AG Bühl – Az.: 1 OWi 41/20 – Beschluss vom 31.07.2020
1. Die Auslagenfestsetzung der Verwaltungsbehörde, …, vom 15.07.2020, wird aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens betreffend den Antrag auf gerichtliche Entscheidung sowie die in diesem Zusammenhang entstandenen Auslagen des Antragsstellers fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Dem Antragssteller wurde mit Schreiben vom 15.07.2020 seitens der … auf dessen Antrag hin Akteneinsicht gewährt. Für die Aktenversendung wurde nach § 107 Abs. 5 OWiG eine Aktenversendungspauschale in Höhe von 12,00 EUR erhoben.
Mit weiterem Schriftsatz des Antragsstellers vom 20.07.2020 wurde bei der … angefragt, in welcher Form die Verwaltungsbehörde die Akte des zugrundeliegenden Bußgeldverfahrens führe und es wurde für den Fall, dass diese in elektronischer Form geführt werden sollte, die Nennung der Rechtsgrundlage auf welche diese Art der Aktenführung gestürzt wird, erbeten.
Die … führte daraufhin mit Schreiben vom 22.07.2020 aus, dass alle verfahrensrelevanten Dokumente zunächst nur digital vorhanden wären und erst bei Bedarf, zum Beispiel bei Versendung der Akte oder bei Einspruch, eine Papierakte ausgedruckt werde. Dies geschehe ohne Rechtsgrundlage, da die Landesregierung Baden-Württemberg noch nicht die notwendige Rechtsverordnung erlassen habe.
Mit Schriftsatz vom 23.07.2020 wurde sodann durch den Antragssteller die gerichtliche Entscheidung im Hinblick auf die festgesetzte Aktenversendungspauschale beantragt.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig und begründet, da es im Hinblick auf den von der … übersandten Aktenausdruck derzeit an einer rechtlichen Grundlage für die Festsetzung der Versendungspauschale fehlt.
Gemäß § 107 Absatz 5 OWiG kann von demjenigen, der die Versendung von Akten beantragt, je durchgeführte Sendung einschließlich der Rücksendung durch Behörden pauschal 12,00 EUR als Auslage erhoben werden. Wird die Akte in elektronischer Form geführt, sieht § 107 Absatz 5 Satz 2 eine pauschale Auslage für die elektronische Übermittlung in Höhe von 5,00 EUR vor.
Grundsätzlich ist die Originalakte an den beantragenden Rechtsanwalt zu versenden ist. Die gilt jedoch nicht, wenn die Akte in elektronischer Form geführt wird. Hier wurde die Akte nach den Angaben der … in digitaler Form geführt. In diesem Fall kann gemäß § 110b Absatz 2 Akteneinsicht durch Übermittlung von elektronischen Dokumenten erfolgen oder durch Erteilung von Aktenausdrucken, welche jedoch den Erfordernissen der §§ 110b ff. OWiG gerecht werden müssen. Dies setzt indes voraus, dass die Akte zulässigerweise in elektronischer Form geführt wird. Dafür sieht § 110b Absatz 1 Satz 2 OWiG vor, dass die zuständige Landesregierung durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt bestimmt, von welchem an die Akten elektronisch geführt werden oder im behördlichen Verfahren geführt werden können sowie die hierfür geltenden organisatorisch-technischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Aufbewahrung der elektronischen Akten.
Eine entsprechende Rechtsverordnung hat das Land Baden-Württemberg bislang noch nicht erlassen. § 1 eAktVO ordnet diese Form der Führung für verschiedenen in der Anlage zu der Verordnung genannten Gerichte an, nicht jedoch auch für die Verwaltungsbehörden. Die Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr in Baden-Württemberg betrifft in dem von § 1 LERVVO festgelegten Anwendungsbereich lediglich die Einreichung elektronischer Dokumente an die Gerichte des Landes Baden-Württemberg sowie die Bearbeitung elektronischer Dokumente durch diese Gerichte.
Vor Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung für die Verwaltungsbehörden in Baden-Württemberg ist die Führung der Akten in elektronischer Form unzulässig. Die Aktenführung geschieht bei der … demnach nicht in zulässiger Art und Weise.
Die Übersendung einer ohne Rechtsgrundlage geführten Akte kann keine Aktenversendungspauschale begründen (AG Pirmasens, Beschluss vom 13.04.2017 – 1 Owi 424/16; AG Trier, Beschluss vom 02.02.2020 – 35a OWi 1/20 – ; AG Landstuhl, Beschluss vom 14.01.2020 – 2 Owi 189/19 -).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 62 Absatz 2 Satz 2 OWiG, 467 Absatz 1 StPO.