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Abschleppkosten bei abgebrochenem Abschleppvorgang

Polizeiliche Abschleppmaßnahme – Kostenfestsetzung rechtmäßig

Ein Kläger hat sich gegen die vom Beklagten in Zusammenhang mit einer polizeilichen Abschleppmaßnahme erhobenen Gebühren und Auslagen gewandt. Die Feststellungen zeigen, dass das Auto des Klägers auf einem Behindertenparkplatz ohne Berechtigung geparkt wurde. Daher wurde die Abschleppmaßnahme von der Polizei angeordnet.

Zulässigkeit der Klage

Das Gericht hat entschieden, dass die Klage zulässig ist. Die Klagefrist wurde eingehalten und der Kostenbescheid wurde innerhalb der Frist bekannt gegeben.

Unbegründetheit der Klage

Die Klage hat keinen Erfolg. Der Leistungsbescheid des Polizeipräsidiums München ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiven Rechten. Die Abschleppmaßnahme war rechtmäßig, da das Auto des Klägers verkehrsordnungswidrig geparkt wurde. Die Abschleppmaßnahme war auch verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei. Die Kostenerhebung ist rechtmäßig und die Höhe der Kosten ist nicht zu beanstanden.


Das vorliegende Urteil

VG München – Az.: M 23 K 21.5332 – Urteil vom 13.03.2023

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die vom Beklagten im Zusammenhang mit einer polizeilichen Abschleppmaßnahme erhobenen Gebühren und Auslagen.

Nach den Feststellungen des Beklagten (Bl. 1 der Behördenakten (BA)) parkte der PKW des Klägers mit dem amtl. Kennzeichen pp. am pp. Juni 2021 seit spätestens 11:24 Uhr in der Npp. Str. 171 b, Mpp.. Ausweislich der polizeilich gefertigten Skizze und Lichtbilder (Bl. 1, 11 ff. d.BA) stand das Fahrzeug dabei auf einem allgemeinen Sonderparkplatz für Schwerbehinderte, Z. 314 StVO mit Zusatzzeichen, mit Sonderparkausweis. Ein Parkschein war hinter der Windschutzscheibe zurückgelassen worden. Nachdem dies durch einen anwesenden Polizeivollzugsbeamten um 11.24 Uhr festgestellt wurde, wurde um 11:39 Uhr ein Abschleppdienst zur Sicherstellung mit dem Zielort polizeiliche Verwahrstelle angefordert. Der Kläger kehrte gegen 12:23 Uhr zu seinem Fahrzeug zurück, der Abschleppvorgang wurde daraufhin abgebrochen.

Der Kläger wurde mit Schreiben des Beklagten vom pp.. Juli 2021 zum beabsichtigten Erlass eines Leistungsbescheides angehört. Mit Schreiben vom pp.. August 2021 machte der Kläger Einwendungen gegen Grund und Höhe des beabsichtigten Kostenbescheides. Er erbitte die Übersendung der Rechnung des Abschleppunternehmens.

Mit Leistungsbescheid des Polizeipräsidiums München vom pp. September 2021 wurden für die angeordnete Sicherstellung und (beabsichtigte) Verbringung des Kfz zur polizeilichen Verwahrstelle Kosten i.H.v. 401,72 Euro (Gebühr gemäß § 1 Polizeikostenverordnung (PolkV) i.H.v. 59,00 Euro und Auslagen (Anfahrt mit Vorarbeiten) i.H.v. 342,72 Euro) gegenüber dem Kläger festgesetzt. Der Bescheid wurde per Post versandt.

Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2021, eingegangen per Fax am selben Tag, hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt, den Leistungsbescheid des Polizeipräsidiums vom pp.. September 2021 aufzuheben.

Zur Begründung führte er aus, dass das streitgegenständliche Verkehrsschild durch Äste eines Baumes verdeckt gewesen sei. Die unterschiedlichen Regelungen des streitgegenständlichen Schildes seien schwer erkennbar.

Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2021 beantragte der Beklagte Klageabweisung.

Dies wurde damit begründet, dass die Klage wegen Versäumung der Klagefrist bereits unzulässig sei. Im Übrigen sei sie unbegründet, da die Ausschilderung des Behindertenparkplatzes durch zwei Zeichen 314 StVO mit Zusatzzeichen uneingeschränkt wahrnehmbar gewesen sei. Das Abschleppen des Fahrzeugs anzuordnen, sei erforderlich und angemessen gewesen. Die Auslagenpauschale für eine sogenannte Anfahrt mit Vorarbeiten sei ausgelöst worden. Die in Rechnung gestellte Vergütung sei begründet, tarifgemäß und nicht zu beanstanden.

Mit Beschluss der Kammer vom 30. Dezember 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Am 10 März 2023 hat die mündliche Verhandlung stattgefunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Abschleppkosten bei abgebrochenem Abschleppvorgang
(Symbolfoto: Virrage Images/Shutterstock.com)

Die Klage ist zulässig. Die Klagefrist des § 74 VwGO ist eingehalten Nach Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dies gilt nach Art. 41 Abs. 2 Satz 3 nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger dargelegt, dass laut Eingangsstempel der Kostenbescheid am pp.. September 2019 in der Kanzlei des Klägers einging. Damit endete die Klagefrist erst am pp. Oktober 2019 und die am selben Tag per Fax eingegangene Klage hat die Klagefrist gewahrt.

Die Klage ist unbegründet. Der Leistungsbescheid des Polizeipräsidiums München vom pp.. September 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiven Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Erhebung der Kosten (Gebühren und Auslagen) in Zusammenhang mit der (beabsichtigten) Abschleppmaßnahme am 28. Mai 2021 beruht auf Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 28 Abs. 5 Satz 1 Polizeiaufgabengesetz (PAG) i.V.m. Art. 93 PAG, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Kostengesetz (KG), § 1 PolKV. Aus dem Rechtsstaatsprinzip bzw. Art. 16 Abs. 5 KG folgt, dass Kosten nur für rechtmäßige Polizeimaßnahmen erhoben werden dürfen (BayVGH, U.v. 17.4.2008 – 10 B 08.449 – juris Rn. 12).

I. Die Anordnung der Sicherstellung des Pkws zum Zwecke der Verbringung des Kfz zur polizeilichen Verwahrstelle ist nicht zu beanstanden. Eine auf Art. 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PAG gestützte Abschleppmaßnahme wäre im maßgeblichen Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens rechtmäßig gewesen, denn die Polizei kann eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Eine gegenwärtige Gefahr für die Rechtsordnung stellen dabei unter anderem auch bereits eingetretene und andauernde Störungen durch Verkehrsordnungswidrigkeiten dar (Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG/POG, 5. Aufl. 2020, Art. 11 Rn. 47, 62 ff). Die Polizei war zur Beseitigung des ordnungswidrigen Zustands befugt, das Abschleppen des Fahrzeugs anzuordnen, da der klägerische Pkw am pp.. Juni 2021 verkehrsordnungswidrig i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 12 StVO geparkt hatte. Insoweit war sogar bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, indem der Pkw entgegen des Verbots des Verkehrsschildes parkte. Wie sich aus den im Behördenakt befindlichen Lichtbildern ziemlich eindeutig ergibt, war die Ausschilderung eines Behindertenparkplatzes bei Beachtung der im ruhenden Verkehr geltenden, gegenüber dem fließenden Verkehr erhöhten Sorgfaltsanforderungen deutlich zu erkennen. Denn dem Verkehrsteilnehmer im ruhenden Verkehr ist es zuzumuten, sich nach etwa vorhandenen Verkehrszeichen sorgfältig umzusehen und eingehend zu prüfen, ob er sein Fahrzeug an der von ihm gewählten Stelle abstellen darf. Dass das Parkverbot für Nichtberechtigte jedenfalls um die Mittagszeit galt, war dabei dem Kläger auch klar, wie seinem Schreiben im Anhörungsverfahren zu entnehmen ist.

Die Abschleppmaßnahme war auch verhältnismäßig (Art. 4 PAG) und ermessensfehlerfrei (Art. 5 PAG, § 114 Satz 1 VwGO). Sie war geeignet und erforderlich, um die Beeinträchtigung des ausgeschilderten Behindertenparkplatzes zu beseitigen.

Gegen die Kostenerhebung bestehen auch im Übrigen keine Bedenken. Aus der Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme folgt allgemein die Möglichkeit einer kostenrechtlichen Inpflichtnahme des Verantwortlichen (BVerwG, U.v. 24.5.2018 – 3 C 25/16 – juris Rn. 20).

Auch der Höhe nach ist die Kostenerhebung nicht zu beanstanden. Die Amtshandlungsgebühr i.H.v. 59 Euro bewegt sich dabei im unteren Bereich des in § 1 Nr. 1 PolKV für eine unmittelbare Ausführung einer Maßnahme genannten Rahmens. Gemäß Art. 9 Abs. 2 Satz 2 bzw. Art. 28 Abs. 3 Satz 4 PAG i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG können an Auslagen insbesondere die anderen Personen für ihre Tätigkeit zustehenden Beträge erhoben werden. Dazu gehören auch die Kosten für eine Leerfahrt des Abschleppunternehmens, dessen Fahrzeug bereits ausgerückt ist, dann aber nicht mehr benötigt wird (BayVGH, B. v. 16.5.2013 – 10 ZB 10.3162 – juris Rn. 11, U.v. 12.11.2001 – 24 B 00.2655 – juris Rn. 22). Den Einwänden des Klägers bezüglich der Höhe der Abschleppkosten kann nicht gefolgt werden. Kostenersatz für einen sogenannten abgebrochenen Abschleppvorgang kann jedenfalls dann verlangt werden, wenn die Kosten bereits angefallen waren und die Beauftragung des Abschleppunternehmens nicht mehr rechtzeitig storniert werden konnte (VGH BW, U.v. 27.6.2002 – 1 S 1531/01 – juris Rn. 23). Zum Zeitpunkt des Erscheinens des Klägers um 12.23 Uhr war der um 11.39 Uhr angeforderte Abschleppdienst ausweislich der Unterlagen bereits vor Ort und hatte mit Vorarbeiten begonnen. Konkret ist im Transportprotokoll des Abschleppdienstes (Bl. 3 d BA) aufgeführt: „Kran ausgefahren plus Stütze“, das heißt wohl, dass mit dem Vorgang der Aufladung des Autos bereits begonnen worden war. Dies ist dem Kläger, der erst nachträglich zum Abschlepport gestoßen ist, als der Abschleppunternehmer schon vor Ort war, möglicherweise entgangen. Die aufgrund von zulässigen Pauschalsätzen (vgl. BayVGH, B. v. 15.12.2006 – 24 ZB 06.2743 – juris Rn. 30) errechneten Auslagen i.H.v. 342,72 EUR für den Abschleppdienst sind nicht zu beanstanden. Auslagen, die anderen Personen für ihre Tätigkeit zustehen (hier der Abschleppunternehmer), kann der Beklagte nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG vom Kostenpflichtigen erheben. Nach der Rechtsprechung des BayVGH ist grundsätzlich ein mit den Abschleppunternehmen geschlossener Rahmen-Tarifvertrag nicht zu beanstanden (BayVGH, B. v. 15.12.2006 – 24 ZB 06.2743 – juris Rn. 30; B. v. 16.5.2013 – 10 ZB 10.3162 – juris Rn. 14; B. v. 18.11.2022 – 10 ZB 21.2465 – juris Rn. 17). Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass der dort geregelte Vergütungsanspruch an Dritte weitergegeben wird (a.a.O.); hierbei handelt es sich nicht etwa um einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter. Vielmehr regelt der Rahmen-Tarifvertrag nur die vom Beklagten an den von der Polizei beauftragten Abschleppunternehmer zu entrichtende Vergütung, die der Beklagte dann kraft der gesetzlichen Ermächtigung in Art. 9 Abs. 2 Satz 2 bzw. Art. 28 Abs. 3 Satz 4 PAG in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG als Auslagen gegenüber dem als Handlungs- oder Zustandsstörer Verantwortlichen erheben kann. Darüber hinaus kann die Polizei mit Hilfe des Rahmen-Tarifvertrags angesichts der Vielzahl von Abschleppfällen durch eine generelle pauschalierte Regelung zu einer vereinfachten Handhabung gelangen. Ein effektiver Gesetzesvollzug erscheint mangels sachgerechter Alternativen auch nur möglich, wenn die Kosten nach pauschalierten Sätzen abgerechnet werden (a.a.O.).

Soweit der Kläger auf ein Urteil des Amtsgerichts München aus dem Jahre 2018 rekurriert, dem ein privatrechtlicher Abschleppfall aus dem Frühjahr 2018 zugrunde liegt, ist dies kein geeigneter Maßstab für die vorliegenden pauschalierten Tarife. Eine anhand des Zeitaufwands bemessene Abrechnung findet bei den Pauschaltarifen, wie oben dargelegt zulässigerweise, gerade nicht statt. Im Hinblick auf die Aufwendungen der Abschleppunternehmen für das Vorhalten und den Einsatz von Sachmitteln und Personal sind aus Sicht des Gerichts keine Anhaltspunkte gegeben, die die mit dem hiesigen Abschleppunternehmen vereinbarten Pauschalvergütungen, auch angesichts der aktuellen Preisentwicklung, als unangemessen erscheinen ließen.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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