmbH vom 23.2.2021 zu entnehmen, dass eine am 4.2.2021 vorgenommene Untersuchung von Haaren im Rahmen der Fahreignungsdiagnostik im Sinne der Beurteilungskriterien ein negatives Ergebnis gebracht habe. Allerdings gingen aus dem Laborblatt der Urinuntersuchung vom 18.2.2021 (also 14 Tage nach der Haaranalyse) Ergebniswerte für Amphetamine, Cocain und Cannabinoide hervor. Die im Rahmen der Stellungnahme vorgetragenen Ausführungen führten daher hier zu keiner anderen Entscheidung.

Gegen den am 22.6.2021 zu Händen seines Prozessbevollmächtigten zugestellten Bescheid hat der Antragsteller am gleichen Tag Widerspruch erhoben und beim Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Er machte u.a. geltend, entgegen dem angefochtenen Bescheid treffe es nicht zu, dass die Urinprobe einen Drogenkonsum belege. Der ermittelte „Wert“ liege weit unter den jeweiligen sog. Cut-Off Werten für einen positiven Nachweis. Das Ergebnis des Urintestes sei negativ. Ergänzend habe er am 16.11.2020 bei einem Besuch des CJD H… im Rahmen einer Ausbildung ein weiteres Drogenscreening durchgeführt, welches ebenfalls negativ verlaufen sei. Er habe wissentlich keine Drogen konsumiert. Im Übrigen sei im Bescheid des Antragsgegners im Text nicht er, sondern ein ihm unbekannter Herr H… benannt; eine Abwägung seiner Interessen und der der Allgemeinheit habe im konkreten Fall nicht stattgefunden.

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 23.6.2021 ab. Er führte u.a. aus, die Tatsache, dass versehentlich ein anderer Name bei der Begründung des Sofortvollzugs im Bescheid enthalten sei, ändere nichts daran, dass vorliegend eine Einzelfallprüfung und entsprechende Interessenabwägung stattgefunden habe; es handele sich um ein „einfaches Verwaltungsversehen“.

Am 22.6.2021 hat der Antragsteller außerdem bei Gericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17.6.2021 beantragt. Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen, nachdem der Antragsgegner auf einen anderen Sachverhalt im Bescheid Bezug nehme, ein Jahr bis zur Anordnung abwarte und dann noch eine falsche Würdigung des Sachverhaltes vornehme, könne eine sofortige Vollziehung, welche erhebliche Folgen für ihn habe, keinen Bestand haben. Der Antragsgegner habe auch keine Anwendung milderer Mittel geprüft. Widersprüchlich trage dieser vor, dass der Laborbefund des Hausarztes kein zugelassenes Verfahren im Rahmen der MPU darstelle, und verwende trotzdem die Parameter zu seinen Lasten. Die dort erhobenen Werte könnten ohne entsprechende Umrechnungstabelle nicht verwendet werden. Ohne Angabe der genauen Testmethode sei der Test nicht bewertbar. Die aufgeführten Zahlen sagten nichts über den Drogenkonsum aus. Das einzige, was bei dem Test von einem Laien bewertet werden könne, sei das Gesamtergebnis, welches negativ sei.

Der Antragsgegner ist dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz entgegengetreten und hat hierzu u.a. ausgeführt, im Hinblick auf die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers in § 80 Abs. 2 VwGO sei zunächst zu ergänzen, dass Grund für die Anordnung der sofortigen Vollziehung keinesfalls das Analyseergebnis der Universität … vom 14.9.2020 gewesen sei, was in der Tat aufgrund des langwierigen Strafverfahrens und des Zeitverzugs bis zu seiner Übersendung an die Behörde in der Abwägung gegen ein überwiegendes öffentliches Interesse gesprochen hätte, sondern der Laborbefund (unbekannter Herkunft) vom 18.2.2021, der im Ergebnis jedenfalls eine geringe Konzentration an sog. harten Drogen ergeben habe. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung beruhe auf dem im Februar 2021 nachgewiesen Konsum einer „harten“ Droge und den Gefahren für die Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer. In materiell-rechtlicher Hinsicht sei der Konsum der sog. harten Droge Amphetamin zweifach belegt: durch die Einnahme am 28.6.2020 und zwischen der Entnahme der Haarprobe am 4.2.2021 (Befund: negativ) und der Urinprobe am 18.2.2021. Der nicht willentliche Konsum unterfalle der Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV. Auch der Laborbefund vom 24.2.2021 belege den Konsum von „harten“ Drogen zwischen dem 4.2.2021 und dem 18.2.2021. Der Befund weise eine Konzentration von Amphetamin in Höhe von 72 ng/ml und von Kokain in Höhe von 21 ng/ml auf. Dass der Befund als „negativ“ bewertet worden sei, weil der Cut-off in dem Analyseverfahren für eine Positivbewertung nicht erreicht werde, sei ohne Bedeutung, da die festgestellte Konzentration nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit des Saarlandes bei „harten“ Drogen ohne Belang sei. Konsumiert seien die Drogen worden, sonst wäre es nicht zu diesem Ergebnis gekommen. Im Übrigen sei das Untersuchungsverfahren nicht für eine medizinisch-psychologische Untersuchung zugelassen.

Mit Beschluss vom 5.8.2021 – 5 L 711/21 – hat das Verwaltungsgericht den Antrag zurückgewiesen. Der Antragsgegner habe die Anordnung der sofortigen Vollziehung in einer den formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet. Unerheblich sei, dass der Antragsteller im Rahmen der Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung als „Herr H…“ bezeichnet worden sei; insoweit handele es sich offensichtlich um „Schreibfehler“, die sich auf den Inhalt und damit auch die Richtigkeit der Anordnung nicht ausgewirkt hätten. Der Anordnung der sofortigen Vollziehung stehe auch nicht entgegen, dass der Antragsteller bereits am 28.6.2020 wegen des Konsums von Amphetamin und Kokain auffällig geworden, der streitgegenständliche Bescheid jedoch erst am 17.6.2021 ergangen sei, wie sich angesichts des anhängig gewesenen Strafverfahrens aus § 3 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 StVG ergebe. Beide Vorschriften dienten dazu, Doppelprüfungen und sich widersprechende Entscheidungen der Strafgerichte und der Fahrerlaubnisbehörden zu vermeiden; die Beurteilung durch den Strafrichter solle in diesen Fällen den Vorrang haben. Zudem ergebe sich aus dem Laborergebnis vom 24.2.2021, dass der Antragsteller auch nach dem Vorfall vom 28.6.2020 erneut Drogen zu sich genommen habe. Dies liege aber auf keinen Fall so lange zurück, dass eine Eilbedürftigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr gegeben sei.

Hinsichtlich der Drogeneinnahme vom 28.6.2020, die im Grundsatz unstreitig sei, sei festzustellen, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis auf jeden Fall dann rechtmäßig sei, wenn der Antragsteller bewusst Amphetamin und Kokain zu sich genommen habe. Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers seien in diesem Fall die §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, 46 Abs. 1 Satz 1 FeV. Gemäß Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV sei im Fall der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) davon auszugehen, dass im Regelfall die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr bestehe. Im Hinblick darauf rechtfertige nach der gefestigten Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte bereits der einmalige Konsum sog. harter Drogen, zu denen auch Amphetamin gehöre, grundsätzlich die Annahme der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen. Der Verordnungsgeber stelle in Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV im Hinblick auf harte Drogen – anders als bei Cannabis – allein auf die Einnahme als solche und nicht auf deren Häufigkeit ab. Dabei werde dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch Genüge getan, dass die Bewertung der fehlenden Fahreignung bei Einnahme von Betäubungsmitteln nach dem Betäubungsmittelgesetz (ausgenommen Cannabis) nach der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV nur für den Regelfall gelte. Mithin sei auch bei einem einmaligen oder nur gelegentlichen Konsum einer Droge, wie Amphetamin und Kokain, auf der Grundlage der §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahrerlaubnis in der Regel zu entziehen. Des Nachweises einer Drogenabhängigkeit, eines regelmäßigen oder auch nur gelegentlichen Konsums bedürfe es nicht. Ebenso wenig hänge der im Regelfall gerechtfertigte Schluss auf die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen davon ab, dass der Drogenkonsument im berauschten Zustand am Straßenverkehr teilgenommen habe oder konkrete Ausfallerscheinungen im Sinne von Fahruntüchtigkeit bei diesem zu verzeichnen gewesen seien.

Dies zugrunde legend bestünden im konkreten Fall keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die Verfügung vom 17.6.2021, wenn der Antragsgegner zu Recht von einer willentlichen Einnahme von Amphetamin und Kokain durch den Antragsteller ausgegangen sei. Insoweit stehe nach der Untersuchung durch das Institut für Rechtsmedizin der Universität … fest, dass der Antragsteller diese Substanzen konsumiert habe. Streitig sei dagegen, ob dies unbewusst oder absichtlich geschehen sei. Insoweit sei in der Rechtsprechung weitgehend geklärt, dass eine im Regelfall eignungsausschließende Einnahme von Betäubungsmitteln nur bei einem willentlichen Konsum angenommen werden könne. Allerdings gehe nach allgemeiner Lebenserfahrung einem positiven Drogennachweis typischerweise ein entsprechender Willensakt voraus. Der vom Antragsteller behauptete Fall eines versehentlichen Konsums von Rauschmitteln stelle sich dagegen als ein Ausnahmetatbestand dar, zu dem nur der Betroffene als der am Geschehen Beteiligte Klärendes beisteuern könne und der daher von diesem jedenfalls glaubhaft und widerspruchsfrei dargetan werden müsse. Erst nach einer solchen Schilderung könne sich die Frage ergeben, zu wessen Nachteil eine gleichwohl verbleibende Ungewissheit über den genauen Hergang der Ereignisse ausschlage. Daher müsse, wer sich auf eine ausnahmsweise unbewusste Aufnahme eines Betäubungsmittel berufe, einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lasse und der damit auch zumindest teilweise der Nachprüfung zugänglich sei. Außerdem müsse überzeugend aufgezeigt werden können, dass dem Auffinden von Betäubungsmitteln im Körper eines Fahrerlaubnisinhabers Kontakt mit Personen vorausgegangen sei, die zumindest möglicherweise einen Beweggrund gehabt hätten, dem Betroffenen ein drogenhaltiges Getränk zugänglich zu machen, ferner, dass dieser selbst die Aufnahme des Betäubungsmittels und deren Wirkung tatsächlich nicht bemerkt habe.

Ein solcher Sonderfall werde vom Antragsteller vorliegend geltend gemacht, da er in seiner Widerspruchsbegründung vortrage, er habe die festgestellten Drogen nicht selbst konsumiert, sondern diese seien ihm verabreicht worden. Allerdings habe der Antragsteller keine nachvollziehbaren Umstände vorgetragen, wie er unabsichtlich sowohl Amphetamin als auch Kokain zu sich genommen haben solle. Vielmehr gebe er nur an, er habe bei einem Besuch einer Feier Angstzustände bekommen und selbst die Polizei informiert. Wie er jedoch die Drogen zu sich genommen haben solle, gebe der Antragsteller nicht an. Auch im Rahmen des Strafverfahrens hätten insoweit keine Feststellungen getroffen werden können, insbesondere seien auch dabei die Angaben des Antragstellers in keiner Weise konkret gewesen. Vielmehr sei von ihm lediglich abgestritten worden, bewusst Drogen genommen zu haben. Der Antragsteller habe aber weder angegeben, wie er die Drogen ohne sein Wissen habe zu sich nehmen können, noch wer ihm die Drogen gegeben haben könnte. Insoweit sei es zwar möglich, dass jemandem von einem Dritten Amphetamin in ein Getränk geschüttet worden sei, jedoch erkläre das nicht die gleichzeitige Einnahme von Kokain, das üblicherweise in Pulverform konsumiert werde. Insofern halte das Gericht einen gleichzeitigen versehentlichen Konsum von Amphetamin und Kokain für mehr als unwahrscheinlich. Insoweit habe auch das Amtsgericht N… das Strafverfahren nicht wegen Zweifeln an der Schuld des Antragstellers oder gar wegen erwiesener Unschuld eingestellt, sondern gemäß § 153 Abs. 2 StPO wegen Geringfügigkeit.

Aber auch wenn man davon ausgehe, dass die beim Antragsteller festgestellte Einnahme von Amphetamin und Kokain – wie von ihm behauptet – unabsichtlich erfolgt sei und es sich dabei nicht, wie vom Antragsgegner letztlich geltend gemacht, um eine Schutzbehauptung handele, sei die Entziehung der Fahrerlaubnis zu Recht erfolgt. Denn nach dem Ergebnis der Urinuntersuchung vom 24.2.2021 habe der Antragsteller auch nach dem 28.6.2020 zumindest noch ein weiteres Mal harte Drogen zu sich genommen. So seien bei der Untersuchung des am 18.2.2021 entnommenen Urins des Antragstellers folgende Ergebniswerte festgestellt worden: Amphetamine: 72 ng/ml, Cocain: 21 ng/ml und Cannabinoide: 4 ng/ml. Ohne Bedeutung sei dabei, dass diese Werte vom untersuchenden Arzt als „negativ“ bewertet worden seien. Denn das Nichterreichen der in dem Laborergebnis genannten Grenzwerte sei ohne Belang. Auf die Höhe der nachgewiesenen Wirkstoffkonzentration komme es bei der Frage der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gemäß Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ebenso wenig an wie darauf, ob dabei irgendwelche Grenzwerte erreicht würden. Entsprechende Grenzwerte könnten möglicherweise straf- und bußgeldrechtlich dem sicheren Nachweis einer fahrtauglichkeitsrelevanten Drogenwirkung dienen, jedoch nicht für die Frage, ob die Einnahme von harten Drogen überhaupt erfolgt sei oder nicht. Weiter spiele keine Rolle, ob die festgestellte Wirkstoffmenge Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit gehabt habe, weil nicht erforderlich sei, dass ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von harten Drogen im öffentlichen Straßenverkehr geführt worden sei. Es reiche allein die einmalige Einnahme auch außerhalb des Straßenverkehrs. Es sei daher ohne Bedeutung, dass die Ergebnisse der Urinuntersuchung unter für eine Bewertung als „negativ“ oder „positiv“ festgelegten Grenzwerten lägen. Denn für die Feststellung einer Ungeeignetheit zum Führen eines Fahrzeuges komme es allein darauf an, dass harte Drogen konsumiert worden seien und nicht in welcher Menge. Durch die im Urin des Antragstellers festgestellten Spuren von Drogen sei damit nachgewiesen, dass dieser sowohl Amphetamin als auch Kokain zu sich genommen habe. Dies stehe auch nicht im Widerspruch zu dem negativen Ergebnis der am 4.2.2021 entnommenen Haarprobe. Denn ein Nachweis der Einnahme von Amphetamin und Kokain sei im Urin nur wenige Tage möglich, so dass der Antragsteller offensichtlich zwischen dem 4.2.2021 – dem Tag der Haarprobe – und dem 18.2.2021 – dem Tag der Abgabe der Urinprobe – die genannten Drogen und wohl auch Cannabis konsumiert habe.

Damit sei das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass der Antragsteller zumindest zweimal Amphetamin und Kokain zu sich genommen habe. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung entfalle aber bereits bei der einmaligen Einnahme sog. „harter Drogen“, zu denen Amphetamin und Kokain gehörten, die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Dass der Antragsteller beruflich auf seine Fahrerlaubnis angewiesen sei, könne ihn, wie näher ausgeführt wird, vor einer Entziehung nicht schützen. Auch die Anordnung der Ablieferung des Führerscheins sei rechtmäßig.

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist zulässig und begründet. Nach dem Ergebnis der im Eilrechtsschutzverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage rechtfertigt der derzeitige Stand der vom Antragsgegner veranlassten Überprüfung der Kraftfahreignung des Antragstellers es nicht, diesem seine Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung zu entziehen. Dies führt zum Erfolg der Beschwerde.

Der Antragsteller rügt in seiner den Umfang der seitens des Senats vorzunehmenden Prüfung bestimmenden Beschwerdeschrift vom 18.8.2021 unter ergänzender Bezugnahme auf seinen Vortrag im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung das Recht falsch angewendet und seinen Vortrag nicht berücksichtigt und damit das rechtliche Gehör verletzt. Unstreitig sei es am 28.6.2020 zu einer Autofahrt unter Drogeneinfluss gekommen. Er habe jedoch keinerlei Drogen wissentlich konsumiert. Er habe selbst die Polizei über den Notruf informiert, dass mit ihm etwas nicht stimme und er „Angst“ habe. Der Disponent der Leitstelle sei es gewesen, der ihm geraten habe zur nächsten Polizeidienststelle zu fahren oder sich mit dem Fahrzeug an einen ihm bekannten Ort zu begeben, damit eine Streife dorthin geschickt werden könne. Bei Onlinevideospielen, bei denen man mit anderen Spielern miteinander oder gegeneinander spiele und sich auch in Chats unterhalten könne, habe er einen H… kennengelernt, der ihn auf eine Party auf einem Hühnerhof eingeladen habe. Ihm seien dort von einem der Partygäste ein Biermischgetränk und zwei sog. Klopfer ausgehändigt worden. Er habe an dem Abend ansonsten nichts weiter konsumiert. Kurze Zeit später sei es dann zu den Angstzuständen gekommen, welche dazu geführt hätten, dass er die Polizei informiert habe. Wie im Gerichtsverfahren (vor dem AG N…) zu Protokoll gegeben und auch vorgezeigt worden sei, habe es eine Textnachricht des „Freundes“ H… vom nächsten Tag gegeben, worin dieser sich entschuldigt habe. Da es weder einen Disput oder eine sonstige Auseinandersetzung gegeben habe, habe mit der Entschuldigung nur die Verabreichung der Drogen gemeint sein können. Im Übrigen habe der im Strafverfahren anwesende Sachverständige der Toxikologie bestätigt, dass man problemlos Drogen in einem Mixgetränk verabreichen könne und dies nicht rieche oder schmecke. Er habe sich an sich absolut pflichtbewusst verhalten, nachdem er gemerkt habe, dass etwas nicht stimme, und die Polizei informiert. Dies sei nicht die typische Vorgehensweise von Drogenkonsumenten. Diesbezüglich werde auf das Protokoll der strafrechtlichen Hauptverhandlung verwiesen.

Nachdem er sich nachweislich bis zum heutigen Tage abstinent verhalten habe und auch alle Drogentests negativ gewesen seien, bestehe keine Grundlage dafür, den Führerschein ohne Abwarten des Widerspruchsverfahrens zu entziehen. Es bestehe keinerlei Gefahr für Grundrechte Dritter oder den Straßenverkehr. Erschreckend sei, dass das Verwaltungsgericht und die Straßenverkehrsbehörde keinerlei Hintergrundwissen über den Ablauf und die Auswertung von Drogentests besäßen und somit eine wissenschaftlich nicht haltbare Bewertung vornähmen. Fakt sei, dass er am 16.11.2020 einen Drogentest (Urin) beim CJD zur Aufnahme einer Ausbildung habe machen müssen, welcher negativ gewesen sei. Ferner sei die Haaranalyse vom 18.2.2021 negativ gewesen. Auch der Urintest vom 18.2.2021 sei negativ gewesen. Bei den dort genannten Zahlen (Ergebnis) handele es sich um einen durch das Messverfahren bedingten Wert. Keinesfalls bestätige dieser Wert die Einnahme von Drogen. Hierzu reichte er eine von dem Facharzt für Laboratoriumsmedizin C. K… unterzeichnete zusätzliche Stellungnahme des MVZ Labor Dr. K… Dr. S… GmbH, K…, vom 18.8.2021 zur Akte. Es handele sich, wie er Antragsteller weiter vorträgt, bei den Ergebnissen um unspezifische Reaktionen, welche durch die Messmethode bedingt seien. Sowohl der Antragsgegner wie auch das Verwaltungsgericht hätten den negativen Test völlig fehlinterpretiert und trotz Hinweises und Klarstellung den Test als positiv gewertet. Zum Schutz des Rechtsverkehrs sei eine entsprechende Auflage (Durchführung einer erneuten Haaranalyse) des Antragsgegners ausreichend gewesen, um dem Schutz des Straßenverkehrs Rechnung zu tragen, nachdem er bereits seit dem 26.2.2021 ohne Beanstandungen wieder am Straßenverkehr teilgenommen habe und seit der unwissentlichen Einnahme von Drogen bereits über ein Jahr vergangen gewesen sei.

Ergänzend hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 27.8.2021 einen negativen Befund vom 25.8.2021 über eine am 11.8.2021 entnommene Haarprobe vorgelegt.

Dieser Beschwerdevortrag gibt Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abzuändern.

1. Erhebliche Bedenken bestehen bereits in Bezug auf die, vom Antragsteller unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag gerügte, Erfüllung der formellen Begründungspflicht des § 80 Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für die Sofortvollzugsanordnung im angefochtenen Bescheid des Antragsgegners. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde zwar gesondert verfügt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Zweifelhaft erscheint aber, ob eine hinreichende Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der angeordneten sofortigen Vollziehung der verfügten Entziehung der Fahrerlaubnis vorliegt. Zweifel ergeben sich daraus, dass jedenfalls ausweislich der vom Antragsteller vorgelegten Fassung der Entziehungsverfügung vom 17.6.2021 das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs im Allgemeinen und der Schutz hochrangiger Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer im Besonderen nicht mit dem privaten Aufschubinteresse des Antragstellers, sondern mit demjenigen eines „Herrn H…“ abgewogen wird. Das gilt unabhängig von einer inhaltlichen Kontrolle der behördlichen Erwägungen, die dem Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 3 VwGO auf formeller Ebene verwehrt ist und der sich der Senat dementsprechend insoweit enthält.

Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Die Begründungspflicht ist Ausdruck des aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Gebots effektiven Rechtsschutzes gegen Akte der öffentlichen Gewalt. Die nach § 80 Abs. 1 VwGO für den Regelfall vorgesehene aufschiebende Wirkung ist eine adäquate Ausprägung dieser mit Verfassungsrang ausgestatteten Rechtsschutzgarantie. Die Pflicht zur Begründung soll der Behörde den von Verfassungs wegen bestehenden Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert. Dabei sind die dafür und dagegen sprechenden Gründe ergebnisoffen und ernsthaft zu prüfen.1 Zugleich wird der Betroffene durch die schriftliche Begründung über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend gewesen sind, unterrichtet. Dies ermöglicht es ihm, die Erfolgsaussichten eines Aussetzungsantrags abzuschätzen; ebenso ist die Kenntnis der behördlichen Erwägungen Voraussetzung für eine ordnungsgemäße verwaltungsgerichtliche Kontrolle. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht bereits genügt, wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird. Es bedarf vielmehr einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse des Betroffenen an der bestehenden aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat.2 Aus der Begründung muss nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen Interesse liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz des Betroffenen einstweilen zurückzustellen. Ob die von der Behörde angeführten Gründe inhaltlich tragfähig sind und welches Gewicht sie haben, ist – insoweit – hingegen irrelevant, da das Gericht gegebenenfalls selbst eine Ermessensentscheidung über die Anordnung der sofortigen Vollziehung trifft; das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO enthält lediglich formale Anforderungen, so dass entsprechende Ausführungen der Behörde – insoweit – keiner inhaltlichen Überprüfung oder Richtigkeitskontrolle zuzuführen sind.3

Allerdings ist anerkannt, dass im Bereich des Gefahrenabwehrrechts, dem auch das Straßenverkehrsrecht funktional zuzuordnen ist, die den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigenden Gesichtspunkte typischerweise zugleich die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertigen. Je gewichtiger die potenziell gefährdeten Rechtsgüter und je geringer die Einflussmöglichkeiten auf die Schadensquelle sind, umso eher ist es angezeigt, präventiv die Entfaltung der schadensträchtigen Aktivität mit sofortiger Wirkung zu unterbinden. Insoweit ist etwa auch die Fallgestaltung einer voraussichtlich fehlenden Fahreignung exemplarisch für eine Koinzidenz des öffentlichen Interesses am Grundverwaltungsakt und demjenigen an dessen Sofortvollzug, weil nicht verantwortet werden kann, dass höchstrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer durch die weitere Teilnahme eines womöglich verkehrsgefährdenden Fahrzeugführers für den Zeitraum bis zu einer rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung gefährdet werden. Die Gründe für einen Sofortvollzug liegen in einem solchen Fall auf der Hand und folgen zwingend aus dem Zweck der Fahrerlaubnisentziehung, der darin besteht, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht ernstlich an Leib und Leben gefährdet werden sollen. Daher genügt es, insoweit auf die typische Interessenlage abzustellen, weil die straßenverkehrsrechtlichen Regelungen über die Entziehung der Fahrerlaubnis zu denjenigen Vorschriften gehören, bei denen zur Abwehr von Gefahren für typische Gemeinschaftsgüter, nämlich die Ordnung und Sicherheit des öffentlichen Verkehrs, das besondere öffentliche Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im Regelfall mit dem Interesse am Erlass des Verwaltungsaktes zusammenfällt. Die Behörde kann sich daher bei der Abwägung zwischen den beteiligten Interessen im Wesentlichen auf die Prüfung beschränken, ob nicht ausnahmsweise in Ansehung der besonderen Umstände des Falles die sofortige Vollziehung weniger dringlich als im Normalfall ist.4

Freilich bedarf auch in solchen Fällen, in denen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung dieselben Elemente des öffentlichen Interesses maßgeblich sind wie für den Verwaltungsakt selbst, die Vollzugsanordnung einer Begründung im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Vor dem dargelegten Hintergrund sind aber an die Substantiierung der formellen Begründung der Sofortvollzugsanordnung grundsätzlich keine hohen Anforderungen zu stellen. Die speziell in Bezug auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids gegebene Begründung kann dann regelmäßig knapp gehalten werden. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verlangt nur, dass die Behörde die aus ihrer Sicht bestehenden Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung benennt und damit zugleich dokumentiert, dass sie sich der Notwendigkeit eines – wenn auch mit dem Interesse am Grundverwaltungsakt identischen – besonders eilbedürftigen Vollzugsinteresses bewusst gewesen ist.5 Darüber hinaus kann bei gleichartig gelagerten Sachverhalten auch eine weitgehend typisierende, grundsätzlich auf vergleichbare Fälle übertragbare Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügen; zugleich muss auch in diesen Fällen stets gewährleistet sein, dass die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden.6 Die Begründung des Sofortvollzugs darf nicht in einer Weise formelhaft sein, dass sie auf jeden Fall anwendbar wäre. Auch wenn in typischen Interessenlagen typisierende Argumentationsmuster verwendet werden können, muss die Begründung einzelfallbezogen sein. Eine Bezugnahme auf die Erwägungen für den Erlass des Verwaltungsakts ist zulässig, sofern nachvollziehbar dargelegt wird, dass hieraus auch das besondere Vollzugsinteresse folgt.7 Insoweit ist zu sehen, dass der Gesetzgeber ausweislich § 80 Abs. 2 VwGO die Grundsatzentscheidung getroffen hat, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Ungeeignetheit trotz regelmäßig naheliegender Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs nicht kraft Gesetzes, sondern nur bei besonderer Anordnung sofort vollziehbar ist. Hieran haben sowohl die Fahrerlaubnisbehörden als auch die Gerichte ihre Entscheidungen auszurichten.8

Dabei besteht eine der Funktionen der Begründungspflicht darin, den Betroffenen über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgeblich gewesen sind, zu unterrichten. Der Begründungspflicht ist daher nur dann genügt, wenn die Gründe für das öffentliche Vollzugsinteresse für den Betroffenen hinreichend erkennbar sind.9 Daran bestehen hier erhebliche Zweifel. Denn jedenfalls in der vom Antragsteller vorgelegten Fassung der Entziehungsverfügung vom 17.6.2021 ist insoweit allein davon die Rede, dass die Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter „das private Interesse von Herrn H…“ überwiege und „das private Interesse von Herrn H…“ darin liege, bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides ein Fahrzeug führen zu dürfen; dass der Betroffene bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über seine Eignung als Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilnehmen könne, sei mit dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs unvereinbar, nachdem feststehe, dass „Herr H… zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet“ sei.

Die Gründe, die für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegenüber dem Antragsteller maßgeblich gewesen sind, erschließen sich damit jedenfalls nicht ohne weiteres aus deren Begründung im angefochtenen Bescheid. Denn es liegt auf der Hand, dass „das private Interesse von Herrn H…“ in Bezug auf den Antragsteller nicht der geeignete Gegenstand einer Abwägung mit dem öffentlichen Interesse sein kann. Es genügt offenkundig nicht, dass der Antragsgegner das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs im Allgemeinen und den Schutz hochrangiger Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer im Besonderen nicht mit dem privaten Aufschubinteresse des Antragstellers, sondern mit demjenigen einer dritten Person abwägt. Da die Begründung vorliegend einen den konkreten Einzelfall betreffenden Bezug vermissen lässt, geht sie gewissermaßen ins Leere.10 Der Antragsteller erfährt nicht, worin der Antragsgegner sein privates Aufschubinteresse sieht und warum gegenüber diesem das öffentliche Interesse nach Auffassung des Antragsgegners überwiegt. Die Begründung der Sofortvollzugsanordnung ermöglicht es ihm daher auch nicht ohne weiteres, die Erfolgsaussichten eines Aussetzungsantrags abzuschätzen; sie bleibt damit letztlich dysfunktional.

Soweit der Antragsgegner hierzu im Rahmen seines Schreibens vom 23.6.2021, mit dem er eine Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hat, ausgeführt hat, es handele sich um ein „einfaches Verwaltungsversehen“, führt das nicht weiter. Denn auch wenn man von einem Versehen der Verwaltung als Ursache ausgeht, wird damit in der Folge für den Antragsteller als Betroffenen nach wie vor nicht ohne weiteres erkennbar, warum konkret sein privates Aufschubinteresse zurücktreten soll. Die Möglichkeit, auf den Aussetzungsantrag des Antragstellers sein „Verwaltungsversehen“ zu korrigieren, hat der Antragsgegner mit dieser Erklärung gerade nicht genutzt. Insofern erscheint es auch unergiebig, dass das Verwaltungsgericht die Abwägung mit den privaten Interessen eines „Herrn H…“ als offensichtlichen „Schreibfehler“ wertet. Abgesehen davon, dass eine Ähnlichkeit in den Schreibweisen des Namens des Antragstellers und des genannten Dritten und damit auch ein bloßer Schreibfehler gerade nicht naheliegen und es eher wenig wahrscheinlich erscheinen dürfte, dass sich der Antragsgegner in dem Bescheid insofern gleich drei Mal lediglich „verschrieben“ haben soll, ändert dies nichts an dem Umstand, dass die Begründung der Sofortvollzugsanordnung damit ihre Informationsfunktion gegenüber dem Antragsteller kaum hinreichend erfüllen dürfte. Eher erscheint es vorstellbar, dass der Antragsgegner einen Baustein aus einem anderen Bescheid einfach per „copy and paste“ übernommen und nicht an den Fall des Antragsgegners angepasst hat. Dann aber spräche einiges dafür, dass die Abwägungsentscheidung des Antragsgegners nicht nur ein „einfaches Verwaltungsversehen“ oder einen bloßen „Schreibfehler“ beinhaltet, sondern dass der Antragsgegner lediglich eine entsprechende Textpassage ungeprüft und unverändert übernommen und damit die gesetzlich gebotene fallbezogene Abwägung des öffentlichen Interesses mit dem privaten Interesse gerade des Antragstellers in Wirklichkeit erst gar nicht stattgefunden hat.

Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang im Übrigen, dass die in der übersandten Verwaltungsakte des Antragsgegners enthaltene und handschriftlich unterzeichnete Fassung des angefochtenen Bescheides in der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht drei Mal von einem „Herrn H…“ spricht, sondern an den entsprechenden Textstellen jeweils den Namen des Antragstellers enthält. Die in der Verwaltungsakte befindliche unterzeichnete Fassung des angefochtenen Bescheides stimmt also nicht mit der dem Antragsteller zugestellten Fassung überein. Der Antragsgegner hat sich zu dieser Diskrepanz bislang nicht erklärt. Worin diese ihre Ursache haben könnte, mag indes vorliegend dahinstehen. Die These eines „einfachen Verwaltungsversehens“ oder eines bloßen „Schreibfehlers“ stützt dieser Umstand jedenfalls nicht.

Unabhängig von derartigen Erwägungen bleibt festzuhalten, dass zumindest die dem Antragsteller zugestellte – und daher mit Blick auf den Empfängerhorizont insoweit maßgebliche – Fassung des angefochtenen Bescheides des Antragsgegners vom 17.6.2021 in Bezug auf die in ihr enthaltene Anordnung der sofortigen Vollziehung erhebliche Zweifel an der Erfüllung der formellen Begründungspflicht des § 80 Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO aufwirft.

2. Solche Zweifel bestehen auch in Bezug auf die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen die Entziehungsverfügung des Antragsgegners vom 17.6.2021 offensichtlich aussichtslos ist. Vielmehr stellt sich der Ausgang des Widerspruchs- und eines etwaigen nachfolgenden Klageverfahrens nach dem zum Entscheidungszeitpunkt gegebenen Erkenntnisstand als in der Hauptsache offen dar. Die daher unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Interessen führt dazu, dass das vom Antragsteller substantiiert vorgetragene Aussetzungsinteresse das gegenläufige öffentliche Interesse am Vollzug der angefochtenen Entziehungsverfügung fallbezogen überwiegt.

a) Im rechtlichen Ansatz zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass nach den vorliegend einschlägigen Vorschriften der §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, 46 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV i.V.m. Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV im Fall der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) davon auszugehen ist, dass im Regelfall die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr besteht, so dass im Hinblick darauf bereits der einmalige Konsum sog. harter Drogen – wie u.a. Amphetamin und Kokain – grundsätzlich die Annahme der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen rechtfertigt.11 Dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird dabei dadurch genüge getan, dass die Bewertungen der FeV durch die entsprechenden Regelungen in der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV nur im Regelfall gelten.12

Weiter hat das Verwaltungsgericht daher richtig ausgeführt, dass eine im Regelfall eignungsausschließende Einnahme von Betäubungsmitteln nur bei einem willentlichen Konsum angenommen werden kann. Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV („Einnahme“), der auf eine bewusste Aufnahme hindeutet. Darüber hinaus fehlt es bei einer unwissentlichen Aufnahme von Betäubungsmitteln an einer beachtlichen Wiederholungswahrscheinlichkeit, die ihrerseits Grundlage für die regelmäßige Annahme der Kraftfahrungeeignetheit von Konsumenten sog. harter Drogen ist. Allerdings geht nach allgemeiner Lebenserfahrung einem positiven Drogennachweis typischerweise ein entsprechender Willensakt voraus, so dass sich der hier vom Antragsteller behauptete Fall eines unbeabsichtigten Konsums von Rauschmitteln als Ausnahmetatbestand darstellt, zu dem nur der Betroffene als der am Geschehen Beteiligte Klärendes beisteuern kann und der daher von diesem jedenfalls glaubhaft und widerspruchsfrei dargetan werden muss.13

Anders als das Verwaltungsgericht vermag der Senat jedoch dessen Einschätzung nicht zu folgen, der Antragsteller, dessen Drogeneinnahme in der Nacht vom 27.6. auf den 28.6.2020 sowohl unstreitig als auch gutachterlich festgestellt ist, habe keine nachvollziehbaren Umstände vorgetragen, wie er unabsichtlich sowohl Amphetamin als auch Kokain zu sich genommen haben solle. Vielmehr hat der Antragsteller jedenfalls mit der vorliegenden Beschwerde erläutert, er habe bei Onlinevideospielen einen H… kennengelernt, der ihn auf eine Party am 27.6.2020 auf einem (bei N… gelegenen) Hühnerhof eingeladen habe. Ihm seien dort von einem der Partygäste ein Biermischgetränk und zwei sog. Klopfer ausgehändigt worden, ansonsten habe er an dem Abend nichts weiter konsumiert. Kurze Zeit später sei es dann zu den Angstzuständen gekommen, welche dazu geführt hätten, dass er die Polizei informiert habe. Wie im Gerichtsverfahren (vor dem AG N…) zu Protokoll gegeben und auch vorgezeigt worden sei, habe es eine Textnachricht des „Freundes“ H… vom nächsten Tag gegeben, worin dieser sich entschuldigt habe. Da es weder einen Disput oder eine sonstige Auseinandersetzung gegeben habe, habe mit der Entschuldigung nur die Verabreichung der Drogen gemeint sein können.

Vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller bereits in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N… – 9 Cs 66 Js 1621/20 (401/20) – vom 26.2.2021 angegeben hat, ihm fehlten drei Stunden und er wisse nicht, wie man ihm die Drogen zugeführt habe, sowie in diesem Zusammenhang auf eine vor über 10 Jahren erlittene Drogenpsychose verwiesen hat, kann nach Auffassung des Senats zumindest nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dessen Angaben seien nicht hinreichend detailliert, schlüssig und glaubhaft. Es erscheint nämlich durchaus praktisch vorstellbar, dass es sich im Kern so verhalten haben könnte, wie vom Antragsteller geschildert. Nachdem ihm nach seinen Angaben drei Stunden fehlen, er sich also an diesen Zeitraum nicht mehr erinnern kann, und dies angesichts der geschilderten Umstände der Einnahme bzw. Zuführung von harten Drogen und vor allem der von ihm glaubhaft geschilderten früheren Drogenpsychose nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint, würde es nach dem Dafürhalten des Senats die Anforderungen an die Darlegung einer Ausnahme von der Vermutung einer willentlichen Drogeneinnahme nach den konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalls überspannen, von ihm zu erwarten, detailliert anzugeben, wie er – über die hier in Betracht kommende Zuführung mittels alkoholischer Getränke hinaus – ohne sein Wissen Drogen zu sich nehmen konnte und wer – außer dem von ihm insoweit ausdrücklich benannten H… – ihm diese gegeben haben könnte. Namentlich kann dem Antragsteller entgegen der insoweit zentralen Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht entgegengehalten werden, es sei zwar möglich, dass ihm von einem Dritten Amphetamin in ein Getränk geschüttet worden sei, was jedoch nicht die gleichzeitige Einnahme von üblicherweise in Pulverform konsumiertem Kokain erkläre, so dass ein gleichzeitiger versehentlicher Konsum von Amphetamin und Kokain „mehr als unwahrscheinlich“ sei. Denn entgegen den nicht näher belegten Annahmen des Verwaltungsgerichts und gängigen Klischees kann Kokain über unterschiedliche Wege und in mehreren Formen verabreicht werden, insbesondere in Form von Kokain-Hydrochlorid auch oral; zwar wirkt dessen oraler Konsum deutlich schwächer, dafür aber länger. Kokain-Hydrochlorid gilt zudem als die gebräuchlichste Form von Kokain auf dem Schwarzmarkt und als das, was gemeinhin unter Kokain verstanden wird; es ist gut wasserlöslich und kann daher über die Schleimhäute unter anderem der Nase und des Mundes sowie über das Blutgefäßsystem aufgenommen werden.14

Hinzu kommt, dass der in der Hauptverhandlung gegen den Antragsteller vor dem Amtsgericht N… angehörte Sachverständige Dr. rer. nat. A. E…, der als Forensischer Toxikologe auch für das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität … vom 14.9.2020 über die dem Antragsteller am 28.6.2020 entnommene Blutprobe verantwortlich zeichnet, dort ausgeführt hat, dass man „es“ – also offenbar das im Blut des Antragstellers festgestellte Amphetamin und Kokain – „durchaus im Getränk auflösen und zu sich nehmen“ könne. Auch mit dieser aktenkundigen sachverständigen Aussage haben sich weder der Antragsgegner noch das Verwaltungsgericht auseinandergesetzt. Entgegen der Beschwerdeerwiderung des Antragsgegners ist auch aufgrund des Umstands, dass der Antragsteller die von ihm am 28.6.2020 auf der von ihm besuchten Party erhaltenen alkoholischen Getränke nach seinen Angaben selbst mit dem Feuerzeug geöffnet hat, eine Verabreichung von Drogen durch Dritte nicht ausgeschlossen, da diese nicht zwingend vor der Aushändigung der Getränke erfolgt sein muss, sondern auch danach erfolgt sein kann. Gleiches gilt für den Hinweis auf die Kosten der Droge Kokain, da etwaige Motive eines Dritten für eine Verabreichung an den Antragsteller spekulativ erscheinen und überdies ausweislich des Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der Universität … vom 14.9.2020 über die dem Antragsteller am 28.6.2020 entnommene Blutprobe darin Kokain in Form von Benzoylecgonin nur in einem vergleichsweise sehr niedrigen Bereich festgestellt wurde.

Vor allem aber erscheint es aus Sicht des Senats nur schwer vorstellbar und eher lebensfremd, davon auszugehen, dass der Antragsteller, wenn er in der Nacht vom 27.6. auf den 28.6.2020 auf einer Party absichtlich mehrere harte Drogen zu sich genommen hätte, sodann am frühen Morgen des 28.6.2020 von der Autobahn aus wegen der Auswirkungen dieses – unterstellt willentlichen und im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen strafbaren – Drogenkonsums den Polizeinotruf anruft und um schnelle Hilfe bittet. Dass dies nicht den typischen Verhaltensweisen eines nach einem vorsätzlichen Drogenkonsum hilfsbedürftigen Fahrzeugführers entspricht, liegt auf der Hand. Weder der Antragsgegner noch das Verwaltungsgericht setzen sich mit diesem evident gegen eine absichtliche Einnahme von Drogen durch den Antragsteller sprechenden Umstand auseinander und vermögen ihn zu erklären. Das gilt umso mehr, als sich der Antragsteller ausweislich des Einsatzberichts der Polizei vom 30.6.2020 sowie der Aussagen der beteiligten Polizisten bei der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N… am 26.2.2021 bei der von ihm selbst veranlassten Kontrolle am 28.6.2020 – im Rahmen der Möglichkeiten seines psychischen Zustands – erkennbar kooperativ verhalten und widerstandslos sowohl einen Drogenvortest als auch eine Blutentnahme akzeptiert hat. Ferner streiten auch die vom Antragsteller von Anfang an selbst offengelegte frühere Drogenpsychose und sein nachvollziehbar dargetanes existenzielles Interesse an der Vermeidung einer erneuten Manifestation seiner drogeninduzierten Erkrankung für die tendenzielle Glaubhaftigkeit seiner Angaben.

Freilich ist, wie klarzustellen ist, auch der Senat keineswegs abschließend davon überzeugt, dass sich die Einnahme bzw. Zuführung von Drogen beim Antragsteller am 28.6.2020 so wie von diesem geschildert bzw. vermutet abgespielt hat. Insoweit bleiben durchaus Fragen offen. So erscheint es jedenfalls nach Aktenlage nicht ohne weiteres nachvollziehbar, weshalb etwa die vom Antragsteller frühzeitig in seiner polizeilichen Vernehmung vom 6.8.2020 benannte Freundin S…, die ihn nach seinen Angaben zu der Party am 27.6.2021 begleitet und dort mit ihm getanzt hat, zu den Geschehnissen in der Nacht zum 28.6.2021 nicht polizeilich ermittelt und befragt wurde, und auch dem Hinweis des Antragstellers in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N… vom 26.2.2021, der H… habe sich an dem Abend bei ihm „für alles“ (und damit nach Auffassung des Antragstellers für die heimliche Zuführung von Drogen) entschuldigt, sodann nicht mehr nachgegangen wurde; auch ist nicht erkennbar, weshalb im Hinblick auf die spätestens seit der polizeilichen Vernehmung vom 6.8.2020 im Raum stehende heimliche Drogenzuführung in Betracht kommenden Straftaten Dritter die Örtlichkeit (Hühnerhof in N…) nicht näher ermittelt wurde. Allerdings kann dies selbstredend nicht dem Antragsteller angelastet werden. Vielmehr ist nach derzeitigem Sachstand immerhin von einer plausibel dargelegten Möglichkeit eines entsprechenden ausnahmsweisen Geschehensablaufs auszugehen. Namentlich erscheinen eine willentliche Drogeneinnahme und eine anschließende vorsätzliche Drogenfahrt bei der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht hinreichend gesichert, wenn nicht gar eher unwahrscheinlich. Hiervon sind im Übrigen offenbar auch die Staatsanwaltschaft S… und das Amtsgericht N… ausgegangen, wie deren in den gegenüber dem Antragsteller anhängig gewesenen Strafverfahren ergangenen Einstellungsentscheidungen vom 8.9.2020 – 24 Js 1423/20 – und vom 26.2.2021 – 9 Cs 66 Js 1621/20 (401/20) – unter den gegebenen Umständen zumindest nahelegen.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners und des ihm folgenden Verwaltungsgerichts vermögen hier also die Ereignisse am 28.6.2020 auch verwaltungsrechtlich den gegenüber dem Antragsteller ausgesprochenen Führerscheinentzug nebst Sofortvollzugsanordnung nicht überzeugend zu tragen.

b) Nichts anderes gilt, soweit sich der angefochtene Bescheid und der diesem folgende Beschluss des Verwaltungsgerichts überdies auf das Ergebnis der Urinuntersuchung vom 24.2.2021 stützen. Denn entgegen den Annahmen des Antragsgegners lässt sich dem Untersuchungsergebnis vom 24.2.2021 gerade nicht belastbar entnehmen, dass der Antragsteller zwischen dem 4.2.2021 – dem Tag der Haarprobe, die ein unstreitig negatives Ergebnis erbracht hat – und dem 18.2.2021 – dem Tag der Urinprobe, deren Ergebnis vom Untersuchungslabor als negativ und vom Antragsgegner und vom Verwaltungsgericht als positiv bewertet wurde – Amphetamin und Kokain und „wohl“ auch Cannabis konsumiert habe.

Dabei muss zunächst gesehen werden, dass bereits in einem vom Antragsteller eingereichten Laborblatt vom 3.12.2020 über eine mit einem sog. KIMS-Test ausgewertete Urinprobe vom Antragsteller vom 30.11.2020 die Ergebnisse für Amphetamin (73 ng/ml, Normbereich < 500 ng/ml), Cocain (66 ng/ml, Normbereich < 300 ng/ml) und Cannabinoide (1 ng/ml, Normwert < 25 ng/ml) als „negativ“ bewertet wurden. Auch in dem in Rede stehenden und vom Antragsteller vorgelegten Laborblatt vom 24.2.2021 über eine mit einem sog. KIMS-Test ausgewertete Urinprobe vom 18.2.2021 wurden die Ergebnisse für Amphetamin (72 ng/ml, Normbereich < 500 ng/ml), Cocain (21 ng/ml, Normbereich < 300 ng/ml) und Cannabinoide (4 ng/ml, Normwert < 25 ng/ml) als „negativ“ bewertet. In den Zusatzinformationen ist insoweit jeweils ausgeführt, der Drogensuchtest sei als negativ zu bewerten, wenn der gefundene Konzentrationswert sich unterhalb des Referenzbereichs befinde; auch sei das Untersuchungsverfahren nicht für MPU zugelassen.

Des Weiteren hat bereits in der Hauptverhandlung gegen den Antragsteller vor dem Amtsgericht N… vom 26.2.2021, in der dessen Verteidiger den Befundbericht vom 23.2.2021 zur Haarprobe vom 4.2.2021 sowie das Laborblatt vom 24.2.2021 zur Urinprobe vom 18.2.2021 vorlegte, der u.a. hierzu angehörte Sachverständige Dr. rer. nat. A. E…, der als Forensischer Toxikologe auch für das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität … vom 14.9.2020 über die dem Antragsteller am 28.6.2020 entnommene Blutprobe verantwortlich zeichnet, ausgeführt, dass nicht nur bei der Haaranalyse (also: der Probe vom 4.2.2021) sondern auch bei der späteren Urinprobe (also: der Probe vom 18.2.2021) die Parameter für einen Konsum auf Amphetamin und Kokain negativ gewesen seien. Diese sachverständige Auskunft, zu der sich weder der Antragsgegner noch das Verwaltungsgericht verhalten haben, deutet bereits mit Gewicht darauf hin, dass die von diesen vertretene Auffassung, die Urinprobe vom 18.2.2021 sei entgegen dem Laborblatt vom 24.2.2021 fahrerlaubnisrechtlich als positiv zu bewerten, zumindest angreifbar erscheint und einer näheren und wissenschaftlich belegten Begründung bedurft hätte.

Dass sich aus dem Ergebnis der Urinprobe vom 18.2.2021 der Nachweis eines im Zeitraum seit der Haarprobe vom 4.2.2021 erfolgten Drogenkonsums des Antragstellers nicht herleiten lässt, folgt sodann zur Überzeugung des erkennenden Senats jedenfalls aus der der Beschwerdeschrift des Antragsgegners vom 18.8.2021 beigefügten zusätzlichen Stellungnahme des MVZ Labor Dr. K… Dr. S… GmbH, K…, vom gleichen Tag. In der an den Antragsteller gerichteten und von dem Facharzt für Laboratoriumsmedizin C. K… unterzeichneten Stellungnahme vom 18.8.2021 heißt es hierzu nämlich:

„Sie baten um eine zusätzliche Stellungnahme zu Ihren laborfachärztlich validierten labormedizinischen Befunden 4282576 mit dem Abnahmedatum 18.02.2021 und 4281702 mit dem Abnahmedatum 30.11.2020.

Beide Laboraufträge wurden durch die Praxis Dr. G… B… Dr. S… B…, G… Straße 25 in B-Stadt beauftragt. Eingesendet wurde als Untersuchungsmaterial Urin, bestimmt werden sollten Amphetamine im Urin, Cocain im Urin und Cannabinoide im Urin mittels KIMS (Kinetic Interaction of Microparticels in a Solution). Die Messung wurde auf dem cobas c 501 Analyzer durchgeführt, die Messung erfolgte für Amphetamine mit dem Test von Roche cobas AMPS2, für Cocain mit dem Test von Roche cobas COC2 und Cannabinoide mit dem Test von Roche cobas THC2.

Im Auftrag mit der Auftragsnummer 4281702 (Abnahmedatum 30.11.2020, Abnahmezeit 09:59) Ergebnisse wie folgend (Befundduplikat siehe Anlage):

Amphetamine (im Urin)

Der Normalbereich für diesen Test liegt unter 500 ng/ml (< 500 ng/ml), d.h. Ergebniswerte die unter 500 ng/ml liegen, zeigen an, dass Amphetamine mit dem Test nicht nachgewiesen wurden und der Test als NEGATIV zu interpretieren ist! Der bei Ihnen gemessene Ergebniswert 73 ng/ml liegt unterhalb von 500 ng/ml, ist bedingt das Messverfahren (KIMS) und stellt eine unspezifische Reaktion dar.

Amphetamine wurden in der Urinprobe mit der Auftragsnummer 4281702 mit dem angewendeten Messverfahren NICHT NACHGEWIESEN!

Cocain (im Urin):

Der Normalbereich für diesen Test liegt unter 300 ng/ml (< 300 ng/ml), d.h. Ergebniswerte die unter 300 ng/ml liegen, zeigen an, dass Cocain mit dem Test nicht nachgewiesen wurde und der Test als NEGATIV zu interpretieren ist! Der bei Ihnen gemessene Ergebniswert 66 ng/ml) liegt unterhalb von 300 ng/ml, ist bedingt durch das Messverfahren (KIMS) und stellt eine unspezifische Reaktion dar.

Cocain wurde in der Urinprobe mit der Auftragsnummer 4281702 mit dem angewendeten Messverfahren NICHT NACHGEWIESEN!

Cannabinoide (im Urin)

Der Normalbereich für diesen Test liegt unter 25 ng/ml (< 25 ng/ml), d.h. Ergebniswerte die unter 25 ng/ml liegen, zeigen an, dass Cannabinoide mit dem Test nicht nachgewiesen wurden und der Test als NEGATIV zu interpretieren ist! Der bei Ihnen gemessene Ergebniswert 1 ng/ml liegt unterhalb von 300 ng/ml, ist bedingt das Messverfahren (KIMS) und stellt eine unspezifische Reaktion dar.

Cannabinoide wurden in der Urinprobe mit der Auftragsnummer 4281702 mit dem angewendeten Messverfahren NICHT NACHGEWIESEN!

Im Auftrag mit der Auftragsnummer 4282576 (Abnahmedatum 18.02.2021, Abnahmezeit 9:28) Ergebnisse wie folgend (Befundduplikat siehe Anlage):

Amphetamine (im Urin)

Der Normalbereich für diesen Test liegt unter 500 ng/ml (< 500 ng/ml), d.h. Ergebniswerte die unter 500 ng/ml liegen, zeigen an, dass Amphetamine mit dem Test nicht nachgewiesen wurden und der Test als NEGATIV zu interpretieren ist! Der bei Ihnen gemessene Ergebniswert 72 ng/ml liegt unterhalb von 500 ng/ml, ist bedingt das Messverfahren (KIMS) und stellt eine unspezifische Reaktion dar.

Amphetamine wurden in der Urinprobe mit der Auftragsnummer 4282576 mit dem angewendeten Messverfahren NICHT NACHGEWIESEN!

Cocain (im Urin):

Der Normalbereich für diesen Test liegt unter 300 ng/ml (< 300 ng/ml), d.h. Ergebniswerte die unter 300 ng/ml liegen, zeigen an, dass Cocain mit dem Test nicht nachgewiesen wurde und der Test als NEGATIV zu interpretieren ist! Der bei Ihnen gemessene Ergebniswert 21 ng/ml) liegt unterhalb von 300 ng/ml, ist bedingt durch das Messverfahren (KIMS) und stellt eine unspezifische Reaktion dar.

Cocain wurde in der Urinprobe mit der Auftragsnummer 4282576 mit dem angewendeten Messverfahren NICHT NACHGEWIESEN!

Cannabinoide (im Urin)

Der Normalbereich für diesen Test liegt unter 25 ng/ml (< 25 ng/ml), d.h. Ergebniswerte die unter 25 ng/ml liegen, zeigen an, dass Cannabinoide in dem Test nicht nachgewiesen wurden und der Test als NEGATIV zu interpretieren ist! Der bei Ihnen gemessene Ergebniswert 4 ng/ml liegt unterhalb von 300 ng/ml und ist bedingt das Messverfahren (KIMS) und stellt eine unspezifische Reaktion dar.

Cannabinoide wurden in der Urinprobe mit der Auftragsnummer 4282576 mit dem angewendeten Messverfahren NICHT NACHGEWIESEN!

INTERPRETATION:

In den Urinproben der Laboraufträge 4281702 und 4282576 wurden Amphetamine NICHT NACHGEWIESEN, Cocain NICHT NACHGEWIESEN und Cannabinoide NICHT NACHGEWIESEN!”

Spätestens auf der Grundlage dieser laborfachärztlichen Stellungnahme lässt sich die vom Antragsgegner und vom Verwaltungsgericht zudem wissenschaftlich nicht näher belegte These, die Urinprobe vom 18.2.2021 belege den Konsum von Amphetamin, Kokain und wohl auch Cannabis und sei daher entgegen dem Laborergebnis vom 24.2.2021 in fahrerlaubnisrechtlicher Hinsicht als positiv zu bewerten, im Rahmen des vorliegenden summarischen Verfahrens so nicht bzw. nicht mehr halten. Der zugrunde liegende KIMS-Test (Kinetic Interaction of Microparticles in a Solution) führt danach zu allein durch das Messverfahren bedingten Ergebniswerten, die eine unspezifische Reaktion darstellen; das Testverfahren beruht, soweit hier ersichtlich, wohl auf einer Untersuchung von Antikörpern gegen die entsprechenden Substanzen, die sowohl natürlich als auch aufgrund von Drogenmissbrauch im Körper vorhanden sein können.15 Ergebniswerte, die unter dem Grenzwert des Normalbereichs (!) liegen, zeigen laut der laborfachärztlichen Stellungnahme an, dass die entsprechenden Stoffe mit dem angewendeten Messverfahren nicht nachgewiesen wurden. Dementsprechend kommt die genannte sachverständige Stellungnahme in aller Deutlichkeit zu dem Ergebnis, dass in den Urinproben vom 30.11.2020 und auch vom 18.2.2021 sowohl Amphetamin als auch Cocain als auch Cannabinoide nicht nachgewiesen wurden.

Der hierzu vom Berichterstatter ausdrücklich um Stellungnahme gebetene Antragsgegner hat insoweit mit seiner Beschwerdeerwiderung lediglich auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen, was schon deshalb befremdet, als diesem im Zeitpunkt seines Beschlusses vom 5.8.2021 die laborfachärztliche Stellungnahme vom 18.8.2021 ganz offenkundig noch nicht vorliegen konnte, und deshalb die gebotene Ernsthaftigkeit und Sorgfalt bei der Frage der verwaltungsbehördlichen Entziehung einer Fahrerlaubnis und deren Sofortvollzugs vermissen lässt. Dass der Antragsgegner das durchaus detaillierte und nunmehr auch sachverständig belegte Vorbringen des Antragstellers demgegenüber nicht ansatzweise zum Anlass einer kritischen Hinterfragung bzw. Sachaufklärung genommen hat, gibt aus Sicht des Senats erneut Veranlassung zu dem Hinweis, dass die im Vorfeld der Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis gebotene Anhörung des Betroffenen keine bloße Formalie ist, sondern sich als wichtiges Verfahrensrecht und als notwendige Folge des Rechtsstaatsprinzips darstellt sowie dem Schutz der materiellen Grundrechte dient.16

Unter diesen Umständen kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen die Entziehungsverfügung des Antragsgegners vom 17.6.2021 offensichtlich aussichtslos ist. Vielmehr dürfte der Antragsgegner, so er an seiner angefochtenen Verfügung und seiner Auffassung zur fahrerlaubnisrechtlichen Relevanz der Urinprobe vom 4.2.2021 festhalten möchte, ein qualifiziertes rechtsmedizinisches Gutachten zur Frage des Nachweises eines Drogenkonsums bei den in dem zugrundeliegenden KIMS-Test aufgetretenen Ergebniswerten einzuholen und vorzulegen haben. Weiterhin dürfte er sich gegebenenfalls um eine nähere Aufklärung der Geschehnisse in der Nacht vom 27.6. auf den 28.6.2020 zu bemühen haben, etwa durch ein entsprechendes Amtshilfeersuchen an die Polizei. Nicht zuletzt dürfte auf der Grundlage von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 6 Abs. 3 FeV die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens zur Überprüfung der Fahreignung des Antragstellers in Betracht kommen,17 wie sie bereits das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität … vom 14.9.2020 über die dem Antragsteller am 28.6.2020 entnommene Blutprobe ausdrücklich angeraten (dort Seite 4) und wie sie der Antragsteller selbst bereits mit Schriftsatz vom 6.12.2020 angeboten hat. Nach dem zum Entscheidungszeitpunkt gegebenen Erkenntnisstand stellt sich der Ausgang des Widerspruchs- und eines etwaigen nachfolgenden Klageverfahrens hingegen zumindest als in der Hauptsache offen dar.

c) Unter diesen Umständen ist im Rahmen einer hauptsacheoffenen Abwägung der widerstreitenden Interessen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers gegenüber dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners der Vorzug zu geben. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass das vom Antragsgegner geltend gemachte öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs im Allgemeinen und dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer im Besonderen nach den konkreten Umständen des vorliegenden Falles jedenfalls nicht ohne weiteres betroffen erscheint. Denn es muss gesehen werden, dass nicht nur ein willentlicher Drogenkonsum und eine bewusste Drogenfahrt des Antragstellers am 28.6.2020 fallbezogen ausnahmsweise zumindest zweifelhaft erscheinen, sondern dieser ausweislich der von ihm veranlassten und nach den obigen Ausführungen voraussichtlich sämtlich als negativ zu wertenden Drogentests vom 3.12.2020 (Urinprobe vom 30.11.2020), vom 23.2.2021 (Haarprobe vom 4.2.2021), vom 24.2.2021 (Urinprobe vom 18.2.2021) und vom 25.8.2021 (Haarprobe vom 11.8.2021) allem Anschein nach auch seither keine illegalen Drogen konsumiert. Es liegt daher eher fern, dass das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs im Allgemeinen und dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer im Besonderen vorliegend durch den Antragsteller konkret gefährdet sind. Dies lässt es zwar im Hinblick auf die unterlassenen polizeilichen und behördlichen Aufklärungsmaßnahmen keineswegs endgültig gesichert erscheinen, dass das vom Antragsgegner vorgetragene öffentliche Interesse in der Sache letztlich nicht doch gegeben sein könnte. Allein hat der Antragsgegner dies bislang nicht mit der erforderlichen Überzeugungskraft darzulegen und vor allem nicht hinreichend zu belegen vermocht. Diesem Befund steht das vom Antragsteller substantiiert vorgetragene erhebliche private Aussetzungsinteresse entgegen, das sich aus seinem von ihm dargelegten beruflichen Angewiesensein auf die vorläufige weitere Nutzung seiner Fahrerlaubnis speist, und das demnach im Rahmen der hier gebotenen hauptsacheoffenen Abwägung der widerstreitenden Interessen überwiegt.

Fehlt es damit an einer sofort vollziehbaren Grundverfügung, so ist auch der unter Androhung der Ersatzvornahme ergangenen und von der ausgesprochenen Sofortvollzugsanordnung mit erfassten Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins der rechtliche Boden entzogen.

Daher ist der Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO zu entsprechen.

Die Festsetzung des Streitwerts für die Entziehung der Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L beruht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. den Nummern 1.5, 46.2, 46.3 und 46.8 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Fußnoten

1 grundlegend BVerwG, Beschluss vom 18.9.2001 – 1 DB 26/01-, juris, Rz. 6.

2 vgl. BVerwG, a.a.O..

3 vgl. auch VG des Saarlandes, Beschluss vom 10.1.2019 – 5 L 1832/19 -, juris, Rz. 28, m.w.N..

4 st. Rspr., vgl. nur OVG des Saarlandes, Beschluss vom 7.5.2008 – 1 B 187/08 -, juris, Rz. 10, m.w.N..

5 vgl. VG des Saarlandes, Beschluss vom 10.1.2019 – 5 L 1832/19 -, juris, Rz. 30; VG Sigmaringen, Beschluss vom 4.4.2018 – 5 K 1476/18-, a.a.O., m.w.N.; vgl. auch VG Hamburg, a.a.O., Rz. 17, m.w.N.; VG Karlsruhe, Beschluss vom 26.2.2018 – 12 K 16702/18 -, juris, Rz. 16, m.w.N..

6 vgl. nur W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 80 Rz. 85, m.w.N.; vgl. auch Sächsisches OVG, Beschluss vom 25.7.2016 – 3 B 40/16-, SächsVBl 2016, 257.

7 vgl. Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 7. Aufl. 2018, § 80 Rz. 54, m.w.N..

8 vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 29.6.2021 – 1 B 135/21 -, juris, Rz. 10.

9 vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 7.5.2008 – 1 B 187/08 -, juris, Rz. 5 ff., m.w.N..

10 vgl. VG des Saarlandes, Beschluss vom 10.1.2019 – 5 L 1832/19 -, juris, Rz. 31; vgl. auch VG Sigmaringen, Beschluss vom 4.4.2018 – 5 K 1476/18-, juris, Rz. 14, m.w.N.; VG Karlsruhe, Beschluss vom 26.2.2018 – 12 K 16702/18 -, juris, Rz. 17, m.w.N..

11 st. Rspr., vgl. Beschlüsse des Senats vom 26.6.2009 – 1 B 373/09 -, juris, Rz. 6, m.w.N., und vom 15.2.2016 – 1 B 242/15 -, juris, Rz. 21; vgl. auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 31.7.2013 – 11 CS 13.1395 -, juris, Rz. 8, m.w.N..

12 vgl. nur Beschluss des Senats vom 26.6.2009 – 1 B 373/09 -, juris, Rz. 6.

13 st. Rspr., vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.3.2012 – 16 B 231/12 -, juris, Rz. 4 ff., m.w.N.; vgl. auch Beschluss des Senats vom 29.6.2021 – 1 B 135/21 -, juris, Rz. 16.

14 vgl. www.wikipedia.de(Stichwort „Kokain“, Abschnitte „Konsumformen“ und „Darreichungsformen“); vgl. auch www.thema-drogen.net(Stichwort „Kokain Einnahme“), ebenso www.drogscouts.de (Stichwort „Kokain oral“, wo auch darauf hingewiesen wird, dass beim oralen Konsum im Gegensatz zum Sniefen die Nasenschleimhäute geschont werden und die Infektionsgefahr durch verunreinigte Ziehgeräte umgangen wird).

15 vgl. htpps://image1.slideserve.com/1852033/how-it-works-I.jpg; vgl. dazu auch www.drugscouts.de(Stichwort „Nachweiszeiten“, wonach bei Urintests mittels Teststreifen meistens das Prinzip des „Kompetitiven Immunoassays“ angewendet wird und diese Teststreifen jeweils eine Nachweisgrenze haben (CutOff-Wert), ab der eine bestimmte Konzentration der Droge bzw. ihrer Stoffwechselprodukte im Urin nachgewiesen werden können) sowie www.wikipedia.de(Stichwort „Immunassay“, wonach bei einem kompetitiven Assay ein für das Antigen spezifischer Antikörper an eine feste Phase gebunden (immobilisiert) wird).

16 vgl. bereits Beschluss des Senats vom 29.6.2021 – 1 B 135/21 -, juris, Rz. 17, m.w.N..

17 vgl. dazu auch Beschluss des Senats vom 29.6.2021 – 1 B 135/21 -, juris, Rz. 16.

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