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Absolute Fahruntüchtigkeit beim Zusammenwirken von Drogen- und Alkoholkonsum

KG Berlin, Beschluss vom 06.02.2002

Az.: (3) 1 Ss 392/01 (11/02)

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 27. September 2001

a) im Schuldspruch dahin berichtigt, daß der Angeklagte einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit nach § 24 a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StVG schuldig ist, und

b) im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, daß der Angeklagte wegen der Ordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße von 450,– EUR verurteilt und ihm für die Dauer von einem Monat verboten wird, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen.

Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

Eine Entschädigung wegen der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht dem Angeklagten nicht zu.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Absolute Fahruntüchtigkeit beim Zusammenwirken von Drogen- und Alkoholkonsum
Symbolfoto: Kittisak Jirasittichai/bigstock

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30,– DM verurteilt, ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und bestimmt, daß vor Ablauf von acht Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Das Landgericht hat die Berufung des Angeklagten verworfen. Seine Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt, führt zu einem Teilerfolg.

Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge – die auf die Verletzung der Aufklärungspflicht zielende Verfahrensrüge ist nicht hinreichend ausgeführt – deckt auf, daß die Feststellungen die Bewertung, der Angeklagte sei zur Tatzeit im Sinne des § 316 StGB fahruntüchtig gewesen, nicht tragen. Dazu hat die Generalstaatsanwaltschaft Berlin in ihrer Stellungnahme vom 17. Januar 2002 zutreffend folgendes ausgeführt:

„1. Nach § 316 StGB macht sich wegen Trunkenheit im Verkehr strafbar, wer ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Andere berauschende Mittel sind solche, die in ihren Auswirkungen denen des Alkohols vergleichbar sind und zu einer Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens sowie der intellektuellen und motorischen Fähigkeiten führen (BGH VRS 53, 356). Dazu zählen grundsätzlich die ebenso wie Alkohol auf das zentrale Nervensystem einwirkenden, in § 1 BtMG aufgezählten Stoffe, mithin auch Kokain. Auch dieses Betäubungsmittel verschlechtert das Fahrverhalten in vorgenannter Weise erheblich (BGH a.a.O., OLG Düsseldorf VM 1999, 53). Diesem Umstand hat der Gesetzgeber nunmehr durch die Regelung des § 24 a Abs. 2 StVG Rechnung getragen.

a) Der Nachweis sog. „absoluter“ Fahruntüchtigkeit aufgrund des Genusses „anderer berauschender Mittel“ i.S.d. § 316 StGB läßt sich – anders als beim Alkoholkonsum – allein aufgrund eines positiven Wirkstoffspiegels im Blut nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft nicht begründen (BGHSt 44, 219, 222 = NJW 1999, 226), weil es insoweit an gesicherten medizinisch-naturwissenschaftlichen Erkenntnissen fehlt und ein Vergleich mit der Alkoholkinetik nicht möglich ist (BGH NJW 1999, 226, 227). Infolge Fehlens eines solchen Grenzwertes reicht die Feststellung, daß die dem Angeklagten etwa 1 ½ Stunden nach der Fahrt entnommene Blutprobe einen Kokaingehalt von etwa 8,2 ng/ml sowie dessen Abbauprodukte hatte, weder allein noch zusammen mit der festgestellten Alkoholkonzentration von 0,67 0/00 aus, um eine absolute Fahruntüchtigkeit feststellen zu können (vgl. UA S. 3). Wenn der Sachverständige Dr. Schulz nach den Ausführungen des Urteils einerseits erklärt hat, bei dem festgestellten Kokain im Blut habe zur Zeit der Fahrt noch ein „aktueller Kokainrausch“ vorgelegen (UA S. 4), und die Strafkammer daher „aus dem Fahrverhalten des Angeklagten den Schluß (zieht), daß er infolge der kombinierten Wirkung vom Blutalkohol und Kokain nicht mehr in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen“ (UA S. 4/5), so reicht dies für die Annahme einer absoluten Fahruntüchtigkeit nicht aus, weil, sofern der Alkoholwert – wie hier – die 1,1 0/00-Grenze allein nicht erreicht, mangels eines Grenzwertes für Drogen auch eine „Addition“ des Alkohol- und des Drogenwertes unabhängig von dessen Höhe keine absolute Fahruntüchtigkeit ergeben können. Daß dafür auch nicht die allgemeine Feststellung des Sachverständigen genügt, „beim Zusammenwirken von Alkohol und Kokain (seien) erhebliche Veränderungen der Reaktionsgeschwindigkeit möglich“ (UA S. 4), versteht sich von selbst.

b) Auch eine relative Fahruntüchtigkeit belegen die getroffenen Feststellungen nicht. Relative Fahrunfähigkeit liegt nach dem Genuß von Alkohol und anderer berauschender Mittel vor, wenn, abgesehen von der dadurch bewirkten Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Konsumenten, erst weitere festgestellte Tatsachen erweisen, daß der Genuß dieser Mittel zu dessen Fahruntüchtigkeit geführt hat (BGHSt 41, 42, 44 ff.). Festgestellt werden muß ein erkennbares äußeres Verhalten des Angeklagten, das auf seine durch den Alkohol-/Drogenkonsum hervorgerufene Fahruntüchtigkeit hindeutet. Als solche Ausfallerscheinungen, die durch den Alkohol-/Drogenkonsum zumindest mitverursacht sein müssen, kommen insbesondere in Betracht: eine auffällige, sei es regelwidrige, sei es besonders sorglose und leichtsinnige Fahrweise, ein unbesonnenes Benehmen bei Polizeikontrollen, aber auch ein sonstiges Verhalten, das rauschbedingte Enthemmung und Kritiklosigkeit erkennen läßt, sowie Beeinträchtigungen der Körperbeherrschung wie etwa Stolpern und Schwanken beim Gehen (BGHSt 31, 42, 45 ff. m.w.N.). Auch Verhaltensauffälligkeiten bei der ärztlichen Untersuchung können rauschbedingte, sich auf die Fahrfähigkeit auswirkende Ausfallerscheinungen belegen (OLG Düsseldorf a.a.O.).

Solche durch den Alkohol-/Drogenkonsum zumindest mitverursachte Ausfallerscheinungen hat das Landgericht nicht festgestellt. Daß der Angeklagte „ohne verkehrsbedingten Anlaß“ mit „unnötig hoher Drehzahl“ sein Fahrzeug führte (UA S. 3), deutet nicht auf eine durch Alkohol- und Drogengenuß hervorgerufene Fahruntüchtigkeit in Form einer Enthemmung, sorgloser oder leichtfertiger Fahrweise hin. Die Annahme des Landgerichts, er habe dies aus „rauschgiftbedingtem euphorischem Übermut“ (UA S. 3) getan, ist durch keinerlei Tatsachen belegt. Der festgestellte „Übermut“, für den es ohnehin kaum einen „verkehrsbedingten Anlaß“ gibt, kommt auch – wie allgemeinkundig – bei nicht berauschten Fahrzeugführern vor, die – wie hier der Angeklagte – grundlos „mal ein bißchen Gas geben“ (UA S. 5), um sich oder anderen irgend etwas zu beweisen.

Daß dem Angeklagten ein auf seine Fahruntüchtigkeit hindeutender Fahrfehler unterlaufen ist, hat das Landgericht ebenfalls nicht festgestellt. Dieser ergibt sich auch nicht aus dem Bremsverhalten des Angeklagten an der Lichtzeichenanlage (UA S. 3, 5). Es trifft zwar zu, daß die in Berlin für drei (nicht: zwei) Sekunden geschaltete Gelbphase es einem Kraftfahrzeugführer regelmäßig ermöglicht, bei der im Stadtverkehr zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h rechtzeitig bei rotem Ampellicht anzuhalten (vgl. KG Beschluß vom 5. April 2000 – 3 Ws (B) 93/00 -). Es ist aber im Straßenverkehr nicht selten zu beobachten, daß auch „nüchterne Kraftfahrer“ (vgl. UA S. 5) die Gelbphase nicht zum sofortigen Abbremsen ihres Fahrzeugs nutzen und erst nach einer Überlegungsfrist die Lichtzeichenanlage bei dann schon rotem Ampellicht passieren oder doch noch rechtzeitig vor der Haltelinie mit einer „scharfen“ Bremsung anhalten. Rotes Ampellicht hat der Angeklagte – was einen Fahrfehler darstellte – nicht mißachtet. Daß die Bremsung andere Verkehrsteilnehmer gefährdet hat, hat das Landgericht nicht festgestellt. Für seine Bezeichnung des Vorgangs als „Gefahrenbremsung“ sind von dem Landgericht keine Feststellungen getroffen worden, zumal da außer dem Angeklagten „niemand auf der Straße unterwegs“ war (UA S. 3) und somit auch kein nachfolgendes Fahrzeug gefährdet werden konnte. Anhaltspunkte dafür, daß der Pkw des Angeklagten beim Bremsen „ausgebrochen“ oder quergeschleudert ist, sind nicht gegeben. Die Tatsache, daß „die Reifen quietschten und das Fahrzeug vorn stark einnickte“ (UA S. 3), belegt daher nur ein plötzliches starkes Bremsen, um das Rotlicht der Lichtzeichenanlage zu beachten. Daß das Bremsverhalten auf einer durch Alkohol und Rauschgift verminderten Reaktionsfähigkeit des Angeklagten beruhte, weisen die Urteilsfeststellungen somit nicht aus, zumal da ihnen auch nicht zu entnehmen ist, mit welcher Geschwindigkeit der Angeklagte die Straße befuhr und in welchem Abstand sein Fahrzeug bei Beginn der Gelbphase noch von der Haltelinie entfernt war (vgl. KG Beschluß vom 21. Februar 1997 – 3 Ws (B) 43/97 -), so daß die Einlassung des Angeklagten, er habe sich auch für ein Weiterfahren entscheiden können (UA S. 4), nicht bewertet werden kann.

Die bei dem Angeklagten noch festgestellte Pupillenerweiterung (Mydriasis, UA S. 3) kann zwar ein Anzeichen für eine typische Leistungseinbuße aufgrund des durch Alkohol und Kokain bewirkten Rauschzustandes sein, bedeutet jedoch noch nicht eine tatsächliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit im Einzelfall (vgl. BGH NJW 1999, 226, 228). Anhaltspunkte für eine als schwer einzustufende Sehbehinderung lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Die Pupillenerweiterung allein stellt daher ebenfalls kein hinreichendes Anzeichen für eine Fahruntüchtigkeit i.S.d. § 316 StGB dar (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O., S. 54).

c) Weitere auffällige Verhaltensweisen des Angeklagten bei der Kontrolle durch die Polizeibeamten oder bei der Untersuchung bei der Entnahme der Blutprobe lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Danach kann die Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr keinen Bestand haben.“

Der Senat macht sich diese Ausführungen zu eigen. Die aufgezeigten Mängel führen indessen nicht zu dem von der Revision beantragten Freispruch des Angeklagten. Er ist vielmehr ordnungswidrigkeitenrechtlich zur Verantwortung zu ziehen (vgl. auch OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2002, 17). Dazu hat die Generalstaatsanwaltschaft des weiteren folgendes zutreffend bemerkt:

„a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte sich eines vorsätzlichen Verstoßes gegen § 24 a StVG schuldig gemacht. Er hat im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug geführt, obwohl er – etwa 1 ½ Stunden nach der Fahrt – mehr als 0,5 0/00 Alkohol im Blut hatte (§ 24 a Abs. 1 StVG). Darüber hinaus hat er das Fahrzeug unter der Wirkung von Kokain, das in der Anlage zu § 24 a StVG als berauschendes Mittel genannt ist, geführt (§ 24 a Abs. 2 StVG), wobei sich die Wirkung daraus ergibt, daß in dem Blut, das ihm nach der Fahrt entnommen wurde, 242,7 mg/ml Benzoylecgonin nachgewiesen wurden (vgl. UA S. 3). Zwischen beiden Ordnungswidrigkeiten besteht Tateinheit (§ 19 Abs. 1 OWiG; vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht 36. Aufl., StVG § 24 a Rdnr. 29). Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte insoweit vorsätzlich gehandelt (vgl. UA S. 5).

b) Die Verfolgung dieser Ordnungswidrigkeit ist noch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beträgt nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 OWiG i.V.m. § 24 a Abs. 4 StVG ein Jahr; § 26 Abs. 3 StVG gilt hier nicht. Die Frist begann mit der Vollendung der Tat am 9. Februar 2001 (UA S. 2) und ist jeweils rechtzeitig durch den Eingang des Antrages auf Erlaß des Strafbefehls am 2. April 2001 (Bl. 23 R d.A.), Anberaumung einer Hauptverhandlung am 23. Mai 2001 (Bl. 44 d.A.) und den Erlaß des erstinstanzlichen Urteils am 15. Juni 2001 (Bl. 58 R d.A.) unterbrochen worden (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11, 13, 15 OWiG). Seither ruht die Verfolgungsverjährung (§ 32 Abs. 2 OWiG). Die Unterbrechungshandlungen betreffen zwar eine Straftat nach § 316 StGB, gelten aber nach § 82 Abs. 1 OWiG auch für die denselben Sachverhalt betreffende Ordnungswidrigkeit (vgl. KG Urteil vom 14. April 1988 – (4) 1 Ss 208/87 (93/87) -).“

Mit der Generalstaatsanwaltschaft ist der Senat der Ansicht, daß er den Schuldspruch selbst dahin berichtigen kann, daß der Angeklagte statt eines Vergehens der Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StVG schuldig ist. Dabei bedarf es keines näheren Eingehens darauf, ob die Grundlage dafür in einer entsprechenden Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO (so die Generalstaatsanwaltschaft) oder des § 83 Abs. 3 OWiG (so Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl., § 354 Rdn. 12 mit Nachweisen) zu erblicken ist. Jedenfalls steht nicht die Möglichkeit entgegen, daß eine nochmalige Hauptverhandlung zu neuen entscheidungserheblichen Feststellungen führen könnte. Nach Lage der Dinge erscheint Derartiges hier ausgeschlossen. Der Generalstaatsanwaltschaft folgend sieht sich der Senat auch nicht durch die Hinweispflicht auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts (§ 265 Abs. 1 StPO) an der eigenen Entscheidung gehindert; denn es erscheint ausgeschlossen, daß der Angeklagte sich anders verteidigen könnte als geschehen. Zudem hat der Verteidiger vor dem Amtsgericht selbst die Verhängung eines Bußgeldes und eines Fahrverbotes beantragt (Bl. 58 d. A.). Auf die Möglichkeit der Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehungsweise ist der Angeklagte hingewiesen worden (Bl. 57 d.A.). Ohnehin hätte es wegen der Eigenart des § 24 a StVG als eines sogenannten unechten Mischtatbestands überhaupt keines Hinweises nach § 265 StPO bedurft. Kennzeichnend für solch eine Norm ist, daß die Einordnung des Verhaltens des Täters als Straftat lediglich von der Erfüllung eines zusätzlichen Tatbestandsmerkmals abhängt, hier der (relativen) Fahruntüchtigkeit. Will das Gericht in einem solchen Falle wegen der Ordnungswidrigkeit statt der Straftat verurteilen, bedarf es eines Hinweises nach § 265 StPO nicht (vgl. OLG Frankfurt a.M. aaO, S. 18 mit Nachweisen).

Der Senat macht sich auch die folgenden zutreffenden Ausführungen in der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft zu eigen:

„Auch über den Rechtsfolgenausspruch kann der Senat nach §§ 83 Abs. 3, 79 Abs. 6 OWiG selbst entscheiden (vgl. KG Urteil vom 14. April 1988 a.a.O.; OLG Düsseldorf a.a.O., S. 54).

aa) Die für die Ordnungswidrigkeit des Betroffenen geltenden Regelsätze des Bußgeldkataloges, die wegen ihrer Rechtssatzqualität (vgl. BGH NJW 1992, 446, 447) bei der Zumessung der Rechtsfolgen zu beachten sind, wurden seit Beendigung der Tat geändert (§ 4 Abs. 3 OWiG).

Nach Nr. 69 des zur Tatzeit am 9. Februar 2001 geltenden Bußgeldkataloges i.d.F. vom 25. Februar 2000 (BGBl. I S. 141) war gegen einen Betroffenen, der ein Kraftfahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 bis weniger als 0,8 0/00 führte, ein Bußgeld von 200,– DM zu verhängen. Nach Nr. 70 desselben Kataloges galt eine Regelbuße von 500,– DM sowie ein Fahrverbot von einem Monat für das Führen eines Kraftfahrzeuges unter der Wirkung eines berauschendes Mittels. In der gegenwärtig geltenden Fassung des Bußgeldkataloges vom 19. März 2001 (BGBl. I S. 386) ist die frühere Nr. 69 weggefallen; nach Nr. 68 gilt nunmehr bereits bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 0/00 ein Bußgeld von 250,– EUR (bis zum 31.12.2001: 500,– DM) sowie ein Fahrverbot von einem Monat. Die Rechtsfolgen nach Nr. 70 sind unverändert geblieben. Der Bußgeldkatalog i.d.F. vom 25. Februar 2000 ist wegen der Änderung der Nrn. 68 und 69 für den Betroffenen die mildere Regelung (§ 4 Abs. 3 OWiG).

bb) Werden – wie hier – durch eine Handlung mehrere Tatbestände des Bußgeldkataloges verwirklicht, so ist bei unterschiedlichen Regelsätzen der höchste anzuwenden (§ 1 Abs. 6 Satz 1 BKatV). Nach der demnach hier maßgeblichen Nr. 70 des zur Tatzeit geltenden Bußgeldkataloges war bei einer Zuwiderhandlung gegen § 24 a Abs. 2 StVG eine Regelgeldbuße von 500,– DM (jetzt: 250,– EUR) und ein Fahrverbot von einem Monat vorgesehen. Die Regel der Geldbuße geht von fahrlässiger Begehung und gewöhnlichen Tatumständen aus (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BKatV). Da im Blut des Angeklagten nicht nur Kokain nachgewiesen ist, sondern er darüber hinaus mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 0,5 0/00 gefahren und damit auch die Tatmodalität der Nr. 69 des zur Tatzeit geltenden Bußgeldkataloges (Regelsatz 200,– DM, jetzt: 100,– EUR) gegeben ist, ist das Bußgeld nach Nr. 70 a.a.O. (500,– DM, jetzt: 250,– EUR) angemessen auf jetzt 300,– EUR (entsprechen früher 600,– DM) zu erhöhen (vgl. § 1 Abs. 6 Satz 2 BKatV).

Wegen des hier festgestellten vorsätzlichen Verhaltens (UA S. 5) ist die bereits erhöhte Regelgeldbuße von 300,– EUR erneut angemessen zu erhöhen (vgl. Göhler, OWiG 12. Aufl., § 17 Rdnr. 30 m.N.). Die Verhängung einer Geldbuße von insgesamt 450,– EUR erscheint daher angebracht. Da der Angeklagte in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ersichtlich in Kenntnis des Bußgeldkataloges durch seinen Verteidiger selbst eine Geldbuße beantragt hat (vgl. Bl. 58 d.A.), ist davon auszugehen, daß er aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zur Zahlung dieser Geldbuße auch ohne Gewährung von Zahlungserleichterungen (§ 18 OWiG) in der Lage ist. Daß nach Angaben des Angeklagten sein Einkommen als selbständiger Güterkraftverkehrsunternehmer wegen der zurzeit fehlenden Fahrerlaubnis gegenwärtig „beim Existenzminimum“ liegt (UA S. 6), ist nur ein noch kurzfristig vorübergehender Zustand, der bei der Bemessung der Geldbuße wegen der zu erwartenden Einkommensänderung nach Rückgabe des Führerscheins unberücksichtigt bleiben kann (vgl. zur Geldstrafe: Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl., § 40 Rdnr. 13 m.N.).

cc) Nach Nr. 70 des zur Tatzeit geltenden Bußgeldkataloges ist ein Fahrverbot von einem Monat vorgesehen. Dessen Verhängung, die auch nach § 25 Abs. 1 Satz 2 StVG die Regel ist, ist wegen des hier vorsätzlichen Handelns unter der Einwirkung von Alkohol und Kokain unverzichtbar und läßt sich auch nicht durch eine weitere Erhöhung der Geldbuße vermeiden. Der Verteidiger selbst hatte beim Amtsgericht ein Fahrverbot beantragt (vgl. Bl. 58 d.A.).

dd) Für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (vgl. UA S. 6) ist dem Angeklagten keine Entschädigung aus der Staatskasse nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 5 StrEG zu leisten. Sie ist nach § 5 Abs. 2 StrEG ausgeschlossen, weil er die Maßnahme durch seinen Alkohol- und Drogenkonsum grob fahrlässig verursacht hat (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.). Bei vorläufiger Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Führens eines Kraftfahrzeuges nach Alkohol- und Drogenkonsum liegt regelmäßig grobe Fahrlässigkeit vor. Unerheblich i.S. einfacher Fahrlässigkeit war hier weder der vorsätzliche Drogenkonsum noch der Alkoholgenuß.“

Die Dauer der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ist nach § 25 Abs. 6 Satz 1 StVG aber auf das Fahrverbot anzurechnen.

Die mit dem Antrag, den Angeklagten unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils freizusprechen, weitergehende Revision ist offensichtlich unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Der Teilerfolg rechtfertigt keine Billigkeitsentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO. Der Angeklagte hätte das Rechtsmittel nach dem auf Freispruch zielenden Antrag und dem Inhalt seiner Begründung auch dann eingelegt, wenn schon das Berufungsgericht eine dem Senatsbeschluß entsprechende Entscheidung getroffen hätte, mochte er auch in erster Instanz noch selbst auf Verurteilung zu einer Geldbuße und Verhängung eines Fahrverbots angetragen haben.

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