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Aktenversendungspauschale bei Übersendung einer digitalen Akte?

AG Verden (Aller) – Az.: 9b OWi 245 Js 25572/21 (290/21) – Beschluss vom 05.07.2021

Die Aktenversendungspauschale für die auf Antrag des Verteidigers vom 05.02.2021 gewährte Akteneinsicht ist nicht zu erheben.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Verteidigers für das Verfahren auf gerichtliche Entscheidung gem. § 62 OWiG trägt die Verwaltungsbehörde (Landkreis Verden).

Gründe:

Gegen die Betroffene erging am 02.02.2021 ein Bußgeldbescheid wegen einer ihr vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit vom 02.01.2021 (BI. 2).

Mit Schreiben vom 05.02.2021 zeigte der Verteidiger die Verteidigung der Betroffenen an, legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein und beantragte Akteneinsicht „auf dem Wege des EGVP/beA bzw. über das Akteneinsichtsportal des Bundes und der Länder“.

Die Verwaltungsbehörde übersandte dem Verteidiger einen Ausdruck der Akte mit Schreiben vom 12.02.2021 und erhob hierfür gem. § 107 Abs. 5 (Satz 1) OWiG eine Aktenversendungspauschale in Höhe von 12,00 EUR.

Gegen die Erhebung der Aktenversendungspauschale verwahrte sich der Verteidiger mit Schreiben vom 19.02.2021 und beantragte zugleich gerichtliche Entscheidung.

Daraufhin übersandte die Verwaltungsbehörde dem Verteidiger mit Schreiben vom 03.03.2021 die „digital signierte Akte erneut zur Akteneinsicht“ (wiederum als Ausdruck) und hielt an der Geltendmachung der Aktenversendungspauschale fest. Nach erneuter Beanstandung durch den Verteidiger mit Schreiben vom 08.03.2021 sandte die Verwaltungsbehörde dem Verteidiger am 23.04.2021 die Seiten 13 bis 20 mit einer aufgedruckten Signatur erneut zu und fragte an, ob der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nunmehr erledigt sei.

Der Verteidiger teilte mit Schreiben vom 28.04.2021 mit, dass sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung aufrechterhalten bleibe. Für die von der Verwaltungsbehörde gewährte Übermittlung des Aktenausdrucks falle die Aktenversendungspauschale nicht an.

Die Verwaltungsbehörde hat den Antrag dem Gericht mit Schreiben vom 10.05.2021, übermittelt durch die Staatsanwaltschaft und hier eingegangen am 21.06.2021, vorgelegt. Die Aktenversendungspauschale sei durch die Übersendung der Aktenausdrucke gem. § 107 Abs. 5 (Satz 1) OWiG angefallen. Zwar werde die Akte elektronisch geführt. Die Voraussetzungen für eine digitale Übermittlung an den Verteidiger lägen bei der Verwaltungsbehörde aber (noch) nicht vor.

Auf den Antrag des Verteidigers ist festzustellen, dass die Aktenversendungspauschale für die erfolgte Akteneinsicht nicht anfällt und die Verwaltungsbehörde folglich nicht berechtigt ist, diese (in Höhe von 12,00 E) von dem Verteidiger zu erheben.

Gem. § 107 Abs. 5 Satz 2 OWiG gilt, dass eine Aktenversendungspauschale nicht erhoben wird, wenn die Akte elektronisch geführt wird (das ist hier bei der Verwaltungsbehörde der Fall) und ihre Übermittlung elektronisch erfolgt. Letzteres ist hier zwar nicht erfolgt, denn der Verwaltungsbehörde stehen offenbar (noch) nicht die technischen Mittel zur Verfügung, die Akte dem Verteidiger digital zur Einsicht zur Verfügung stellen zu können.

Die Vorschrift des § 107 Abs. 5 OWiG ist aber im Lichte der Änderung durch das Gesetz vom 05.07.2017 (BGBl. I S. 2208) und der dazu erfolgten Gesetzbegründung (BT-Drs. 18/9416) dahingehend auszulegen, dass die Aktenversendungspauschale für einen Ausdruck einer eigentlich digital geführten Akte nur dann anfällt, wenn der Antragsteller (d. h. der Verteidiger) dieses — nämlich den Ausdruck — besonders beantragt. Das hat der Verteidiger hier vorliegend aber nicht getan.

Diese Auslegung beruht auf folgenden Erwägungen: Durch das Gesetz vom 05.07.2017 sind in den Kostengesetzen für gerichtliche Verfahren (GKG, FamGKG, GNotKG, JVKostG) die Vorschriften für die Erhebung der Dokumentenpauschale jeweils geändert worden. Dort heißt es jeweils: „Bei der Gewährung der Einsicht in Akten wird eine Dokumentenpauschale nur erhoben, wenn auf besonderen Antrag ein Ausdruck einer elektronischen Akte oder ein Datenträger mit dem Inhalt einer elektronischen Akte übermittelt wird.“ (z. B. Nummer 9000 Abs. 4 KV GKG). Die Begründung zur der im selben Gesetz vorgenommenen Änderung des § 107 Abs. 5 Satz 2 OWiG (Änderung der Aktenversendungspauschale bei Einsicht in elektronische Akte von 5,00 € auf 0,00 €) nimmt dabei gerade auf die Begründung zu dieser vorgenommenen Änderung z. B. im GKG Bezug (BT-Drs. 18/9416, S. 24, 75). Der Gesetzgeber wollte den Anfall einer Aktenversendungspauschale durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren ersichtlich dem Anfall der Dokumentenpauschale bei einer Akteneinsicht in eine elektronisch geführte Akte gleichstellen.

Demnach kann die Vorschrift des § 107 Abs. 5 Satz 2 OWiG nach Auffassung des Gerichts nur so ausgelegt werden, dass die Aktenversendungspauschale nur anfällt, wenn der Verteidiger die Übermittlung eines Aktenausdrucks besonders beantragt hat. Das hat er hier aber nicht. Im Gegenteil hatte er sogar ausdrücklich um Übermittlung der Akte auf digitalem Wege gebeten. Wenn die Verwaltungsbehörde sich hierzu technisch nicht in der Lage sieht, kann sie hierfür keine Aktenversendungspauschale nach § 107 Abs. 5 Satz 1 OWiG geltend machen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO (Göhler, OWiG, 18. Auflage, § 62, Rn. 32a). Kostenschuldner der erhobenen Aktenversendungspauschale wäre allein der Verteidiger, nicht (auch) die Betroffene. Daher sind nur notwendige Auslagen des Verteidigers, die in diesem Verfahren auf Antrag gerichtlicher Entscheidung angefallen sind, erstattungsfähig.

 

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