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Geschwindigkeitsmessung nach Ortseingangsschild zulässig?

OLG Oldenburg

Az: 2 SsBs 364/13

Beschluss vom 13.01.2014

 

Leitsatz – vom Verfasser: Wird eine Geschwindigkeitsmessung kurz nach einem Ortseingangsschild vorgenommen unter Nichteinhaltung des Mindestabstandes der Messstelle zum Ortseingangsschild, so kann von der Verhängung eines Regelfahrverbots durch die Bußgeldbehörde oder das Gericht abgesehen werden.

In dem Bußgeldverfahren gegen pp. hat der Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Oldenburg am 13. Januar 2014 durch den unterzeichneten Richter als Einzelrichter (§ 80 a Abs. 1 OWiG) beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des getroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 24.09.2013 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Osnabrück zurückverwiesen.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als offensichtlich unbegründet verworfen.

Gründe:

Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaft um 38 km/h zu einer Geldbuße von 160,00 € verurteilt und gegen den Betroffenen ein Fahrverbot für die Dauer von 1 Monat festgesetzt.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde.

Er beanstandet insbesondere, dass gegen den Betroffenen ein Fahrverbot verhängt worden ist.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und die weitergehende Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG zulässig. Sie hat im Hinblick auf den Rechtsfolgenausspruch einen zumindest vorläufigen Erfolg, im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat ausgeführt:

 „Die allein erhobene Sachrüge greift nicht durch, soweit sie den Schuldspruch angreift. insoweit tragen die tatsächlichen, mit der Rechtsbeschwerde nicht angreifbaren Feststellungen den Schuldspruch. im Hinblick auf den Rechtsfolgenausspruch dürfte ihr jedoch ein vorläufiger Erfolg nicht zu versagen sein.

Nach den Feststellungen hat sich die Messstelle in Fahrtrichtung stadteinwärts von der B 51 kommend gesehen ca. 130 m und stadteinwärts von der Bundesautobahn 30 kommend ca. 145 m hinter den die Geschwindigkeit beschränkenden Vorschriftszeichen befunden, darüber hinaus ca. 37 m hinter der Ortstafel.

Ein Kraftfahrer hat seine Geschwindigkeit grundsätzlich so einzurichten, dass er bereits beim Passieren eines die Geschwindigkeit regelnden Verkehrszeichens die vorgeschriebene Geschwindigkeit einhalten kann. Allerdings trägt die Rechtsprechung möglichen Unwägbarkeiten bei der Einfahrt in eine Zone mit veränderter Geschwindigkeitsregelung bei der Frage des Ausmaßes des Verschuldens grundsätzlich Rechnung, indem sie dem Kraftfahrer zubilligt, dass er mit gewissen Abständen zwischen geschwindigkeitsregelndem Verkehrszeichen und Messstrecke rechnen kann. Dies hat sich in den in Niedersachsen geltenden Richtlinien für die Überwachung des fließenden Verkehrs durch die Straßenverkehrsbehörden (gern. RdErI. d. MI u.d. MW vom 25.November 1994, Nds. MBI. 1994, 1565; zul. geänd, d.VV vom 27.0ktober 210, Nds. MB!. 2010, 1016) niedergeschlagen, wo in Nr. 4 der Anlage „Einsatz von Geschwindigkeitsmessgeräten“ geregelt ist, dass der Abstand bis zur Messstelle mindestens 150 m betragen soll und nur in begründeten Fällen (z.B. Gefahrenstellen, Gefahrzeichen, Geschwindigkeitstrichter) unterschritten werden kann. Bei Nichteinhaltung der Abstandsvorschrift kann der Schuldgehalt einer Tat geringer bewertet werden mit der Folge, dass allein die Verwirklichung des Tatbestandes noch keine grobe Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrers darstellt und im Einzelfall daher von einem Regelfahrverbot Abstand genommen werden kann (OLG Celle, NStZ-RR 2012, 26).

Das Gericht begründet die Verhängung des Fahrverbotes allein mit dem Umstand, dass der Bußgeldkatalog bei der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung ein Regelfahrverbot vorsieht. Angesichts der Feststellungen, dass hier aber eine Unterschreitung des Regelabstandes — wenn auch keine erhebliche – vorgelegen hat und sich der Betroffene bei der Messung erst ca. 37 m in dem Bereich, nämlich innerorts, befand, in . dem die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung zu einem Regelfahrverbot führt, hätte das Gericht weitere Ausführungen machen müssen, wieso es gleichwohl zur Annahme einer groben Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrers kommt, die allein die Verhängung eines Fahrverbotes rechtfertigt.

Insoweit erscheint das Urteil lückenhaft, zumal es keine Feststellungen enthält, ob eine – tatsächlich mögliche – Ausnahme für die Unterschreitung des Regelabstandes vorliegt bzw. wieso trotz Unterschreitung des Regelabstandes eine grobe Pflichtverletzung festzustellen ist.“

Dem schließt sich der Senat an.

Die Sache war daher im Umfange der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

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